Urteil des LSG Sachsen vom 09.01.2002

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Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 09.01.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 15 RJ 39/99
Sächsisches Landessozialgericht L 4 RJ 334/00
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26. Oktober 2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ... geborene Kläger nahm nach dem Abschluss der 8. Klasse im September 1963 eine Lehre als Bohrer auf,
die er jedoch nicht abschloss. Von April 1964 bis Dezember 1979 war er als Transport- und Hilfsarbeiter beschäftigt,
im Jahre 1980 als Lagerarbeiter. Von Januar 1981 bis Ende 1996 war er als Hilfsmaschinist für Entaschung tätig. Der
Kläger musste nach Auskunft seines ehemaligen Arbeitgebers (V ...werke AG) einfache Betriebsanlagen bedienen,
überwachen und warten. Diese Tätigkeit werde im allgemeinen verrichtet von angelernten Arbeitern bei einer
Ausbildungsdauer von drei Monaten. Der Kläger war nach dem Vergütungstarifvertrag Energie vom 28.3.1995 entlohnt
worden (Lohngruppe 4/3). Er verlor seinen Arbeitplatz am 31.12.1997 infolge eines Aufhebungsvertrages, den er mit
seiner Arbeitgeberin am 16.6.1997 geschlossen hatte. Dies geschah im Hinblick darauf, dass das Kraftwerk H ..., in
dem der Kläger gearbeitet hatte, Ende 1997 stillgelegt wurde. Seit dem 27.12.1996 war er arbeitsunfähig krank, ab
dem 7.2.1997 erhielt er Krankengeld, ab dem 27.6.1998 Arbeitslosengeld. Der Kläger ist verheiratet. Aus der Ehe sind
zwei mittlerweile erwachsene Söhne hervorgegangen. Seine Ehefrau ist Invalidenrentnerin. Seit dem 15.1.1998 ist der
Kläger als Schwerbehinderter anerkannt bei einem Grad der Behinderung von 50.
Am 29.6.1998 beantragte er bei der Beklagten, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Er leide
an einer Seh- und Hörschwäche, LWS/HWS-Veränderungen, Gleichgewichtsstörungen, Osteoporose und einer
Thrombose seit dem 27.12.1996 (= Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit). Bereits zuvor, am 10.7.1997, hatte der Kläger
einen ersten entsprechenden Rentenantrag gestellt mit derselben Begründung. Die Beklagte hatte seinerzeit einen
Befundbericht beigezogen von Dr. Z ... vom 14.7.1997 und das MDK-Gutachten vom 28.7.1997. Beim Kläger wurde
eine tiefe Beinvenenthrombose mit nachfolgender Lungenembolie diagnostiziert sowie ein chronisches LWS-Syndrom
bei degenerativen WS-Veränderungen. Anschließend ließ die Beklagte den Kläger durch Dr. K ... am 22.8.1997
begutachten. Zusätzlich zu den bereits genannten Gesundheitsstörungen wurde das geringe Sehvermögen des linken
Auges beschrieben. Trotz Korrektur durch eine Brille beträgt der Visus auf diesem Auge 5 Prozent, auf dem rechten
Auge allerdings 100 Prozent. Nach Ansicht des Gutachters war der Kläger seinerzeit in der Lage, leichte körperliche
Arbeit vollschichtig zu verrichten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne
häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne häufiges Bücken und ohne Gefährdung durch Hitze und
inhalative Reizstoffe. Die Beklagte hatte daraufhin den Rentenantrag des Klägers abgelehnt mit Bescheid vom
16.8.1997, ihm allerdings eine Kur bewilligt, die er bei Bezug von Übergangsgeld absolvierte vom 30.12.1997 bis
20.1.1998. Auch nach der Einschätzung der Kurärzte konnte der Kläger leichte Arbeit unter Berücksichtigung der
bekannten Ausschlüsse ausüben, wobei keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen in
Betracht kämen.
Während des neuerlichen Rentenverfahrens zog die Beklagte das MDK-Gutachten vom 2.3.1998 bei. Demnach könne
der Kläger sofort leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit in wechselnder Haltung ausüben unter den erwähnten
Leistungseinschränkungen und ohne besondere Anforderung an sehr gutes Sehen.
Die Beklagte lehnte auch den zweiten Rentenantrag ab (Bescheid vom 6.8.1998). Den dagegen eingelegten
Widerspruch vom 27.8.1998 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8.12.1998 zurück.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 15.1.1999 vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage.
Aufgrund seiner Krankheiten und Behinderungen könne er keine vollschichtige Tätigkeit auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt ausüben. Das SG zog folgende medizinische Unterlagen bei:
- Befundbericht Dr. J ... vom 14.4.1999; danach bestand keine Arbeitsunfähigkeit seitens des orthopädischen
Fachgebiets; - Befundbericht Dipl.-Med. P ... vom 16.4.1999. Demnach lei det der Kläger u.a. an Neurasthenie und
kognitiven Störungen; - Befundbericht Dr. H ... vom 18.4.1999. Auch seitens der Augen ärztin habe keine
Arbeitsunfähigkeit bestanden; - Arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 21.7.1998. Danach ist dem Kläger sogar
mittelschwere Arbeit ständig vollschichtig möglich. - Befundbericht Dipl.-Med. H ... vom 9.5.1999. Nach Angaben des
Hausarztes habe sich der Gesundheitszustand des Klägers seit Juni 1998 nicht verändert.
Anschließend beauftragte das Gericht Dr. F ... mit der orthopädischen Begutachtung des Klägers. Der Arzt stellte am
31.1.2000 folgende Diagnosen: Lokales Schmerzsyndrom der unteren BWS und der oberen LWS bei Verdacht auf
Osteoporose und Deformierung von L 1 sowie ein postthrombotisches Syndrom im linken Bein. Diese Erkrankungen
bestünden seit 1997. Der Kläger könne leichte Arbeiten vollschichtig verrichten in wechselnder Haltung, ohne häufiges
Bücken, ohne Arbeiten unter Absturzgefahr, ohne häufiges Treppensteigen. Der Gutachter erklärte, die Diagnosen und
die Leistungsbewertung stimmten mit denen des Gutachters K ... und denen im Reha-Entlassungsbericht überein.
Auf Veranlassung des Klägers erstattete Dipl.-Med. P ... ein neuropsychiatrisches Gutachten am 26.6.2000. Sie
stellte bei ihm eine Intelligenzminderung fest (unterer Normbereich/Grenzdebilität), die ihrer Ansicht nach
wahrscheinlich aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung entstanden sei, Neurasthenie mit Leistungsinsuffizienz
und diskreter somatoformer Mitbeteiligung an der Schmerzsymptomatik im Sinne einer multifaktoriell bedingten
Entwicklung, bei der unter anderem die unsichere soziale Situation des Klägers mitwirke. Dieser könne leichte
Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung verrichten, allerdings nur für fünf bis sechs Stunden täglich. Denn weil der
Kläger keine Arbeiten im Freien ausführen könne, müsste er nach Ansicht der Ärztin vorwiegend geistige Tätigkeiten
verrichten; dies sei ihm wegen seiner Intelligenzminderung aber nicht möglich. Bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage
würde er nicht einmal mehr als Anlagenfahrer beschäftigt werden, weil er keine Ausbildung abgeschlossen habe.
Während der mündlichen Verhandlung am 26.10.2000 erläuterte der Kläger, sein rechtes Auge kompensiere die
Sehbehinderung des linken Auges. Die von der Vorsitzenden vorgelegte Ladung konnte er unter Zuhilfenahme einer
Brille lesen. Des Weiteren erklärte er, er habe sich einen Garten gekauft und beschäftige sich dort mit leichten
Arbeiten. Das SG hat daraufhin die Klage abgewiesen, weil der Kläger weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Im
Mehrstufen-Schema des BSG sei er der Gruppe der angelernten Arbeiter des unteren Bereichs zuzuordnen. Damit sei
der Kläger auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ausgenommen lediglich Arbeiten
geringsten qualitativen Werts. Die Kammer folgte sodann den Ausführungen des Gutachtens von Dr. F ... und
schätzte den Kläger als noch vollschichtig leistungsfähig für leichte körperliche Arbeit ein. Demgegenüber sei das
Leistungsvermögen des Klägers durch Dipl.-Med. P ... nicht schlüssig dargestellt worden. Die Situation des
Arbeitsmarktes und seine intellektuelle Grenzbegabung könnten bei der Beurteilung der Berufsfähigkeit nicht
entscheidend sein. Schließlich sei der Kläger von 1963 bis 1997 ununterbrochen berufstätig gewesen. Die konkrete
Benennung einer Verweisungstätigkeit sei nicht erforderlich gewesen. Beim Kläger läge keine schwere spezifische
Leistungsbehinderung bzw. Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeschränkungen vor. Die Sehbehinderung des
linken Auges könne er mit dem rechten Auge kompensieren. Seine Kommunikationsfähigkeit sei uneingeschränkt.
Gegen das ihm am 30.11.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht
eingelegt am 29.12.2000. Das SG habe die vorliegenden Gutachten nicht zutreffend gewürdigt und unberücksichtigt
gelassen, dass im Falle des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege. Dieser sei
praktisch einäugig. Deshalb hätte die Beklagte nach Ansicht des Klägers eine konkrete Verweisungstätigkeit
benennen müssen. Die Beschäftigung als Anlagenfahrer habe er auf Kosten seiner Gesundheit ausgeübt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26.10.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 6.8.1998 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 8.12.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Darüber hinaus sei es dem Kläger trotz seiner gesundheitlichen
Einschränkungen möglich, als Pförtner zu arbeiten.
Der Senat hat Befundberichte eingeholt von Dr. M ..., Dipl.-Med. P ..., Dr. H ... und Dipl.-Med. H ... Alle Ärzte haben
einen unveränderten Gesundheitszustand des Klägers seit Februar 2000 bescheinigt. Während der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, er sei mit seinem Auto (allein) von G ... nach C ... gefahren. Die
Führerscheinprüfung habe er nach der Wende abgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte
verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet (§§ 143, 144, 151 Abs.1
Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
da er bereits nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung
bis zum 31.12.2000 (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI) ist. Aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit folgt ohne weiteres das
Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (BSG, U.v. 11.3.1999 - B 13 RJ 71/97 R - NZS 2000, 96, 97).
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107,
169). Ausgehend von dem in § 43 Abs. 2 SGB VI verankerten Berufsschutz soll demjenigen Versicherten, der aus
gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der bisherigen Weise tätig sein kann, ein zu starkes Absinken im Beruf
erspart bleiben (BSG, U.v. 30.7.1997 - 5 RJ 8/96; U.v. 24.11.1998 - 13 RJ 95/97 R). Demnach ist die Zumutbarkeit
einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs zu beurteilen.
Zur Erleichterung dieser Gruppen hat das BSG die Versicherten in Gruppen eingeteilt. Die Berufsgruppen sind
ausgehend von der Bedeutung, der Dauer und dem Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes gebildet
worden. Entsprechend dem so genannten Mehrstufen- Schema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit dem
leitberuf eines Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. dem des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters
(anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters
(sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren und des ungelernten Arbeiters
charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 140 m.w.N.)
Allerdings ist nicht allein die Dauer der absolvierten Ausbildung entscheidend. Vielmehr ist die Wertigkeit der
verrichteten Arbeit zu betrachten. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch durch die im § 43 Abs. 2 Satz 2
SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere
Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 15, 17 m.w.N.). Davon
ausgehend darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich auf die nächstniedrigere
Berufsgruppe verwiesen werden. (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5 m.w.N.).
Demnach hat das SG für den Kläger zutreffend die Tätigkeit als Anlagenfahrer als "bisherigen Beruf" zugrunde gelegt.
Diesen kann er ausweislich der medizinischen Befunde nicht mehr ausüben. Allerdings ist der Kläger damit nicht
berufsunfähig, da er sich auf eine andere zumutbare Tätigkeit verweisen lassen muss. Im Mehrstufen-Schema des
BSG ist er der Gruppe der angelernten Arbeiter im unteren Bereich zuzuordnen, so dass ihm grundsätzlich sämtliche
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes subjektiv zuzumuten sind, ausgenommen lediglich allereinfachste
Arbeiten.
Ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische
Leistungsbeeinträchtigung vorliegt, kann letztlich dahinstehen. Denn auch dies führt nicht ohne Weiteres zur
Berufsunfähigkeit, sondern verpflichtet den Rentenversicherungsträger lediglich dazu, eine konkrete
Verweisungstätigkeit zu benennen (vgl. BSG, U.v. 11.3.1999 - B 13 RJ 71/97 R, NZS 2000, 96, 97). Der Kläger wäre
trotz seiner Gesundheitsstörungen und der damit verbundenen Leistungsminderung noch in der Lage, als Pförtner tätig
zu sein. Dabei handelt es sich nach der Berufsinformationskarte der Bundesanstalt für Arbeit (BO 793) um leichte
körperliche Arbeit, überwiegend in geschlossenen Räumen, überwiegend sitzend, für Behinderte geeignet. Zu den
Aufgaben einer Pförtners gehören das Überwachen des Personen- und Fahrzeugverkehrs an Türen und Toren von
Fabriken, Geschäfts- und Bürohäusern, Museen und anderen öffentlichen Einrichtungen, das Empfangen von
Besuchern, Betriebsangehörigen und Lieferanten und gegebenenfalls das Prüfen von Legitimationen.
Diesen Anforderungen ist der Kläger ausweislich der erhobenen medizinischen Befunde und den erwähnten
Leistungseinschränkungen gewachsen. Dagegen spricht auch nicht das geringe Sehvermögen des linken Auges, da
dieses nach eigenen Angaben des Klägers durch die voll erhaltene Sehleistung des rechten Auges kompensiert wird.
Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Kläger nach Angaben seiner Augenärztin im Befundbericht vom 7.4.2001
seit frühester Kindheit unter dieser Beeinträchtigung leidet, gleichwohl aber von 1963 bis 1997 als Anlagenfahrer
arbeiten konnte, wobei er u.a. einfache Maschinen bedienen und warten musste. Zudem war er in der Lage, den
Führerschein nach bundesdeutschen Vorschriften zu erwerben und ist imstande, die Strecke von G ... nach C ... mit
dem Auto zurückzulegen. Darüber hinaus hat sich der Kläger einen Garten gekauft, um dort körperlich tätig zu sein.
Auch Gartenarbeiten erfordern ein gewisses Sehvermögen, etwa beim Umgang mit Gartengeräten, die zum Teil nicht
ungefährlich sind (Motorsägen, Heckenschneider, Forken). Demgegenüber gibt es für die Behauptung des
Prozessbevollmächtigten des Klägers keinen Anhalt, wonach letzterer die Arbeit als Anlagenfahrer, die er immerhin 34
Jahre ausgeübt hat, auf Kosten seiner Gesundheit ausgeübt haben soll.
Wie bereits das SG festgestellt hat, ist auch das von Dipl.-Med. P ... behauptete untervollschichtige
Leistungsvermögen des Klägers nicht nachvollziehbar. Bei der von ihr angegebenen Intelligenzminderung handelt es
sich um eine bloße Mutmaßung, denn dem Gutachten ist diesbezüglich nicht zu entnehmen, wie sie zu dieser
Diagnose gelangt ist. Sie leitet diese offenbar aus ihrer eigenen Verlaufsdokumentation seit der Übernahme der
neuropsychiatrischen Mitbetreuung im August 1997 ab. Unter dem 18.5.1998 hat sie notiert, dass sie dem Kläger den
Unterschied zwischen dem Schwerbehindertenausweis und der beantragte Rente erläutert habe; dabei sei eine
gewisse Intelligenzminderung erkennbar geworden. Abgesehen davon, dass viele Menschen mit weit höherer
Ausbildung als der Kläger diesen Unterschied nicht kennen, kann aus dem beschriebenen Vorgang nicht sogleich auf
eine Intelligenzminderung geschlossen werden. Der entsprechende Nachweis hätte wohl nur mit Hilfe der
einschlägigen Testverfahren erfolgen können. Hinzu kommt, dass der Kläger trotz der vemeintlichen
Intelligenzminderung nicht nur die Führerscheinprüfung bestanden hat, sondern auch die Arbeit als Anlagenfahrer
tatsächlich ausüben konnte, die von ihren geistigen Anforderungen der eines (einfachen) Pförtners nicht nachstehen
dürfte.
Die vermeintliche Intelligenzminderung des Klägers gibt für die Gutachterin aber letztlich den Ausschlag für ihre
Annahme, dieser sei nur noch untervollschichtig einsatzfähig, und zwar unter Berücksichtigung der schwierigen Lage
auf dem Arbeitsmarkt. Eine solche Betrachtung verbietet aber bereits § 43 Abs. 2 SGB VI, denn danach ist die
Arbeitsmarktlage bei vollschichtig Einsatzfähigen nicht zu berücksichtigen. Das SG ist daher der Einschätzung des
Leistungsvermögens des Klägers durch die Gutachterin Pissang zu Recht nicht gefolgt.
Die Berufung hatte deshalb keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.