Urteil des LSG Sachsen vom 07.05.2002

LSG Fss: innere medizin, rente, arbeiter, behinderung, erwerbsfähigkeit, arbeitsmarkt, berufsunfähigkeit, wechsel, gesundheitszustand, gefährdung

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 07.05.2002 (rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 15 RJ 56/99
Sächsisches Landessozialgericht L 5 RJ 247/00
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 15. Juni 2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ... 1959 geborene Klägerin arbeitete nach Abschluss der 10. Klasse von Juli 1977 bis Februar 1979 als
Hilfsarbeiterin, bis März 1981 als Hilfs-/Holzplatzarbeiterin (Erwerb des Facharbeitszeugnisses "Facharbeiter für
Holztechnik" am 01. Juli 1980), bis Mai 1981 als Küchenhilfe, erneut bis September 1986 als Holzplatzarbeiterin und
bis Juni 1990 als Heimarbeiterin. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für
Arbeit bzw. Krankengeld. Von August 1992 bis zum 31. Juli 1998 erhielt sie Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit.
Den am 02. April 1998 gestellten Weitergewährungsantrag begründete die Klägerin mit einer Verschlechterung ihres
Gesundheitszustandes.
Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:
- die medizinischen Unterlagen aus dem ersten Rentenverfahren, - der Befundbericht der Fachärztin für
Allgemeinmedizin Dipl.- Med. R1 ... von April 1998 sowie - das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dipl.-Med.
B1 ... vom 05. Juni 1998, in welchem ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten, ohne
Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten und volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände, bescheinigt wurde.
Mit Bescheid vom 21. Juli 1998 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag unter Verweis auf ein
vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den am 03. August 1998 eingegangenen
Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 15. Januar 1999 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen
Einschränkungen könne die Klägerin nach den sozialmedizinischen Feststellungen zwar nicht mehr in ihrem zuletzt
ausgeübten Beruf als Arbeiterin in der Holzspielzeugherstellung, welcher der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter
zuzuordnen sei, tätig sein. Mit der ins Erwerbsleben eingebrachten Behinderung sei sie jedoch in der Lage,
vollschichtig leichte Arbeiten mit wechselnder Arbeitshaltung und nur mit Gebrauch der rechten Hand auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Unter Berücksichtigung der bestehenden spezifischen Behinderung (Fehlen
der linken Hand) sei beispielsweise eine Tätigkeit als Pförtnerin zumutbar.
Auf die am 22. Januar 1999 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz medizinische Unterlagen des Amtes für
Familie und Soziales Chemnitz und die Gutachten des Arbeitsamtes Annaberg vom 02. März 1992 und 16. Januar
1993 beigezogen sowie einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. R1 ... vom 16. Mai 1999 und der
Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dipl.-Med. B2 ... vom 03. Juni 1999 eingeholt. Des Weiteren hat es
Dr. L1 ... mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser erhob, nach ambulanter
Untersuchung der Klägerin am 07. März 2000, in seinem Gutachten vom selben Tag folgende Feststellungen /
Diagnosen:
- angeborenes Fehlen der linken Hand (Peromelie) - chronisch-rezidivierende Funktionsstörungen des
cervicothorakalen und des lumbosakralen Übergangs bei hohlrundem Rük-ken und muskulärer Dysbalance des
Rumpfes
Auf Grund der Peromelie der linken Hand reiche diese zu einer Greiffunktion nicht aus, sei als Gegenhalt bzw. zum
Abstützen jedoch nutzbar. Hinsichtlich der angegebenen Beschwerden im Bereich des Schultergürtels und des
Nackens sowie der Lendenwirbelsäule seien nur leichte pathologische Veränderungen festgestellt worden.
Neurologische Reiz- oder Ausfallerscheinungen seinen nicht nachweisbar. Gegenüber den Vorgutachten habe sich der
Gesundheitszustand nicht verschlechtert. Die Klägerin könne vollschichtig nur noch leichte körperliche Tätigkeiten im
Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, häufiges
Bücken, Arbeiten unter Zeitdruck, Klettern und Steigen - verbunden mit Absturzgefahr -, volle Gebrauchsfähigkeit
beider Hände, ohne Einwirkungen von Kälte, Nässe und Zugluft sowie ohne häufige Überkopfarbeiten und
Zwangshaltungen des Rumpfes und des Schultergürtels verrichten. Seit 1990 könne sie den Beruf eines
Facharbeiters für Holztechnik nicht mehr, den einer Pförtnerin oder einer Bürohilfskraft trotz der vorliegenden
Gesundheitsstörungen noch vollschichtig ausüben.
Mit Urteil vom 15. Juni 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ausgehend von der Tätigkeit als
Holzbearbeiterin hat es die Klägerin in die Gruppe der angelernten Arbeiter eingeordnet, nach den medizinischen
Erhebungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen
und Gehen, bevorzugt in geschlossenen Räumen, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten, ohne häufiges
Bücken, ohne Arbeiten unter Zeitdruck, mit Absturzgefahr oder an laufenden Maschinen, ohne volle
Gebrauchsfähigkeit beider Hände, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft sowie ohne Zwangshaltungen des
Rumpfes und Überkopfarbeiten festgestellt und sie auf eine Tätigkeit als Pförtnerin verwiesen.
Die Klägerin macht mit der am 21. September 2000 bei dem Sozialgericht Chemnitz eingelegten Berufung geltend,
aus gesundheitlichen Gründen sei ihr eine Tätigkeit als Pförtnerin nicht möglich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 15. Juni 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 21. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 1999 zu verurteilen, ihr
eine Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den 31. Juli 1998 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil. Nach den Befundberichten der behandelnden Ärzte
ergebe sich keine geänderte Sachlage. Als Heimarbeiterin sei die Klägerin der Gruppe der angelernten Arbeiter des
unteren Bereichs zuzuordnen.
Der Senat hat Befundberichte des Facharztes für Innere Medizin R2 ... vom 26. Februar 2001 und vom 19. April 2002
sowie von Dipl.-Med. R1 ... vom 14. März 2001 und vom 07. April 2002 eingeholt. Des Weiteren hat der Senat zur
Tätigkeit einer Pförtnerin das berufskundliche Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H1 ... vom 07. Januar 2000,
erstellt für das Sächsische Landessozialgericht zum Az. L 5 RJ 167/98, beigezogen und den Beteiligten zur
Kenntnisnahme übersandt.
Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die
Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der
Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf die
Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.
Die Klägerin ist weder berufs- noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]). Die Anwendung dieser
Vorschriften in der alten Fassung resultiert aus der Antragstellung vom 02. April 1998 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).
Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen
Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch
gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen
Verdienst sie in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die sie nach ihrem Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen
Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246
RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf den
bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte
versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG
SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).
Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Heimarbeiterin (Anfertigung von Raumteilern). Diese hat die
Klägerin vollwertig von September 1986 bis Juni 1990 bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung
ausgeübt.
Den Beruf als Heimarbeiterin kann die Klägerin weiterhin vollwertig verrichten. Die mit dieser Tätigkeit verbundenen
Arbeitsanforderungen sind mit ihrem Gesundheitszustand vereinbar. Die Klägerin hat, mit der ihr Leistungsvermögen
vordergründig limitierenden Peromelie, diese Tätigkeit langjährig ausgeübt. Sie ist in der Lage, vollschichtig leichte
körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, bevorzugt in geschlossenen Räumen, ohne häufiges
Heben und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten unter Zeitdruck, mit Absturzgefahr oder an
laufenden Maschinen, ohne volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft
sowie ohne Zwangshaltungen des Rumpfes und Überkopfarbeiten zu verrichten. Diesen medizinischen Feststellungen
des SG schließt sich der Senat nach Überprüfung an und nimmt, zur Vermeidung von Wiederholungen, darauf Bezug
(§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Weitere, das Leistungsvermögen der Klägerin zusätzlich limitierende
Gesundheitsverschlechterungen dauerhafter Art lassen sich nach den im Berufungsverfahren eingeholten
Befundberichten des Facharztes für Innere Medizin R2 ... und der Dipl.-Med. R1 ... nicht objektivieren. Das Vorliegen
von Gallensteinen bzw. die Verdachtsdiagnose hierauf begründet, wie auch die Gehirnerschütterung, keine
dauerhaften Funktionseinschränkungen. Die mitgeteilte Depression ist reaktiver Natur und hat einer fachspezifischen
Behandlung nicht bedurft.
Selbst wenn die Klägerin als Heimarbeiterin einen ihrer spezifischen Behinderung (faktische Einhändigkeit)
entsprechenden Arbeitsplatz innehatte, welcher durch die betriebliche Kündigung entfallen ist und auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht, liegt Berufsunfähigkeit nicht vor. Sie ist zumutbar auf
andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen sie mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson
erzielen kann.
Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten eine leistungsgeminderte Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, hat
das Bundessozialgericht (BSG) ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es
gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom
17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei
Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30.
März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl.
BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 1/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der
angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109,
132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs-
oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer
Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246
RVO Nr. 45). Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen
sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter
Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen
werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.).
In Übereinstimmung mit der sozialgerichtlichen Entscheidung ist die Klägerin allenfalls der Gruppe mit dem Leitberuf
des angelernten Arbeiters zuzuordnen. Obwohl sie das Facharbeitszeugnis "Facharbeiter für Holztechnik" erlangt hat,
begründet dies nicht den Berufsschutz als Facharbeiter. Denn die Klägerin konnte auf Grund der seit Geburt
bestehenden Peromelie (eingebrachtes Leiden) die nach der Berufsinformationskarte 181 der Bundesanstalt für Arbeit
erforderlichen manuellen Handwerkstätigkeiten einer Holzbearbeitungsmechanikerin nie vollständig ausführen. Dies
wird durch ihre eigenen Angaben, wonach sie stets mit Hilfstätigkeiten im Bereich der Holzbearbeitung beschäftigt
gewesen ist, bestätigt. Insofern ist die Klägerin grundsätzlich sozial zumutbar auf sämtliche Tätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass diese konkret benannt werden müssten. Bei einer auf das
allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf es nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 01. März
1984 (4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 117) nur dann der konkreten Benennung zumindest einer
Verweisungstätigkeit, wenn die Klägerin selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit
vielfältigen und/oder erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ausführen kann bzw. wenn eine Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es der Klägerin auch
bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sogenannte
"Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137), vorliegen. Auf
Grund der angeborenen Peromelie besteht eine schwerwiegende, spezifische Leistungsbehinderung, welche faktisch
einer Einhändigkeit gleichsteht, so dass der Kläger ein konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist. Mit der
spezifischen Behinderung ist die Klägerin noch in der Lage, die Tätigkeit einer Pförtnerin vollschichtig zu verrichten.
Nach dem beigezogenen berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H1 ... vom 07. Januar 2000 gehört
zum Aufgabengebiet im Wesentlichen das Empfangen und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen u.ä.,
gegebenenfalls das Prüfen von Legitimationen, Anmelden und Weiterleiten der Besucher, Ausstellen der
Besucherscheine sowie das Erteilen von Auskünften. Je nach Arbeitsplatzgestaltung fallen auch das Bedienen der
Telefonanlage, Postverteilung, Durchführung von Kontrollgängen an. Die Arbeit ist generell körperlich leicht und wird in
der Pförtnerloge überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels zwischen Gehen, Stehen und
Sitzen verrichtet. Auf Grund des Publikumsverkehrs kommt es zum Teil durch stoßweise Arbeitsbelastung (z.B.
Schichtwechsel, Arbeitsende) zu Zeitdruck. In psychischer Hinsicht sind Reaktionsvermögen, Entschlusskraft,
Handlungsbereitschaft, Besonnenheit und Umsichtigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und
Unbestechlichkeit erforderlich. "Einfache" Pförtner, deren Aufgabenbereich in der Überwachung und Abwicklung des
Besucherverkehrs einer Dienststelle oder Einrichtung derselben besteht, werden z.B. im öffentlichen Dienst nach der
Lohngruppe 2 Nr. 1.9 des "Manteltarifvertrages für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der Länder"
bezahlt. Es handelt sich um eine Lohngruppe, die sich aus dem Niveau der einfachen (Hilfs-) Arbeiten heraushebt und
bestimmt ist für "Arbeiter, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist". Eine besondere Berufsausbildung wird
nicht vorausgesetzt und die nötige Einarbeitungszeit übersteigt in keinem Fall die Dauer von drei Monaten. Im
Gegensatz zum gehobenen Pförtner (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1991, Az. 13/5 RJ 29/89) handelt sich hierbei nicht
ausschließlich um Schonarbeitsplätze. Arbeitsplätze für einfache Pförtner stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
noch in genügender Anzahl zur Verfügung. Bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten besteht die Vermutung, dass
es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102 m.w.N.). Für diese Tätigkeit
besteht nach den vorbezeichneten medizinischen Feststellungen mindestens seit dem 01. August 1998 ein
vollschichtiges Leistungsvermögen. Einschränkungen leistungsmindernder Art auf psychischem Gebiet liegen nicht
vor. Ein Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ist gegeben, häufiges Heben und Tragen von Lasten sowie häufiges
Bücken, Arbeiten unter Zeitdruck mit Absturzgefahr oder an laufenden Maschinen sowie mit Zwangshaltungen des
Rumpfes und Überkopfarbeiten fallen nicht an. Insbesondere ist die Klägerin mit der funktionsfähigen rechten Hand in
der Lage, Besucherscheine handschriftlich auszustellen. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai
1984 - 5a RKn 18/83 - SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit nicht einhalten und ist auch
nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl.
BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert.
Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu
finden, und die Bundesanstalt für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur
Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der
gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die
Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -
BSGE 80, 24).
Nachdem die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat sie erst recht keinen
Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB
VI (a.F.). Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind
auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz
2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 - BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827) nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG
nicht vorliegen. -