Urteil des LSG Sachsen vom 20.05.2009

LSG Fss: heizung, vorläufiger rechtsschutz, erlass, stadt, unterkunftskosten, hauptsache, nebenkosten, umzug, wohnfläche, wohnungsmarkt

Sächsisches Landessozialgericht
Beschluss vom 20.05.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 29 AS 2280/07 ER
Sächsisches Landessozialgericht L 3 B 586/07 AS-ER
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 1. Oktober 2007 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. III. Der Antrag
auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der 1951 geborene Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme seiner gesamten
laufenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ab dem 1. Februar 2007 als Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Er bewohnt in Z. eine 48 m² große Zweiraumwohnung mit eigener Gasheizung, für die er aktuell eine monatliche Miete
in Höhe von 400,60 EUR, bestehend aus der Nettokaltmiete in Höhe von 251,60 EUR sowie den Abschlagszahlungen
für die kalten Nebenkosten in Höhe von 74,00 EUR, einschließlich der Kosten für einen PKW-Stellplatz in Höhe von
5,00 EUR, und für die Beheizung in Höhe von 75,00 EUR, leistet. Im Zeitraum von Februar 2007 bis Oktober 2007
betrugen die Heizkostenvorauszahlungen 77,00 EUR, im Zeitraum von November 2007 bis Oktober 2008 46,00 EUR
und ab November 2008 75,00 EUR. Die kalten Nebenkosten ohne Stellplatzkosten betrugen im Zeitraum Februar 2007
bis Juli 2007 55,00 EUR, im Zeitraum August 2007 bis Juni 2008 66,00 EUR und ab Juli 2008 69,00 EUR. Die
Wohnung wird zentral mit warmem Wasser versorgt. Das ab dem 1. April 2001 bestehende Mietverhältnis war
zunächst bis zum 31. März 2006 befristet. Für diese Zeit übernahm die Antragsgegnerin die tatsächlichen
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in voller Höhe. Mit Schreiben vom 2. Februar 2005 wies die
Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass sie die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung
lediglich bis zum 30. Juni 2005 übernehme, da diese die nach einem Erlass der Stadt Z. für einen
Einpersonenhaushalt angemessenen Kosten von 275,00 EUR überstiegen. Nach Widerspruch des Antragstellers
erklärte die Antragsgegnerin am 29. April 2005, dass sie die Miete bis zum 31. März 2006 anerkenne.
Seit dem 1. Februar 2009 erhält der Antragsteller von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 649,00 EUR, wobei 298,00 EUR als Kosten der Unterkunft und
Heizung gezahlt werden (Bescheid vom 17. Dezember 2008). Dabei berücksichtigt die Antragsgegnerin die
Abschlagszahlungen für Heizkosten und kalte Nebenkosten in voller Höhe. Die Nettokaltmiete übernimmt sie lediglich
in Höhe der Differenz zum Betrag von 298,00 EUR. Hierbei handelt es sich um den Betrag, zu dessen Zahlung die
Antragsgegnerin durch sozialgerichtliche Entscheidungen verpflichtet wurde. Der gegen die Höhe der bewilligten
Leistungen gerichtete Widerspruch des Antragstellers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2009).
Für die Zeiträume vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 und vom 1. Juli 2007 bis 30. September 2007 hatte die
Antragsgegnerin Kosten der Unterkunft in Höhe von 295,25 EUR bzw. 296,90 EUR bewilligt. Die kalten Nebenkosten
hatte sie dabei in Höhe von 55,00 EUR berücksichtigt, Heizkosten in Höhe von 1,20 EUR/m² bzw. 1,35 EUR/m². Die
Gesamtleistungen für Unterkunft und Heizung kappte die Antragsgegnerin in Höhe der von ihr für einen
Einpersonenhaushalt in Z. als angemessen angesehenen Kosten, ausgehend von einer angemessenen Wohnfläche
von 45 m². Ab dem 1. Oktober 2007 zahlte die Antragsgegnerin als Kosten der Unterkunft und Heizung den o. g.
Betrag von 298,00 EUR. Widersprüche gegen die Bewilligungsbescheide sind erfolglos geblieben. Gegen die
Bescheide sind mittlerweile Klagen anhängig.
Der Antragsteller hat am 29. Juni 2007 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der die
Antragsgegnerin verpflichtet werden soll, beginnend mit Februar 2007 die vollen laufenden Unterkunfts- und
Heizungskosten zu übernehmen.
Das Sozialgericht hat der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 1. Oktober 2007 aufgegeben, dem Antragsteller
vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 298,00
EUR zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es liege weder ein
Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Die Antragsgegnerin weiche mit den von ihr bewilligten
Leistungen nur geringfügig in Höhe von 2,75 EUR von den gerichtlich als angemessen festgestellten Kosten in Höhe
von 298,00 EUR ab. Es sei nicht erkennbar, dass ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar
sei.
Hiergegen richtet sich die am 26. November 2007 eingegangene Beschwerde. Die Kürzung der Unterkunftskosten sei
rechtswidrig. Ein Umzug könne nicht verlangt werden, da er eine unbillige Härte bedeuten würde. Die Wohnung sei als
Alterswohnsitz gedacht und mit auf die Größe zugeschnittenem Mobiliar versehen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 1. Oktober 2007 abzuändern und die Antragsgegnerin zu
verpflichten, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache die tatsächlich anfallenden laufenden Aufwendungen
für Unterkunft und Heizungen ab Februar 2007 als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu
zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Maßgeblich für die Feststellung der angemessenen Grundmiete sei der Mietspiegel der Stadt Z ... Stelle man auf die
Durchschnittswerte für Wohnungen bis 50 m² ab, ergebe sich eine Grundmiete, die deutlich unter dem nach dem
Erlass der Stadt Z. maßgeblichen Wert von 4,11 m² bzw. 185,00 EUR für eine Wohnung mit 45 m² liege. Die
Kaltmiete des Antragstellers überschreite diesen Wert und sei deshalb unangemessen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die
beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die gemäß den §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das
Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich des über 298,00 EUR
hinausgehenden Betrages zu Recht abgelehnt. Insofern fehlt es an einem Anordnungsanspruch. Soweit der
Antragsteller darüber hinaus Leistungen für Zeiträume vor dem Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung begehrt, ist
der Antrag auch wegen fehlenden Anordnungsgrunds abzulehnen.
1. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch Übernahme der tatsächlich anfallenden laufenden Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung.
a) Gegenstand des Verfahrens sind Leistungen ab dem 1. Februar 2007 bis zum Abschluss der Hauptsacheverfahren.
Davon ist bei entsprechender Auslegung (§ 123 SGG) des Rechtsschutzbegehrens auszugehen. Auch das
Sozialgericht hat die Antragsgegnerin ohne Beschränkung des Leistungszeitraums verpflichtet, vorläufige Leistungen
bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu erbringen.
b) Zur Überprüfung stehen lediglich die laufenden tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung des
Antragstellers. Insofern hat der Antragsteller den Verfahrensgegenstand in zulässiger Weise auf diese Kosten
beschränkt. Es handelt sich hierbei um einen eigenständigen Verfügungsteil der Leistungsbewilligungen, der
demzufolge auch isoliert im Rechtswege geltend gemacht werden kann (BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 7b
AS 8/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 = JURIS-Dokument Rdnr. 18 ff., und vom 19. September 2008 – B 14 AS 54/07
R = JURIS-Dokument Rdnr. 13).
c) Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die
Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §
920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren
geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass
dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund),
glaubhaft zu machen.
(1) Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht auf Grund einer vorläufigen summarischen
Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem
Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem
Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Dabei wird der Sachverhalt
gemäß § 103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten ermittelt, soweit dies unter Berücksichtigung
der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens geboten ist (Krodel, NZS 2002, 234 ff.; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger
Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren [4. Auflage, 1998], Rdnr. 152, 338; jeweils m. w. N.).
Von diesem Prüfungsmaßstab ausgehend, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, soweit höhere als
die von der Antragsgegnerin und vom Sozialgericht zuerkannten Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt
werden, nicht begründet. Ein entsprechender Anordnungsanspruch kann nicht bejaht werden, da nicht überwiegend
wahrscheinlich ist, dass dem Antragsteller im Hauptsacheverfahren die begehrten höheren Leistungen zugesprochen
werden.
(a) Der Antragsteller erfüllt zwar als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Streitzeitraum
die Voraussetzungen des § 19 SGB II für die Zahlung von Arbeitslosengeld II, zu welchem gemäß § 22 Abs. 1 SGB II
auch die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zählen. Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht
unstreitig.
(b) Höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung stehen dem Antragsteller jedoch im Streitzeitraum voraussichtlich
nicht zu, da die geltend gemachten tatsächlichen Mietkosten den angemessenen Betrag überschreiten.
Tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur insoweit zu
übernehmen, als sie angemessen sind. Soweit sie den angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach § 22 Abs. 1
Satz 3 SGB II nur so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder zumutbar ist, die
Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate.
Welche Unterkunftskosten angemessen im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II sind, richtet sich nicht nach hierzu
ergangenen Verwaltungsvorschriften des kommunalen Trägers, da diese als rein verwaltungsinterne Regelungen
gegenüber den Gerichten keinerlei bindende Wirkung entfalten können. Die Angemessenheit ist vielmehr nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (grundlegend: Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R – SozR 4-
4200 § 22 Nr. 2 = JURIS-Dokument Rdnr. 17 ff.) in mehreren Schritten zu prüfen. Zunächst bedarf es der Feststellung
der konkreten Wohnungsgröße. Hierbei ist die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte
Wohnraumgröße zu Grunde zu legen. Dabei kann dahinstehen, ob insofern weiterhin auf die außer Kraft getretene
Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Innenministeriums zum Sächsischen Belegungsgesetz (VwV-SächsBelG)
vom 22. April 1996 (SächsABl S. 478) zurückzugreifen ist (so bisherige Rechtsprechung des Sächsischen LSG, vgl.
Beschluss des 3. Senats vom 24. Oktober 2006 – L 3 B 158/06 AS-ER – und Beschluss des 2. Senats vom 11. Juni
2008 – L 2 B 332/08 AS-ER) oder auf die Verwaltungsvorschriften des Ministeriums der Finanzen über Zuwendungen
zur Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsbestimmungen – WFB 2007) vom 14. April 2007 (SächsABl S. 961) in
der Fassung der Änderung vom 13. Dezember 2007 (SächsABl 2008 S. 29). Beide Verwaltungsvorschriften sehen als
maximale Wohnraumgröße für einen Einpersonenhaushalt eine Wohnfläche von 45 m² vor. Eine solche ist demzufolge
auch im Falle des Antragstellers zu Grunde zu legen. Gründe für ein Abweichen von diesem Wert sind nicht
ersichtlich. Nach Feststellung der angemessenen Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnstandard zu
berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung,
Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard
aufweist. Die Wohnung muss von daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als mietpreisbildende Faktoren
regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht
kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Dabei kann es
dahinstehen, ob einzelne Faktoren isoliert als angemessen anzusehen sind, solange die Gesamtbelastung des
Grundsicherungsträgers nicht unangemessen hoch ist. Insofern ist der so genannten Produkttheorie zu folgen, die auf
das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard abstellt. Als räumlicher Vergleichsmaßstab für den
angemessenen Quadratmeterpreis ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend, wenn dieser ein
geeignetes Vergleichsgebiet bildet. Dies ist bei der Stadt Z. mit ca. 100.000 Einwohnern der Fall, sodass die
Einbeziehung weiterer Gebiete oder die Aufteilung in kleinere Vergleichsgebiete nicht erforderlich ist. Für die Stadt Z.
existiert auch ein einfacher Mietspiegel gemäß § 558c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (a. a. O., Rdnr. 23, sowie Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – JURIS-
Dokument Rdnr. 16) eine hinreichende Gewähr bietet, die Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes
wiederzugeben. Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte, dass es dem zum Stichtag 31. Dezember 2005 erstellten
Mietspiegel im vorliegenden Fall an der erforderlichen Validität für die Beurteilung der Angemessenheit des
Mietpreises fehlt. Auszugehen ist folglich von dem im Mietspiegel für Wohnungen mit einfachem Wohnstandard
festgestellten Quadratmeterpreis. Unter Berücksichtigung der angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² ergibt sich
ein Mittelwert von 3,47 EUR für Wohnungen mit dem untersten Ausstattungsgrad "nicht modernisiert", der
grundsätzlich als angemessen für Grundsicherungsempfänger anzusehen ist. Der Senat legt den Mittelwert und nicht
den höchsten Spannwert als angemessenen Mietpreis zu Grunde, da dieser den durchschnittlichen einfachen
Wohnstandard abbildet. Es ist davon auszugehen, dass in den höchsten Spannwert hingegen wohnwerterhöhende
Faktoren eingeflossen sind, die zur Erfüllung grundlegender Wohnbedürfnisse nicht erforderlich sind. Die
angemessene Nettokaltmiete (Grundmiete) beträgt für den Antragsteller somit (45 x 3,47 EUR=) 156,15 EUR.
Zusätzlich sind die angemessenen Heizkosten, die um eine Pauschale für bereits in der Regelleistung enthaltene
Kosten der Warmwasserbereitung zu mindern sind (hierzu Urteil des BSG vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07
R), zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 24. Oktober 2006, a. a. O.), die weiterhin
beibehalten wird, sind hierbei keine Durchschnittswerte zu Grunde zu legen. Vielmehr sind die tatsächlichen
Aufwendungen für die Beheizung der Wohnung zu übernehmen, wenn keine Hinweise auf unwirtschaftliches
Heizverhalten vorliegen. Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen, sodass die jeweiligen
Heizkostenvorauszahlungen – vermindert um die jeweilige Warmwasserpauschale – in voller Höhe als Heizkosten zu
berücksichtigen sind. Ob Letzteres auch für die so genannten kalten Nebenkosten gilt, lässt der Senat dahinstehen.
Denn selbst bei Übernahme der vollen Kosten (mit Ausnahme der Stellplatzkosten, die nicht als Unterkunftskosten
anzusehen sind), ergibt sich zu keinem Zeitpunkt ein angemessener Gesamtmietpreis, der die von der
Antragsgegnerin erbrachten Leistungen übersteigt.
(c) Der Antragsteller kann die Übernahme der tatsächlichen laufenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch
nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II verlangen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass ihm ein Umzug innerhalb
der Stadt Z. in eine Wohnung mit angemessenen Kosten im Streitzeitraum unmöglich oder unzumutbar war.
Die vom Antragsteller gegen einen Umzug vorgebrachten Gründe überzeugen nicht. Zwar ist es verständlich, dass er
seine mit einigem Komfort ausgestattete Wohnung nicht aufgeben möchte. Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse
für einen Umzug liegen jedoch nicht vor. Diese ergeben sich weder aus dem Alter des Antragstellers noch aus
gesundheitlichen Einschränkungen.
Es ist auch weder vorgetragen noch erkennbar, dass Wohnungen mit angemessenen Mietkosten für den Antragsteller
auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt in Z. nicht zur Verfügung stehen. Hiervon kann insbesondere wegen des
bekannten Bevölkerungsschwunds und des damit einhergehenden Wohnungsleerstands in ostdeutschen Städten wie
Z. nicht ohne Weiteres ausgegangen werden.
Auf die Unangemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen und die für ihn angemessene Höhe der Mietkosten ist der
Antragsteller durch die Antragsgegnerin auch mehrfach hingewiesen worden, sodass für ihn die Möglichkeit bestand,
sich auf dem örtlichen Wohnungsmarkt um Wohnungen mit angemessenem Mietpreis zu bemühen. Eine erste
Information erfolgte im Schreiben vom 2. Februar 2005. Über die bis zum 31. März 2006 befristete Übernahme der
tatsächlichen Kosten wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 29. April 2005 in Kenntnis gesetzt. Letztlich wurde
der Antragsteller auch im Verfahren S 29 AS 1002/06 des Sozialgerichts durch den Schriftsatz der Antragsgegnerin
vom 23. Januar 2007 noch einmal über die angemessenen Unterkunftskosten aufgeklärt. Er hatte somit ausreichend
Zeit, seine unangemessenen Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß zu senken. Einer Information der
Antragsgegnerin über die Art und Weise der Kostensenkung oder eines Hinweises auf konkrete Wohnungsalternativen
bedurfte es nicht (vgl. BSG, Urteile vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 70/06 R = JURIS-Dokument Rdnr. 13 ff., und
vom 19. März 2008 – B 11b AS 41/06 R = JURIS-Dokument Rdnr. 20 ff.).
Höhere als die von der Antragsgegnerin gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung werden dem Antragsteller
daher im Streitzeitraum voraussichtlich nicht zu erbringen sein. Dies gilt allerdings nur unter Zugrundelegung der
bisher bekannten tatsächlichen Aufwendungen.
(2) Soweit der Antragsteller Leistungen für Zeiträume vor dem Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts begehrt,
fehlt es für einen Erfolg des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch an einem Anordnungsgrund.
Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die
individuelle Interessenlage des Antragstellers – unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des
Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter – unzumutbar erscheinen lässt, den
Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg/Jank, a. a.
O., Rdnr. 154 – 156, m. w. N.; ähnlich Krodel, NZS 2002, 234 ff.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich
insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus
anderen, ebenso schwerwiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen bzw. glaubhaft
gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und
konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [9. Auflage, 2008], §
86b Rdnr. 27a).
Bei Geldleistungen, die – wie vorliegend – auch für die Vergangenheit begehrt werden, fehlt in der Regel der
Anordnungsgrund (Keller, a. a. O., § 86b Rdnr. 29a, m. w. N.). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein
besonderer Nachholbedarf besteht, d. h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit auch
in der Zeit nach Antragstellung bei Gericht weiter fortwirkt und noch eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige
Anordnung rechtfertigende Notlage begründet (Sächsisches LSG, Beschluss vom 2. Februar 2007 – L 3 B 224/06 AS-
ER, und Beschluss vom 28. November 2007 – L 3 B 100/07 AS-ER). Einen solchen Nachholbedarf hat der
Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
3. Da die Beschwerde zu keinem Zeitpunkt Aussicht auf Erfolg hatte, war der Antrag auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 Satz 1, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen.
4. Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.