Urteil des LSG Sachsen vom 12.11.2008

LSG Fss: gemeinschaftspraxis, treu und glauben, gesellschafter, ordentliche kündigung, kündigungsfrist, venire contra factum proprium, fristlose kündigung, rückzahlung, gründung der gesellschaft

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 12.11.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 10 AL 1066/01
Sächsisches Landessozialgericht L 1 AL 2/05
I. Die Berufung des Klägers zu 1 gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 09. November 2004 wird
zurückgewiesen. II. Es wird festgestellt, dass der Kläger zu 2 aus dem Bescheid der Beklagten vom 05. Dezember
2000 nicht zur Rückzahlung des für Frau G. B. im Jahre 1999 gewährten Eingliederungszuschusses in Höhe von
15.287,58 DM verpflichtet ist. III. Die Beklagte trägt 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2 im
Berufungsverfahren. Außergerichtliche Kosten sind im Übrigen nicht zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rückzahlung eines Eingliederungszuschusses (EGZ) für ältere Arbeitnehmer.
Zum 01.01.1998 stellte die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. Frau G. B. (im Folgenden: die Geförderte) als
technische Mitarbeiterin/Praxishelferin ein. Mit Bescheid vom 06.04.1998 bewilligte die Beklagte dieser
Gemeinschaftspraxis für die Beschäftigung der Geförderten einen EGZ in Höhe von monatlich 1.389,78 DM für die
Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.12.1998. Mit Bescheid vom 17.02.1999 verlängerte die Beklagte die
Zuschussgewährung bis zum 31.12.1999.
Nachdem die Beklagte die Förderung für ein drittes Jahr abgelehnt hatte, kündigte die Gemeinschaftspraxis Dres. St.
/S. das Arbeitsverhältnis der Geförderten am 17.02.2000 unter Einhaltung der Kündigungsfrist.
Die Gemeinschaftspraxis Dres. St. /S. bestand bis Ende September/Anfang Oktober 2000. Danach trat an deren
Stelle die Gemeinschaftspraxis Dres. St. /G. (im Folgenden: die vormalige Klägerin), deren frühere Gesellschafter die
jetzigen Kläger zu 1 und zu 2 sind.
Aufgrund der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Geförderten forderte die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2000
von der vormaligen Klägerin die im Jahre 1999 gewährten Zuschüsse in Höhe von insgesamt 15.287,58 DM zurück.
Den am 06.12.2000 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2001 als
unbegründet zurück.
Hiergegen hat die vormalige Klägerin am 13.08.2001 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Sie hat die
Ansicht vertreten, sie sei nicht zur Rückzahlung verpflichtet, weil in ihrem Förderfall auf die seit dem 01.08.1999
geltende Rechtslage abzustellen sei. Dies ergebe sich aus der Fortdauer der Maßnahme über den 31.07.1999 hinaus
und aus einer diesbezüglichen Zusicherung der Beklagten. Vor Kündigung der Geförderten sei der
Gemeinschaftspraxis Dres. St. /S. in einem Gespräch mündlich von einer Mitarbeiterin der Beklagten zugesichert
worden sei, dass im konkreten Leistungsfall unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage eine Rückforderung nicht in
Betracht komme. Im Übrigen sei die Gemeinschaftspraxis Dres. St. /S. zu einer Kündigung der Geförderten aus
wichtigem Grund berechtigt gewesen, weil die Geförderte an Epilepsie leide und ihre Weiterbeschäftigung infolge der
mehrfachen Ohnmachtsanfälle nicht zumutbar gewesen sei.
Die vormalige Klägerin ist aufgrund eines "Vereinbarung" genannten, zwischen dem Kläger zu 1 und dem Kläger zu 2
geschlossenen Vertrages vom 07.02.2002 durch Übertragung des Gesellschaftsanteils vom Kläger zu 2 auf den
Kläger zu 1 mittels vollständiger Vermögensanwachsung bei dem Kläger zu 1 mit Ablauf des 31.03.2002 beendet
worden.
Das SG hat mit Urteil vom 09.11.2004 gegenüber der vormaligen Klägerin die Anfechtungsklage abgewiesen und zur
Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die gesamte Förderung des Jahres 1999 zurückgefordert, weil die
Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. das Arbeitsverhältnis im Februar 2000 gekündigt habe und die Kündigung innerhalb
eines Jahres nach Abschluss der am 31.12.1999 beendeten Maßnahme wirksam geworden sei. Denn der EGZ sei
zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines der
Förderungsdauer entsprechenden Zeitraums nach Ende des Förderungszeitraums beendet werde (§ 223 Abs. 2 Satz 1
Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III] in der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung [a.F.]). Zwar sei die
Rückforderung von EGZ für ältere Arbeitnehmer seit dem 01.08.1999 nicht mehr möglich, weil sich die
Rückzahlungsverpflichtung nach § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der seit dem 01.08.1999 geltenden Fassung nur noch
auf den EGZ bei Einarbeitung, bei erschwerter Vermittlung und für besonders schwer betroffene Schwerbehinderte
beschränke. Diese Vorschrift sei aber nicht auf die streitgegenständliche Maßnahme anzuwenden, weil diese vor dem
01.08.1999 begonnen habe und verlängert worden sei (am 01.01.1998 begonnen und mit Bescheid vom 17.02.1999
verlängert). Denn bei Änderung von Vorschriften seien auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung die Vorschriften in
der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung anzuwenden, wenn vor diesem Tag die
Maßnahme begonnen habe (§ 422 Abs. 1 Nr. 3 SGB III; Hinweis auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom
21.03.2002 – B 7 AL 68/01 R; B 7 Al 48/01 R – BSGE 89, 192, 195 ff.; vom 19.09.2002 – B 11 AL 73/01 R – SGb
2002, 731). Der vormaligen Klägerin sei auch nichts davon Abweichendes wirksam zugesichert worden. Eine
Zusicherung bedürfe zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB
X]). Die vormalige Klägerin habe selbst nur behauptet, eine mündliche Zusicherung bekommen zu haben.
Die Rückzahlung sei auch nicht ausnahmsweise ausgeschlossen. Keiner der Ausschlussgründe des § 223 Abs. 2
Satz 2 SGB III a.F. habe vorgelegen. Die vormalige Klägerin sei nicht zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen.
Zwar sei der EGZ nicht zurückzuzahlen, wenn der Arbeitgeber berechtigt sei, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem
Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (§ 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F.). Die vormalige
Klägerin sei aber zu einer solchen Kündigung auch nicht wegen der Ohnmachtsanfälle der Geförderten berechtigt
gewesen. Denn eine Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist komme nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nur in Betracht, wenn es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten sei,
den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen. Eine fristlose Kündigung wegen
Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers sei in aller Regel dann ausgeschlossen, wenn die ordentliche Kündigung
möglich sei (Hinweis auf Becker et al., GK-KSchG, § 626 BGB, Rn. 132). Denn dem Arbeitgeber sei grundsätzlich bis
zur Grenze der Entgeltfortzahlung das Risiko der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitnehmer aufgebürdet. Hiervon könne
er sich nur in Ausnahmefällen durch eine fristlose Kündigung befreien. Solche Tatsachen, die auf eine Unzumutbarkeit
der Fortsetzung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist schließen ließen, seien nicht ersichtlich. Denn die
Geförderte sei wegen ihrer Ohnmachtsanfälle nur kurzzeitig arbeitsunfähig gewesen. Darüber hinaus sei zu beachten,
dass die vormalige Klägerin das Arbeitsverhältnis fristgerecht gekündigt habe, jedoch noch eine Woche vor der
Kündigung, aber nach den Ohnmachtsanfällen die Geförderte unbedingt habe weiter beschäftigen wollen. Denn am
10.02.2000 habe sie gegen die Versagung des dritten Förderjahres bei der Beklagten Widerspruch erhoben. Auch die
anderen Ausnahmen des § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB III a.F. seien nicht einschlägig.
Hiergegen haben die Kläger zu 1 und zu 2 unter dem Namen der vormaligen Klägerin Berufung mit der Begründung
eingelegt, dass für einen Rückzahlungsanspruch, der erst nach dem 31.07.1999 entstanden sei, entgegen der
Auffassung des BSG im Urteil vom 21.03.2002 die neue Rechtslage gelten müsse. Begründet werde dies damit, dass
mit Inkrafttreten einer neuen Regelung Erstattungsbegehren, deren Ursache erst nach dem Inkrafttreten dieser
Regelung entstünden, auch nur auf der Grundlage des neuen Rechts beurteilt werden könnten. So habe es offenbar
auch die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H. , gesehen, als der Kläger zu 1 zu Anfang des Jahres 2000 den
Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt der angekündigten Kündigung mit ihr telefonisch erörtert habe. Die
Mitarbeiterin der Beklagten habe die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Rückforderung lägen nach
dem neuen Recht nicht vor. Auf diese Zusage habe die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. vertrauen dürfen, auch
wenn die Zusage nicht schriftlich erfolgt sei. Die Beklagte müsse die Nachteile tragen, die sich aus einer
Falschberatung ergäben und deshalb sei die entgegen der falschen Beratung doch erhobene Rückforderung
rechtswidrig und der entsprechende Bescheid aufzuheben.
Außerdem sei die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund
ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. Die Geförderte sei in der Praxis mehrfach bewusstlos geworden. Bereits für
die Überwachung von Belastungstests komme die Geförderte daher nicht in Betracht. Für die Gemeinschaftspraxis
Dres. St./S. , die eine fachärztliche kardiologische Praxis betrieben hätten, sei es verständlicherweise in hohem Maße
schädlich gewesen, wenn eine Mitarbeiterin dieser Praxis vor den Patienten in Ohnmacht gefallen wäre. Bereits aus
diesem Grund sei die Kündigung gerechtfertigt gewesen. Eine Umsetzung der Geförderten innerhalb der aus acht
Mitarbeitern bestehenden Praxis sei nicht in Betracht gekommen, weil es innerhalb des Organisationsbereiches der
Praxis nahezu ausschließlich Verwendungen mit Publikumsverkehr gebe. Die Geförderte sei hauptsächlich im
Anmeldebereich beschäftigt, darüber hinaus mit körperlich schweren Archivierungsarbeiten betraut gewesen. Zu den
weiteren Aufgaben habe der An- und Abtransport von körperlich schwer behinderten Patienten, die Unterstützung bei
der Lagerung von Patienten sowie das An- und Auskleiden von körperlich und geistig behinderten Patienten gehört. In
der Praxis hätten acht Betten zur Verfügung gestanden. Die Geförderte habe sich auch um die Betreuung der
tagesklinischen Patienten zu kümmern gehabt. Größere Ohnmachtsanfälle habe sie am 07.04.1998, am 30.01.1999
sowie am 31.01.2000 erlitten. In den letzten beiden Fällen sei sie jeweils eine Woche stationär im Krankenhaus
aufgenommen worden. Nach ihren Krankenhausaufenthalten habe sie mehrere Wochen nicht länger als 10 Minuten im
Stehen arbeiten können. Aus diesem Grund sei sie mit leichten Botengängen, Reinigungsarbeiten und
Wartungsarbeiten beauftragt worden. Diese Tätigkeiten hätten jedoch nicht ausgereicht, um sie voll zu beschäftigen.
Außerdem sei es zu mehreren kleineren Ohnmachtsanfällen sowie zu zahlreichen Schwindelanfällen gekommen, die
mehrere Minuten bis hin zu einigen Stunden gedauert hätten. Während der gesamten Zeit ihrer Tätigkeit habe sie auch
an erheblichen Rückenschmerzen gelitten, so dass sie die ihr übertragenen Archivierungsarbeiten und die
Patiententransporte nicht mehr habe durchführen können. Ein Einsatz an Computern sei ebenfalls an den
Rückenbeschwerden gescheitert. Darüber hinaus habe sie nicht über ausreichende Kenntnisse im Umgang mit
Computern verfügt, so dass eine komplexe Umverteilung der Arbeitsaufgaben nicht möglich gewesen sei.
Untersuchungen in den Jahren 1998 bis 2000 hätten keine eindeutigen Befunde ergeben. Erst im Juli 2001 seien
degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule zusammen mit einem Bandscheibenvorfall als wahrscheinliche
Ursache für die lange bestehenden Rückenbeschwerden und auch für die Ohnmachts- und Schwindelanfälle
identifiziert worden.
Der Einzelrichter des Senats hat mit Schreiben vom 12.10.2006 darauf hingewiesen, dass möglicherweise die durch
den EGZ begünstigte Gemeinschaftspraxis und die durch den Rückzahlungsbescheid belastete Gemeinschaftspraxis
nicht identisch seien.
Hierzu haben die Kläger zu 1 und zu 2 vorgetragen, bei der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. habe es sich um eine
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) gehandelt. Sie sei durch einen Vertrag vom 02.10.2000 beendet worden.
Zu Nr. 4 des Vertrages über die weitere Abwicklung der GbR habe es keine schriftlichen Vereinbarungen gegeben. Es
habe jedoch die mündliche Vereinbarung zwischen dem Kläger zu 1 und Dr. S. bestanden, dass Dr. S. auch nach der
Beendigung der GbR für alle Verbindlichkeiten mithafte, die während der Dauer der Gemeinschaftspraxis entstanden
seien. Der Kläger zu 2 habe keinerlei Verbindlichkeiten aus der Zeit der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S.
übernommen. Ihr nachgefolgt sei die vormalige Klägerin in derselben Rechtsform. Sie beruhe auf einem
eigenständigen Partnerschaftsvertrag vom 26.06.2000 und sei aufgrund einer Auflösungsvereinbarung vom
07.02.2002 mit Wirkung zum 31.03.2002 beendet worden. Gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages seien alle
Aktiven und Passiven auf den Kläger zu 1 übergegangen. Hieraus ergebe sich, dass die streitige Forderung nach
innen und nach außen nur die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. betreffe.
Unter dem Namen der vormaligen Klägerin beantragen die Kläger zu 1 und zu 2 ausdrücklich,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 09. November 2004 den Bescheid der Beklagten vom
05. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Berufungsbegründung hat die Beklagte zunächst erwidert, dass § 223 Abs. 2 SGB III a.F. anzuwenden sei.
Dies ergebe sich aus § 422 SGB III. Der Weiterbewilligungsantrag für das zweite Förderjahr (Verlängerung) sei am
20.11.1998, also vor Beginn der Maßnahme gestellt worden. Die (Verlängerungs-)Maßnahme habe am 01.01.1999
begonnen. Mit Bescheid vom 17.02.1999 sei die Leistung zuerkannt worden. Alle drei Tatbestände lägen vor dem
01.08.1999. Damit seien die Voraussetzungen des § 422 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB III für die Anwendung des § 223
Abs. 2 SGB III a.F. erfüllt. Denn auch die Rückzahlung nach dieser Regelung betreffe "Leistungen der aktiven
Arbeitsförderung", auf die die Übergangsregelung des § 422 SGB III Anwendung finde (Hinweis auf BSG, Urteile vom
21.03.02 – B 7 AL 48/01 R und B 7 AL 68/01 R; vom 06.02.03 – B 7 AL 38/02 R). § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III
a.F. stelle für die Befreiung von der Pflicht zur Rückzahlung ausdrücklich auf die Berechtigung zur fristlosen
Kündigung ab. Gründe, die die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. berechtigt hätten, das Arbeitsverhältnis aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, lägen nicht vor. Das klägerische Vorbringen
widerspreche dem Umstand, dass die Geförderte nach ihrer Entlassung weiterhin in der Praxis beschäftigt worden sei,
wenn auch auf Nebenbeschäftigungsbasis, und dass die Gemeinschaftspraxis Dres. St. /S. bereit gewesen sei, bei
Weitergewährung der Förderleistungen die – bislang – Geförderte sofort wieder in Vollzeit zu beschäftigen. Zwar sei
Krankheit als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht grundsätzlich ungeeignet. An
eine Kündigung wegen Erkrankung eines Arbeitnehmers sei aber schon bei einer ordentlichen Kündigung ein strenger
Maßstab anzulegen. Dies schließe es jedoch nicht aus, dass in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen die
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber auch unzumutbar im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sein könne,
insbesondere bei einem Ausschluss der ordentlichen Kündigung auf Grund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher
Vereinbarung, wobei grundsätzlich die der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten sei
(Hinweis auf BAG, Urteil vom 27.11.2003 – 2 AZR 601/02 – m.w.N.). Ein derartiger, die Rückzahlungspflicht
ausschließender Fall sei nicht gegeben.
Zur Frage der Identität der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. hat die Beklagte vorgetragen, der Adressat des
Bewilligungsbescheides und des Rückforderungsbescheides müssten jedenfalls dann nicht identisch sein, wenn der
Rechtsnachfolger in die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers eintrete (Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht
[BVerwG], Urteil vom 26.08.1999 – 3 C 17/98). Maßgeblich sei daher die Auflösungsvereinbarung der
Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. , der die (vormalige) Klägerin begründende Partnerschaftsvertrag zwischen den
Klägern zu 1 und zu 2 sowie deren Auflösungsvereinbarung. Hiernach ergebe sich, dass die ursprüngliche
Gemeinschaftspraxis fortgeführt worden sei. Der Kläger zu 2 habe Anteile der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S.
erworben und auch den Vertragsarztsitz des letzteren übernommen. Dies ergebe sich insbesondere auch aus Nr. 28
des zwischen den Klägern zu 1 und zu 2 geschlossenen Partnerschaftsvertrages. Die Übernahme von Praxisanteilen
ohne darauf lastende Forderungen und Verbindlichkeiten habe nur für das Innenverhältnis Bedeutung. Sie, die
Beklagte, sei im Rahmen der Massenverwaltung nicht in der Lage, interne Verhältnisse zu überprüfen; bei anderer
Sicht würden die Anforderungen an sie überspannt. Im Übrigen habe die vormalige Klägerin bis zum Hinweis des
Einzelrichters sich selbst als richtigen Inhaltsadressaten des Rückforderungsbescheides angesehen.
Der Einzelrichter des Senats hat die Leistungsakte der Beklagten (Az.: EGZ 5027/98) beigezogen und zum
Gegenstand des Verfahrens gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf
den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakten mit den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen, insbesondere auf
Blatt 75 bis 90, Blatt 122 bis 132 der LSG-Akte ("Vertrag über die Beendigung Gemeinschaftspraxis Dr. St / Dr. S."
vom 02.10.2000; "Partnerschaftsvertrag für eine ärztliche Gemeinschaftspraxis" vom 26.06.2000 und "Vereinbarung"
vom 07.02.2002, jeweils von den Klägern zu 1 und zu 2 geschlossen), und den Inhalt der Leistungsakte Bezug
genommen.
Die mündliche Verhandlung ist zum Zwecke der weiteren Sachaufklärung über die Beendigung der
Gemeinschaftspraxis vormaligen Klägerin vertagt worden, weil die "Vereinbarung" vom 07.02.2002 in der SG-Akte nur
auszugsweise (drei von elf Seiten) vorliegt und von diesem Vertrag auch abhängt, wer noch Kläger bzw.
Berufungskläger in diesem Rechtsstreit ist. Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung am 05.05.2008 hat die
Klägerseite den vollständigen Text der "Vereinbarung" vom 07.02.2002 vorgelegt und die Auffassung vertreten, dass
sich der Rückforderungsbescheid sich an den falschen, weil nicht mit der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S.
identischen Adressaten gewandt habe.
Die Beklagte hat ergänzend vorgetragen, der gemeinte Adressat sei aus dem Regelungsinhalt des Bescheides heraus
auszulegen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.06.1984 – 12 RK 38/82 – SozR 2200 § 490 Nr. 1). Eine ungenaue
Bezeichnung sei unschädlich (Hinweis auf BSG, Urteil vom 12.02.1992 – 10 RAr 6/90 – SozR 3-1300 § 45 Nr. 11).
Hinsichtlich der Haftung des Klägers zu 2 treffe der Bescheid vom 05.12.2000 keine Regelung. Der Bescheid richte
sich inhaltlich gegen die als Arbeitgeberin der Geförderten zur Rückzahlung verpflichtete Gemeinschaftspraxis.
Vorbehaltlich der vertraglichen Vereinbarungen zur Gründung/Auflösung der vormaligen Klägerin werde davon
ausgegangen, dass der Kläger zu 2 für die Altschulden der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. nicht hafte. Da der
Kläger zu 1 Rechtsnachfolger der mit dem Ausscheiden des Klägers zu 2 beendeten GbR geworden sei, sei der
Rechtsstreit aus der Sicht der Beklagten "ggf." nur noch mit dem Kläger zu 1 fortzusetzen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Einzelrichters (Schriftsätze vom 08.02. und 20.02.2006) ohne
mündliche Verhandlung (gemeinsame Erklärung der Beteiligten in der Sitzung am 05.05.2008) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
A. Vormalige Klägerin war die Gemeinschaftspraxis Dres. St./G. als teilrechtsfähige GbR. Sie ist bereits während des
erstinstanzlichen Verfahrens vollständig beendet worden und hat aufgehört zu existieren. Sie selbst kann keine
Berufung mehr einlegen und konnte auch nicht länger Rechtssubjekt einer verfahrensbeendenden Entscheidung des
SG sein. Die scheinbar von der GbR eingelegte Berufung ist als Berufung ihrer ehemaligen Gesellschafter auszulegen
(I.). Die Berufungen der Kläger zu 1 und zu 2, ihrer ehemaligen Gesellschafter, sind zulässig (II.).
I. Berufungskläger ist nicht die vormalige Klägerin, die Gemeinschaftspraxis Dres. St/G. , Berufungskläger sind die
Kläger zu 1 und zu 2; mithin ihre bisherigen Gesellschafter als natürliche Personen.
1. Zunächst Klage erhoben hat die vormalige Klägerin, die Gemeinschaftspraxis Dres. St./G. , als GbR.
Dem steht nicht entgegen, dass der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte die Klage im Namen der Kläger zu 1.
und zu 2. erhoben hat. Denn die Klage richtet sich gegen den Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 05.12.2000
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2001. Beide Bescheide sind gegenüber der vormaligen
Klägerin als Gemeinschaftspraxis ergangen. Unter Berücksichtigung der adressatenbezogenen Auslegung konnten die
Kläger zu 1 und zu 2 nicht davon ausgehen, dass von ihnen als Gesamtschuldnern einzeln und getrennt der Betrag
von 15.287,58 DM zurückgefordert wurde, sondern von ihnen als organisierter Gesamtheit einer GbR. Entsprechend
ist davon auszugehen, dass sie auch in dieser – damals noch vorhandenen – organisierten Verbundenheit am
13.08.2001 Klage erhoben haben, obwohl nicht die damalige Gemeinschaftspraxis der Kläger zu 1 und zu 2 als
Klägerin benannt wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29.01.2001
(II ZR 331/00 – BGHZ 146, 341) erst kurz zuvor ergangen war, in dem der BGH entschieden hat, dass die (Außen-
Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene
Rechte und Pflichten begründet, und in diesem Rahmen zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig ist (vgl.
zur Rechtsentwicklung Ulmer in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 705 Rn 289 ff.). Auch zuvor konnten die
Gesellschafter – wenngleich einzeln aufgeführt – als Träger des gesamthänderischen Vermögens passiv in Anspruch
genommen werden. Genau dies hat die Beklagte getan, indem sie nicht zwei (oder gar drei) gleichlautende
Rückforderungsbescheide an den Kläger zu 1, Dr. Sp. und gegebenenfalls an den Kläger zu 2 adressiert hat, sondern
die "Gemeinschaftspraxis" der Kläger zu 1 und zu 2 für die Rückzahlung des EGZ haftbar gemacht hat.
Dementsprechend konnten sich Kläger zu 1 und zu 2 gegen ihre Inanspruchnahme auch zunächst in dieser
organisierten Verbundenheit wehren und haben dies auch getan.
Unter Übertragung der Grundsätze der vorgenannten BGH-Entscheidung handelte es sich daher bei der Änderung der
Bezeichnung der vormaligen Klägerin im Rubrum des Urteils des SG zunächst lediglich um eine an sich grundsätzlich
zulässige Rubrumsberichtigung durch das SG, indem die – von den Klägern zu 1 und zu 2 so gewollte – aktive
Beteiligtenfähigkeit der organisierten Verbundenheit der Gesellschafter einer GbR im sozialgerichtlichen Verfahren
zum Ausdruck gebracht und beide mit Recht als "die Klägerin" bezeichnet wurden.
2. Im Zeitpunkt der Verkündung des Urteils am 09.11.2004 war die GbR der beiden Gesellschafter, der Kläger zu 1
und zu 2, jedoch schon seit geraumer Zeit vollständig beendet.
In Teil I § 3 Abs. 5 des Vertrages vom 07.02.2002 ist ausdrücklich bestimmt, dass der Kläger zu 1 den beim SG
anhängigen Rechtsstreit S 10 AL 1066/01 weiterführen und das SG durch den gemeinsamen Bevollmächtigten, soweit
erforderlich, über die Beendigung der Gemeinschaftspraxis unterrichten werde. Hieraus allein ergibt sich noch nicht ein
prozessual wirksames Ausscheiden des Klägers zu 2 als Gesellschafter der vormaligen Klägerin. Diese vertragliche
Absprache betrifft nur das Innenverhältnis der bisherigen Gesellschafter über die weitere Prozessführung.
Die vormalige Klägerin ist aber als GbR dadurch untergegangen, dass ihre Gesellschafter am 07.02.2002 einen
Vertrag über die Auflösung der GbR geschlossen haben (Fortführung der Praxis durch den Kläger zu 1, Ausscheiden
des Klägers zu 2). Teil I § 1 des Vertrages sieht vor, dass der Kläger zu 1 als verbleibender Gesellschafter "das
Vermögen der Gemeinschaftspraxis ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven gegen Zahlung einer Abfindung mit
Wirkung vom 01. April 2002 übernehmen wird. Der verbleibende Gesellschafter wird die bisherige
Gemeinschaftspraxis mit einem Nachfolger seiner Wahl oder als Einzelpraxis fortführen." In Teil I § 4 Abs. 1 Satz 1
des Vertrages ist geregelt: "Die Übertragung des Vermögens der Gemeinschaftspraxis auf den verbleibenden
Gesellschafter (Übertragung des Gesellschaftsanteils durch Anwachsung gegen Abfindungszahlung) erfolgt gegen
Zahlung eines Abfindungsbetrages in Höhe von [Betrag] EUR ([Betrag] DM) an den ausscheidenden Gesellschafter."
Unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 07.07.2008 – II ZR 37/07 – juris Rn. 9 m.w.N.) handelt es
sich dabei um eine liquidationslose Vollbeendigung der GbR mit der Wirkung, dass diese nicht mehr existent ist. Der
Gesellschafter, der alle Gesellschaftsanteile auf sich vereinigt, wird Rechtsnachfolger (BGH, Urteil vom 18.02.2002 –
II ZR 331/00 – NJW 2002, 1207). Dies bedeutet zwar nicht, dass damit die Haftung des ausscheidenden
Gesellschafters erlischt. Er haftet im Außenverhältnis weiterhin akzessorisch und kann in Anspruch genommen
werden (BGH, Urteil vom 22.09.1993 – IV ZR 183/92 – NJW-RR 1993, 1443, 1444 m.w.N.; dort noch unter
Zugrundelegung der früheren Rechtsauffassung von der GbR als Sondervermögen; vgl. dazu Sprau in Palandt, BGB,
58. Aufl., § 707 Rn. 17). Ist aber die ursprünglich bestehende GbR durch Verwaltungsakt verpflichtet worden, wirkt der
Verwaltungsakt nur noch hinsichtlich des verbleibenden, das Vermögen der Gesellschaft durch Anwachsung
übernehmenden Gesellschafters als des Rechtsnachfolgers der GbR. Der ausscheidende Gesellschafter ist hingegen
nicht Rechtsnachfolger der beendeten GbR. Der Sozialleistungsträger, der den ausscheidenden Gesellschafter einer
Zwei-Personen-GbR aufgrund dessen akzessorischer Haftung in Anspruch nehmen will, muss diesem gegenüber
einen eigenständigen Rückforderungsbescheid erlassen.
3. Auf das Erlöschen der vormaligen Klägerin finden die §§ 239, 246 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202
Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprechende Anwendung (vgl. auch BGH, Urteil vom 18.02.2002 – II ZR 331/00 – NJW
2002, 1207). Der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte hat jedenfalls den Rechtstreit für die vormalige Klägerin
weitergeführt, allerdings ohne ihr Erlöschen anzuzeigen. Das angegriffene Urteil des SG ist seinem Wortlaut nach
dementsprechend gegenüber der vormaligen Klägerin, der Gemeinschaftspraxis, als solcher ergangen. Dies folgt
bereits aus dem Rubrum des Urteils und den Ausführungen des SG im dortigen Tatbestand, dass "die Klägerin" eine
"Praxisgemeinschaft in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts" sei. Auch sonst ergibt sich kein
Anhaltspunkt dafür, dass das SG über zwei einzelne Klagen der Kläger zu 1 und zu 2 getrennt entscheiden wollte.
Dies beruht jedoch allein darauf, dass das SG von dem Untergang der vormaligen Klägerin als GbR keine Kenntnis
hatte. Das SG wollte aber nur gegenüber dem Rechtsträger entscheiden, der (noch) aus dem streitgegenständlichen
Rückzahlungsbescheid zur Zahlung verpflichtet ist. Hieraus folgt, dass es in der Sache nur gegenüber dem Kläger zu
1 entschieden hat. Da es jedoch die GbR weiterhin als fortbestehend behandelt hat, ist der Rechtsschein entstanden,
dass auch der Kläger zu 2 als Gesellschafter der GbR mittelbar durch die von der Beklagten mittels Verwaltungsakt in
Anspruch genommene GbR zur Rückzahlung verpflichtet ist.
Unter Berücksichtigung von Teil I § 3 Nr. 5 der zwischen dem Kläger zu 1 und dem Kläger zu 2 geschlossenen
Vereinbarung vom 07.02.2002, wonach der damals beim SG anhängige Rechtsstreit vom Kläger zu 1 weitergeführt
werden sollte, ist davon auszugehen, dass der im Berufungsverfahren auftretende neue Prozessbevollmächtigte nicht
den Rechtsstreit nach § 246 ZPO für die erloschene GbR fortgeführt hat – insoweit konnte von der vormaligen,
erloschenen Klägerin ohnehin keine Prozessvollmacht mehr erteilt werden –, sondern als jeweiliger
Prozessbevollmächtigter der Kläger zu 1 und zu 2 aufgetreten ist (vgl. Vollmacht des Klägers zu 1 [Blatt 42 der LSG-
Akte] und die unter einer Bedingung erteilte Vollmacht des Klägers zu 1 [69 der LSG-Akte] sowie die Erklärung des
Prozessbevollmächtigten dazu in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2008).
Die Berufung haben die Kläger zu 1 und zu 2 noch als vermeintlich fortbestehende GbR eingelegt. Wegen des
Erlöschens der vormaligen Klägerin als GbR zum 01.04.2002 ist daher die gemeinsam eingelegte Berufung
dahingehend auszulegen, dass es sich um zwei eigenständige Berufungen der Kläger zu 1 und zu 2 handelt.
II. Die Berufungen der Kläger zu 1 und zu 2 sind zulässig.
1. Der Kläger zu 1 ist schon ab 01.04.2002 in die prozessuale Stellung der vormaligen Klägerin kraft Rechtsnachfolge
eingerückt. Das vermeintlich gegenüber der vormaligen Klägerin ergangene Urteil des SG ist rechtswirksam
gegenüber dem Kläger zu 1 ergangen. Die insoweit unzutreffende Bezeichnung im Rubrum ist unschädlich. Durch die
Abweisung der gegen den EGZ-Rückzahlungsbescheid gerichteten Anfechtungsklage ist der Kläger zu 1 beschwert.
Die Berufung des Klägers zu 1 ist zulässig.
2. Aber auch dem Kläger zu 2 fehlt es nicht an der Beschwer, obwohl das SG mit seinem Urteil prozessual wirksam
nur über den Rückzahlungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger zu 1 entschieden hat. Denn dadurch, dass das
Urteil gegenüber der vormaligen Klägerin ergangen ist und auch der angegriffene Rückzahlungsbescheid nicht
geändert worden ist, wird der Rechtsschein aufrechterhalten, der Kläger zu 2 sei an einer fortbestehenden GbR
beteiligt, die mit einer Forderung von 15.287,58 DM belastet sei. Am Fortbestand dieser Beschwer ändert auch nichts
die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 19.05.2008. Aus diesen mit einschränkenden Formulierungen
("vorbehaltlich", "ggf.") versehenen Ausführungen kann zwar abgeleitet werden, dass die Beklagte der
Rechtsauffassung zuneigt, den Kläger zu 2 jedenfalls nicht mehr aufgrund des Bescheides vom 05.12.2002 in
Anspruch zu nehmen. Jedoch hat die Beklagte weder diesen Bescheid klarstellend abgeändert noch eine
entsprechende, den Bescheid – soweit er den Kläger zu 2 betrifft – für gegenstandslos erklärende prozessuale
Erledigungserklärung mit dem Ziel abgegeben, den Kläger zu 2 für den Fall, dass er seinerseits eine
Erledigungserklärung abgibt, aus dem Rechtsstreit zu entlassen. Die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom
19.05.2008 lassen jedenfalls die prozessrechtlich notwendige Eindeutigkeit und Endgültigkeit vermissen, dass sie aus
dem streitgegenständlichen Bescheid und dem Urteil des SG keine Rechte gegen den Kläger zu 2 mehr ableiten will.
Allerdings ist der Streitgegenstand der Berufung des Klägers zu 2 nicht die Anfechtung des
Rückforderungsbescheides vom 05.12.2000, sondern die negative Feststellung, dass dieser Bescheid ihm gegenüber
infolge des Wegfalls seiner Gesellschafterstellung keine Wirkung mehr entfaltet.
B. Bei zulässiger Klage (I.) ist die Berufung des Klägers zu 1 ist unbegründet (II.), die Berufung des Klägers zu 2 ist
hingegen begründet (III.)
I. Die Klagefrist ist von der vormaligen Klägerin eingehalten worden (§ 87 Abs. 2 SGG i.V.m. § 37 Abs. 2 SGB X). Sie
hat auch gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG, die Durchführung des Widerspruchsverfahrens beachtet. Der Kläger zu 1
hat unter dem Briefkopf der Gemeinschaftspraxis als vormaliger Klägerin Widerspruch eingelegt. Ob diese
Vorgehensweise durch Nr. 5 Ziffer 1 des Partnerschaftsvertrages vom 26.06.2000, der die Geschäftsführung und
Vertretung der GbR regelt, gedeckt war, kann dahinstehen, weil der Kläger zu 2 durch die Mitbevollmächtigung des
erstinstanzlichen Anwalts am 07.09.2001 mit der Klageerhebung der vormaligen Klägerin zugleich auch deren
Widerspruch, eingelegt durch den u.U. vollmachtlosen Kläger zu 1, zumindest genehmigt hat.
II. Die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. war aufgrund der erfolgten außerordentlichen Kündigung der Geförderten zur
Rückzahlung des EGZ verpflichtet (1.). Diese Verpflichtung ist auf die Gemeinschaftspraxis Dres. St./G. als
vormalige Klägerin übergegangen. Die von dem Kläger zu 1 und Dr. S. gegründete GbR wurde nicht beendet, sondern
bestand unter Auswechslung eines der beiden Gesellschafter (des Klägers zu 2 anstelle von Dr. S.) als
teilrechtsfähiges Rechtssubjekt fort; lediglich der Name, nicht aber die rechtliche Identität änderte sich; mit dem
Untergang der vormaligen Klägerin wurde der Kläger zu 1 Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin (2).
1. Die Beklagte hatte gegen die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. nach § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der Fassung
des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) Anspruch auf Rückzahlung des EGZ (a). Zu Unrecht geht der Kläger
zu 1 davon aus, dass § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der Fassung des 2. SGB III-Änderungsgesetzes (2. SGB III-
ÄndG) anzuwenden ist. Dem steht § 422 SGB III entgegen (b). Auch die vom Kläger zu 1 behauptete mündliche
Erklärung einer Mitarbeiterin der Beklagen, dass § 223 Abs. 2 SGB III in der Fassung des 2. SGB III-ÄndG
anzuwenden sei, führt zu keinem anderen Ergebnis (c).
a) Der EGZ ist nach § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der Fassung des AFRG zurückzuzahlen, wenn das
Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer
entspricht, längstens jedoch von zwölf Monaten, nach Ende des Förderungszeitraumes, beendet wird. Nach Satz 2
dieser Vorschrift gilt dies nicht, wenn entweder der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem
Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (Nr. 1) oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf
das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat (Nr. 2)
oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat (Nr. 3).
Diese Regelungen stellen eine eigenständige Erstattungsgrundlage dar, ohne dass es einer Aufhebung der Bewilligung
bedarf. Die Berücksichtigung von Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes ist deshalb entbehrlich. Unabhängig
davon, ob der Bewilligungsbescheid im Einzelfall mit einer auflösenden Bedingung (§ 32 SGB X) versehen war,
erledigt er sich gemäß § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise mit Erlass des Rückzahlungsbescheides. Hiermit verliert
er auf Grund der gegenüber den §§ 45 ff. SGB X spezielleren Regelung des § 223 Abs. 2 SGB III seine Wirkung als
Behaltensgrund, weil der mit der Förderung verfolgte Zweck nicht erreicht wurde. Insbesondere muss auf diese Weise
nicht auf § 47 SGB X zurückgegriffen werden, der regelmäßig nicht zur Anwendung käme. § 223 Abs 2 SGB III ist
deshalb auch die gegenüber § 50 Abs. 1 und 2 SGB X speziellere Vorschrift und verdrängt diese Regelungen
insoweit. Nur außerhalb des Regelungsbereichs von § 223 Abs. 2 SGB III bleiben die Vorschriften der §§ 45 ff. SGB
X anwendbar (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 02.06.2004 – B 7 AL 56/03 R – SozR 4-4300 § 223 Nr. 1 Rn. 6 f.).
In Betracht kommt allenfalls zugunsten des Klägers zu 1 die Regelung des § 223 Abs 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F ...
Dann müsste die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. berechtigt gewesen sein, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem
Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu kündigen. Ein solcher Sachverhalt lässt sich nicht feststellen.
§ 223 Abs 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F. sieht die Ausnahme von der Rückzahlungspflicht nur vor, wenn das
Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden konnte. Die Regelung
ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 02.06.2004 – B 7 AL 56/03 R – SozR 4-
4300 § 223 Nr. 1 Rn. 10 ff.; Urteil vom LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.01.2005 – L 8 AL 537/03 – juris Rn.
35 ff. mit sich daran anschließendem Verwerfungsbeschluss des BSG zur dagegen eingelegten
Nichtzulassungsbeschwerde vom 25.07.2005 – B 7a AL 64/05 B – juris Rn. 5).
Ob der Arbeitgeber zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt
war, richtet sich nach § 626 BGB. Danach kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden
unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung
des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Davon zu unterscheiden ist – wie die Beklagte bereits
ausgeführt hat – die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist. Hierunter fallen insbesondere die
Fälle, in denen wegen (lang anhaltender) Krankheit dem Arbeitgeber das Recht zugestanden wird, den ordentlich nicht
mehr kündbaren Arbeitnehmer außerordentlich zu kündigen, jedoch unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist
als sozialer Auslauffrist (vgl. dazu BAG, Urteile vom 12.01.2006 – 2 AZR 242/05 – AP Nr. 13 zu § 626 BGB
Krankheit; vom 13.05.2004 – 2 AZR 36/04 – AP Nr. 12 zu § 626 BGB Krankheit; vom 27.11.2003 – 2 AZR 601/02 –
AP Nr. 11 zu § 626 BGB Krankheit; vom 18.10.2000 – 2 AZR 627/99 – AP Nr. 9 zu § 626 BGB Krankheit; vom
09.09.1992 – 2 AZR 190/92 – AP Nr. 3 zu § 626 BGB Krankheit). Ist dagegen – wie hier – eine ordentliche Kündigung
möglich, so ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist regelmäßig zumutbar,
zumal der Arbeitgeber gewöhnlich bereits von seiner Entgeltfortzahlungspflicht befreit ist. Nur wenn für die Dauer einer
längeren Kündigungsfrist weitere erhebliche Entgeltfortzahlungskosten zu prognostizieren sind und erhebliche, nur
durch eine alsbaldige Neubesetzung des Arbeitsplatzes vermeidbare Betriebsablaufstörungen hinzutreten, dürfte sich
im Einzelfall ausnahmsweise eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist ergeben können (BAG, Urteil vom 18.10.2000 – 2 AZR 627/99 – AP Nr. 9 zu § 626 BGB Krankheit =
NJW 2001, 1229, 1230).
Diese Fallgestaltung liegt hier nicht vorliegt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Gemeinschaftspraxis Dres. St./S.
überhaupt zur ordentlichen Kündigung aus personenbedingten Gründen berechtigt gewesen war. Jedenfalls hat die
Gemeinschaftspraxis Dres. St /S. mit Schreiben vom 17.02.2000 lediglich die ordentliche Kündigung ausgesprochen
und diese zudem allein mit der Versagung des EGZ begründet. In dem Schreiben heißt es wörtlich: "Sehr geehrte
[Name der Geförderten], das Arbeitsamt Riesa hat bedauerlicherweise die Förderung von Eingliederungszuschuß
beendet. Deshalb sehen wir uns gezwungen, zum heutigen Tag die fristgemäße Kündigung entsprechend dem
Arbeitsvertrag auszusprechen." Eine außerordentliche Kündigung ist nicht erfolgt. Zuvor bereits, am 09.02.2000, so
die Ausführungen der Klägerseite, habe der jetzige Kläger zu 1 mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H., ein
längeres Telefongespräch geführt. In diesem Gespräch habe er sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Geförderte
krankheitsbedingt immer wieder ausfalle und etliche der ihr zugewiesenen Arbeiten nicht verrichten könne. Er müsse
daher der Geförderten aufgrund dieser gesundheitsbedingt eingeschränkten Arbeitsfähigkeit kündigen, wenn nicht das
Arbeitsamt den EGZ verlängere. Diesen Umstand hatte der jetzige Kläger zu 1 zudem auch mit Schreiben vom
10.02.2000 noch einmal dem Arbeitsamt Riesa mitgeteilt.
Nach § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F. kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die außerordentliche
Kündigung ausgesprochen hat, sondern nur darauf, ob er berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Ein Aufhebungs- bzw. Auflösungsvertrag mit dem Ziel den
Arbeitsvertrag sofort zu beenden ist danach auch zulässig, wenn eine außerordentliche Kündigung möglich ist. Erst
recht genügt dann eine fristgemäße Kündigung, wenn auch eine außerordentliche Kündigung eröffnet ist. Ist der
Arbeitgeber in diesem Fall bereit, auf ein ihm zustehendes arbeitsrechtliches Gestaltungsrecht zu verzichten, darf ihm
das arbeitsförderungsrechtlich nicht zwingend zum Nachteil gereichen. Macht er aber von seinem außerordentlichen
Kündigungsrecht freiwillig keinen unmittelbaren oder – durch einen entsprechend wirkenden Beendigungsvertrag –
mittelbaren Gebrauch, ist dies regelmäßig ein Indiz dafür, dass schon aus der Sicht des Arbeitgebers die Fortsetzung
des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar ist. Hier kommt hinzu, dass der Wegfall der Förderung gerade keinen
Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt und die später von der vormaligen Klägerin in den Vordergrund
gestellten gesundheitlichen Einschränkungen der Geförderten ein nachgeschobener Grund sind, wie die Begründung
der ordentlichen Kündigung vom 17.02.2000 zeigt. Weiterhin geht auch aus dem Schreiben der vormaligen Klägerin
vom 06.12.2000 an das Arbeitsamt Riesa hervor, dass die schwierige wirtschaftliche Situation der
Gemeinschaftspraxis den Kläger zu 1 und Dr. S. zur Kündigung der Geförderten veranlasst hat. Werde die bislang
Geförderte erneut durch einen EGZ gefördert, sei man bereit, sie sofort wieder einzustellen und weiter zu
beschäftigen, wurde im besagten Schreiben ausgeführt. Tatsächlich wurde die Geförderte ab November 2000 – ohne
Förderung – als geringfügig Beschäftige wieder eingestellt. Selbst wenn man daher von einer fortbestehenden
Leistungsminderung der Geförderten ausgehen müsste, war diese jedenfalls schon aus der Sicht der
Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. und der vormaligen Klägerin nicht so hinreichend ausgeprägt, dass eine
Beschäftigung gänzlich ausgeschlossen war. Daher ist der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. eine Kündigung unter
Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar gewesen. Der Einzelrichter des Senats hat sich angesichts der
geschilderten, anfänglich, das heißt vor dem Klageverfahren, zum Ausdruck gekommenen Einschätzung der mit
ärztlichem Sachverstand ausgestatteten Arbeitgeberin über die Arbeitsleistung der Geförderten auch zu keiner
weiteren Beweiserhebung veranlasst gesehen, nachdem er im Termin am 05.05.2008 den Prozessbevollmächtigten
des Klägers zu 1 darauf hingewiesen hatte, dass in diesem Punkt der Auffassung des SG zu folgen sein dürfte und
der Kläger zu 1 auch keinen Beweisantrag gestellt hat.
b) § 223 Abs. 2 SGB III in der Fassung des AFRG findet weiterhin auch dann Anwendung, wenn die Rückforderung
von der Beklagten erst nach Rechtsänderung am 01.08.1999 geltend gemacht wird. Die Regelungen über die
Anspruchsvoraussetzungen des EGZ (§§ 217 ff. SGB III) und dessen Rückzahlung (§ 223 Abs. 2 SGB III) sind
einheitlich als Vorschriften über Leistungen der aktiven Arbeitsförderung im Sinne des § 422 SGB III anzusehen.
Entgegen der Ansicht des Klägers zu 1 findet § 223 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB III in der ab 01.08.1999
geltenden Fassung des 2. SGB III-ÄndG keine Anwendung. Danach ist zum einen der EGZ nur noch bei Einarbeitung
und erschwerter Vermittlung – und zwar nur teilweise – zurückzuzahlen (Satz 1); zum anderen entfällt die
Rückzahlungspflicht schon dann, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der
Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder aus dringenden betrieblichen Gründen, die einer
Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, zu kündigen (Satz 2 Nr. 1). Diese Neuregelung, die auf das
Kündigungsschutzgesetz (KSchG) rekurriert, ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass gemäß § 422 Abs. 1 SGB III auch für die Rückforderung des EGZ
das Recht weiterhin Anwendung findet, das der Leistungsbewilligung zu Grunde gelegen hat (BSG, Urteile vom
21.03.2002 – B 7 AL 48/01 R – BSGE 89, 192, 194 ff.; vom 21.03.2002 – B 7 AL 68/01 R – juris Rn. 14 ff.; vom
15.08.2002 – B 7 AL 132/01 R – juris Rn. 14 ff. ; vom 19.09.2002 – B 11 AL 73/01 R – juris Rn. 19 ff.; vom
06.02.2003 – B 7 AL 38/02 R – Breith 2003, 524, 525 f.; vom 02.06.2004 – B 7 AL 56/03 R – SozR 4-4300 § 223 Nr. 1
Rn. 5). Maßgeblich ist danach § 223 Abs. 2 SGB III in der Fassung des AFRG, wenn vor dem 01.08.1999 der
Anspruch entstanden ist oder die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung
bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist.
Alle drei Voraussetzungen, die nur alternativ vorliegen müssen, sind hier von der Gemeinschaftspraxis Dres. St./S.
sogar kumulativ erfüllt worden. Dementsprechend war auch die vormalige Klägerin als rechtlich mit der
Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. identische Rechtsträgerin (dazu sogleich unter 2.) zur Rückzahlung verpflichtet.
Diese Verpflichtung ist auf den Kläger zu 1 als Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin infolge des bei ihm
eingetretenen Anwachsens der Gesellschaftsanteile des Klägers zu 2 übergegangen.
c) Der Kläger zu 1 hat auch mit keinem anderen Rechtsgrund einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als sei §
223 Abs. 2 SGB III in der Fassung des 2. SGB III-ÄndG anzuwenden.
Eine etwa dahingehende, vom Kläger zu 1 behauptete Zusicherung nach § 34 SGB X setzt Schriftlichkeit voraus.
Eine – auch vom Kläger zu 1 nur behauptete – mündliche Zusicherung kann deshalb keine rechtlichen Wirkungen
nach sich ziehen. Anders verhält es sich dagegen bei einer mündlichen Zusage im Rahmen einer
Ermessensentscheidung, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Der Unterschied zur Zusicherung liegt
darin, dass eine mündliche Zusage nur bei der Ausübung des Ermessens bindet, während die den Voraussetzungen
des § 34 SGB X entsprechende Zusicherung eine Bindung auch im Rahmen der Anspruchsvoraussetzungen erzeugt
(BSG, Urteil vom 06.04.2006 – B 7a AL 20/05 R – SozR 4-4300 § 324 Nr. 2 Rn. 25-26 ). Hier geht es aber nicht um
die Ausübung von Ermessen, sondern um die Frage, welche Tatbestandsvoraussetzungen für den
Rückzahlungsanspruch der Beklagten maßgeblich sind.
Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, wonach der Kläger zu 1 so gestellt werden könnte, als sei es nicht zur
fristgemäßen Kündigung der Geförderten oder doch zur Kündigung, aber aufgrund eines Rechts zur außerordentlichen,
sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Kündigung gekommen, scheitert schon daran, dass diese
arbeitsrechtlich zu beurteilenden Vorgänge durch ein Verwaltungshandeln der Beklagten nicht mehr geändert werden
können und ein Absehen vom Rückzahlungsanspruch seinerseits gegen § 223 Abs. 2 SGB III a.F. verstoßen würde.
Bei einem unterstellten Amtshaftungsanspruch des Klägers zu 1 nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG)
gegen die Beklagte wegen ursächlicher Falschberatung durch Mitarbeiter der Beklagten könnte zwar gegebenenfalls
der Rückzahlungsanspruch der Beklagten durch das Erfüllungssurrogat der Aufrechnung ganz oder teilweise
erlöschen. Der Kläger zu 1 hat aber weder die Aufrechnung auf der Grundlage eines solchen Amtshaftungsanspruchs
erklärt noch eine dahingehende Klage beim zuständigen Landgericht (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz
[GVG]; vgl. dazu Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl., § 71 Rn. 11) erhoben. Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 114
SGG war daher nicht angezeigt. Auch kommt hier nicht in Betracht, den Rückzahlungsanspruch wegen Verstoßes
gegen Treu und Glauben unter dem Aspekt des "Dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est." zu versagen (vgl.
zur Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben: BSG, Urteil vom 06.02.2003 – B 7 AL 38/02 R – Breith 2003,
524, 526 f.), weil dies dazu führen würde, dass der Amtshaftungsprozess unter Umgehung der Rechtswegzuweisung
in der Sache in den sozialgerichtlichen Prozess verlagert und die vorrangige Aufrechnung verdrängt würde.
Auch unter dem Aspekt des "Venire contra factum proprium" ist der Rückzahlungsanspruch nicht ausgeschlossen. Im
Zeitpunkt der angeblichen Ausführungen einer Mitarbeiterin der Beklagten (Ende 1999, Anfang 2000) bestand noch
keine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 422 SGB III mit Blick auf § 223 SGB III. Dagegen gab es
sehr wohl obergerichtliche Entscheidungen, die die Auffassung vertraten, dass in vergleichbaren Fällen wie hier die ab
01.08.1999 geltende Fassung des § 223 SGB III zur Anwendung komme (vgl. dazu nur die vom BSG im oben
genannten Urteil vom 06.02.2003 aus diesem Grund aufgehobene LSG-Entscheidung). Wenn sich die Beklagte auf
den Rechtsstandpunkt der später ergangenen ständigen Rechtsprechung des BSG stellt, liegt darin keine
Treuwidrigkeit, wenn vorher die Rechtslage nicht eindeutig geklärt war. Ferner ist zu bedenken: Hätte die
Gemeinschaftspraxis Dres. St./S. sich so absichern wollen, dass sie keinen Rückzahlungsansprüchen ausgesetzt
wäre, hätte sie auf einer verbindlichen schriftlichen Zusicherung der Beklagten nach § 34 SGB X bestehen können
und müssen, bevor sie der Geförderten fristgemäß kündigte. Dies gilt hier umso mehr, als die Gemeinschaftspraxis
Dres. St./S. sich noch vor der Kündigung mit Schreiben vom 10.02.2000 an die Beklagte gewandt hat ("Sollte einer
weiteren Gewährung des EGZ nicht zugestimmt werden können, sehen wir uns zu entsprechenden Konsequenzen
gezwungen und können die Fortbeschäftigung in der Praxis wahrscheinlich nicht aufrecht erhalten."). Die Einforderung
einer schriftlichen Zusicherung hätte Klarheit darüber geschaffen, ob die von den Klägern zu 1 und zu 2 behauptete,
mündlich mitgeteilte Auskunft einer Mitarbeiterin der Beklagten nur deren persönliche unverbindliche Einschätzung
wiedergegeben hat oder auch die Auffassung der Beklagten, an der sich diese in Gestalt einer Zusicherung festhalten
lassen will. Ansonsten würde zudem das Schriftformerfordernis des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X unter Berufung auf
Treu und Glauben ausgehebelt (zur Schutzfunktion der Schriftform siehe Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl.,
§ 34 Rn. 8). Schließlich ist zu bedenken, dass der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung und später ausweislich
des nicht gestellten Beweisantrages offenbar nicht an der Behauptung der angeblichen Auskunft der Mitarbeiterin der
Beklagten festgehalten hat.
2. Da die von dem Kläger zu 1 und Dr. S. gegründete GbR nicht beendet wurde, sondern unter Auswechslung eines
der beiden Gesellschafter (des Klägers zu 2 anstelle von Dr. Sp. ) als teilrechtsfähiges Rechtssubjekt fortbestand –
lediglich der Name, nicht aber die rechtliche Identität änderte sich – konnte die Beklagte mit Recht die vormalige
Klägerin durch ihren Bescheid vom 05.12.2000 zur Rückzahlung von 15.287,58 DM verpflichten. Diese Verpflichtung
ist auf den Kläger zu 1 als Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin übergegangen.
Anders als im Falle des Ausscheidens des Klägers zu 2 aus der Gemeinschaftspraxis der vormaligen Klägerin, die
durch Anwachsung der Gesellschaftsanteile bei dem einzig verbliebenen Gesellschafter, dem Kläger zu 1,
untergegangen ist, erfolgte das Ausscheiden von Dr. S. aus der GbR und das Eintreten des Klägers zu 2 in die GbR
im Rahmen eines gestreckten dreiseitigen Rechtsgeschäfts bei dem es zu keinem Zeitpunkt – nicht einmal in einer so
genannten logischen Sekunde – zu einer Anwachsung sämtlicher Gesellschaftsanteile bei dem Kläger zu 1
gekommen ist. Die Gesellschaftsanteile von Dr. S. sind direkt auf den Kläger zu 2 übergegangen sind. Die rechtliche
Identität der als GbR geführten Gemeinschaftspraxis ist daher bis zum Ausscheiden des Klägers zu 2 gewahrt
geblieben.
Die hier maßgebliche Chronologie der Ereignisse stellt sich wie folgt dar: • Am 26.06.2000 schlossen der Kläger zu 1
und der Kläger zu 2 einen "Partnerschaftsvertrag für eine ärztliche Gemeinschaftspraxis". Nr. 3.5. dieses Vertrages
sah vor, dass der Kläger zu 2 vom Kläger zu 1 eine 19 %-ige Beteiligung entgeltlich erwerben und zudem weitere 30
% der Anteile durch Erwerb aller Anteile des ausscheidenden Dr. S. erwerben sollte. So ist es auch geschehen. • Am
02.10.2000 schlossen der Kläger zu 1 und Dr. S. einen "Vertrag über Beendigung Gemeinschaftspraxis Dr. St. / Dr. S.
" in dem vereinbart wurde, dass die bisherige Gemeinschaftspraxis auf Wunsch von Dr. S. zum 30.09.2000 ende,
nachdem Dr. S. seine Anteile an der Gemeinschaftspraxis in Höhe von 30 % nunmehr an den Kläger zu 2 verkauft
habe.
Auch wenn damit nicht das genaue Datum bekannt ist, wann Dr. S. seine Gesellschaftsanteile auf den Kläger zu 2
übertragen hat, steht jedenfalls fest, dass die Gesellschaftsanteile von Dr. S. nicht vermittelt durch den Kläger zu 1
an den Kläger zu 2 übertragen wurden, also auch nicht kurzzeitig eine die GbR zum Erlöschen bringende Anwachsung
der Gesellschaftsanteile erfolgt ist, sondern der Kläger zu 2 direkt aus den Händen von Dr. S. dessen
Gesellschaftsanteile erhalten hat. Zu einer Abwicklung der GbR ist es ohnehin nicht gekommen. Der Betrieb der
Gemeinschaftspraxis wurde ununterbrochen fortgeführt. Die Gemeinschaftspraxis ist auch ununterbrochen als solche,
wenngleich unter Änderung des Namens im Rechtsverkehr aufgetreten.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass sich Dr. S. – entsprechend der ohnehin zwingend fortbestehenden
akzessorischen Haftung – mündlich gegenüber dem Kläger zu 1 einverstanden erklärt hat, für Verbindlichkeiten
weiterhin haften zu wollen, die aus dem Betrieb der Gemeinschaftspraxis bis Ende September 2000 hervorgegangen
sind. Ebenfalls steht der Fortsetzung der GbR nicht entgegen, dass die Kläger zu 1 und zu 2 in ihrem Vertrag vom
26.06.2000 unter Nr. 3.7. vereinbart haben, dass der Kläger zu 2 49 % der Praxisanteile ohne darauf lastende
Forderungen oder Verbindlichkeiten erwerben soll. Hierbei handelt es sich nur um eine Regelung über die Haftung für
bisherige Verbindlichkeiten im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander. Der Kläger zu 1 hat sich nur verpflichtet
und konnte dies auch nur mit Blick auf das Verbot eines Vertrages zu Lasten Dritter, die bisherigen Verbindlichkeiten
in Höhe von 49 % aus seinem Privatvermögen zu tragen und insoweit der GbR im Haftungsfall Mittel zuzuführen bzw.
die Forderungen Dritter direkt zu begleichen. Ähnlich verhält es sich mit der Regelung in Nr. 3.9., wonach die Kosten
des 13. Monatsgehalts der Praxismitarbeiter für das Jahr 2000 zu ¾ von den Dres. St/S. und zu einem ¼ von der
vormaligen Klägerin bestritten werden sollten. Auch hier handelt es sich um eine Aufteilung der Haftung im
Innenverhältnis. Arbeitsrechtlich waren die Praxismitarbeiter immer bei derselben GbR beschäftigt, die lediglich mit
dem Wechsel der Gesellschafter auch ihren Namen wechselte. Soweit unter Nr. 3.8. des Vertrages die Rede davon
ist, dass "auf den Tag der Gründung der Gesellschaft" eine Eröffnungsbilanz zu erstellen ist, mag vielleicht daraus
abzuleiten sein, dass der Kläger zu 1 und der Kläger zu 2 die tatsächliche Vorstellung hatten, eine neue
Gemeinschaftspraxis zu betreiben, was angesichts der notwendigen engen persönlichen Zusammenarbeit nicht
überrascht. Rechtlich haben sich die Gesellschafter jedoch nur darauf geeinigt, dass der Wert der fortbestehenden
GbR zu einem bestimmten Stichtag als Grundlage des weiteren Wirtschaftens in und mit der GbR bestimmt werden
soll. Zur Gründung einer neuen GbR ist es dagegen nicht gekommen. Es erfolgte lediglich ein Wechsel bei einem
Gesellschafter mit einer zusätzlichen Übertragung von Gesellschafsanteilen des verbleibenden Gesellschafters auf
den neu eintretenden Gesellschafter. Schließlich steht der rechtlichen Identität zwischen der Gemeinschaftspraxis
Dres. St./S. und der vormaligen Klägerin nicht entgegen, dass im Vertrag vom 26.06.2000 die Kläger zu 1 und zu 2
mit Wirkung zum Zeitpunkt des Erwerbs der Gesellschaftsanteile durch den Kläger zu 2 einen neuen
Gesellschaftsvertrag abgeschlossen haben. Auch bei einer fortbestehenden GbR bleibt es den Gesellschaftern
unbenommen, bei Aufnahme neuer Gesellschafter einvernehmlich den bisherigen Gesellschaftsvertrag zu ändern oder
durch einen neuen zu ersetzen.
Infolge der später erfolgten Anwachsung sämtlicher Gesellschaftsanteile beim Kläger zu 1 ist dieser mit dem
Erlöschen der vormaligen Klägerin als GbR deren Rechtsnachfolger und Zahlungspflichtiger aus dem
streitgegenständlichen Bescheid geworden.
III. Die Berufung des Klägers zu 2 ist begründet.
Da der Kläger zu 2 wirksam aus der vormaligen Klägerin als Gesellschafter ausgeschieden ist, ohne deren
Rechtsnachfolger zu werden, ist sein Anspruch auf Feststellung, dass er aus dem gegenüber der vormaligen Klägerin
ergangenen streitgegenständlichen Bescheid nicht haftet, begründet.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei wird hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs des
Klägers zu 2 berücksichtigt, dass erst mit Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 2 vom
14.02.2007 und vom 26.05.2008, die wiederum auf Nachfragen des Einzelrichters des Senats beruhten, deutlich
wurde, dass der Kläger zu 2 schon seit dem 01.04.2002 nicht mehr Gesellschafter der vormaligen Klägerin ist. Bis
zum Erhalt des Schriftsatzes vom 26.05.2008 mit der vollständigen "Vereinbarung" hatte die Beklagte keine
Veranlassung, den Kläger zu 2 aus der Haftung zu entlassen. Allerdings hat sie auf diesen ihr am 03.06.2008
übersandten Schriftsatz auch nicht mehr reagiert.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.