Urteil des LSG Sachsen vom 24.04.2001

LSG Fss: persönliches erscheinen, entschädigung, fahrtkosten, polyarthritis, beweisanordnung, meinung, deformität, verpflegung, zugang, aufwand

Sächsisches Landessozialgericht
Beschluss vom 24.04.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 13 Vs 277/95
Sächsisches Landessozialgericht L 4 SB 5/97
Die Entschädigung der Antragstellerin aus Anlass der Sachverständigenuntersuchung am 28.12.1998 in Chemnitz
wird auf 59,00 DM (i.W.: Neunundfünfzig Deutsche Mark) festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Erinnerungsführerin (Ef.) macht eine Entschädigung zu Lasten der Staatskasse geltend.
Die in D ... wohnhafte, am ... geborene Ef. hat auf Grund einer Beweisanordnung des Sächsischen LSG am
28.12.1998 einen Untersuchungstermin beim Sachverständigen Dr. H. in C ... wahrgenommen. Nach Zugang der
Beweisanordnung hat die Ef. dem LSG mitgeteilt, wegen ihrer gesundheitlichen Probleme werde sie von ihrer Tochter
begleitet (Schreiben vom 14.12.1998). Den Termin beim Sachverständigen hat sie sodann in Begleitung ihrer Tochter
wahrgenommen.
Am 30.12.1998 hat die Ef. eine Entschädigung in Höhe von 189,40 DM geltend gemacht. Dazu hat sie eigene
Fahrtkosten (49 DM), Aufwand für Verpflegung (106 DM) und Kosten wegen einer Begleitperson (34,40 DM) geltend
gemacht.
Die Kostenbeamtin hat beim Sachverständigen eine am 19.01.1999 ausgefüllte Anwesenheitsbescheinigung
beigezogen. Darin ist ausgeführt, eine Begleitperson sei nicht erforderlich. Daraufhin hat die Kostenbeamtin die
Entschädigung mit Schreiben vom 25.01.1999 unter Ansatz der Fahrtkosten der Ef. (49 DM) und eines Tagegeldes in
Höhe von 10 DM auf insgesamt 59 DM festgesetzt. Den Ansatz der Kosten der Begleitperson hat sie mit dem
Hinweis auf das Fehlen einer richterlichen Anordnung und einer ärztlichen Bescheinigung abgelehnt.
Am 28.01.1999 hat die Ef. die richterliche Entscheidung begehrt. Sie habe dem Gericht bereits vor der Untersuchung
beim Sachverständigen mitgeteilt, dass sie von ihrer Tochter begleitet werde.
Der Sachverständige hat dem LSG am 29.01.1999 mitgeteilt, er halte die Teilnahme einer Begleitperson "aufgrund des
Gesundheitszustandes der Patientin" nunmehr für notwendig.
II.
Der Antrag auf richterliche Entscheidung ist zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt (§ 191 Halbsatz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG] i.V.m. § 15 Abs. 1 und Abs. 2, § 16 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Entschädigung von
Zeugen und Sachverständigen [ZSEG]). Auf Antrag der Ef. hat der Kostensenat des LSG über die Entschädigung im
Wege der richterlichen Entscheidung zu befinden.
Soweit die Ef. Auslagenvergütung wegen der Begleitung ihrer Tochter zum Sachverständigen Dr. H. geltend macht,
hat die Erinnerung keinen Erfolg.
Der Anspruch der Ef. richtet sich, wie in § 191 SGG festgelegt, nach den Bestimmungen des ZSEG. § 11 Abs. 1
ZSEG legt i.V.m. § 191 SGG im hier maßgeblichen Zusammenhang fest, dass auch dem Beteiligten, dessen
persönliches Erscheinen - hier beim Sachverständigen - angeordnet war, die Kosten unter anderem einer
"notwendigen" Begleitperson vergütet werden. Der Anspruch hängt mithin davon ab, ob die Kosten der Begleitperson
objektiv notwendig waren, etwa bei einem gebrechlichen oder sonst gesundheitlich bedürftigen Beteiligten. Daran fehlt
es hier.
Der Senat stützt sich auf die gutachtlich getroffenen Feststellungen des Sachverständigen, den die Ef. am
28.12.1998 selbst aufgesucht hat. Der Sachverständige hat in der Untersuchung festgestellt, dass sich die Ef. am
Untersuchungstag in einem "guten Allgemein- und Ernährungszustand" befunden hat. Unter Ruhebedingungen lagen
"keine Zeichen einer manifesten cardiopulmonalen Dekompensation" vor.
Im Vordergrund der bei der Ef. gegebenen Erkrankungen bestand am Untersuchungstag eine Rheumatoid-Arthritis
bzw. chronische Polyarthritis. Allein hieraus ist indessen nicht zu folgern, dass auf Seiten der Ef. zur Wahrnehmung
der Untersuchung beim Sachverständigen die Teilnahme einer Begleitperson "erforderlich" gewesen wäre.
Nennenswerte geistige oder seelische Funktionsbeeinträchtigungen sind im Ganzen nicht zu ersehen. Die
Rheumatoid-Arthritis bzw. chronische Polyarthritis verursacht ausweislich der vom Sachverständigen getroffenen
Begutachtung - im Wortlaut - "eine geringe Schwellung und Bewegungseinschränkung sowie eine rheumatische
Fußdeformität besonders re. mit nachweisbarer Schwellung der Vorfußquerdruckdolenz. Unter diesen
Voraussetzungen erscheinen die Greiffunktion besonders re. erheblich eingeschränkt, während die Gehfähigkeit nur
wenig beeinträchtigt sein dürfte".
Die Ef. war mithin am Untersuchungstag in der Lage, den Temin beim Sachverständigen alleine, ohne Zuziehung einer
Begleitperson, wahrzunehmen. Soweit der Sachverständige abschließend ausführt, dass sich das Krankheitsbild nach
den allgemeinen medizinischen Erfahrungen aller Voaussicht nach - i.S. einer Progredienz - verschlechtern werde,
ändert sich daran nichts, weil allein auf den Zeitpunkt der Untersuchung abzustellen ist.
Ohne Belang für die Beurteilung der "Erforderlichkeit" der Hinzuziehung einer Begleitperson ist schließlich die vom
Sachverständigen dem Senat am 29.01.1999 vorgelegte korigierte Fassung der "Anwesenheitsbescheinigung". Zwar
ist darin nunmehr - in Abweichung von der Anwesenheitsbescheinigung vom 19.01.1999 - angegeben, die Teilnahme
einer Begleitperson sei notwendig". Insoweit hat der Sachverständige seine frühere, unter dem 19.01.1999 getroffene
Feststellung abgeändert. Der Senat hält diese nachträglich korrigierten Angaben indessen nicht für glaubhaft. Es ist
nicht zu ersehen, welche tatsächlichen Befunde für die Meinung des Sachverständigen, derzufolge eine Begleitpeson
"auf Grund des Gesundheitszustandes der Patientin" angeblich erforderlich sei, maßgeblich waren. Gerade im
Hinblick auf die vorstehend dargelegte, vom Sachverständigen selbst getroffene Begutachtung sind keine
Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Hinzuziehung einer Begleitperson zu ersehen.
Schließlich kann die Ef. eine höhere Entschädigung nicht daraus herleiten, dass sie der Berichterstatterin des LSG
am 14.12.1998 mitgeteilt hat, sie werde von ihrer Tochter zur Untersuchung begleitet. Dies war der Ef. unbenommen,
löst aber für sich gesehen - ohne richterliche Anordnung - keine Entschädigungspflicht der Staatskasse aus.
Weil die weiteren Entschädigungspositionen (Fahrtkosten und Aufwandsentschädigung) einerseits zutreffend
festgesetzt sind und andererseits insoweit auch kein Streit besteht, steht der Ef. mithin, wie bereits von der
Kostenbeamtin zutreffend festgesetzt, Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 59 DM zu.
Diese Entscheidung ist kostenfrei (§ 183 SGG) und endgültig (§ 191 SGG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 4 ZSEG).