Urteil des LSG Saarland vom 09.05.2006

LSG Saarbrücken: gesetzlicher vertreter, verwaltungsakt, getrennt lebende ehefrau, heizung, abtretung, bausparvertrag, aufenthalt, bindungswirkung, sozialhilfe, ausländer

LSG Saarbrücken Urteil vom 9.5.2006, L 9 AS 2/05
Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Eigenheimzulage -
zweckbestimmte Einnahme - klarstellende Rechtsänderung der AlgIIV
Leitsätze
Die Eigenheimzulage war auch für die Zeit vor dem 01.Oktober 2005 nicht als Einkommen
nach § 11 Abs. 1,3 Nr. 1a SGB II zu berücksichtigen. Was nunmehr durch § 1 Abs. 1 Nr. 7
VO- Alg II - V in der Fassung vom 22. August 2005 klargestellt wurde, ergab sich für die
Zeit vor dem 01. Oktober 2005 bereits aus § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger zu 1) und 2) werden der Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts für das Saarland vom 16. Juni 2005 sowie das Schreiben der Beklagten vom
14. Februar 2005 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2005 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2005 geändert.
2. Auf die Klagen werden derjenige Bescheid vom 24. Mai 2005, der den Zeitraum vom
13. Januar bis zum 28. Februar 2005 betrifft, sowie der Bescheid vom 31. Mai 2005
geändert.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern Grundsicherung für Arbeitsuchende – über die
gewährten Beiträge hinaus – für die Monate Januar bis März 2005 ohne Anrechnung der
Eigenheimzulage zu gewähren.
4. Die Beklagte hat die den Klägern in beiden Rechtszügen entstandenen
außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten jetzt noch darüber, ob den Klägern für die Zeit vom 01. Januar
2005 bis 31. März 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs –
Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) vom 24. September 2003 (BGBl I, 2954)
ohne Anrechnung der Eigenheimzulage (EigZul) zu gewähren ist.
Der am ....1973. geborene Kläger zu 1) lebt seit 01. Mai 2000 mit seiner Ehefrau, der am
....1975. geborenen Klägerin zu 2), und den am ....1998. und 2002. geborenen Söhnen,
den Klägern zu 3) und 4), allesamt italienische Staatsangehörige, in einem Eigenheim
(Wohnfläche: 150 qm) in N..
Am 09. Dezember 1999 schlossen die Kläger zu 1) und 2) mit der L.B.S. – in S. (LBS)
einen Kreditvertrag, dessen Bestandteile mehrere Bausparverträge waren (Nrn. 1., 2. und
3.).
Darüber hinaus hatten die Kläger zu 1) und 2) sowohl mit der LBS einen weiteren
Bausparvertrag mit der Nr. 4. als auch einen Darlehensvertrag mit der S.L.B. geschlossen.
Bezüglich des Bausparvertrages mit der Nr. 3. war in dem Kreditvertrag mit der LBS
vereinbart, dass die erste Ansparrate in Höhe von jeweils 4.000,-- DM jährlich am 30. Juli
2000 und die Folge an Sparraten jährlich bis zur Zuteilung ab 30. März 2001, auch jeweils
in Höhe von 4.000,-- DM, fällig würden. Zur Begleichung dieser Rate sollte die EigZul
eingesetzt werden. Die Kläger und zu 1) und 2) nahmen für das Wohnhaus die EigZul nach
dem Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) vom 26. März 1997 (BGBl I, 735) in Anspruch.
Gemäß Bescheid vom 31. Juli 2000 beträgt die EigZul ab 2000 bis 2007 jährlich 2.045,17
EUR. Die Kläger zu 1) und 2) erteilten der LBS am 17. Dezember 1999 die
Einzugsermächtigung, alle fälligen Leistungen von ihrem Girokonto einzuziehen.
Für das Darlehen bei der S.L.B. entrichten die Kläger zu 1) und 2) Darlehenszinsen in Höhe
von 3.374,52 Euro, für das Darlehen betreffend den Bausparvertrag 1. Zinsen in Höhe von
488,23 Euro, für das Bausparvertragsdarlehen 2. Zinsen in Höhe von 1.437,96 Euro. Für
das Bausparvertragsdarlehen 3. beträgt die Zinsbelastung 2.716,20 Euro.
Jährliche Kosten fallen in folgender Höhe an:
Grundsteuer
74,58 Euro
Müllabfuhrgebühren
264,24 Euro
Wassergeld
850,58 Euro
Wohngebäudeversicherungsprämie 233,28 Euro
Schornsteinfegergebühren
47,43 Euro
An Heizkosten wenden die Kläger monatlich 127,-- Euro auf.
Für beide Kinder erhalten die Kläger Kindergeld in Höhe von je 154,-- Euro. Die Klägerin zu
2) erzielte in der Zeit von Januar bis März 2005 Einnahmen von je 17,-- Euro pro Monat
durch den Verkauf von Stuckfiguren.
Die LBS bestätigte am 21. Februar 2005, dass die jährliche Abbuchung der EigZul in Höhe
von 2.045,17 Euro erfolgen müsse. Sie sei Bestandteil des Kreditvertrages vom November
1999 und auf das Darlehen Nr. 3. jeweils zum 30. März jeden Jahres zahlbar. Nach einem
Aktenvermerk vom 06. April 2005 sei keine Abtretung des Anspruchs auf Gewährung der
EigZul an die L.B.S. für die Darlehen 1. bis /06 erfolgt.
Der Kläger bezog Arbeitslosengeld (Alg) vom 01. bis 12. Januar 2005 in Höhe eines
wöchentlichen Leistungsbetrages von 34,10 Euro (Änderungsbescheid vom 02. Januar
2005 ). Am 14. Januar 2005 wurden 409,20 Euro ausgezahlt.
Am 13. Januar 2005 beantragten die Kläger zu 1) und 2) Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie legten diesem Antrag unter anderem auch das
Schreiben der LBS vom 03. März 2004 betreffend die EigZul für das Jahr 2004 bei.
Am 30. März 2005 wurde den Klägern zu 1) und 2) die EigZul für das Jahr 2005 in Höhe
von 2.045,17 Euro ausgezahlt. Diese wurde auch im Jahre 2005 zur Begleichung der
Ansparrate betreffend den Darlehensvertrag 3. verwendet.
Bescheid vom 14. Februar 2005
13. Januar bis 31. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 237,80 Euro und
für die Zeit vom 01. Februar 2005 bis 30. März 2005 in Höhe von 1.021,57 Euro. Als
Einkommensbereinigung war in der Zeit vom 13. bis 31. Januar 2005 ein Betrag von 38,--
Euro, für Februar bis März 2005 von je 60,-- Euro angesetzt. Für Januar 2005 rechnete die
Beklagte der Klägerin zu 2) 10,77 Euro als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, für
Februar und März 2005 einen Betrag je 17,-- Euro an.
Für Januar 2005 war ein befristeter Zuschlag nach Bezug von Alg in Höhe von 39,27 Euro,
für Februar und März in Höhe von 62,-- Euro vorgesehen.
In einem Schreiben ohne Datum, das nach den Angaben der Beklagten mit dem Bescheid
vom 14. Februar 2005 zur Post gegeben wurde, wurde folgendes mitgeteilt :
“Arbeitslosengeld II wird Ihnen für die Zeit vom 01. Januar bis 30. März 2005
bewilligt. Am 30. März 2005 erhalten Sie die EigZul in Höhe von 2.045,17 Euro.
Diese ist als einmaliges Einkommen von dem Monat an zu berücksichtigen, in
dem es zufließt. Arbeitslosengeld II kann für so viele Tage nicht erbracht werden,
die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen und nach Abzug von
Freibeträgen und Absetzungsbeträgen bei Teilung der Gesamteinnahmen durch
den ermittelnden täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für
eine freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt.
Den Nachweis über die Höhe der freiwilligen Beiträge bitte ich zu gegebener Zeit
noch vorzulegen. Eine Berücksichtigung der EigZul erfolgt auch dann, wenn
diese an den Kreditgeber abgetreten ist, da es sich nicht um eine
unwiderrufliche Abtretung auf Dauer handelt, sondern jährlich erneuert werden
muss.“
Am 15. Februar 2005 zahlte die Beklagte an die Kläger zu 1) und 2) 1.259,37 Euro und
am 21. Februar 2005 1.021,57 Euro, am 25. Mai 2005 1.540,44 Euro und am 01. Juni
2005 1.282,81 Euro aus.
Mit dem Widerspruch vom 24. Februar 2005 machte der Kläger zu 1) geltend, die EigZul
müsse direkt an die LBS weitergeleitet werden. Für den Lebensunterhalt stehe dieser
Betrag nicht zur Verfügung.
Am 15. März 2004 (gemeint ist wohl 2005) beantragte der Kläger zu 1) die Fortzahlung
der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Bescheid vom 06. April 2005
zurück. Nach § 11 Abs. 1 SGB II sei die EigZul als einmalige Einnahme zu berücksichtigen,
und zwar vom Beginn des Monats an, in dem sie zufließe. Die EigZul sei nicht zu
berücksichtigen, wenn sie nicht als bereite Einnahme zur Verfügung stehe. Das sei dann
der Fall, wenn sie bereits im Rahmen der Kreditfinanzierung wirksam an den Kreditgeber
abgetreten worden sei. In diesem Fall habe der Hilfebedürftige dann keinen Zugriff mehr
auf die EigZul. Etwas andere gelte, wenn die Abtretung jährlich erneuert und vom
Kreditgeber dem Finanzamt angezeigt werden müsse. Ob tatsächlich vorliegend eine
Abtretung nach § 398 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vorliege, sei anhand der
Vertragsunterlagen zur Kreditfinanzierung zu überprüfen. Die bloße Verpflichtung, die EigZul
weiter zu leiten, oder eine erteilte Einzugsermächtigung stelle keine Abtretung dar. Die
EigZul sei am 30. März 2005 zunächst auf das Konto des Klägers zu 1) geflossen und
dann erst durch die LBS abgebucht worden. Der Kläger zu 1) sei deshalb zu einem
bestimmten Zeitraum nicht hilfebedürftig und müsse den Lebensunterhalt mit der
einmaligen Einnahme bestreiten. Dies sei ihm, dem Kläger zu 1), auch mit dem
Begleitschreiben zum Bescheid vom 14. Februar 2005 mitgeteilt worden. Für März 2005
ergebe sich somit eine Überzahlung der Leistungen. Die im März 2005 gewährte Hilfe sei
nach § 23 Abs. 4 SGB II gewährt worden, da er, der Kläger zu 1), die EigZul erst ab 30.
März 2005 habe erhalten sollen. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, die neu
berechnet worden seien und 917,59 Euro betrügen, würden gemäß § 22 Abs. 1 SGB II für
längstens sechs Monate übernommen.
Klage
Sozialgericht (SG) für das Saarland gerichtet, die ihrem Wortlaut nach nur im Namen des
Klägers zu 1) erhoben worden ist.
Während des Klageverfahrens hat das Verwaltungsverfahren wie folgt seinen Fortgang
genommen:
Die Klägerin zu 2) teilte am 02. Mai 2005 der Beklagten mit, sie bitte um Einstellungen der
Leistungen nach dem SGB II zum 30. April 2005, da ihr Ehemann, der Kläger zu 1), wieder
arbeite.
Bescheid vom 24. Mai 2005
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 13. bis 31. Januar 2005
auf 691,29 Euro und für die Zeit vom 01. Februar 2005 bis 28. Februar 2005 auf
1.707,59 Euro. Der Bescheid trug folgenden Vermerk:
„Folgende Änderungen sind eingetreten: Ab dem 01. März 2005 besteht kein
Anspruch auf Arbeitslosengeld II wegen der Berücksichtigung der EigZul. Die für
den Zeitraum vom 01. März 2005 bis 30. März 2005 gewährten Leistungen
zum Lebensunterhalt werden mit der Nachzahlung vom 13. Januar 2005 bis 28.
Februar 2005 verrechnet.“
Dass Ermessenserwägungen angestellt worden sind, ist dem Bescheid nicht zu
entnehmen.
Das Einkommen der Klägerin zu 2) für die Zeit vom 13. Januar bis 28. Februar 2005 aus
ihrer selbstständigen Tätigkeit war nicht mehr angerechnet.
Bescheid vom 24. Mai 2005
April bis 30. April 2005 Leistungen in Höhe von 1.423,-- Euro.
Bescheid vom 31. Mai 2005
Januar bis 31. Januar 2005 auf 1.266,39 Euro und für 01. Februar bis 28. Februar 2005
auf 1.645,59 Euro fest.
Als Einkommensbereinigung waren für Januar 2005 nunmehr 30,-- Euro vorgesehen, für
Februar 2005 war insoweit kein Betrag mehr berücksichtigt.
Der für Januar 2005 vorgesehene Zuschlag nach Bezug von Alg in Höhe von 39, 27 Euro
und der für Februar 2005 in Höhe von 62,-- Euro waren nicht berücksichtigt.
Der Kläger zu 1) hat zur Klagebegründung vorgetragen:
Bei der EigZul handele es sich um eine staatliche Leistung, die es Bürgern mit niedrigem
Einkommen ermöglichen solle, Wohneigentum zu erlangen. Die EigZul sei deshalb voll und
ganz in die Finanzierung durch die LBS eingeflossen. Auch wenn keine Abtretung vereinbart
worden sei, so sei man sich doch einig gewesen, dass die EigZul nach Zuteilung sofort an
die Bausparkasse fließe. Das sei auch so geschehen.
Gerichtsbescheid vom 16. Juni 2005
die Klage abgewiesen. Die EigZul sei, so hat es zur Begründung ausgeführt, als Einkommen
im Sinne des § 11 SGB II zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung für
das Sozialhilferecht. Die EigZul sei keine zweckgebundene Einnahme im Sinne des § 77
Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Die Rechtsprechung des Landessozialgerichts
(LSG) N.B. überzeuge nicht. Denn auch dieses Gericht gehe davon aus, dass die derzeitige
Formulierung des § 11 Abs. 3 SGB II ersichtlich dem Ziel diene, die zahlreich enthaltenen
Privilegierungstatbestände einschließlich der EigZul abzubauen. Die EigZul dennoch als
zweckbestimmt und damit als privilegierte Einnahme anzusehen, lasse außer Acht, dass es
der Gesetzgeber bereits im Rahmen des § 194 Abs. 3 Nr. 4 des Dritten Buchs des
Sozialgesetzbuchs – Arbeitsförderung - (SGB III) in der Fassung vom 16. Dezember 1997
(BGBl I, 2970) für erforderlich gehalten habe, die EigZul gesondert zu erwähnen.
Dies wäre nicht notwendig gewesen, wenn sie eine zweckbestimmte Leistung im Sinne
von § 194 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a. F. darstellen würde. Die Kammer könne nicht annehmen,
dass die Auslassung der ausdrücklichen Erwähnung der EigZul in § 11 Abs. 3 SGB II ein
schlichtes Redaktionsversehen darstelle, da der Gesetzgeber die EigZul nunmehr
selbstverständlich als zweckbestimmte Leistung betrachte.
Gegen diesen Gerichtsbescheid, zugestellt am 24. Juni 2005, hat der Kläger zu 1) mit
,
Berufung
Der Kläger zu 1) hat zunächst ergänzend vorgetragen:
Zwar habe der Gesetzgeber am 22. August 2005 eine Änderung der Verordnung zur
Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und
Vermögen von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung-Alg II-
V ) vom 20. Oktober 2004 (BGBl I, 2622) beschlossen. In der ab
dem 01. Oktober 2005 geltenden Ersten Verordnung zur Änderung der VO Alg II-V vom 22.
August 2005 (BGBl I, 2499) < in Folge: ÄndVO> sei nunmehr klargestellt, dass die EigZul
nicht als Einkommen bei der Berechnung von Leistungen berücksichtigt werde, wenn sie
zur Finanzierung des Hausgrundstückes verwendet werde. Dies bedeute aber keineswegs,
dass die Rechtslage vor dem 01. Oktober 2005 anders beurteilt werden müsse. Bei der
früheren Regelung handele es sich lediglich um ein Redaktionsversehen, sodass eine Klar-
und Richtigstellung erforderlich gewesen sei.
Die Kläger zu 1) und 2) haben in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie als
gesetzliche Vertreter auch für die Kinder Klage und Berufung erhoben und die
Rechtsanwälte bevollmächtigt haben.
Auf den Hinweis des Senats, dass Gegenstand des Rechtsstreits die den Zeitraum vom
01. Januar bis 31. März 2005 betreffenden Bescheide vom 14. Februar 2005 einschließlich
des „Schreibens“ vom 14. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
06. April 2005 sind, ebenso derjenige Bescheid vom 24. Mai 2005, der den Zeitraum vom
13. Januar bis 28. Februar 2005 regelt, schließlich auch der Bescheid vom 31. Mai 2005,
dass über diese Bescheide zum Teil in erster Instanz nicht befunden worden ist, sodass der
Senat hierüber erstinstanzlich zu entscheiden hätte, und dass zweifelhaft ist, ob der
Bescheid vom 24. Mai 2005, der den Zeitraum vom 06. bis 30. April 2005 regelt, ebenfalls
Mitgegenstand des Rechtsstreites ist, da er sich jedenfalls auf den ersten Blick nicht
unmittelbar zeitlich an die vorgenannten Bescheide anschließt, haben die Kläger ihre
Anträge auf die Zeit bis einschließlich März 2005 beschränkt, und die Beklagte hat erklärt,
über den Monat April 2005 nach Ausgang des vorliegenden Verfahrens neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat darüber hinaus erklärt, soweit es den Zuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB II
für die Monate Januar und Februar und 2005 angehe, die Kläger klaglos zu stellen.
Die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Kläger beantragen nunmehr noch,
1. den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 16. Juni 2005 und das
dem Bescheid vom 14. Februar 2005 beigefügte „Schreiben“ mit gleichem
Datum aufzuheben, den Bescheid vom 14. Februar 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 06. April 2005 sowie denjenigen Bescheid vom
24. Mai 2005, der den Zeitraum vom 13. Januar bis 28. Februar 2005 betrifft,
und den Bescheid vom 31. Mai 2005 zu ändern und
2. die Beklagte zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Januar bis 31. März
2005 ohne Anrechnung der EigZul nach den gesetzlichen Bestimmungen zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen den Bescheid vom 24. Mai
2005, der sich auf den Zeitraum vom 13. Januar bis 28. Februar 2005 bezieht,
und gegen den Bescheid vom 31. Mai 2005 abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Erklärungen zu Protokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrensganges wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte mit der Stammnummer 5., die Gegenstand
der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Vorab ist klarzustellen, dass Berufung und Klagen von allen vier Klägern eingelegt bzw.
erhoben worden sind.
Zwar hat dem Wortlaut nach nur der Kläger zu 1) Berufung eingelegt. Aber auch die
weiteren in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind Kläger, denn die
angefochtenen Bescheide regeln auch sie betreffende Leistungen.
Dass die Kläger zu 2) bis 4) bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung weder
ausdrücklich Widerspruch und Klage erhoben noch Berufung eingelegt haben, steht dem
nicht entgegen.
Die Einlegung der Berufung durch den Kläger zu 1) ist nämlich – wie bereits der
Widerspruch und die Klage - auch für die Kläger zu 2) bis 4) erfolgt.
Das ergibt die Auslegung der hierzu verfassten Schriftsätze. Inhaber der geltend
gemachten Ansprüche sind alle vier Kläger (vgl. zur Problematik: LSG Hessen, Beschluss
vom 21. März 2006, AZ: L 9 AS 124/05 ER m.w.N.). Da der Kläger zu 1) – soweit es die
Ansprüche der übrigen Kläger angeht - weder als Anspruchsinhaber ( etwa aus
abgetretenem Recht ) noch als Prozessstandschafter auftritt, können seine Erklärungen
nur so zu verstehen sein, dass er sie als ( gesetzlicher ) Vertreter der übrigen Kläger
abgegeben hat. Dies ist auch von der Beklagten, wie sich aus ihren Erklärungen im Termin
ergeben hat, so verstanden worden.
Soweit der Kläger zu 1) für seine Kinder aufgetreten ist, war er hierzu als gesetzlicher
Vertreter befugt; ansonsten hat seine Ehefrau durch ihre im Termin abgegebenen
Erklärungen sein Vorgehen sanktioniert.
Gegenstand der Berufung ist nicht nur der ursprünglich angefochtene Bescheid vom 14.
Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2005, sondern
dies sind auch das dem Bescheid vom 14. Februar 2005 beigefügte „Schreiben“ vom 14.
Februar 2005 und die Bescheide vom 31. und 24. Mai 2005, letzterer, soweit er den
Zeitraum vom 13. Januar bis 28. Februar 2005 betrifft.
Das dem Bescheid vom 14. Februar 2005 angefügte „Schreiben“ ist ein Verwaltungsakt.
Verwaltungsakt nach in § 31 Satz 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs –
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ist jede Verfügung,
Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines
Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare
Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Ob es sich bei einer Maßnahme um einen Verwaltungsakt handelt, ist durch Auslegung zu
beurteilen. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung spricht in der Regel gegen das
Vorliegen eines Verwaltungsaktes, zwingt aber nicht zu einer solchen Beurteilung
(Bundessozialgericht in BSG SozR 7815 Art. 1 § 7 Nr. 1).
Auch wenn das „Schreiben“ nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, hat es
aber regelnden Charakter. Denn darin wird verfügt, dass die EigZul in Höhe von 2.045,17
Euro als einmaliges Einkommen von dem Monat an zu berücksichtigen ist, in dem es
zufließt, vorliegend also ab März 2005. Aus der Sicht des Empfängers kann es sich nach
den Umständen des Einzelfalles nur um eine Regelung handeln, die den Bescheid vom 14.
Februar 2005 ändert, mit welchem bereits Leistungen bis 30. März 2005 bewilligt worden
waren. Dieses damit als Verwaltungsakt auszulegende „Schreiben“ vom 14. Februar 2005
ist damit nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Vorverfahrens geworden.
Auch die Bescheide vom 31. und 24. Mai 2005, letzterer den Zeitraum vom 13. Januar bis
28. Februar 2005 betreffend, sind nach § 96 Abs. 1 SGG, der nach § 153 Abs. 1 SGG im
Berufungsverfahren entsprechend gilt, Gegenstand des Rechtsstreits geworden.
Nach § 96 Abs. 1 SGG in entsprechender Anwendung wird auch der neue Verwaltungsakt
Gegenstand des Verfahrens, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen
neuen abgeändert oder ersetzt wird.
Die Bescheide vom 24. und 31. Mai 2005 datieren nach Klageerhebung (22. April 2005)
und ändern den ursprünglichen Verwaltungsakt auch ab, da die bewilligten Leistungen in
anderer Höhe festgesetzt werden.
Beide Bescheide betreffen den streitbefangenen Zeitraum vom 01. Januar bis 31. März
2005.
Das SG hat die Bescheide vom 24. und 31. Mai 2005 weder in den Klageantrag mit
aufgenommen noch im Urteil darüber entschieden. Für einen solchen Fall hat das
Berufungsgericht über den erweiterten Streitgegenstand zu entscheiden, wenn der Kläger
dies beantragt und die anderen Beteiligten nicht widersprechen. Die Beteiligten haben dazu
in der mündlichen Verhandlung ihre Zustimmung erteilt. Der Senat entscheidet insoweit
erstinstanzlich.
II.
Die Berufung und die Klagen gegen den Bescheid vom 24. und vom 31. Mai 2005 sind
zulässig.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes der somit von allen vier Klägern erhobenen
Berufung überschreitet die in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGG statuierte Wertgrenze.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des
SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des
Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld oder Sachleistung oder einen
hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,-- Euro nicht übersteigt.
Die Beklagte hat an die Kläger Leistungen von insgesamt 5.104,19 Euro erbracht. Darin
enthalten sind auch Leistungen, die über den streitbefangenen Zeitraum bis März 2005
hinausgehen. Die Beklagte hat vorgetragen, am 15. Februar 2005 1.259,37 Euro, am 21.
Februar 2005 1.021,57 Euro, am 25. Mai 2005 1.540,44 Euro und am 01. Juni 2005
1.282,81 Euro tatsächlich ausgezahlt zu haben. Für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31.
März 2005 haben die Kläger insgesamt allerdings Anspruch auf Leistungen in Höhe von
4.831,84 Euro, die die Summe der ersten beiden Zahlungen im Februar 2005 in Höhe von
2.280,94 Euro bei weitem übersteigen.
Im Übrigen haben sich zur Zulässigkeit keine Bedenken ergeben.
III.
Die Berufung und die Klagen sind in ihrer jetzigen Fassung auch begründet.
Die EigZul durfte nicht angerechnet werden. Ansonsten waren Klarstellungen unter dem
Gesichtspunkt der Bestandskraft einzelner Bescheide vorzunehmen.
Der Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 16. Juni 2005 sowie das „Schreiben“
der Beklagten vom 14. Februar 2005 sind aufzuheben, der Bescheid der Beklagten vom
14. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2005 ist zu
ändern.
Auf die Klagen waren derjenige Bescheid vom 24. Mai 2005, der den Zeitraum vom 13.
Januar bis 28. Februar 2005 betrifft, sowie der Bescheid vom 31. März 2005 zu ändern.
Die Kläger haben Anspruch gegen die Beklagte auf Grundsicherung für Arbeitsuchende für
die Monate Januar bis März 2005 ohne Anrechnung der EigZul in Höhe von 4.831,84 Euro.
Die Kläger zu 1) bis 4) sind berechtigt, Leistungen nach dem SGB II zu erhalten (§ 7 Abs. 1,
2 und 3 Nr. 3 und 4 SGB II).
Der Kläger zu 1) ist erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Danach erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben
(erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Der Kläger zu 1) hat das 15. Lebensjahr, aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet. Er
ist auch erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II. Denn Anhaltspunkte dafür, dass
er nach § 8 Abs. 1 SGB II wegen Krankheit oder Behinderung außerstande ist, unter den
üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich
erwerbstätig zu sein, liegen nicht vor.
Der Kläger zu 1) ist auch hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II, da er seinen
Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften
und Mitteln, v. a. nicht
1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit
2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und
die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder
von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Der Kläger zu 1) hat auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland.
Dass er Italiener und damit Ausländer ist, steht der Berechtigung nicht entgegen.
Denn Ausländer, die wie er ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben, erhalten Leistungen nach diesem Buch, wenn die Voraussetzungen
des § 8 Abs. 2 SGB II vorliegen. Dies gilt nicht für Leistungsberechtigte nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz.
Nach § 8 Abs. 2 SGB II können Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme
einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte.
Das ist der Fall.
Denn dem Kläger zu 1) steht als Staatsangehöriger eines EU-Staates nach § 1 Abs. 2 Nr. 1
des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern
im Bundesgebiet (AufenthG) in der Fassung vom 30. Juli 2004, gültig ab 01. Januar bis 30.
September 2005 (BGBl I, 1950) ein genehmigungsfreier Zugang zum deutschen
Arbeitsmarkt zu.
Die Klägerin zu 2) sowie die Kläger zu 3) und 4) sind Berechtigte nach § 7 Abs. 2 Satz 1
SGB II, da sie mit dem Kläger zu 1), der erwerbsfähiger Hilfebedürftiger ist, in einer
Bedarfsgemeinschaft leben.
Der Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II neben den erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) auch der nicht dauernd getrennt lebende
Ehegatte <§ 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II> und die dem Haushalt angehörenden minderjährigen
unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen an, soweit sie
nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres
Lebensunterhaltes beschaffen können ( § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II).
Die Klägerin zu 2) ist Berechtigte, da sie die nicht dauernd getrennt lebende Ehefrau des
Klägers zu 1) ist.
Die am 1998. und 2002. geborenen Kläger zu 3) und 4) gehören dem Haushalt der Kläger
zu 1) und 2) an. Anhaltspunkte dafür, dass sie aus eigenen Mitteln ihren Lebensunterhalt
sichern können, sind nicht ersichtlich.
Die Kläger zu 1) und 2) haben Anspruch auf Leistungen nach § 19 Satz 1 SGB II.
Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II
1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der
angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung,
2. unter den Voraussetzungen des § 24 SGB II einen befristeten Zuschlag.
Nach § 20 Abs. 2 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung zur Sicherung des
Lebensunterhalts für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren
Partner minderjährig sind, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345,-- Euro,
in den neuen Bundesländern 331,-- Euro. Nach § 20 Abs. 3 SGB II beträgt die Regelleistung
jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach Abs. 2, wenn zwei Angehörige der
Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Der Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung ergibt sich aus § 22 SGB II.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen
erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den
der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf
des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu
berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der
Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel,
durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch
längstens für 6 Monate.
Die Kläger zu 3) und 4) haben Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II.
Nach § 28 Abs. 1 SGB II erhalten nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch nach
dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben. Das Sozialgeld umfasst die sich aus § 19
Abs. 1 Nr. 1 SGB II ergebenden Leistungen. Hierbei gilt ergänzend u. a. folgende Maßgabe:
Die Regelleistung beträgt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert und im
15. Lebensjahr 80 vom Hundert der nach § 20 Abs. 2 maßgebenden Regelleistung.
Unter Berücksichtigung dessen errechnen sich die den Klägern zustehenden Leistungen in
Höhe des oben angegebenen Betrages von 4.831,84 Euro wie folgt:
1. Zeitraum vom 01. bis 31. Januar 2005:
Die Ansprüche der Kläger zu 1) bis 4) für diesen Zeitraum werden durch den Bescheid vom
14. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2005 sowie
durch die Bescheide vom 24. und vom 31. Mai 2005 geregelt.
Der Bescheid vom 14. Februar 2005 sieht für die Zeit vom 13. Januar bis 31. Januar 2005
Leistungen von 237,80 Euro vor, der Bescheid vom 24. Mai 2005 für dieselbe Zeit
Leistungen in Höhe von 691,29 Euro. Diese Bescheide werden durch den Bescheid vom
31. Mai 2005 geändert, der für die Zeit vom 01. bis 31. Januar 2005 Leistungen in Höhe
von 1.266,39 Euro festsetzt.
Die den Klägern für diesen Zeitraum zustehende Leistung beträgt insgesamt 1.313,66
Euro, weshalb die Bescheide zu ändern sind.
Dieser Betrag ermittelt sich aus der Gegenüberstellung von Bedarf und zu
berücksichtigendem Einkommen.
Der Bedarf beträgt vorliegend 1.953,59 Euro und setzt sich zusammen aus:
1. der Regelleistung in Höhe von 622,-- Euro, die den Klägern zu 1) und 2) nach
§ 20 Abs. 2 und 3 SGB II zusteht,
2. dem Sozialgeld in Höhe von 414,-- Euro, auf das die Kläger zu 3) und 4) nach
§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB II Anspruch haben sowie
3. den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 917,59 Euro nach § 22
Abs. 1 SGB II.
Im Einzelnen errechnet sich dieser Betrag wie folgt:
zu 1): Da die Kläger zu 1) und 2) als Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft das
18. Lebensjahr vollendet haben, beträgt die Regelleistung jeweils 90 vom
Hundert der Regelleistung nach Abs. 2, also je 311,-- Euro.
zu 2): Für die Kläger zu 3) und 4) errechnet sich der Anspruch auf Sozialgeld
nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II. Da sie das 14. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben, beträgt dieses 60 vom Hundert der Regelleistung, also je 207,-
- Euro.
zu 3): Die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II sind in
Höhe von 917,59 Euro zu erbringen.
Die Frage, ob der den Klägern zustehende Wohnraum von 150 qm angemessen ist, bedarf
in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung.
Denn die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für die Unterkunft sind nach §
22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu berücksichtigen. Der Bedarfsgemeinschaft ist es jedenfalls für
den hier streitbefangenen Zeitraum von Januar bis März 2005 nicht zuzumuten, durch
einen Wohnungswechsel oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, selbst wenn
diese unangemessen wären.
Die Kosten von Unterkunft und Heizung, die in Höhe von 917,59 Euro zu berücksichtigen
sind, ermitteln sich wie folgt:
Da die Kläger in einem Eigenheim leben, gehören zu den Kosten für Unterkunft die
Darlehenszinsen, nicht jedoch die Tilgungsleistungen. Diese entsprechen der
Vermögensbildung (Löns/Herold-Tews, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende § 22
SGB II, Rdnr. 3).
Die von den Klägern zu 1) und 2) erbrachten Darlehenszinsen setzen sich wie folgt
zusammen:
1. S.L.B.
3.374,52 Euro
2. LBS betreffend Bausparvertrag ..../03
488,23 Euro
3. LBS betreffend Bausparvertrag ..../05)
1.437,96 Euro
4. LBS betreffend Bausparvertrag .../06
2.716,20 Euro
8.016,91 Euro
Weiter jährlich anfallende Kosten sind:
Grundsteuer
74,58 Euro
Müllgebühren
264,24 Euro
Wassergeld
850,58 Euro
Wohngebäudeversicherung
(16,93 Euro + 2,51 Euro = 19,44 Euro; 19,44 Euro x 12 =)
233,28 Euro
Schornsteinfegergebühren
47,43 Euro
Insgesamt fallen an jährlichen Kosten an:
9.487,02 Euro
Monatlich macht dies einen Betrag von
( 9.487,02 Euro ./. 12 =)
790,59 Euro
aus.
Dazu kommen die monatlichen Heizkosten:
127,00 Euro
Die monatlichen Aufwendungen betragen deshalb
917,59 Euro
Dem Gesamtbedarf von somit (311,-- EUR + 311,-- EUR + 207,-- EUR + 207,-- EUR +
917,59 EUR =) 1.953,59 Euro, von dem auch die Beklagte ausgeht, ist das Einkommen
der Kläger gegenüber zu stellen.
Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder
Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem
Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung
des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem
Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis
zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Der Kinderzuschlag nach § 6a des
Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Das gilt
auch für das Kindergeld für minderjährige Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur
Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt wird.
Dem Gesamtbedarf steht im Januar 2005 folgendes Einkommen gegenüber:
1. Alg
409,20 Euro
2. Kindergeld
308,00 Euro
717,20 Euro
Weiteres Einkommen, insbesondere solches, das aus der zeitweise selbstständigen
Tätigkeit der Klägerin zu 2) stammt, ist nicht zu anzurechnen.
Die noch im Bescheid vom 14. Februar 2005 angerechneten 10,77 Euro werden von der
Beklagten in den Bescheiden vom 24. und 31. Mai 2005 nicht mehr berücksichtigt.
Es war der Beklagten nicht verwehrt, durch die Bescheide vom 24. und 31. Mai 2005 den
Bescheid vom 14. Februar 2005 dahingehend zu ändern, dass das Einkommen der
Klägerin zu 2) in Höhe von 10,77 Euro nicht mehr zur Anrechnung kommt. Dem steht die
Bindungswirkung, die der Bescheid vom 14. Februar 2005 entfaltet, nicht entgegen.
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs -
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) wird ein Verwaltungsakt
gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem
Zeitpunkt wirksam, in dem er bekannt gegeben wird. Der Umfang dieser Bindungswirkung
ist in § 77 SGG geregelt ( von Wulffen/Roos, Kommentar zum SGB X, 5. Auflage, vor § 39
SGB X, Rdnr.: 3).
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos
eingelegt, so ist der Verwaltungsakt nach § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache
bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
Bindungswirkung in diesem Sinne meint, dass die durch einen Verwaltungsakt eingeräumte
Rechtsposition durch einen neuen Verwaltungsakt nicht verschlechtert werden darf,
solange der alte nicht aufgehoben ist. Damit steht die Bindungswirkung nur jeder nachteilig
abweichenden neuen Entscheidung (Verschlechterungsverbot), nicht aber einer Änderung
zu Gunsten des Betroffenen entgegen (vgl. zur Problematik: BSG SozR 4100 § 117 Nr. 21,
S. 117f; Lüdtke/Binder, Handkommentar zum SGG, 2. Auflage, § 77 SGG, Rdnr.: 2).
Da die Änderung vorliegend zu Gunsten der Kläger erfolgte, war die Beklagte dazu
berechtigt, unabhängig davon, ob dies der materiellen Rechtslage entsprach oder nicht (
vgl. BSG, aaO.).
Die Bescheide vom 24. und 31. Mai 2005 binden indes die Beklagte insoweit, als jede
nachteilig abweichende Entscheidung, also etwa die nunmehrige Anrechnung des
Einkommens rechtswidrig wäre, es sei denn, durch Gesetz wäre etwas anderes bestimmt.
Eine Bestimmung in diesem Sinne treffen die §§ 45 und 48 SGB X. Dass die Beklagte
davon Gebrauch gemacht hat, ist nicht ersichtlich.
Von diesem Einkommen von somit unverändert 717,20 Euro sind grundsätzlich 30,-- Euro
abzusetzen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VO Alg II-V ist als Pauschbetrag von dem Einkommen
volljähriger Hilfebedürftiger und von dem Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger, soweit
diese nicht mit volljährigen Hilfsbedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II
leben, ein Betrag in Höhe von 30,-- Euro monatlich für die Beträge zu privaten
Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3
SGB II abzusetzen.
Die Beklagte selbst hat aber vorliegend mit Bescheid vom 14. Februar 2005 38,-- Euro als
Einkommensbereinigung angesetzt. Obwohl sie dann im Bescheid vom 31. Mai 2005 von
einer Einkommensbereinigung von 30,-- Euro ausgeht, muss es bei dem Betrag von 38,--
Euro verbleiben. Denn dass der Bescheid vom 14. Februar 2005 insoweit
zurückgenommen werden sollte ( und auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmung ? ), ist
nicht ersichtlich; jedenfalls hat die Beklagte hierzu an keiner Stelle irgendwelche
Ausführungen gemacht.
Das bereinigte Einkommen beträgt daher 679,20 Euro ( 717,20 Euro – 38,-- Euro), so
dass ein Anspruch auf Leistungen in Höhe von 1.274,39 Euro besteht (1.953, 59 Euro –
679,20 Euro).
Die Beklagte hat die Kläger, was den Zuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB II von 39,27 Euro für
den Monat Januar 2005 angeht, in der mündlichen Verhandlung klaglos gestellt. Nachdem
die Beklagte diesen Zuschlag bereits mit Bescheid vom 14. Februar 2005 bewilligt hat, war
sie gemäß obiger Ausführungen daran gebunden. Dass diese Leistung zu irgendeinem
Zeitpunkt zurückgenommen oder aufgehoben wurde, ist nicht ersichtlich, so dass, was die
Beklagte im Termin durch ihre Erklärung auch klargestellt hat, den Klägern diese Leistung
auch zusteht.
Es ergibt sich daher ein Gesamtanspruch in Höhe von (1.274,39 Euro + 39,27 Euro =)
1.313,66 Euro.
2. Zeitraum vom 01. bis 28. Februar 2005:
Die Ansprüche der Kläger für diesen Zeitraum werden durch den Bescheid vom 14.
Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2005 und durch die
Bescheide vom 24. und vom 31. Mai 2005 geregelt.
Der Bescheid vom 14. Februar 2005 geht von Leistungen in Höhe von 1.021,57 Euro aus,
der vom 24. Mai 2005 von 1.707,59 Euro. Im Bescheid vom 31. Mai 2005 ist ein Betrag
von 1.645,59 Euro ausgewiesen.
Die den Klägern zustehende Leistungen für Februar 2005 betragen 1.767,59 Euro,
weshalb die Bescheide zu ändern sind.
Dieser Betrag setzt sich wiederum zusammen aus dem Gesamtbedarf in Höhe von
1.953,59 Euro.
Im Februar steht diesem Bedarf als Einkommen nur das Kindergeld in Höhe von 308,-- Euro
gegenüber.
Das noch im Bescheid vom 14. Februar 2005 berücksichtigte Einkommen der Klägerin zu
2) aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 17,-- Euro findet weder im Bescheid vom 24.
noch im Bescheid vom 31. Mai 2005 Anrechnung, so dass es, wie bereits ausgeführt, der
Beklagten verwehrt ist, von dieser für die Kläger günstigen Rechtsposition, ohne ein
Verfahren nach den §§ 45, 48 SGB X durchzuführen, zu deren Nachteil abzuweichen. Dafür
bestehen auch hier keine Anhaltspunkte.
Nach der Einkommensbereinigung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VO Alg II-V sind vom Einkommen
30,-- Euro abzusetzen. Vorliegend hat die Beklagte aber mit Bescheid vom 14. Februar
2005 für Februar 2005 60,-- Euro für die Einkommensbereinigung zu Grunde gelegt. Auch
wenn die Beklagte mit Bescheid vom 31. Mai 2005 keinen Betrag für Februar 2005 für die
Einkommensbereinigung mehr vorsieht, muss es bei diesem Betrag bleiben. Denn auch
hier hat die Beklagte keine Ausführungen dazu gemacht, ob der Bescheid vom 14. Februar
2005 insoweit auf gehoben oder zurückgenommen ist und ggfs. Auf welcher
Rechtsgrundlage dies geschehen sein soll.
Das Einkommen nach Bereinigung beläuft sich somit auf (308,-- EUR - 60,-- EUR =) 248,--
Euro.
Der Leistungsbetrag beträgt dann 1.705,59 Euro (= 1.953,59 Euro – 248,-- Euro). Hinzu
kommt allerdings auch hier der Zuschlag in Höhe von 62,-- Euro nach § 24 Abs. 1 SGB II,
wie er im Bescheid vom 14. Februar 2005 vorgesehen war. Dass dieser Zuschlag im
Bescheid vom 31. Mai 2005 nicht mehr vorgesehen war, ändert nichts daran, dass den
Klägern diese einmal bewilligte Leistung zusteht. Denn dass der Bescheid vom 14. Februar
2005 insoweit aufgehoben oder zurückgenommen wurde, ist von der Beklagten an keiner
Stelle ausgeführt, weshalb die Beklagte auch im Termin erklärt hat, die Kläger insoweit
klaglos zu stellen.
Der Gesamtanspruch beträgt damit (1.705,59 Euro + 62,-- Euro =)1.767,59 Euro.
3. Zeitraum vom 01. bis 31. März 2005:
Der Bescheid vom 14. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.
April 2005 war zu ändern, denn die Kläger haben Anspruch auf Leistungen für März 2005
in Höhe von 1.750,59 Euro ohne Anrechnung der Eigzul in Höhe von 2.045,17 Euro.
Die Leistungen für März 2005 errechnen sich aus der Gegenüberstellung des
Gesamtbedarfs von 1.953,59 Euro und dem Einkommen für März 2005 in Höhe von 265,-
- Euro.
Dieses Einkommen setzt sich aus dem Kindergeld für März 2005 in Höhe von 308,-- Euro
und den Einnahmen der Klägerin zu 2) in Höhe von 17,-- Euro zusammen. Dieses
Einkommen hat die Beklagte im Bescheid vom 14. Februar 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 06. April 2005 berücksichtigt.
Wie sich aus dem Bescheid vom 14. Februar 2005 weiter ergibt, ist die Beklagte nach § 3
Abs. 1 Nr. 1 VO Alg II-V von einem Betrag von 60,-- Euro ausgegangen. Das bereinigte
Einkommen beträgt daher 265,-- Euro (= 308,-- Euro + 17,-- Euro – 60,-- Euro). Mithin
haben die Kläger Anspruch auf 1.688,59 Euro (= 1.953,59 Euro – 265,-- Euro).
Auch hier kommt der Zuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB II hinzu, den die Beklagte im
Bescheid vom 14. Februar 2005 mit 62,-- Euro festgesetzt hat.
Es errechnet sich dann ein Gesamtleistungsanspruch von 1.750,59 Euro (= 1.688,59 Euro
+ 62,-- Euro).
Die Aufhebung der Leistungen für März 2005 durch das „Schreiben“ vom 14. Februar
2005 ist rechtswidrig.
Rechtsgrundlage kann nur § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m.
§ 330 Abs. 3 SGB III in entsprechender Anwendung sein.
Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sind indes nicht erfüllt.
Ungeachtet dessen, dass es bereits an einer Anhörung fehlt, führt die im März 2005
ausgezahlte EigZul weder zum Wegfall noch zur Minderung des Anspruchs. Die EigZul ist
kein Einkommen, das nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigten ist. Sie fällt
vielmehr unter die zweckbestimmte Einnahme nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, die nicht als
Einkommen zu berücksichtigen ist.
Zweckbestimmte Einnahmen sind Einnahmen, die einem anderen Zweck als die Leistungen
nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass
daneben nicht Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.
Außer den in § 11 Abs. 3 SGB II genannten Einnahmen sind nicht als Einkommen zu
berücksichtigen die in § 1 Nr. 1 bis 6 VO-Alg II-V aufgeführten Fallgruppen, die die EigZul
allerdings nicht nennen.
Gleichwohl ist die EigZul nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Denn es ergibt sich schon aus der gesetzlichen Regelung, dass die EigZul zweckbestimmte
Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II ist.
Mit der gesamten hierzu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung sieht der
erkennende Senat die EigZul als zweckbestimmte Leistung im Sinne dieser Bestimmung an
mit der Folge, dass sie nicht als Einkommen angerechnet werden darf, wenn sie
zweckbestimmt verwendet wurde, was vorliegend der Fall ist (vgl. zur Problematik: LSG
Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 25. April 2005, L 8 AS 39/05 ER; LSG Hamburg,
Beschluss vom 07. Juli 2005, L 5 B 116/05 ER AS; SG Lüneburg vom 16. Juni 2005, S 25
AS 103/05 (nicht rechtskräftig); LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. August
2005, L 7 AS 2875/05 ER-B; andere Auffassung SG Schleswig, Beschluss vom 01. April
2005, S 3 AS 83/05 ER).
Denn die Voraussetzungen für eine zweckbestimmte Einnahme sind bei der EigZul erfüllt.
Die EigZul nach dem EigZulG bezweckt eine verstärkte Förderung der sogenannten
Schwellenhaushalte. Familien mit geringem oder mittlerem Einkommen soll der Zugang
zum Kauf oder Erwerb eigenen Wohneigentums erleichtert werden, da Wohneigentum als
wesentlicher Bestandteil der privaten Altersvorsorge angesehen wird. Um dieses Ziel zu
ermöglichen, ist das EigZulG unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Progression
ausgestaltet worden. Das bewirkt, dass auch Bezieher von nicht oder nur geringfügig
steuerbelasteten kleinen Einkommen eine gleich hohe Förderung erhalten und somit in
vollem Umfang begünstigt werden. Die EigZul ist nicht dazu bestimmt, wie normales
Einkommen dem allgemeinen Lebensunterhalt zu dienen, sondern zur Schaffung von
Vermögen (Wohneigentum) der Gering- und Mittelverdiener. Das ist der Zweck, der wegen
der gesellschaftspolitischen Bedeutung eine besondere Begünstigung genießt. Davon hat
der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II offenbar nicht
abweichen wollen. Es würde aber gerade Sinn und Zweck der zur Schaffung von
Wohneigentum gewährten EigZul widersprechen, wenn diese als Einnahme auf die
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II angerechnet würde.
Gegen eine Anrechnung spricht auch, dass nach Ablauf des Förderungszeitraumes von 8
Jahren nach § 3 EigZulG und der damit üblicherweise verbundenen Tilgung des Darlehens
das dann vorhandene selbstgenutzte Wohneigentum als Vermögen nach § 12 Abs. 3 Satz
1 Nr. 4 SGB II bei der Zahlung von Alg II nicht zu berücksichtigen ist. Diese Zweckrichtung
würde verfehlt, wenn der Empfänger die Leistung als Einkommen zur Bestreitung des
Lebensunterhaltes verwenden müsste.
Der Auffassung des SG für das Saarland, die EigZul sei nach den für das Sozialhilferecht
entwickelten Grundsätzen zu beurteilen, tritt der Senat nicht bei.
Für den Bereich der Sozialhilfe findet sich eine Definition des Einkommens in § 82 des
Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs – Sozialhilfe – (SGB XII), ergänzt durch die §§ 83
und 84 SGB XII. Die jeweiligen Einkommensbegriffe stimmen weder untereinander überein
noch sind sie mit anderen Einkommensbegriffen, wie z. B. im Einkommensteuerrecht,
kompatibel. Diese Situation ist bis zum 31. Dezember 2004 ähnlich gewesen. Für
Arbeitslose war der Einkommensbegriff in § 194 SGB III a.F. geregelt. Dieser hat den
Umfang der Bedürftigkeit bestimmt. Für den Bereich der Sozialhilfe definierten dagegen die
§§ 76 bis 78 BSHG das dort maßgebende Einkommen. Nach § 194 Abs. 3 Nr. 4 SGB III a.F.
hat die EigZul, soweit sie nachweislich zur Herstellung oder Anschaffung einer zu eigenen
Wohnzwecken genutzten Wohnung in einem im Inland gelegenen eigenen Haus oder einer
eigenen Eigentumswohnung oder zu einem Ausbau oder einer Erweiterung an einer
solchen Wohnung verwendet worden ist, nicht als Einkommen gegolten.
Im Regelfall hat deshalb die EigZul nicht die Bedürftigkeit des Alhi-Empfängers beeinflusst.
Anders ist die Rechtslage für Personen gewesen, die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem
BSHG bezogen oder beziehen sollten. Insoweit hat § 77 Abs. 1 Satz 1 BSHG bestimmt,
dass Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen nicht zu einem
ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden, nur soweit als Einkommen zu
berücksichtigen sind, als die Sozialhilfe im Einzelfall dem selben Zweck gedient hat. Deshalb
hat das Bundesverwaltungsgericht (BverwG) entschieden, dass die EigZul nicht nach § 77
Abs. 1 Satz 1 BSHG privilegiert ist (vgl.: Urteil des BverwG vom 28. Mai 2003, AZ: 5 C
41/02).
Unabhängig davon, ob die EigZul tatsächlich zweckneutral ist, wie vom BverwG
angenommen, kann diese Entscheidung nicht auf die seit dem 01. Januar 2005 geltende
Regelung im SGB II übertragen werden. Das Urteil vom 28. Mai 2003 ist offenbar durch
den Wortlaut des § 77 Abs. 1 Satz 1 BSHG geprägt, der lediglich Leistungen, die aufgrund
öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt
wurden, als privilegierte Einkommen ansah. Diese Einschränkung hat keinen Eingang in das
Regelungswerk des SGB II gefunden. Zwar hat sich der Gesetzgeber bei der
Verabschiedung des § 11 Abs. 3 SGB II grundsätzlich am Sozialhilferecht orientiert und
bestimmte Einnahmen wegen ihres Charakters oder der Zweckbindung von der
Einkommensberücksichtigung ausgenommen. Ein gesetzlich ausdrücklich genannter Zweck
der Leistung ist aber nicht mehr erforderlich. § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II ähnelt vielmehr der
Regelung des § 194 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a.F. . Wie aber bereits das BSG zu den
Vorgängervorschriften (auch zu § 138 Abs. 3 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz )
entschieden hat, erwächst die Zweckbindung nicht allein aus der Verwendung der
gewährten Leistung. Wesentliche Grundlage für die Zweckbindung ist vielmehr das Motiv,
aus dem heraus die Leistung gewährt wird. Es ist daher nicht erforderlich, dass die
Empfänger hinsichtlich des tatsächlichen Verbrauchs einer Leistung zwingend und
gesetzlich festgelegt sein müssen. Es genügt, wenn die Leistung aus einem bestimmten
Anlass und in einer bestimmten Erwartung gegeben wird und im Allgemeinen mit einer
Verwendung für den gedachten Zweck gerechnet werden kann. Unerlässliche
Voraussetzung ist allerdings, dass derartigen Leistungen eine bestimmte, vom
Gesetzgeber erkennbar gebilligte Zweckrichtung zu eigen ist, die im Falle der Anrechnung
der Leistung auf eine andere einkommensabhängige Sozialleistung zu einer
Zweckvereitelung führen würde.
Auch wenn im Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 VO Alg II-V die EigZul nicht aufgenommen
wurde, ergibt sich bereits aus § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II selbst, dass diese als
zweckbestimmte Einnahme nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Dies wird schon
aus dem Wortlaut des § 1 Abs.1 VO Alg II-V deutlich, der von „außer den in § 11 Abs. 3
SGB II genannten Einnahmen“ spricht.
An dieser Betrachtung muss es auch nach der Änderung des § 1 Abs. 1 VO Alg II-V durch
die ab 01. Oktober geltende ÄndVO verbleiben.
Danach wird in § 1 Abs. 1 unter anderem eine Nr. 7 eingeführt, wonach außer den in § 11
Abs. 3 SGB II genannten Einnahmen nicht als Einkommen die EigZul berücksichtigt wird,
soweit sie nachweislich zur Finanzierung einer nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 des SGB II
nicht als Vermögen zu berücksichtigenden Immobilie verwendet wird.
Zwar sieht § 6 ÄndVO u.a. vor, dass die §§ 1 bis 3 in der bis zum 30. September 2005
geltenden Fassung für Bewilligungszeiträume, die vor dem 01. Oktober 2005 beginnen,
weiterhin anzuwenden sind.
Allein nach dem Wortlaut könnte man zu der Auffassung gelangen, die EigZul sei, da sie in
der VO-Alg II-V nicht genannt war, für die Zeit von 01. Januar bis 30. September 2005 nicht
privilegiert und damit anrechenbar. Eine solche Auslegung der Übergangsregelung würde
aber zu einem nicht sachgerechten und auch dem Willen des Verordnungsgebers nicht
entsprechenden Ergebnis führen. Denn ein sachlicher Grund, warum für die Zeit vom 01.
Januar bis 30. September 2005 die EigZul nicht und für die Zeit ab 01. Oktober 2005
privilegiert sein soll, ist nicht ersichtlich. Eine solche Ungleichbehandlung entsprach gerade
nicht dem Willen des Verordnungsgebers. Die EigZul sollte vielmehr zu jedem Zeitpunkt als
privilegiert behandelt werden. Denn der Begründung des Entwurfs der ÄndVO ist zu
entnehmen, dass die Einführung des § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Klarstellung diene. Mit der
Regelung solle, so die Begründung, der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die
EigZul vielfach während des Bezugs von Alg II die einzige Möglichkeit zur Tilgung von
Baudarlehen darstelle. Weil die EigZul zur Förderung des Eigenheimserwerbs geleistet
werde, werde sie in diesen Fällen zweckentsprechend verwendet.
Der Verordnungsgeber hat mit der insoweit klarstellenden Aufnahme der EigZul in den
Katalog des § 1 Abs. 1 ÄndVO auch der Empfehlung des Ombudsrats Rechnung getragen.
Dieses Gremium wurde in Deutschland von der ehemaligen Bundesregierung mit dem Ziel
eingerichtet, die Umsetzung des SGB II zu begleiten. Es hat am 01. Dezember 2004 seine
Arbeit aufgenommen und u.a. eine Anrechnung der EigZul auf das Einkommen deshalb
kritisiert, weil dies dem gesetzgeberischen Ziel, den Eigenheimerwerb möglichst auf breiter
Basis zu fördern, entgegenstehe.
Wenn aber die Einführung des § 1 Abs. 1 Nr. 7 ÄndVO der Klarstellung dient, kann dies nur
so verstanden werden, dass es sich um eine Klarstellung der bestehenden Rechtslage
handelt.
Denn dem Verordnungsgeber kann nicht unterstellt werden, dass er bei der Fassung der
Übergangsvorschrift eine Benachteiligung der Leistungsberechtigten für die Zeit vor dem
01. Oktober 2005 bewusst in Kauf genommen hat durch die Anwendung der VO Alg II-V in
„ungeklärter“ Form . Dies ergibt sich im Übrigen daraus, dass in der Begründung der
ÄndVO auf die Entscheidungen des LSG N.B. und des LSG Hamburg Bezug genommen
wurde.
Ob der Verordnungsgeber das Ziel verfolgt haben will, dass es bei den bis zum 01. Oktober
2005 erlassenen Bescheiden verbleiben solle, ist vor diesem Hintergrund unbeachtlich.
Deshalb ist die Übergangsvorschrift so auszulegen, dass es bei der Privilegierung der EigZul
schon für die Zeit vor dem 01. Oktober 2005, wie sie sich aus § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II
ergab, bleiben soll, was nunmehr nur klarstellend hervorgehoben worden ist .
Der Senat hat keine Bedenken, die Übergangsvorschrift in diesem Sinne über den Wortlaut
hinaus nach Sinn und Zweck auszulegen. Auch das BSG hat eine solche über den Wortlaut
hinausgehende Auslegung von Übergangsvorschriften unter anderem für zulässig erachtet,
wenn eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung zu einem Wertungswiderspruch führen
würde, der im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung nicht hinnehmbar wäre (vgl.
zur Problematik: BSG, Urteil vom 14. November 2002, Az. 13 RJ 47/01 R). Dem
Gesetzgeber, so das BSG, sei es durch den Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als
Verbot ungerechtfertigter Verschiedenbehandlungen mehrerer Personengruppen verwehrt,
eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu
behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und
solchem Gewicht bestünden, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
Da, wie bereits ausgeführt, der Senat keine Gründe erkennen kann, weshalb die Zeiträume
vor dem 01. Oktober 2005 und danach anders behandelt werden sollten, ist diese
Auslegung zwingend.
Unter Berücksichtigung dessen ist aber die EigZul vorliegend nicht als Einkommen zu
berücksichtigen.
Die Kläger haben damit Anspruch auf Leistungen in Höhe von 4.831,84 Euro. Davon
ausgehend, dass im streitbefangenen Zeitraum 2.280,94 Euro von der Beklagten geleistet
worden sind, bestünde ein weiterer Anspruch von 2.250,90 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Nach § 160 Abs. 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2. das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene
Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da der Rechtsstreit keine
grundsätzliche Bedeutung hat. Denn die vorliegende Rechtsfrage hat nur noch für einen in
der Vergangenheit liegenden, relativ kurzen Zeitraum Bedeutung. Der Senat sieht deshalb
das Interesse der Allgemeinheit an einer Klärung auch im Hinblick auf die Wiederholung
ähnlicher Fälle als eher gering an (vgl. zur Problematik: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer,
Kommentar zum SGG, 8. Auflage, § 160 SGG, Rdnr.: 6b).
Der Zulassungsgrund des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben, da keine abweichende
Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift bekannt ist.
Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist nicht ersichtlich.