Urteil des LSG Saarland vom 22.04.2005

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LSG Saarbrücken Urteil vom 22.4.2005, L 7 RJ 229/03
Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen - maßgebendes Arbeitsentgelt für die
Beitragserhebung - geschuldetes Arbeitsentgelt - untertarifliche Bezahlung -
Anspruchsprinzip - Treu und Glauben
Leitsätze
1. Die Beitragserhebung in der gesetzlichen Sozialversicherung richtet sich nach den in
ihrem Gesamtkontext zu berücksichtigenden gesetzlichen Bestimmungen der §§ 14 Abs. 1
SGB IV nach dem geschuldeten (ggfls. bei Fälligkeit noch nicht gezahlten) Arbeitsentgeld,
nicht lediglich nach dem Arbeitsentgelt, welches dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossen
ist. Geschuldet ist das Arbeitsentgelt in der Höhe, die sich aus dem Arbeitsvertrag sowie
aus dem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag ergibt.
2. Bei untertariflichen Bezahlung ist bei Alleingültigkeit eines Tarifvertrages das tariflich
zustehende und nicht lediglich das zugeflossene Arbeitsentgelt für die Beitragshöhe zur
Sozialversicherung maßgebend.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland
vom 10.06.2003 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Nachforderung von
Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Klägerin beschäftigte in der Zeit vom 08.02.1999 bis zum 26.07.1999 den
Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmer im Baugewerbe aufgrund einer Vereinbarung mit dem
Landkreis Sa. sowie mit dem Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales im
Rahmen des Jugend-Arbeit-Zukunft-Landesprogrammes. Dem Beigeladenen zu 1) wurde in
diesem Zeitraum ein Stundenlohn von 13,50 DM gezahlt, bei 39,5 Stunden pro Woche
wurde je Monat insgesamt ein Arbeitsentgelt von 2.300,- DM gezahlt. Der mit Wirkung
vom 01.07.1997 für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag zur Regelung eines
Mindestarbeitsentgeltes im Baugewerbe in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
sieht für die unter ihn fallenden Beschäftigten demgegenüber als Mindestentgelt einen
Stundenlohn von 16,- DM an Arbeitsorten in den alten Bundesländern vor.
Mit Bescheid vom 21.08.2000 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin aufgrund einer
Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) einen
Nachforderungsanspruch für Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.061,88 DM für die
Beschäftigung des in dem Zeitraum vom 08.02.1999 bis zum
26.07.1999 geltend. Die Höhe der Nachforderung ergab sich aus dem Umstand, dass der
Differenzbetrag zwischen dem tariflichen Mindestlohn und dem tatsächlich gezahlten Lohn
nachträglich der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterworfen wurde.
Mit Schreiben vom 04.09.2000 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Zur
Begründung führte sie aus, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen des oben bereits
benannten Programms eingestellt worden sei; dabei sei seitens der staatlichen Träger
ausdrücklich festgehalten worden, dass bei 39,5 Stunden pro Woche 2.300,- DM im Monat
an Lohn zu zahlen sei. Auf dieser Basis habe der Landkreis Sa. der Klägerin auch einen
Lohnkostenzuschuss von 1.400,- DM pro Monat gewährt. Von den diversen beteiligten
staatlichen Stellen sei auf die Notwendigkeit der Einhaltung von Mindestlohnbedingungen
nicht hingewiesen worden. Erstmals durch Maßnahmen des Hauptzollamtes sei die Klägerin
von dieser Verpflichtung unterrichtet worden. Ein von dieser Seite angestrengtes
Bußgeldverfahren habe man eingestellt.
Mit Bescheid vom 06.12.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Unter Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid werde des Weiteren darauf verwiesen, dass
die Einstellung des Bußgeldverfahrens für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des
Sachverhaltes unerheblich sei. Grundlage für die Bemessung der
Sozialversicherungsbeiträge sei unabhängig von den tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelten
der tarifliche Mindestlohn im Baugewerbe. Der von der Klägerin geltend gemachte
Verbotsirrtum stehe dem nicht entgegen.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.01.2001 Klage beim Sozialgericht für das Saarland (SG)
erhoben. In einem zugleich betriebenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
beantragte sie, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Zur Begründung hat sie
zunächst auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren verwiesen. Zur Ergänzung hat
sie ausgeführt, dass sich die Klägerin im Grundsatz vertragstreu verhalten habe, indem sie
das vertraglich geschuldete und vom Beschäftigten auch nur in diesem Umfang geltend
gemachte Arbeitsentgelt gezahlt habe. Auf den Sachverhalt sei unter Verweis auf die
Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) zur untertariflichen Bezahlung vom
25.11.1964 (3 RK 32/60, BSGE 22, 106) das auch im Steuerrecht geltende Zuflussprinzip
anzuwenden. Die Beschäftigten hätten ihre tariflichen Ansprüche nicht geltend gemacht,
die Klägerin habe daher nicht versucht, sich ihrer Lohn- und damit Beitragszahlungspflicht
zu entziehen, so dass auch aus Gründen des Schutzzweckes der Sozialversicherung sowie
der Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit ein Absehen von diesem Prinzip nicht in Betracht
käme. Dies korrespondiere auch mit der Vorschrift des § 134 Abs. 1 SGB III, der auf der
Leistungsseite das Zuflussprinzip beinhalte. Die zitierte Entscheidung des BSG sei ein klares
Bekenntnis zum Zuflussprinzip; Folgeentscheidungen dieses Gerichts wären nur in
Einzelfällen von diesem Grundsatz abgewichen, wobei die dortigen Sachverhalte mit dem
vorliegenden nicht übereinstimmten und insofern auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht
bezogen werden könnten. Jedoch selbst wenn man nunmehr in Abkehr vom Zufluss- auf
das Anspruchsprinzip abstelle, würde der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)
einer rückwirkenden Inanspruchnahme der Klägerin entgegenstehen, da sie nicht mit einer
Beitragsforderung für zurückliegende Zeiten überrascht werden dürfe, die im Widerspruch
zur bisherigen Prüfpraxis der Beklagten stehe, auf die sie vertraut habe. Die Klägerin habe
erstmals durch die Ermittlungen des Hauptzollamtes Anfang 2000 von der Problematik der
Beitragserhebung aus geschuldetem Arbeitsentgelt erfahren; bis dahin habe sie auf die
bereits benannte Entscheidung des BSG zur untertariflichen Bezahlung und die
Geringfügigkeitsrichtlinien des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger (VDR)
vertraut.
Letztlich sei noch der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die angegriffenen Bescheide
auf versicherungsfreie geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bezögen, die nunmehr bei
Berücksichtigung des geschuldeten Entgeltes diesen Status verlören, so dass nicht nur die
Lohndifferenz zwischen gezahltem und geschuldetem Entgelt sondern der gesamte Lohn
beitragspflichtig werde.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.06.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt,
dass nach der Rechtsprechung des BSG Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung
auch für geschuldetes und bei Fälligkeit noch nicht gezahltes Arbeitsentgelt zu entrichten
seien. Ein Entgeltanspruch mindestens in der festgelegten Höhe des für allgemein
verbindlich erklärten Tarifvertrages könne von den Parteien, die dessen Geltungsbereich
unterfielen, nicht rechtwirksam unterschritten werden. Die unterstützende
Regelungszuständigkeit des Staates, die nach den Ausführungen des
Bundesverfassungsgerichtes in Fällen der Allgemeinverbindlichkeitserklärung zum Tragen
komme, erfordere, den jeweils im gültigen Tarifvertrag festgesetzten Mindestlohn bei der
Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung durch die Rentenversicherungsträger im
Rahmen von Prüfungen nach § 28p SGB IV zu berücksichtigen.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.07.2003 Berufung eingelegt. Sie verweist zur
Begründung auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere sei der Umstand
zu berücksichtigen, dass der Klägerin der zu zahlende Lohn von öffentlicher Seite
ausdrücklich vorgegeben worden sei, ohne dass die beteiligten staatlichen Stellen auf
etwaige Mindestlohnbedingungen hingewiesen hätten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 10.06.2003 und den
Bescheid der Beklagten vom 21.08.2000 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 06.12.2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides, das
erstinstanzliche Vorbringen sowie die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides.
Der Senat hat am 11.03.2005 einen Erörterungstermin durch den Berichterstatter
durchgeführt, in dem auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG hingewiesen wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte,
der beigezogenen Gerichtsakte aus dem Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz (S 17 ER
/
dieser Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Nachdem die Beteiligten im Rahmen des Erörterungstermins vom 11.03.2005 auf
mündliche Verhandlung verzichtet haben, konnte der Senat ohne eine solche entscheiden.
Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist
jedoch unbegründet.
Zwar ist festzustellen, dass der angefochtene Gerichtsbescheid an einem wesentlichen
Verfahrensmangel leidet, da entgegen § 105 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
eine Anhörung der Beteiligten unterblieben ist (eine entsprechende Anhörungsmitteilung
erging lediglich im parallel betriebenen Eilrechtsverfahren). Von einer Aufhebung des
Gerichtsbescheides und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gemäß § 159
Abs. 1 Nr. 2 SGG sieht der Senat jedoch ab, da die Sache zur Entscheidung reif ist und
dem Gebot des rechtlichen Gehörs im Rahmen des Verfahrens vor dem
Landessozialgericht Genüge getan worden ist.
In der Sache ist die Entscheidung des Sozialgerichtes zu Recht ergangen.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig; die Nachforderung der
Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.061,88 DM (= 542,93 EUR) ist rechtlich nicht
zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin richtet sich nach den in ihrem Gesamtkontext zu
berücksichtigenden gesetzlichen Bestimmungen der §§ 14 Abs. 1, 23 Abs. 1 SGB IV die
Beitragserhebung in der gesetzlichen Sozialversicherung nach dem geschuldeten (ggfls. bei
Fälligkeit noch nicht gezahlten) Arbeitsentgelt, nicht lediglich nach dem Arbeitsentgelt,
welches dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossen ist. Geschuldet ist das Arbeitsentgelt in
der Höhe, die sich aus dem Arbeitsvertrag sowie aus dem für das Arbeitsverhältnis
geltenden Tarifvertrag ergibt.
Danach besteht im vorliegenden Rechtsstreit ein Entgeltanspruch mindestens in der
festgelegten Höhe des Tarifvertrages zur Regelung eines Mindestarbeitsentgeltes in dem
Baugewerbe in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, der mit Wirkung vom
01.07.1997 für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Der hiernach maßgebliche
Stundenlohn für den Beigeladenen zu 1) beträgt 16,00 DM (= 8,18 EUR) statt der
gezahlten 13,50 DM (= 6,90 EUR). Dieses tarifvertraglich festgelegte Arbeitsentgelt kann
von den Parteien des dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeitsvertrages nicht rechtswirksam
unterschritten oder sonst irgendwie abbedungen werden (§§ 4 Abs. 1, 5 TVG).
Für die sich damit ergebende Differenz zwischen gezahltem und geschuldetem Lohn hat
die Beklagte zu Recht die Beitragsnachforderung erhoben.
Die Klägerin vermag auch nicht mit ihrer Auffassung durchzudringen, es habe vorliegend
das Zuflussprinzip und nicht das Anspruchsprinzip zu gelten. Wie der Senat bereits im
Erörterungstermin hingewiesen hat, ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl.
zuletzt Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 1/04 R -, zuvor bereits Urteil vom 30.08.1994 -
12 RK 59/92 -) bei untertariflicher Bezahlung das tariflich zustehende und nicht lediglich das
zugeflossene Arbeitsentgelt für die Beitragshöhe zur Sozialversicherung maßgebend. Auf
den Zufluss kommt es danach nur an, soweit dem Arbeitnehmer mehr geleistet worden
ist.
Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) steht der Inanspruchnahme der
Klägerin durch die Beklagte nicht entgegen. Der Verweis der Klägerin auf die
Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18.11.1980 (12 RK 59/79, BSGE 51, 31)
sowie vom 27.09.1983 (12 RK 10/82) kann zu keinem anderen Ergebnis führen.
Nach den genannten Entscheidungen erfordern im Beitragsrecht der Sozialversicherung
Treu und Glauben, dass die Beitragspflichtigen – in der Regel die für die Beitragsberechnung
und –abführung „in Dienst genommenen Arbeitgeber“ – nicht für eine zurückliegende Zeit
mit einer Beitragsnachforderung überrascht werden, die in Widerspruch steht zu dem
vorangegangenen Verhalten der Verwaltung, auf deren Rechtmäßigkeit sie vertraut hatten
und vertrauen durften. Das soll gleichermaßen gelten bei Änderungen einer
höchstrichterlichen Rechtsprechung, von deren Maßgeblichkeit bisher nicht nur die
Einzugsstellen, sondern auch die Beitragspflichtigen, insbesondere die abrechnenden
Arbeitgeber, ausgegangen waren und die sie deshalb ihrer Beitragsentrichtung zugrunde
gelegt hatten.
Diese dargestellten Voraussetzungen für einen Vertrauensschutz vor rückwirkender
Inanspruchnahme liegen im vorliegenden Sachverhalt ersichtlich nicht vor. Entscheidend ist,
dass die Klägerin schon nach ihrem eigenen Vortrag für den hier konkret zu beurteilenden
Sachverhalt nicht die Voraussetzungen für einen Vertrauensschutz nach Treu und Glauben
erfüllt. Sie trägt unter Bezugnahme auf ihren Widerspruch im Vorverfahren vor, dass sie
erstmals im Jahre 2000 durch die Ermittlungen des Hauptzollamtes auf die Verpflichtung
hingewiesen worden sei, Mindestlohnbedingungen zu beachten. Erstmals zu diesem
Zeitpunkt konnte sich also für sie die Frage stellen, ob aus dem gezahlten oder ggfls. aus
dem tariflich geschuldeten Arbeitsentgelt die Beiträge abzuführen seien; die Problematik
der Beitragserhebung aus geschuldetem Entgelt stellte sich damit, so trägt es die Klägerin
auch vor, erst im Jahre 2000.
Wenn die Klägerin aber erst im Jahre 2000 auf die Einhaltung von Mindestlohnbedingungen
hingewiesen worden ist, dann kann sie denknotwendig nicht bereits im Jahre 1999, der
Zeit des beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, ein Vertrauen dahin entwickelt
haben, dass sie nicht noch zusätzlich zu dem gezahlten Entgelt die Lohndifferenz zum
tariflichen Mindestlohn mit Beiträgen abzurechnen hatte. Wenn von der Klägerin also
nunmehr mit Bescheid vom 21.08.2000 die Sozialversicherungsbeiträge nach Maßgabe
der Lohndifferenz nachgefordert werden und dabei erstmals die Frage der Geltung des
Zufluss- oder Anspruchsprinzip auftaucht, muss die Klägerin die hierzu maßgebliche
Rechtslage und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, die für die
Geltung des Anspruchsprinzips sprechen, hinnehmen. Erstmals mit diesem Bescheid hat
die Klägerin nämlich von einer bestimmten Verwaltungspraxis erfahren.
Im Übrigen sei zum Vertrauensschutz noch auf folgendes hingewiesen: Wenn die Beklagte,
wie die Klägerin vorträgt, sich tatsächlich erst in den Jahren 1999/2000 mit der Thematik
der Beitragserhebung aus geschuldetem Arbeitsentgelt befasst hatte, kann eine vorherige
anderweitige Verwaltungspraxis, auf die die Klägerin hätte vertrauen können, nicht
bestanden haben. Selbst wenn es jedoch eine derartige Verwaltungspraxis gegeben haben
sollte, hätte sie nicht der geltenden Rechtslage entsprochen und wäre somit rechtswidrig
gewesen. Spätestens mit seiner Entscheidung vom 30.08.1994 (12 RK 59/92, BSGE 75,
61) hatte das Bundessozialgericht die Rechtslage zur Geltung des Anspruchsprinzips
klargestellt. Einen Vertrauensschutz in eine rechtswidrige, der höchstrichterlichen
Rechtsprechung widersprechende Verwaltungspraxis vermag der Senat nicht
anzuerkennen.
Die Klägerin ist zudem noch dahingehend zu berichtigen, dass sie entgegen ihrem Vortrag
lediglich im Rahmen der aufgezeigten Lohndifferenz Sozialversicherungsbeiträge nach zu
entrichten hat, nicht für den gesamten Lohn. Hierzu wird auf den Ausgangsbescheid der
Beklagten verwiesen sowie auf die Lohnabrechnung der Klägerin, aus der sich ergibt, dass
auf den gezahlten Lohn bereits Sozialversicherungsbeiträge erbracht worden sind.
Zuletzt ist klarzustellen, dass es der Beklagten nicht angelastet werden kann, dass die im
Rahmen der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) beteiligten staatlichen Stellen, zu denen
die Beklagte nicht gehörte, es unterlassen haben, auf tarifliche Mindestlohnbedingungen
hinzuweisen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) lagen nicht vor.