Urteil des LSG Saarland vom 25.04.2006

LSG Saarbrücken: angriff, körperliche integrität, urin, kov, taxifahrer, beweiserleichterung, entschädigung, klinikum, gewalt, lokal

LSG Saarbrücken Urteil vom 25.4.2006, L 5 VG 2/05
Gewaltopferentschädigung - vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff -
Beweiswürdigung - Beweislast - Beweiserleichterung - widersprüchliche Angaben zum
Tathergang
Leitsätze
Nach § 15 Satz 1 KOV - VfG sind die Angaben des Klägers, der behauptet, Opfer eines
Angriffs geworden zu sein, im Wege der freien Beweiswürdigungen zu berücksichtigen.
Sind die Angaben zum Tathergang aber nicht Widerspruchsfrei und damit nicht geeignet,
den von Ihm behaupteten Tathergang als einzig denkbaren zu belegen, geht dies zu Lasten
des Klägers. Dieser muss den Nachweis des schädigenden Ergebnis erbringen.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 28.
Januar 2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am Neujahrstag 1999 Opfer eines
vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden ist und ihm deshalb Leistungen
nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) in der Fassung
der Bekanntmachung vom 07. Januar 1985 (BGBl I, 1) zuletzt geändert durch Art. 1 des
Gesetzes zur Änderung des OEG und anderer Gesetze vom 06. Dezember 2000 (BGBl I,
1676) und durch Art. 10 Nr. 11 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der
Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern
und Ausländern ( Zuwanderungsgesetz ) vom 30. Juli 2004 (BGBl I, 1950) zu gewähren
sind.
Der am 12. Mai 1964 geborene Kläger leidet von Geburt an an Zwergwuchs, einem
Hydrozephalus und an einem Megaureter.
Im Dezember 1968 und im Oktober 1970 wurden beim Kläger Spitz-Holter-Ventile
implantiert. Der Kläger berichtete 1979 nach einem Sturz beim Schlittschuhlaufen über
eine stärke Visusminderung links.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1979 wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB)
von 80 festgestellt. Die Voraussetzungen für eine erhebliche Beeinträchtigung der
Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen „G“) gemäß Ziff. 30 der
Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und
nach dem Schwerbehindertenrecht, herausgegeben vom Bundesministerium für
Gesundheit und soziale Sicherung, jetziger Rechtsstand: 2004, (AHP), wurden bejaht.
Dabei ging der Beklagte von folgenden Behinderungen aus:
1. operierter Hydrozephalus;
2. Zwergwuchs;
3. O-Beinstellung; Wackelknie.
Auf einen Neufeststellungsantrag wegen Verschlimmerung seiner Leiden im Januar 1995
wurde der Leidenskatalog um die Behinderung „Sehminderung links“ erweitert; es blieb bei
dem festgestellten GdB und dem Merkzeichen „G“.
Auf einen weiteren Neufeststellungsantrag wegen Verschlimmerung seiner Leiden im Juli
1999 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Oktober 1999 einen GdB von 100 sowie
die Voraussetzungen der Merkzeichen „G“, Merkzeichen „B“ (Notwendigkeit ständiger
Begleitung gemäß Ziff. 32 AHP) und Merkzeichen „RF“ (Befreiung von der
Rundfunkgebührenpflicht gemäß Ziff. 33 AHP) fest. In den Leidenstenor nahm der Beklagte
nunmehr die Sehminderung beidseits auf.
Bereits Ende 1998, Anfang 1999 sind beim Kläger Kopfschmerzen und Sehstörungen
dokumentiert (vgl. Befundbericht des Dr. T., Internist, S., vom 19. August 1999).
Der Kläger war Verwaltungsfachangestellter beim Sozialamt der Stadt S.. Er bezieht von
der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
seit 01. Dezember 1999 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Bescheid vom 31.
Januar 2001).
In der Silvesternacht zum 01. Januar 1999 besuchte er das ihm nach eigenen Angaben
wohlbekannte Lokal „S.T.“ in der R. Straße in S.. Nach seinen eigenen Einlassungen verließ
er das Lokal gegen 4:30 Uhr. Er habe im Zeitraum zwischen 20:00 Uhr bis 4:00 Uhr
morgens Getränke und auch Speisen im Wert von 62,-- DM verzehrt. An alkoholischen
Getränken habe er 10 bis 20 Bier á 0,2 Liter und 6 Cocos zu sich genommen. Er habe sich
von der Wirtin, der Zeugin D., u.a. mit den Worten verabschiedet, ihr, der Zeugin, Mann
habe eine „Scheißmusik“ gemacht. Das Restgeld nach Begleichung der Rechnung habe er,
der Kläger, wieder in die vordere Hosentasche gesteckt. Er habe an diesem Abend eine
Armbanduhr, Marke J., Nr. 0., im Wert von 990.—DM mit schwarzem Zifferblatt und vier
Zahlen darauf abgebildet getragen, die er seit der Sylvesternacht vermisse. Nach dem
Verlassen des Lokals habe jemand auf ihn eingetreten und, während er am Boden gelegen
sei, mit Gewalt an seinem Arm gezogen. An weitere Einzelheiten erinnere er sich nicht
mehr.
Ein Taxifahrer, dessen Name nicht ermittelt werden konnte, informierte den Pförtner des
R.-Krankenhauses, den Zeugen H., darüber, eine am Boden liegende Person gefunden zu
haben. Nach einem Vermerk des Kriminaldienstes S. vom 23. Februar 1999 habe der
Taxifahrer, dessen Name nicht festgehalten worden sei, weder von einem Überfall noch
von anderen Personen gesprochen. Der Taxifahrer sei mit dem Zeugen T., Mitarbeiter der
M., verbunden worden. Der Kläger wurde sodann mit dem Rettungswagen in die Ambulanz
der C.-Klinik T., S., eingeliefert.
In einem Befundbericht der aufnehmenden Klinik vom 30. Mai 2000 ist dokumentiert, der
Kläger sei am 01. Januar 1999 in die Ambulanz eingeliefert worden, nachdem er zuvor
gefallen sei und sich hierbei den Kopf verletzt habe. Es zeige sich eine 1,5 cm lange
occipitale Kopfplatzwunde links sowie eine 0,5 cm große oberflächliche Kopfplatzwunde
rechts. Der Patient sei ansprechbar und orientiert, kein pathologischer Austritt aus Mund,
Nase, Augen und Ohren, grob neurologisch keine Ausfälle. Hinweise auf eine Alkoholisierung
fänden sich weder im Rettungsprotokoll noch in den Aufzeichnungen der Klinik. Der Patient
sei zur weiteren Behandlung zum Hausarzt geschickt worden.
Der Kläger begab sich am darauffolgenden Tag, nachdem er Blut im Urin entdeckt habe, in
das Klinikum S., Urologische Klinik. In dem Befundbericht vom 01. Januar 1999 wurden eine
Makrohämaturie, Zustand nach Kopfplatzwunde, Hydrozephalus und Zwergwuchs
diagnostiziert. Eine Blasenspiegelung, ein Cystogramm und ein Urethrogramm seien
notwendig. Eine stationäre Aufnahme habe der Kläger abgelehnt.
Am 04. Januar 1999 erstattete der Kläger Strafanzeige u. a. wegen Raubes. Das
Ermittlungsverfahren, Az. 35 UJs 5886/99 der Staatsanwaltschaft S. (StA) wurde nach §
170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) am 10. März 1999 eingestellt, da der Täter
unbekannt sei.
Am 02. März 1999 unterzog der Kläger sich einer Magnetresonanztomographie des
Schädels. Nach einem Befundbericht der Neurochirurgischen Klinik, Abteilung für allgemeine
Neurochirurgie der Universitätskliniken des Saarlandes, H., vom 07. April 1999 ergab eine
augenärztliche Untersuchung am rechten Auge alle Zeichen einer Stauungspapille mit
Prominenz, Randunschärfe und grau verwaschenen Randpapillen, Randblutung und
Venenstau. Gemäß Bericht der Universitätskliniken des Saarlandes, Neurochirurgische
Klinik, vom 29. April 1999 hielt sich der Kläger vom 09. April bis 29. April 1999 stationär in
der Klinik auf. Am 13. April 1999 wurde eine Spiegelberg III-Hirndruckmeßsonde mit
Durchführung eines intraoperativen dynamischen Infusionstestes implantiert. Am 14. April
1999 wurde ein programmierbares Codman-Hakim-Ventil mit Shuntassistent ventrikulo-
peritoneal rechts eingesetzt. Einem Befundbericht vom 22. Juli 1999 lässt sich entnehmen,
der Kläger fühle sich jetzt wohl, die Blutungen im Augenhintergrund hätten sich
zurückgebildet.
Der Kläger beantragte am 15. Februar 2000 die Gewährung von Beschädigtenversorgung
nach dem OEG. In seinem Antrag schilderte er zu dem Vorfall, der seiner Meinung nach der
Gesundheitsstörung zu Grunde liege, er habe gegen 4:30 Uhr das Lokal „S.T.“ verlassen
und nach Hause gehen wollen. Er habe sich noch ganz normal verabschiedet. Ab dann
fehle im jegliche Erinnerung. Einen Schädiger könne er nicht nennen. Als gesundheitliche
Schädigung machte der Kläger Verletzungen am Kopf, Prellungen am Körper und an den
Nieren, Sehstörungen nach Kopfverletzungen mit OP geltend.
Mit Bescheid vom 05. Februar 2001 wies der Beklagte den Antrag des Klägers zurück. Er
führte aus, zur Aufklärung des Sachverhalts sei die Ermittlungsakte der StA beigezogen
und ausgewertet worden. Daraus sei zu entnehmen, dass es für das angeschuldigte
Ereignis keine Zeugen gebe. Er, der Kläger, gebe an, bezüglich des konkreten Tathergangs
kein Erinnerungsvermögen mehr zu besitzen. Die StA habe das Ermittlungsverfahren
eingestellt. Im Hinblick auf die Abwägung der äußeren Tatumstände hätten drei von
einander unabhängige Situationen das Verletzungsbild verursachen können. Zum Einen
habe er, der Kläger, am Tattag erheblich dem Alkohol zugesprochen und könne ohne
Fremdeinwirkung gestürzt sein. Auch sei es möglich, dass es bei kongenitalem
Hydrozephalus zu einem Shuntversagen gekommen sei, in Folge dessen er gestürzt sein
könne. Die dritte Möglichkeit könne auch ein Überfall gewesen sein. Welcher der drei von
einander unabhängigen Abläufe hier nun der tatsächliche sei, könne, da keine Tatzeugen
den Ablauf beobachtet hätten, nicht geklärt werden. Damit sei ein vorsätzlicher
rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG nicht erwiesen. Dieses
schädigende Ereignisses müsse aber nachgewiesen sein. Das sei hier nicht möglich, was zu
seinen, des Klägers, Lasten gehe.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 20. März 2001, mit welchem er
geltend machte, er habe Alkohol getrunken, sei aber keinesfalls alkoholisiert gewesen. Er
habe bei der Wirtin der Gaststätte noch seine Zeche bezahlt und sich verabschiedet. In
Höhe der Post in Richtung L Straße sei es dann zu einem Vorfall gekommen, der bedingt
habe, dass er eine Amnesie erlitten habe und zwar für die Zeit direkt vor diesem Vorfall
und für die Stunden danach. Er müsse für Stunden bewusstlos gewesen sein. Er sei erst
am Morgen, mitten auf der Straße liegend erwacht. Er habe zwei Löcher im Kopf gehabt,
die im R.-Krankenhaus medizinisch versorgt und genäht werden mussten. Am Vormittag
des 01. Januar 1999 habe er Blut im Urin gefunden. Dadurch habe er festgestellt, dass er
einen starken Schlag auf seine Nieren erlitten habe. Rund um die Bauchgegend und in der
Seitengegend habe er überall großflächig blau-schwarze Hämatome festgestellt. Er habe in
der Folgezeit unter starken Schmerzen gelitten. Die Verfärbungen, Blutergüsse und
Prellungen am rechten Oberarm seien zwei Wochen sichtbar gewesen. Außerdem sei ihm
seine Uhr abhanden gekommen. Diese habe über einen besonderen Verschluss verfügt,
der nicht ohne weiteres zu öffnen gewesen sei. Er, der Kläger, habe deshalb direkt auf
dem Unterarm an der Innenseite einen starken Abdruck von eben diesem Verschluss
gehabt. Hier sei es auch zu einem Hämatom gekommen. Offensichtlich müsse er, der
Kläger, sich gegen das Entwenden der Uhr zur Wehr gesetzt haben. Er müsse von
jemanden festgehalten worden sein, sodass der Abdruck und das hieraus resultierende
Hämatom entstanden seien. Es seien auch vorne auf der Stirn und an der rechten
Augenbraue starke Hautabschürfungen und in der Mitte direkt über der Stirn ein starker
Abdruck vorhanden gewesen. Beim Erwachen habe er in seinem Mund Schotter
vorgefunden. Seine Zähne seien erheblich beschädigt gewesen und hätten komplett
saniert werden müssen. Diese Verletzungen seien insgesamt auf massive Einwirkungen
von Dritten in Form von Schlägen, eventuell auch mit Einsatz von gefährlichen Werkzeugen,
zurückzuführen. Das Abhandenkommen der Uhr erkläre nur ein Raub, nicht ein Sturz.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2001 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Beklagte führte dazu aus, die bloße Möglichkeit eines Überfalls reiche nicht zur
Anspruchsbegründung einer Entschädigung nach dem OEG aus. Deshalb sei die Versagung
der von ihm beantragen Leistungen zu Recht erfolgt.
Hiergegen hat sich die Klage vom 18. Juni 2001, am selben Tag beim Sozialgericht für das
Saarland (SG) eingegangen, gerichtet.
Der Kläger hat vorgetragen:
Durch die Verletzungen in der Silvesternacht sei es zu Sehstörungen gekommen. Er habe
unvermittelt und öfters am Tag für fünf Sekunden überhaupt nichts mehr sehen können. Er
habe sich deshalb Operationen unterziehen müssen. Seine Sehfähigkeit habe sich von 80
auf 25 % vermindert. Dadurch habe er auch seinen Beruf nicht mehr ausüben können.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des behandelnden
Arztes DT. vom 04. Mai und 29. September 2004 sowie durch Einholung eines
fachärztlichen Gutachtens des Prof. Dr. S.T., geschäftsführender Direktor der
Neurochirurgischen Klinik der Universitätskliniken des Saarlandes, H., vom 02. September
2003, das durch die Stellungnahme vom 20. Juli 2004 ergänzt worden ist.
Mit Urteil vom 28. Januar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Angriff im Sinne des
§ 1 Abs. 1 OEG, so die Begründung des SG, sei nicht bewiesen. Zeugen des Vorganges
gebe es nicht. Ein Täter habe nicht ermittelt werden können. Der Kläger könne aus dem
Umstand, dass er eine Amnesie erlitten habe, keine Beweiserleichterung herleiten. Nach
einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Juni 2000 komme dem, der zu dem
geltend gemachten Schädigungstatbestand überhaupt keine oder keine Angaben aus
eigenem Wissen machen könne, keine Beweiserleichterung zu. Es sei demnach der
Vollbeweis erforderlich. Dieser sei nicht geführt.
Es sei zwar richtig, dass die Verletzungen - wie auch DT. attestiert habe -, verschiedene,
teilweise diametral entgegengesetzte Körperregionen beträfen. Dieser Umstand sei durch
einen einfachen Sturz nicht erklärbar. Auch seien beim Kläger die Nieren betroffen, sodass
ein erheblicher Aufprall stattgefunden haben müsse. Alle diese Umständen sprächen für
eine Einwirkung Dritter. Diese allein sei jedoch nicht ausreichend für den objektiven
Tatbestand des § 1 Abs. 1 OEG. Eine selbst grob fahrlässige Verursachung falle aus dem
Schutzbereich der Norm heraus. Es bestehe immer noch die Möglichkeit der Verletzung
des Klägers durch einen Verkehrsunfall. Angesichts des Zeitpunktes des Vorfalles könne
auch ein völlig unkontrolliertes Verhalten eines Volltrunkenen nicht ausgeschlossen werden.
Es stünden deshalb mehrere Möglichkeiten der Verursachung gleichwertig im Raum. Aus
dem Gutachten und der Stellungnahme des Prof. Dr. S.T. hätten sich keine Anhaltspunkte
ergeben, in welcher Weise die Verletzungen verursacht worden seien. Die Klage sei deshalb
abzuweisen.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 21. Februar 2005 zugestellt worden ist, hat
dieser mit Schriftsatz vom 21. März 2005, am selben Tag beim Landessozialgericht für
das Saarland (LSG) eingegangen, Berufung eingelegt.
Der Kläger hat weiter vorgetragen, er habe das Lokal um 4:20 Uhr verlassen, um zu Fuß
nach Hause gehen zu wollen. Im Krankenhaus sei er schon gegen 4:30 Uhr angekommen.
Er habe also nicht lange an der Straßenseite gelegen. Außer dem Bier habe er sechs Cocos
getrunken; dies sei eine ungefähre Angabe; bei den Cocos handele es sich um ein Getränk,
das in 0,2 l oder 0,1 l Gläsern, jedenfalls in kleineren Gläsern als Biergläser, ausgegeben
werde; er habe diese Getränke über einen Zeitraum von ungefähr 8 Stunden zu sich
genommen. Das sei für ihn und seine Konstitution nichts Außergewöhnliches.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf den Vorhalt, es seien von ihm
verschiedene Angaben über den Vorgang gemacht worden, erklärt, er wisse noch, dass er
auf dem Bürgersteig in roter Brasche gelegen habe; die sei heute nicht mehr dort; er habe
die rote Brasche zwischen den Zähnen gehabt und habe sich später auch an einem Zahn
behandeln lassen müssen. Er erinnere sich auch noch daran, dass er von den Sanitätern in
ein Rettungsfahrzeug gehoben worden sei und dass er in der C. kurz mit jemanden
gesprochen und erklärt habe, er bleibe nicht dort. Ob er gesagt habe, er sei überfallen
worden, wisse er nicht mehr. Seine letzte Erinnerung aus der Zeit vor diesem Vorgang sei
die, dass er aus der Wirtschaft hinausgegangen und um die Kurve von der R. Straße zur L
Straße gegangen sei. In der C. habe er nach einem Taxi gefragt und sei von dem
Taxifahrer mehr oder weniger zu seiner Wohnung hochgedrückt worden. Er habe bei
seinen Eltern angerufen. Seine Mutter habe, nachdem sie erfahren habe, dass bei ihm,
dem Kläger, Blut im Urin aufgetreten sei, gesagt, die Sache könne man nicht auf sich
beruhen lassen. Seine Eltern hätten Besuch gehabt. Sein Vater sei dann gekommen und
habe ihn zum W. gefahren.
Von dort habe sein Vater ihn nach S.G. gebracht, wo die Zeugen F. zu Besuch gewesen
seien. Diese und seine Mutter hätten sich dann dort an Ort und Stelle seine Verletzungen
angesehen. Der Zeuge S.A., ein guter Freund, sei ein oder zwei Tage später in seine
Wohnung gekommen und habe sich dort seine Verletzungen angeschaut.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 28. Januar 2005 sowie
den Bescheid des Beklagten vom 05. Februar 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2001 aufzuheben,
2. festzustellen, dass die Verschlimmerung der Sehstörung beidseits Folge eines
vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine, des Klägers, Person
am 01. Januar 1999 war, und
3. den Beklagten zu verurteilen, ihm, dem Kläger, auf Grund dieses Vorfalls
Versorgungsleistungen nach dem OEG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt überdies vor, nach § 1
Abs. 1 OEG sei dieses Gesetz nicht anzuwenden auf Schäden aus einem tätlichen Angriff,
die von dem Angreifer durch den Gebrauch eines Kfz oder eines Anhängers verursacht
worden seien.
Der Senat hat bei der M. schriftlich angefragt, wer am 01. Januar 1999 im
Rettungswageneinsatz tätig war. Wegen des Ergebnisses der Anfrage wird auf das
Schreiben der M. vom 05. Dezember 2005 Bezug genommen.
Die C.-Klinik S. und die M. sind um Vorlage des Rettungsprotokolls gebeten worden. Die M.
hat eine Abschrift des Rettungsprotokolls mit Schreiben vom 05. April 2005 eingereicht.
Die C.-Klinik und das Klinikum S. - Urologie - sind außerdem dazu angefragt worden, ob
dokumentiert sei, was der Kläger zu der Ursache der Verletzungen äußerte. Das Klinikum
S. - Urologie - hat in Beantwortung dieser Anfrage eine Abschrift der Ambulanzkarte des
Klägers gesandt.
Die C. T. hat mit Schreiben vom 11. April 2006 mitgeteilt, es lägen keine weiteren
Unterlagen vor.
Der Senat hat auszugsweise Abschriften der von Dr. F.E., Augenarzt, S., überlassenen
Patientenakte gefertigt.
Die Strafakte 35 UJs 5886/99 der StA, die Schwerbehindertenakte sowie die
Verwaltungsakte der BfA mit dem Aktenzeichen 57 120564 B 016 sind beigezogen
worden.
Der Senat hat Beweis erhoben zu dem Zustand des Klägers in der Sylvesternacht 1999
durch Vernehmung der Zeugen G. H., S.S., M.K. und A. D.
sowie zu den Verletzungen des Klägers am Neujahrstag 1999 durch Vernehmung der
Zeugen B.B. und T. S.A..
Auf die Vernehmung der Zeugen F. ist verzichtet worden.
Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens des Unfallchirurgen R.S., Sozialmedizinischer Dienst der B.,
S., der bei der Anhörung des Klägers und bei der Vernehmung der Zeugen zugegen war,
zu der Frage, ob die Verletzungen des Klägers auf einen rechtswidrigen, vorsätzlichen und
tätlichen Angriff eines Dritten oder Dritter zurückzuführen sind.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der angeforderten
Schreiben und Unterlagen und auf das Sitzungsprotokoll vom 25. April 2006 Bezug
genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte
des Beklagten mit der Nummer 34/00 und auf die oben genannten Beiakten Bezug
genommen. Die Beiakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das SG hat in seinem Urteil vom 28. Januar 2005 die Klage gegen den Bescheid vom 05.
Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2001 zu Recht
abgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nicht erfüllt sind.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält der, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf
einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen
tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige
Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und
wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der
Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Nach Anhörung des Klägers und Durchführung der Beweisaufnahme konnte sich der Senat
keine Überzeugung dahingehend bilden, dass der Kläger in Folge eines vorsätzlichen,
rechtswidrigen tätlichen Angriffs eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
Der Anspruch setzt unter anderem einen tätlichen Angriff voraus. Darunter versteht man
das gewaltsame Vorgehen gegen eine Person in feindseliger Absicht (vgl. zur Problematik:
Kunz/Zellner, OEG, Kommentar, 4. Auflage, § 1 OEG, Rdnr. 10; BSG in seiner amtlichen
Sammlung, BSGE, Band 59, Seite 46 ff). Gefordert wird eine unmittelbar auf die
körperliche Integrität eines anderen abzielende feindliche Aktion.
Ein solcher Angriff ist nicht feststellbar, was zu Lasten des Klägers geht.
Vorliegend kennt der Kläger den möglichen Täter nicht. Die Ermittlungen der StA dazu
blieben erfolglos, das Verfahren ist gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Tatzeugen
vermochte der Kläger nicht zu nennen.
Wie das SG richtig ausgeführt hat, ist für einen Anspruch nach § 1 OEG der Nachweis des
schädigenden Vorganges erforderlich. Das SG hat daraus gefolgert, der nicht geführte
Beweis gehe zu Lasten des Klägers. Richtig ist, dass auch auf dem Gebiet der
Entschädigung von Opfern von Gewalttaten der schädigende Vorgang nicht nur
wahrscheinlich, sondern nachgewiesen sein muss. Falls es daran fehlt, geht dies zu Lasten
des Klägers (objektive Beweis- und Feststellungslast). Die Tatsache, dass ein Täter nicht
ermittelt werden kann, rechtfertigt keine generelle Beweiserleichterung, etwa durch den
Anscheinsbeweis oder durch geringere Anforderungen an die Beweiskraft. Der Gesetzgeber
hat aber den Beweisschwierigkeiten, die typischerweise in der sozialen Entschädigung
vorkommen, durch begrenzte Regeln zu Gunsten des Geschädigten entsprochen. Das hat
das SG nicht hinreichend berücksichtigt.
Nach § 6 Abs. 3 OEG sind das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der
Kriegsopferversorgung (KOV-VfG vom 02. Mai 1955 ) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 06. Mai 1976 (BGBl I, 1169), geändert durch Art. 49 des Neunten
Buchs des Sozialgesetzbuchs – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -
X> - vom 19. Juni 2001( BGBL I, 1046) mit Ausnahme der §§ 3 bis 5 sowie die
Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über das Vorverfahren anzuwenden.
Nach § 15 Satz 1 KOV-VfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der
Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entschädigung zu
Grunde zulegen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne
Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind, soweit
nach den Umständen des Falles die Angaben glaubhaft erscheinen.
Die Beweisnot, in der sich häufig Kriegsopfer befinden, trifft neuerdings auch auf
Gewaltopfer zu, wenn auch in anderer Form. Dies beruht im wesentlichen darauf, dass die
Tat ohne Zeugen geschehen und sich der Täter der Feststellung entziehen kann. Mit der
Verweisung in § 6 Abs. 3 OEG auf das KOV-VfG hat der Gesetzgeber dieser Beweisnot
Rechnung tragen wollen. Die Beweiserleichterung des § 15 KOV-VfG gilt aber nicht nur im
Verwaltungsverfahren, sondern auch im gerichtlichen Verfahren (vgl. zur Problematik: BSG,
Urteil vom 31. Mai 1989, Az. 9 RVg 3/89).
Die somit im Wege der freien Beweiswürdigung gemäß § 128 SGG zu würdigenden
Angaben des Klägers sind nicht geeignet, die Behauptung des Klägers, er könne nur Opfer
eines Angriffs geworden sein, zu belegen.
Denn seine Schilderungen differieren sowohl zu dem möglichen Tathergang als auch zu den
erlittenen Verletzungen.
Bezüglich des Tathergangs hat der Kläger bei seiner polizeilichen Vernehmung am 21.
Januar 1999 auf die Frage, ob auf ihn eingetreten oder eingeschlagen worden sei,
geantwortet, er könne dies nicht genau sagen. Er wisse nur noch, dass ihm auf irgendeine
Art und Weise Gewalt angetan worden sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er unter Vorhalt dessen seine Aussage
insoweit relativiert, im Unterbewusstsein gespürt zu haben, dass gewaltsam auf ihn
eingewirkt worden sei. Unterbewusst habe er auch gespürt, dass irgendwas mit dem Arm
gemacht worden sei.
In seinem Antrag vom 15. Februar 2000 auf Gewährung von Leistungen nach dem OEG
hat er daran, von einer Gewalteinwirkung von dritter Seite etwas bemerkt zu haben, nicht
festgehalten. Er hat nur dargetan, sofort in Bewusstlosigkeit gefallen zu sein. Sein
Vorbringen im Vorverfahren weicht davon wiederum ab. Dort trägt er vor, direkt vor dem
Vorfall und für Stunden danach bewusstlos gewesen zu sein. Er sei am morgen, mitten auf
der Straße liegend, gefunden worden. Er habe überdies an dem Arm, an dem er seine Uhr
getragen habe, ein Hämatom gehabt, das von dem schwer zu öffnenden Verschluss der
Uhr herrühre. Er müsse also von jemanden festgehalten worden sein.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger, auf diese Widersprüche
angesprochen, erklärt, er wisse noch, dass er auf dem Bürgersteig, also nicht mitten auf
der Straße, in roter Brasche gelegen habe. Er habe die rote Brasche zwischen den Zähnen
gehabt und sich später auch an einem Zahn behandeln lassen müssen, wovon er
wiederum bei seiner polizeilichen Vernehmung
nichts gesagt hat. Dort gibt er nur an, Dreck im Gesicht gehabt zu haben. Auch in seinem
streitgegenständlichen Antrag macht er weder hierzu noch zu der notwendig gewordenen
Zahnbehandlung Angaben.
Dass sich der Kläger in der T. Klinik oder in dem Klinikum S. zu dem Tathergang geäußert
hat, ist nicht dokumentiert.
Zu den Verletzungen befragt, hat der Kläger bei der Polizei angegeben, er habe zwei
Löcher im Kopf gehabt, welche genäht werden mussten. Zudem habe er eine
Nierenprellung, Prellungen an den Oberschenkeln und im Rückenbereich erlitten sowie Blut
im Urin vorgefunden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger erklärt, er habe zwei Löcher am
Hinterkopf sowie, was er zuvor nicht erwähnt, Schürfwunden an der Stirn erlitten. Die
Hämatome, die er von dem Vorfall davongetragen haben will, hätten sich auf dem
gesamten Körper, von den Knien bis unter den Rippenbogen, erstreckt. Des Weiteren habe
er Hämatome am linken Unterarm gehabt. Hinzu kämen die Verletzungen an den Zähnen.
In seinem Antrag vom 15. Februar 2000 berichtete er dann erstmals von Sehstörungen,
von denen er zuvor nichts bekundet hat.
Diese vom Kläger geschilderten, in sich nicht übereinstimmenden Verletzungsbilder stehen
auch nicht in Einklang mit den Befundberichten der C. T. vom 30. Mai 2000 und des
Klinikums S. vom 01. Januar 1999.
In dem Befundbericht der C. T. ist eine occipital 1,5 cm lange Kopfplatzwunde links sowie
eine 0,5 cm große oberflächliche Kopfplatzwunde rechts dokumentiert. Prellungen am
Körper sind nicht festgehalten, was angesichts des vom Kläger geschilderten Ausmaßes
der Prellungen ungewöhnlich ist.
In dem Befundbericht des Klinikums S. vom 01. Januar 1999 ist auch nur von einer
Makrohämaturie und einem Zustand nach Kopfplatzwunde als Verletzungsbild die Rede.
Die viel differenzierter wiedergegebenen Verletzungen, die sich aus dem Befundbericht des
DT. ergeben, finden sich dort nicht.
DT. hat in seinem Befundbericht vom 04. Mai 2004 die Platzwunde rechts am Schädel
durch Naht versorgt, bogenförmig, etwa 1,5 cm lang, beschrieben sowie eine Schwellung
und verschorfte Wunde auch links occipital, Schürfwunde rechts lateral und medial über der
Augenbraue. Er hat flächenhafte Suffusionen handtellergroß an beiden Oberarmen dorsal,
eine Suffusion im Bereich der linken Flanke von 2,0 cm und des linken Thorax hintere
Axillarlinie von 2,0 cm sowie eine Suffusion und massive Ergussbildung rechtes
Knie/Oberschenkel etwa 20,0 bis 15,0 cm und Außenseite der linken Wade mit Schwellung
und deutlicher Druckschmerzhaftigkeit beschrieben.
Dieses am differenziertesten dokumentierte Verletzungsbild wird indes durch die
Bekundungen der Zeugen B.B. und S.A. nicht bestätigt.
Der Zeuge S.A. bekundet eine blau verfärbte Stelle im Bereich der rechten Niere, nicht wie
von DT. attestiert im Bereich der linken Niere. Weiterhin seien Blutergüsse im Bereich des
rechten Oberschenkels vorhanden gewesen, von denen der Zeuge nicht sagen konnte, ob
sie auf der Rück- oder Vorderseite stärker ausgeprägt waren. An Verletzungen im Bereich
der linken Körperhälfte konnte er sich nicht mehr erinnern. Er bestätigte eine Verletzung im
Stirnbereich. Von der aber schon durch Nähen versorgten Hinterkopfplatzwunde, die auf
Grund der Rasur und der Größe sicher auffällig war, bekundet er nichts. Die Verletzung im
Bereich der Niere beschreibt der Zeuge als größer als ein Handteller und großflächig, nicht
klein und streifig. Auf Vorhalt, dass nach dem Befundbericht des DT. von einer Suffusion im
Bereich der linken Niere die Rede war, relativiert der Zeuge seine Aussage dahingehend,
sich nicht mehr festlegen zu können. Er hat sodann bekundet, die Verletzungen im Bereich
der Niere seien in jedem Fall auf der Seite, auf der die stärkeren Verletzungen am
Oberschenkel gewesen seien. Am anderen Oberschenkel seien aber auch Verletzungen
sichtbar gewesen. Das stimmt wiederum mit den Dokumentationen des DT. nicht überein,
weil die stärkeren Verletzungen am rechten Knie und Oberschenkel in einem Ausmaß von
20,0 bis 15,0 cm vorhanden gewesen seien, während die Verletzung im Bereich der Niere
auf der linken Seite waren. Das vom Kläger behauptete Hämatom am linken Unterarm
konnte der Zeuge ebenfalls nicht bestätigen, er hat in diesem Bereich nur Schürf- und
Kratzwunden festgestellt.
Die Zeugin B.B. hat Schürfwunden auf der Stirn, eine Verletzung am Hinterkopf und eine
weitere, bereits genähte Verletzung auch am Hinterkopf bestätigen können. Nach ihren
Bekundungen waren aber das Gesäß auf der rechten Seite ebenso wie der rechte
Oberschenkel und die rechte Wade blau verfärbt, was wiederum von den Dokumentationen
des DT. abweicht. Danach war eine Suffusion insbesondere im Bereich der linken Flanke
und des linken Thorax zu sehen, während die stärkere Verletzung am rechten
Knieoberschenkel vorhanden und die linke Wade, nicht - wie von der Zeugin bekundet - die
rechte Wade, verletzt war. Die Zeugin berichtete im Gegensatz zu dem Zeugen S.A.
zuletzt von einem Hämatom an der Innenseite des linken Unterarms oberhalb vom
Handgelenk. Auf Vorhalt, wo genau die Verletzung im Bereich des Rückens gewesen ist,
berief sich die Zeugin auf ein schlechtes Erinnerungsvermögen. Sie relativiert ihre Aussage
dahingehend, der Rücken sei blau gewesen, sie wisse aber nicht mehr genau, wo.
Die Zeugen S.S. und T., die den Kläger aufgefunden haben, konnten nichts Ergiebiges zu
dem Verletzungsbild bekunden. Der Zeuge S.S. erinnert sich nur noch an die Platzwunde
am Hinterkopf, aus der er geschlossen hat, der Kläger sei nach hinten gefallen. Er konnte
sich nicht mehr daran erinnern, ob er den Kläger auf dem Bauch oder Rücken liegend
gefunden hat. An Schürfwunden im Gesicht konnte er sich nicht erinnern.
Der Zeuge T. konnte zum Verletzungsbild nichts mehr sagen.
Der Zeuge H. selbst hat den Kläger nie gesehen und konnte aus dem Inhalt des Gesprächs
mit dem Taxifahrer, dessen Namen nicht ermittelt werden konnte, nichts dazu beitragen,
was gegebenenfalls Ursache der Verletzungen des Klägers gewesen sein kann.
Der Sachverständige R.S., der bei der Vernehmung der Zeugen und der Anhörung des
Klägers zugegen war, hat nach den Befundberichten, den Unterlagen der Kliniken und den
Vernehmungen des Zeugen auch kein klares Verletzungsbild beschreiben können, das
zwingend den Schluss auf einen Angriff auf den Kläger zulässt.
Nach seiner Meinung fehle es schon an einer Lokalisation der einzelnen Schäden.
Außerdem weiche die Größe der Verletzungen von einander ab. Auffällig sei insbesondere,
dass DT. von einem großflächigen Bluterguss im Bereich einer Niere nichts berichte, dass
aber ein Schadensbild, bei dem Blut im Urin auftrete, nur durch massive äußere Gewalt
herbeigeführt werden könne. DT. beschreibe lediglich eine kleine Verletzung, die er drei bis
vier Tage nach dem Vorfall festgestellt habe, die bis dahin eigentlich durch eine Einblutung
in der Haut hätte größer ausfallen müssen. So gesehen sei auch offen, ob wirklich Blut im
Urin gewesen sei, weil sich Urin je nach Nahrungszufuhr gegebenenfalls auch in einer
solchen Weise verfärben könne. Auffällig sei des Weiteren, dass bei der Untersuchung in
der W. festgehalten worden sei, eine Schmerzhaftigkeit der beiden Nierenlager sei nicht
vorhanden gewesen. So könne man sagen, dass die Verletzungen des Klägers von einem
einzigen Sturz nicht herrühren könnten, allenfalls könnten mehrere Stürze zu diesen
Verletzungen geführt haben. Dass massive äußere Gewalt auf den Kläger eingewirkt haben
müsse, die durch Stürze oder auch durch Schläge oder jedenfalls durch den Anprall etwa
an eine Mauer realisiert sein könnte, sei nicht zwingend. Das Schadensbild, so diffus es
auch sei, sei auch erklärbar durch einen Verkehrsunfall, wobei insbesondere der große
Bluterguss am rechten Oberschenkel angesichts der Kleinwüchsigkeit des Klägers ein Indiz
für den Anstoß an eine Stoßstange sein könne. Auf jeden Fall könne aus den Verletzungen
nicht zwingend abgeleitet werden, dass der Kläger überfallen, geschlagen oder getreten
worden sei.
Nach diesen überzeugenden und plausiblen Ausführungen des Sachverständigen konnte
sich der Senat keine Überzeugung dahingehend bilden, dass das Verletzungsbild nur den
Schluss zulässt, der Kläger sei Opfer eines Angriffs geworden. Genau so möglich ist es,
dass der Kläger Opfer eines Verkehrsunfalls, gegebenenfalls mit Fahrerflucht, geworden ist,
was seinerseits keinen Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG darstellt.
Denkbar ist auch, dass der Kläger gestürzt war und ihm die Uhr, deren Verlust er beklagt,
entwendet wurde. Letztlich waren die Angaben des Klägers, die nach § 15 KOV-VfG zu
würdigen waren, nicht geeignet, einen Angriff als einzig denkbaren Geschehensablauf zu
belegen.
Da somit dem Kläger der Nachweis eines schädigenden Ereignisses nicht gelungen ist, hat
das SG die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb auch die Berufung zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.