Urteil des LSG Saarland vom 29.01.2004

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LSG Saarbrücken Urteil vom 29.1.2004, L 1 RA 22/00
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der pädagogischen oder künstlerischen
Intelligenz - Klubleiterin - künstlerische Leiterin des Kulturhauses eines VEB bzw Kombinats
Leitsätze
Zur Frage ob eine Klubleiterin, bzw. künstlerische Leiterin in einem VEB bzw. Kombinat
Angehörige der pädagogischen oder künstlerischen Intelligenz in der ehemaligen DDR war
und ihr diese Zeiten als Zusatzversorgungszeiten rentenrechtlich anerkannt werden
können.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland
vom 19.06.2000 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die von der Beklagten eine Erwerbsunfähigkeitsrente erhält, begehrt wegen
ihrer beruflichen Tätigkeiten in der ehemaligen DDR zum einen die Anerkennung von Zeiten
im Zusatzversorgungssystem für "Angehörige der künstlerischen bzw. pädagogischen
Intelligenz" und zum anderen die Anpassung der der Rentenberechnung zu Grunde
gelegten Arbeitsentgelte an das Niveau der alten Bundesländer.
Die Klägerin wurde im Jahre 1948 in der ehemaligen DDR geboren. Von 1968 bis 1969
arbeitete sie als Sekretärin des Stadtrates für Kultur in C., von 1970 bis 1973 als
Referentin für Veranstaltungswesen in C. Nach einem berufsbegleitenden Fernstudium von
1971 bis 1975 erreichte sie am 10.07.1975 den Abschluss als staatlich geprüfte
Klubleiterin. Von April 1973 bis 1975 war sie zunächst für fünf Monate als Erzieherin im
Internat der Kinder- und Jugendsportschule des Bezirkes C. und anschließend an der 13.
Oberschule in C. tätig. Von Juli 1975 arbeitete sie bis Juli 1979 als künstlerische Leiterin des
Kulturhauses des volkseigenen Betriebs (VEB) Textilkombinat C. Einen Arbeitsvertrag als
Leiterin eines Wohngebietklubs beim Rat der Stadt C., Abteilung Kultur, hatte sie von Juli
1979 bis Juli 1980. Schließlich arbeitete sie von Juli 1980 bis November 1983 als Leiterin
für Veranstaltungswesen bei dem volkseigenen Einzelhandelsbetrieb (VE) Gaststätten- und
Hotelorganisation in C. Eigenen Angaben zufolge hat sie für den Zeitraum 1.1.1977 bis
15.11.1989 eine freiwillige Zusatzversicherung abgeschlossen.
Auf Antrag der Klägerin erließ die Beklagte als Versorgungsträger für die
Zusatzversorgungssysteme am 12.11.1997 einen Bescheid über die Überführung der
Ansprüche und Anwartschaften aus der Zusatzversorgung der DDR in die gesetzliche
Rentenversicherung. In diesem Bescheid wurden lediglich die Zeiten vom 01.02.1968 bis
31.03.1973 als Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für
hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats gemäß § 1 des Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) iVm. Anlage 1 Nr. 19 anerkannt. Als
Rentenversicherungsträger gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 21.11.1997 der
Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von monatlich DM 1.538,33 ab
01.03.1997, zunächst befristet bis 31.03.1999; durch Bescheid vom 25.06.1999 auf
Dauer.
Gegen den Bescheid vom 21.11.1997 legte die Klägerin am 16.12.1997 Widerspruch ein.
Im Wesentlichen führte sie aus, sie fühle sich wegen der Höhe der Rente benachteiligt, weil
sie in der DDR in leitenden Positionen tätig gewesen sei. Die Einkünfte dort seien zwar
niedrig gewesen. Für die Rentenberechnung würden aber zu geringe durchschnittliche
Vergleichswerte herangezogen. Im Übrigen habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass sie
- die Klägerin - während ihres Fernstudiums berufstätig gewesen sei.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 10.08.1999 mit, für die Zeit von
Februar 1968 bis März 1973 richte sich ihr Widerspruch gegen die nach § 8 Abs. 2 und 3
des AAÜG übernommenen Entgelte. Sie - die Beklagte - sei als Rentenversicherungsträger
nach § 8 Abs. 5 Satz 2 AAÜG aber an den sog. Überführungsbescheid des
Versorgungsträgers gebunden und werte daher das Widerspruchsschreiben als
Überprüfungsantrag des Bescheids vom 12.11.1997 nach § 44 des Zehnten Buchs
Sozialgesetzbuch (SGB X), den sie an ihren Versorgungsträger, das Dezernat 2020,
weiterleite. Für die Jahre 1974 bis 1989 habe man die Arbeitsverdienste aus dem
Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) übernommen. Nach § 256 a Abs. 1 des
Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) würden nach dem dort genannten Verfahren
Entgeltpunkte ermittelt. Dies habe sie - die Beklagte - getan, wobei ihr kein Spielraum für
eine Entscheidung außerhalb der gesetzlichen Vorgaben verblieben sei. Nach § 252 a Abs.
1 Satz 3 SGB VI seien Zeiten eines Fernstudiums keine Anrechnungszeiten wegen
schulischer Ausbildung, denn das Studium sei neben einer versicherungspflichtigen Tätigkeit
ausgeübt worden. Die Schulzeit bis 1964 habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Die
entsprechende Eintragung im SV-Ausweis sei nicht ausreichend, da diese auf eigenen
Angaben der Klägerin basiere.
Unter Bezugnahme auf das Schreiben der Klägerin vom 16.12.1997 und den
Überführungsbescheid vom 12.11.1997 erließ die Beklagte unter dem Datum des
26.07.1999 einen Bescheid, mit dem sie das Änderungsbegehren der Klägerin ablehnte.
Nach § 44 SGB X sei eine Rücknahme möglich, hier aber nicht geboten, weil der Bescheid
vom 12.11.1997 nicht rechtswidrig gewesen sei. Für die Zeiten Februar 1968 bis März
1973 sei das real erzielte Bruttoarbeitsentgelt aus Beschäftigung nach §§ 14, 15 des
Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) in voller Höhe berücksichtigt worden. Weitere
Zusatzversorgungszeiten von 1973 bis 1975 seien nicht nachgewiesen. Als Angehörige der
pädagogisch tätigen Intelligenz hätten nach der Versorgungsordnung der DDR nur Lehrer
und Erzieher gegolten, wenn sie eine staatlich anerkannte abgeschlossene pädagogische
Ausbildung besessen hätten und hauptamtlich tätig gewesen seien. Dies sei bei der
Klägerin nicht der Fall gewesen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 03.08.1999 unter Hinweis auf § 259 b Abs. 2 SGB VI
Widerspruch. Sie habe - so die Klägerin - eine solche freiwillige Zusatzversicherung für den
Staatsapparat der DDR abgeschlossen. Eine Abschrift aus dem Fachschularchiv belege,
dass sie Angehörige der pädagogischen bzw. kulturellen-künstlerischen Intelligenz gewesen
sei, da sie eine staatliche anerkannte pädagogische Ausbildung abgeschlossen habe und
hauptamtlich tätig gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.12.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Für
die Zeit von Februar 1968 bis März 1973 - so die Beklagte - sei die Zugehörigkeit zur
freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats
der DDR bereits durch Bescheid vom 12.11.1997 festgestellt worden. Das
Zusatzversorgungssystem sei am 01.03.1971 eingeführt worden; damit seien Vorzeiten
im Sinne von § 5 Abs. 2 AAÜG die Zeiten von Februar 1968 bis Februar 1971. Für
September 1973 bis Juni 1975 könnten die Versicherungszeiten der Klägerin als Erzieherin
und Angehörige der pädagogischen Intelligenz nicht anerkannt werden, da die
Voraussetzungen nach Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG nicht erfüllt seien. Zur
pädagogischen Intelligenz gehörten nur ausgebildete Lehrer und Erzieher in hauptamtlicher
Tätigkeit. Die Ausbildung zum Klubleiter falle nicht hierunter. Von Juli 1979 bis Juli 1980
habe nicht zwingend die erneute Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem bestanden.
Vielmehr hätte die Klägerin eine Beitrittserklärung abgeben müssen. Ohne diese sei eine
Versorgungsberechtigung nicht möglich gewesen. Die Klägerin habe diesbezüglich nichts
vorgelegt. Als künstlerische Leiterin des Kulturhauses des VEB Textilkombinats habe sie
keine Tätigkeit ausgeübt, die zur Einbeziehung in die Altersversorgung der künstlerischen
Intelligenz nach Nr. 4 der Anlage 1 AAÜG berechtigt hätte. Eine Einbeziehung in diese
Altersversorgung sei über diese Fälle hinaus nur aufgrund einer Einzelentscheidung möglich
gewesen, die hier nicht nachgewiesen sei.
Am 27.01.2000 hat die Klägerin unter Ergänzung und Vertiefung ihrer bereits im
Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgebrachten Argumente Klage mit dem Antrag
erhoben, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 26.07.1999 und des
Widerspruchsbescheids vom 30.12.1999 zu verurteilen, ihr - der Klägerin - die Rente neu
zu berechnen und auszuzahlen. Im Rahmen des Klageverfahrens verwies die Beklagte
darauf, dass sie nach Artikel 3 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) eine Doppelfunktion
habe: Einerseits wie bisher Rentenversicherungsträger, der den Rentenbescheid erlasse,
und zweitens Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Nrn. 1 bis 26 der
Anlage 1 zum AAÜG, der den Feststellungsbescheid über die Versorgungszeiten erlasse
und dem Rentenversicherungsträger die Daten melde, an die der
Rentenversicherungsträger nach § 8 AAÜG gebunden sei. Daraus ergebe sich eine
rechtliche Trennung zwischen der Beklagten als Rentenversicherungs- und als
Zusatzversorgungsträger. Es sei daher je nach Aufgabenstellung zwischen dem
Rentenversicherungsträger und dem Versorgungsträger zu trennen. Daher sei der
Klageantrag auf Neuberechnung der Rente als unzulässig abzuweisen.
Nach Anhörung der Beteiligten erließ das Sozialgericht für das Saarland (SG) am
19.06.2000 einen Gerichtsbescheid, mit dem es die Klage unter Verweis auf die von der
Beklagten vorgetragenen Rechtsausführungen teilweise als unzulässig und im Übrigen mit
Hinweis auf den seines Erachtens zutreffenden Widerspruchsbescheid als unbegründet
abwies.
Die Klägerin hat am 04.07.2000 unter Hinweis darauf Berufung eingelegt, dass sie
Kulturmanagerin gewesen sei und dementsprechend ihr damaliges Gehalt in der DDR der
vergleichbaren Entlohnung eines bundesdeutschen Kulturmanagers angepasst werden
müsse. Ferner liege durch die nicht vorgenommene Anpassung der Entlohnungsgrundlagen
Ost/West eine Ungleichbehandlung vor, zumal die Gehälter von Lehrern, Ärzten u.ä. auch
unter Bezug auf die Rentenansprüche angeglichen worden seien.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts für das Saarland
vom 19.06.2000 und des Bescheides der Beklagten vom 26.07.1999 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 30.12.1999 zu verpflichten, ihre Beschäftigungszeiten in der
DDR ab 01.04.1973 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem
festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die ihres Erachtens zutreffenden Gründe des Gerichtsbescheides des
SG und den Inhalt ihrer angefochtenen Bescheide.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten (Rentenakten und
Zusatzversorgungsakten - ZV-Akten) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, die wie das Klageverfahren nicht mehr die im Widerspruchsverfahren noch
streitige Anrechnung der nachträglich von der Beklagten anerkannten Schulzeit und der
Zeit des Fernstudiums betrifft, ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ansonsten
zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Berufungsantrag der Klägerin betrifft lediglich die Rechtsfrage, ob der
Rentenberechnung ihrer bereits berücksichtigten Zeiten aus der Berufstätigkeit in der
ehemaligen DDR solche der Zusatzversorgung hinzuzurechnen sind. Damit wehrt sie sich
nicht gegen die konkrete Rentenberechnung im Bescheid vom 21.11.1997.
Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) musste - wie es das SG
bereits zutreffend festgestellt hat - zwei Bescheide erlassen: zunächst unter dem Datum
des 12.11.1997 den Überführungs-(Entgelt-)Bescheid nach § 8 Abs. 1 AAÜG über die
Überführung der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung der DDR in die gesetzliche
Rentenversicherung in ihrer Eigenschaft als Träger der Zusatzversorgungssysteme der
Anlage 1 AAÜG zur Vorbereitung der endgültigen Rentenwertfestsetzung durch den Träger
der Rentenversicherung (§ 8 Abs. 5 AAÜG) - im konkreten Fall ebenfalls die Beklagte - nach
§ 307 b SGB VI (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG; vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2000, B 4 RA 63/99
R), und anschließend unter dem Datum des 21.11.1997 den mit Widerspruch vom
R), und anschließend unter dem Datum des 21.11.1997 den mit Widerspruch vom
12.12.1997 ausdrücklich angefochtenen Rentenbescheid. Über diesen Widerspruch ist
aber noch nicht entschieden.
Soweit die Klägerin durch ihren Antrag im Berufungsverfahren geltend macht, Zeiten der
Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem seien zu Unrecht nicht berücksichtigt
worden, wendet sie sich materiell-rechtlich gegen den Überführungsbescheid vom
12.11.1997, gegen den sie zunächst keinen Rechtsbehelf eingelegt und den die Beklagte
daher wegen der Einwendungen der Klägerin zu Recht nach § 44 Abs. 1 SGB X außerhalb
eines förmlichen Rechtsbehelfsverfahrens überprüft hat. Wegen der Bindungswirkung des
Entgeltbescheids für den kurz danach erlassenen Rentenbescheid wäre eine auf
Anerkennung von Zusatzversorgungszeiten gerichtete Klage gegen den Rentenbescheid
unzulässig. Fehlerhaft ist allerdings die Annahme des SG, die Klage richte sich gegen die
falsche Beklagte, denn Beklagte ist sowohl hinsichtlich des Entgelt- als auch des
Rentenbescheids die BfA.
Die Berufung hat aber keinen Erfolg, denn die Rügen der Klägerin gegen die Richtigkeit des
Gerichtsbescheids, des ablehnenden Bescheids der Beklagten nach § 44 Abs. 1 SGB X und
gegen die Feststellung der Grundlagen der Rentenberechnung im Bescheid vom
12.11.1997 greifen nicht durch. Die Beklagte hat es in den angefochtenen Bescheiden zu
Recht abgelehnt, den Entgeltbescheid vom 12.11.1997 zu Gunsten der Klägerin
abzuändern.
Die im Berufungsverfahren in den Vordergrund gerückte Argumentation der Klägerin, ihre in
der DDR erzielten Entgelte seien zu niedrig bewertet worden, hat sie mit ihrem
Berufungsantrag nicht mehr zur Entscheidung gestellt. Unabhängig davon wehrt sie sich
mit diesen Einwendungen gegen die konkrete Berechnung im Rentenbescheid vom
21.11.1997, der nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Insoweit wird daher
lediglich darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung die Überführung des DDR-
Rentensystems in das bundesdeutsche Sozialversicherungssystem mit den Regelungen der
§§ 256 a ff SGB VI, des RÜG und des AAÜG bis auf eine die Klägerin aber nicht betreffende
Ausnahme keinen durchgreifenden (verfassungs)-rechtlichen Bedenken begegnet (BVerfG,
Beschluss vom 28.04.1999, 1 BvL 32/95 u.a., BVerfGE 100, 1-59). Insbesondere ist es
verfassungsrechtlich nicht geboten, die Berechtigten aus Versorgungssystemen der
Deutschen Demokratischen Republik so zu behandeln, als hätten sie ihre
Erwerbsbiographie in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt (vgl. BVerfG aaO.
mwN.).
Die übrigen Rügen der Klägerin im Klageverfahren betreffen alleine die ihres Erachtens
fehlende Berücksichtigung einer Zusatzversorgung als Angehörige der sog. pädagogischen
bzw. künstlerischen Intelligenz in der ehemaligen DDR. Nach den einschlägigen
Rechtsnormen fällt sie aber nicht unter diesen Personenkreis.
Prüfungsmaßstab für die Frage, ob die Klägerin über das im Bescheid vom 12.11.1997
Festgestellte hinaus Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine
Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, zurückgelegt hat, ist § 5 Abs. 1 AAÜG.
Liegt für den streitigen Zeitraum keine Versorgungszusage vor, kann die Frage, ob eine
Beschäftigung oder Tätigkeit in einem Versorgungssystem zurückgelegt worden ist (oder-
gemäß § 5 Abs. 2 AAÜG - bei Bestehen eines Versorgungssystems zurückgelegt worden
wäre), nur anhand derjenigen Gegebenheiten in der ehemaligen DDR beantwortet werden,
an die das AAÜG maßgeblich angeknüpft hat (BSG, Urteil vom 24.03.1998, B 4 RA 27/97
R; vgl. auch BSG, Urteile vom 04.08.1998, B 4 RA 63/97, vom 04.08.1999, B 4 RA 1/99
R, vom 29.06.2000, B 4 RA 63/99, und vom 31.07.2002, B 4 RA 25/02 R). Das sind bei §
5 Abs. 1 AAÜG die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit
als für die Anwendung des § 5 AAÜG als insoweit bundesrechtlich relevante Fakten
anerkannten Versorgungsordnungen (BSG, Urteil vom 24.03.1998, B 4 RA 27/97 R).
Deren Bedeutung ist nach Maßgabe des Bundesrechts, insbesondere nach Sinn und Zweck
des § 5 AAÜG zu bestimmen. Auf die praktische Durchführung und auf die Auslegung der
Versorgungsordnung seitens der ehemaligen DDR kommt es nicht an. Andernfalls bestünde
wie z.B. bei einer ohne sachlichen Grund versagten oder aus politischen Gründen erst
verspätet erteilten Versorgungszusage die Gefahr, dass eine in der ehemaligen DDR im
Wege einer Instrumentalisierung von Versorgungszusagen zu politischen Zwecken
praktizierte Willkür über die Wiedervereinigung hinaus Bestand hätte und so (nachträglich)
in den Rang eines bundesrechtlich beachtlichen normativen Maßstabs erhoben würde (BSG
aaO.). Für die Höhe der Versorgung kam es in der DDR regelmäßig weder auf den
Zeitpunkt der Versorgungszusage an noch waren "Zeiten der Zugehörigkeit" zu einem
Versorgungssystem bekannt oder für die Renten hieraus relevant (BSG aaO.).
Maßgeblich ist nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 AAÜG somit allein, ob die Beschäftigung
im streitigen Zeitraum ihrer Art nach zu denjenigen gehörte, derentwegen nach den in den
Anlagen 1 und 2 zum AAÜG genannten Texten das jeweilige Versorgungssystem errichtet
war, ob sie also in einem dieser Texte aufgelistet ist. Das ergibt sich schon aus § 5 Abs. 2
AAÜG. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, die
ihrerseits als Pflichtbeitragszeiten i.S.d. SGB VI gelten, sogar solche "Zeiten, die vor
Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung oder in der
freiwilligen Zusatzrentenversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte
das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt
worden wären". Dadurch sind also Zeiten einer Beschäftigung, für welche erst später ein
Versorgungssystem eingeführt wurde, auch "Zeiten der Zugehörigkeit", obwohl sie
notwendig vor jeglicher Versorgungszusage für dieses System zurückgelegt wurden (BSG
aaO.).
Die Klägerin hat im Zeitraum ab April 1973 keine entgeltlichen Beschäftigungen ausgeübt,
die in der hier allein in Betracht kommenden Altersversorgung der Intelligenz an
wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen nach §
1 Abs. 2 AAÜG iVm. Anlage 1 Nr. 4 als versorgungsberechtigend aufgelistet sind. Die
entsprechende DDR-Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an
wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der
Deutschen Demokratischen Republik vom 12.07.1951 (GBl. Nr. 85, 675, abgedruckt in
Aichberger II Nr. 154 -AVVO-Int -) definierte unter § 4 als Angehörige der pädagogischen
tätigen Intelligenz im Sinne dieser Verordnung
a) alle in Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens tätigen Lehrer und
Erzieher, sofern sie eine staatlich anerkannte abgeschlossene pädagogische Ausbildung
besitzen und mindestens zwei Jahre in den genannten Einrichtungen hauptamtlich tätig
gewesen sind, b) alle an pädagogischen Instituten und sonstigen Einrichtungen der Lehrer-,
Lehrmeister- und Erzieherbildung tätigen Leiter, Lehrer, Dozenten und pädagogischen
Mitarbeiter sowie die Leiter und wissenschaftlichen Mitarbeiter des volkseigenen Verlages
Volk und Wissen, c) Dozenten der Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten und Dozenten der
Fachschulen.
§ 5 bestimmte, dass als Angehörige der künstlerisch tätigen Intelligenz gelten:
a) Intendanten und deren Stellvertreter, Opern- und Schauspieldirektoren, Direktoren von
Schauspiel-, Musik- und Tanzschulen und Schulen für bildende Kunst, Regisseure,
Dramaturgen, Kapellmeister, Ballettmeister und Choreografen, Chordirektoren,
Orchesterdirektoren, Bühnenbildner, Sänger, Schauspieler (nicht Komparsen), Solotänzer,
Korrepetitoren, Filmregisseure, Filmdramaturgen;
b) besonders qualifizierte und verantwortlich tätige Restauratoren, Kunsthandwerker, die
bei Museen, Theatern, bedeutenden volkseigenen Verlagen und anderen Institutionen fest
angestellt sind, Orchestermusiker, Choristen, technische Direktoren und technische Leiter
an Theatern, Verwaltungsdirektoren an den Theatern, Filmarchitekten, Filmoperateure,
Aufnahmeleiter beim Film;
c) besonders qualifizierte Garderobeninspektoren, Maskenbildner,
Beleuchtungsoberinspektoren, Werkstättenleiter, Leiter der künstlerischen Betriebsbüros,
Schnittmeister, Kostümbildner, Inspizienten und Souffleusen.
Zu einer dieser Personengruppen zählte die Klägerin ersichtlich nicht. Insbesondere
qualifiziert sie das im Juli 1977 abgeschlossene berufsbegleitende Studium zum Klubleiter in
Verbindung mit ihren nachfolgenden Tätigkeiten als Erzieherin in den Jahren 1973 bis 1975
an Schulen in C. nicht als Angehörige der künstlerischen oder pädagogischen Intelligenz.
Ihre Tätigkeit als Erzieherin an der Jugendsportschule C. im Jahr 1973 und an der 13.
Oberschule C. von 1973 - 1975 fällt zwar unter § 4 a) AVVO-Int (dort wird ausdrücklich der
Begriff "Erzieherin" genannt). Wie die Beklagte aber zutreffend erkannt hat, handelt es sich
bei der Ausbildung an der Fachschule für Klubleiter in Meißen nicht um eine staatlich
anerkannte pädagogische Ausbildung mit entsprechendem pädagogischem Abschluss nach
§ 4 a) AVVO-Int, sondern um eine kulturwissenschaftliche Ausbildung, bei der neben einer
Unterrichtung in allgemeinen und speziellen Grundlagenfächern und einem Spezialfach
"Kulturpolitik/Ästhetik" die Pädagogik nur ein weiteres Fach im Bereich "Leitung und Planung
von Kulturarbeit" war (vgl. die Abschrift aus dem Fachschularchiv). Im Übrigen ergibt sich
aus dem Zwischenzeugnis des Direktors der Oberschule vom 07.04.1995, dass die
Klägerin an der Schule als unausgebildete Kraft tätig war. Die Klägerin war darüber hinaus
auch nicht als Dozentin an einer Fachschule tätig, was nach § 4 c) AVVO-Int die
Angehörigkeit zur pädagogisch tätigen Intelligenz begründet hätte. Solches ist weder
dargetan noch ersichtlich. Der pädagogisch tätigen Intelligenz gehörte die Klägerin daher
nicht an.
Auch zur künstlerisch tätigen Intelligenz zählte die Klägerin nicht. Ihre Beschäftigungen als
Sekretärin des Kulturstadtrates (1968-1969), als Referentin für Veranstaltungswesen in C.
(1970 bis 1973), als künstlerische Leiterin des Kulturhauses des VEB Textilkombinat C.
(1975-1979), als Leiterin eines Wohngebietsklubs in C. (1979-1980) und als Leiterin für
Veranstaltungswesen bei der VE Gaststätten- und Hotelorganisation C. (1980-1984)
erfüllen nicht die Zugehörigkeitsmerkmale des § 5 AVVO-Int. Zum einen werden dort nur
bestimmte Berufsgruppen genannt, zu denen die Klägerin als Organisatorin verschiedener
Veranstaltungen nicht gehörte; der "Kulturmanager" oder Klubleiter ist dort nicht erwähnt.
Zum andern gehörten der Rat einer Kommune und ein VEB nicht zu den Einrichtungen im
Sinne der §§ 6, 1 AVVO-Int, an denen der Zusatzversorgungsberechtigte tätig sein musste.
Insbesondere ein VEB zählte, auch wenn er über kulturelle Abteilungen verfügte, nicht zu
den "künstlerischen Einrichtungen der DDR", denn er ist nicht unter den in § 1 und 6 der
AVVO-Int. genannten Einrichtungen aufgeführt. Dort sind u.a. Theater und Orchester,
Einrichtungen des Films und Rundfunks sowie des öffentlichen Bildungswesens genannt,
also jeweils "selbstständige staatliche" Einrichtungen. Die allein zweck- und
betriebsbezogenen Einrichtungen der VEB und der Kombinate hatten nicht eine derartige
Selbständigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 31.07.2002, B 4 RA 62/01 R).
Dem Senat ist es versagt, im Wege einer Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie entweder die
Klägerin auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation den in § 1 AVVO-Int genannten Gruppen
oder einen ihrer Betriebe einer künstlerischen Einrichtung im Sinne des § 6 AVVO-Int.
gleichzustellen. Ein solches Analogieverbot ergibt sich zwangsläufig aus dem Verbot der
Neueinbeziehungen (BSG aaO.). Dieses Verbot würde im Falle einer Erweiterung des
begünstigten Personenkreises durch Analogie unterlaufen. Auf Art. 3 Abs. 1 GG und die
Gleichbehandlung mit insoweit durch Zusatzversorgung privilegierten Personengruppen wie
Ärzten und hauptberuflichen, pädagogisch ausgebildeten Lehrern kann sich die Klägerin
daher nicht berufen. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und
Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 bestehenden abstrakt-generellen
Regelungen der DDR ist bundesrechtlich auch insoweit nicht zulässig, als sie willkürlich sind.
Das Verbot der Neueinbeziehung ist verfassungsgemäß (BSG aaO. m.w.N.).
Die Behauptung der Klägerin, sie habe seit 1.1.1977 eine freiwillige
Zusatzrentenversicherung (FZR) abgeschlossen, was außerhalb der Personengruppen des
§ 1 AVVO-Int. nur durch Einzelvertrag möglich war (vgl. zum Verhältnis der FZR zu den
Zusatzversorgungssystemen BSG, Urteil vom 17.07.1996, 5/4 RA 21/94, BSGE 79, 57
ff.), ist nach Aktenlage weder belegt noch von der Klägerin unter Beweis gestellt. Die
Auskunft der Stadt C. über den Jahresbruttoverdienst der Klägerin als Erzieherin enthält
zwar die Einträge "Zusatzversorgung für Pädagogen" (vgl. Anlage 1 Nr. 18 zum AAÜG) und
Angaben des Verdienstes, für den "ggf." Beiträge zur freiwilligen Zusatzversicherung
abgeführt worden sind. Der Zusatz "ggf." deutet aber schon darauf hin, dass aus diesen
Arbeitsverdiensten Beiträge hätten gezahlt werden können, nicht aber geleistet werden
mussten. Zudem ist die Herkunft dieser nicht unterschriebenen und datierten Erklärung
unklar. Eine Nachfrage des Gerichts bei der Stadt C. war erfolglos; die Kommune teilte mit
Telefax vom 28.01.2004 mit, dass keine Unterlagen der Klägerin im Archiv vorlägen.
Ferner erweist sich diese Erklärung als unschlüssig, denn sie bezieht sich auf die
Zusatzversorgung der Pädagogen, die nach Anlage 1 Nr. 18 zum AAÜG iVm. §§ 1, 27 Abs.
1, Abs. 3 der VO über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen vom 27.05.1976 (GBl. I
Nr. 18 S. 253, abgedruckt in Aichberger II Nr. 164 - VersO-Päd. -) zwar zu beachten ist,
aber erst am 01.09.1976 und damit nach der Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin in Kraft
getreten war. Diese VO nahm die Pädagogen aus der Anwendung der AVVO-Int. heraus
und galt nach § 1 ebenfalls - wie die AVVO-Int - nur für Pädagogen mit staatlich
anerkannter pädagogischer Ausbildung. Einen Beleg für die freiwillige Zugehörigkeit der
Klägerin zu einem Zusatzrentensystem stellt diese Bescheinigung somit nicht dar.
Nach alldem kann die Berufung keinen Erfolg haben, denn die Klägerin gehörte weder
einem Zusatzversorgungssystem noch einer FZR an; die angefochtenen Bescheide sind
daher ebenso rechtmäßig wie der Gerichtsbescheid des SG vom 19.06.2000.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Es bestand kein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, § 160 Abs. 2 SGG.