Urteil des LSG Saarland vom 18.01.2006

LSG Saarbrücken: versicherungsschutz, sportliche tätigkeit, boot, form, arbeitsunfall, verkehrsunfall, werbung, eigentum, unfallversicherung, unternehmer

LSG Saarbrücken Urteil vom 18.1.2006, L 2 U 139/04
gesetzliche Unfallversicherung - Wegeunfall - sachlicher Zusammenhang - Abgrenzung -
Betriebssport - Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens - Kundenwerbung -
Ruderwettkampf mit Drachenboot - Obermaschinist eines Kraftwerks
Leitsätze
Sportliche Aktivitäten eines unfallversicherten "Beschäftigten" können im Einzelfall auch
dann unter Unfallversicherungsschutz stehen, wenn das Unternehmen die
Sportveranstaltung durch konkrete Maßnahmen als Werbeplattform nutzt und durch die
sportliche Voraustellung die Öffentlichkeit auf ihr Unternehmen aufmerksam machen will.
Dies gilt auch dann, wenn Unfallversicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt
"Betriebssport" wegen des Wettkampfcharakters ausscheiden würde.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das
Saarland vom 15.10.2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 16.9.2003 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 4.6.2004 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass es sich beim Verkehrsunfall des Ehemanns der Klägerin vom
3.8.2003 um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 SGB VII gehandelt hat.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen zu
erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich beim tödlichen Verkehrsunfall des Ehemannes
der Klägerin, R.T. (künftig: Ehemann), am 3.8.2003 um einen Arbeitsunfall als Wegeunfall i.
S. von § 8 SGB VII gehandelt hat.
Der Ehemann war bei der F. GmbH, wie die „e." GmbH eine Beteiligungsgesellschaft der
V.-AG (künftig: V.), als Obermaschinist in einem Kraftwerk beschäftigt. Er gehörte zudem
einer aus Konzernangehörigen bestehenden Rudermannschaft an, die wöchentlich einmal
trainierte und gelegentlich mit einem von der V. finanzierten Boot an Veranstaltungen
teilnahm. Am Sonntag, dem 3.8.2003, war der Ehemann Mitglied dieses Ruderteams im
Rahmen der Saarbrücker Großveranstaltung "Saar-Spektakel". An diesem Tag absolvierte
dieses Boot auf der Saar fünf Drachenbootrennen gegen andere Teams. Nach Abschluss
der Veranstaltung verließ der Ehemann das Saar-Spektakel gegen 19:15 h und begab sich
mit seinem Motorrad auf den Weg nach Hause (Ottweiler-Steinbach), als er an einer
Straßenkreuzung in Ottweiler von einem PKW, der ihm die Vorfahrt genommen hatte,
erfasst und tödlich verletzt wurde.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens um Hinterbliebenenleistungen nach dem SGB VII
nahm die V. Stellung. Sie verwies auf langjährige Hauptsponsorentätigkeit sowohl durch sie
als auch „e." für die Veranstaltung "Saar-Spektakel" mit eigenem, von ihr finanziertem
Boot. Das Boot sei als Werbeträger zu sehen. Beim "Saar-Spektakel" seien auch
Repräsentanten des Unternehmens anwesend gewesen und man habe Informationsstände
betrieben. Die Mitglieder des Ruderteams erhielten zwar weder Arbeitsentgelt noch
Arbeitszeitausgleich für ihre Einsätze, würden aber einheitlich mit T-Shirts,
Trainingsanzügen, Regenjacken und Trikots des Unternehmens ausgestattet und auf
Kosten der V. bei Veranstaltungen verköstigt. Das Boot sei ein herausragender
Werbeträger für die Unternehmensgruppe und die Mitarbeiter träten quasi als Botschafter
der V.-Gruppe auf. Für das Jahr 2003 sei die Teilnahme am "Saar-Spektakel" der vierte
Wettkampf gewesen, ein fünfter sei im September 2003 geplant gewesen.
Durch Bescheid vom 16.9.2003 lehnte die Beklagte der Klägerin gegenüber die
Anerkennung eines Arbeitsunfalls und Hinterbliebenenleistungen ab.
Betriebssport könne zwar versicherte Tätigkeit sein und gelegentliche Wettkämpfe
schadeten nicht. Allerdings habe die Rechtsprechung bei mindestens fünf Wettkämpfen pro
schadeten nicht. Allerdings habe die Rechtsprechung bei mindestens fünf Wettkämpfen pro
Jahr einen Versicherungsschutz abgelehnt, da durch zahlreiche Wettkämpfe der
Ausgleichszweck des Betriebssports in den Hintergrund gestellt und der
Unternehmensbezug gesprengt werde. Im Jahr 2003 hätten vier Wettkämpfe
stattgefunden und ein weiterer sei geplant gewesen. Daher sei das Ausschlusskriterium
der Rechtsprechung vorliegend erfüllt.
Die Klägerin legte hiergegen fristgerecht Widerspruch ein und verwies im Wesentlichen
darauf, dass ein innerer Zusammenhang durch das subjektive Interesse des Betriebs,
somit durch die Zurechnung der sportlichen Veranstaltung zur betrieblichen Tätigkeit
bestimmt werde. Auf das einzelne Rennen könne man nicht abstellen, da diese Rennen nur
ca. eine Minute dauerten und der Ehemann nicht an den drei vorangegangenen
Wettkämpfen teilgenommen habe. Die Auftritte dienten auch der Außenwerbung des
Arbeitgebers, was durch die einheitliche Kleidung dokumentiert werde. Dieser Effekt sei
seitens des Arbeitgebers erwünscht und führe zu einem unmittelbaren
Unternehmensbezug.
Nach Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in einem Schreiben
vom 9.1.2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch
Widerspruchsbescheid vom 4.6.2004 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, zur versicherten Tätigkeit
gehöre auch die Werbung, die V. sei Hauptsponsor der Veranstaltung und das Boot in
deren Eigentum gewesen. Dies dokumentiere das betriebliche Interesse an der Teilnahme.
Durch Gerichtsbescheid vom 15.10.2004 hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) die
Klage unter Hinweis darauf abgewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BSG fünf
Wettkämpfe pro Jahr ein Ausschlussgrund für den Versicherungsschutz bezüglich
Betriebssport und diese Voraussetzung im gegebenen Fall erfüllt sei.
Gegen den am 22.10.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.11.2004
im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Klagebegründung Berufung eingelegt und
gerügt, dass sich das SG mit ihrer Argumentation überhaupt nicht auseinander gesetzt
habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 15.10.2004 und den
Bescheid der Beklagten vom 16.9.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
4.6.2004 aufzuheben und festzustellen, dass der Verkehrsunfall ihres Ehemannes vom
3.8.2003 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die angefochtenen Bescheide und den Gerichtsbescheid des SG.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
Verwaltungsakte der Beklagte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war.
Entscheidungsgründe
Die fristgerecht erhobene und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg,
denn im Gegensatz zur Rechtsansicht der Beklagten und des SG und in Übereinstimmung
mit der Argumentation der Klägerin liegt im Sinne von § 8 SGB VII ein Arbeitsunfall in Form
eines so genannten Wegeunfalls (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) vor.
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den
Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Versicherte
Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit
zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs.
2 Nr. 1 SGB VII). Kraft Gesetzes sind versichert Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).
Zwar geschah der Verkehrsunfall, der auf dem direkten Rückweg des Ehemannes von der
Veranstaltung "Saar-Spektakel" nach Hause geschah, nicht nach Ausübung seiner Tätigkeit
als Obermaschinist. Dennoch ist nach den besonderen Konstellationen im konkreten
Einzelfall der Ehemann der Klägerin vom Ort seiner "Beschäftigung" nach Hause gefahren,
als das tragische Unfallereignis geschah, und daher bestand gesetzlicher
Versicherungsschutz.
§ 8 Abs. 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das zuvor geltende Recht der
Reichsversicherungsordnung (RVO), wobei das Wort "infolge" in Satz 1 a.a.O. lediglich
deutlicher als das Wort "bei" in § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO zum Ausdruck bringen soll, dass
ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der
versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall erforderlich ist; Satz 2 a.a.O.
übernimmt den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Unfallbegriff. Die zur
RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die
rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeits- und auch Wegeunfällen nach den
Vorschriften des SGB VII weiter herangezogen werden, soweit nicht die wenigen
Änderungen des materiellen Rechts hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes bei
einzelnen Verrichtungen (ua. § 8 Abs. 2 Nrn. 2 bis 5 SGB VII) entgegenstehen (BSG, Urteil
vom 07.11.2000, B 2 U 39/99 R).
Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten
Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das
betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG a.a.O. m.w.N.). Der
innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige
Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu denen der Versicherungsschutz in der
gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG aaO., vgl. auch Urteil des erkennenden Senats
vom 28.7.2004, L 2 U 17/03).
Bei der Teilnahme am Saar-Spektakel 2003 hat der Ehemann als Mitglied des
Drachenbootteams des V.-Konzerns eine mit seinem Beschäftigungsverhältnis im inneren
(sachlichen) Zusammenhang stehende Tätigkeit ausgeübt. Er hat den Unfall zwar nicht bei
der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit erlitten, war aber gleichwohl versichert, denn er
nahm vor Antritt der Heimfahrt an einer sportlichen Maßnahme teil, die zwar nicht als
versicherter Betriebssport angesehen werden kann, die aber Werbemaßnahme seines
Arbeitgebers war.
Das BSG hat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Abgrenzung des versicherten
Betriebssports zur unversicherten Sportausübung dargelegt, welche tatsächlichen
Umstände vorliegen müssen, um den inneren (sachlichen) Zusammenhang einer
sportlichen Betätigung mit der Beschäftigung in einem Unternehmen bejahen zu können.
Nach den in bisheriger Rechtsprechung aufrechterhaltenden Grundsätzen ist eine sportliche
Betätigung von Betriebsangehörigen der versicherten Tätigkeit gleichzusetzen, wenn sie
erstens geeignet ist, die durch die Tätigkeit bedingte körperliche Belastung auszugleichen,
zweitens mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfindet und drittens in einem dem
Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der Betriebsarbeit steht; der
Zusammenhang wird in der Regel durch einen im Wesentlichen auf Betriebsangehörige
beschränkten Teilnehmerkreis sowie durch die der Betriebsarbeit entsprechende Zeit und
Dauer der Übungen begründet.
Das BSG hat den Begriff des Betriebssports nicht auf Lockerungsübungen o.ä. eingeengt.
Danach ist der Versicherungsschutz auch bei der Ausübung von Sportarten nicht
ausgeschlossen, denen es eigentümlich ist, dass sie einen Gegner voraussetzen und meist
zwischen verschiedenen Mannschaften ausgetragen werden, wenn und so lange die nach
der Rechtsprechung des BSG maßgebenden allgemeinen Voraussetzungen für den
Betriebssport gegeben sind. Sogar das Fußballspielen kann dem erforderlichen
Ausgleichszweck dienen. Das BSG hat eine betriebssportliche Tätigkeit nicht deshalb
verneint, weil die sportliche Tätigkeit schon ihrer Art nach - wie z.B. das Fußballspielen -
Wettkampfcharakter hat. Auch Wettkampfspiele können dem vom Betriebssport
angestrebten Ausgleich zu den Belastungen der betrieblichen Tätigkeit dienen (BSG, Urteil
vom 2.7.1996, 2 RU 32/95 m.v.w.N., kürzlich bestätigt durch Urteil vom 26.10.2004, B 2
U 38/03 R).
Der für den versicherten Betriebssport vorauszusetzenden Zielsetzung entsprechen
Sportarten mit Wettkampfcharakter jedoch nicht, wenn dieser Charakter im Vordergrund
steht, etwa in der Form, dass die Sportausübung der Teilnahme am allgemeinen
Wettkampfverkehr oder der Erzielung von Spitzenleistungen dient (BSG aaO.)
Nach der zitierten bisherigen Rechtsprechung des BSG kam ein Versicherungsschutz bei
Sportturnieren dennoch in Betracht, wenn, abgesehen von der Betätigung während
regelmäßiger Übungsstunden, nur gelegentlich auch ein Wettkampf mit einer anderen
Betriebssportgemeinschaft ausgetragen wird. Was in diesem Zusammenhang unter
"gelegentlich" zu verstehen war, hatte das BSG entschieden. Jedenfalls die Austragung von
fünf Wettkämpfen gegen andere Betriebssportgemeinschaften pro Jahr sprengte den
Unternehmensbezug, so dass der einzelne Wettkampf nicht als ein vom
Versicherungsschutz beim Betriebssport noch mit umfasstes, nur "gelegentliches"
Aufeinandertreffen mit anderen Betriebssportgemeinschaften angesehen werden konnte,
mithin der erforderliche innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nicht
gegeben war. Von dieser Rechtsprechung ist das BSG offenbar in jüngster Zeit abgewichen
(vgl. Terminbericht Nr. 69/05 des BSG auf dessen Homepage
http://www.bundessozialgericht.de; das Urteil des BSG vom 14.12.2005, B 2 U 29/04 R
ist aber noch nicht veröffentlicht): Wettkampfaktivitäten von Betriebssportgruppen seine
Freizeitaktivitäten und dienten – so der Bericht – nicht in erster Linie einem betrieblichen,
sondern einem privaten Interesse des Versicherten.
Sowohl nach dieser als auch nach der bisherigen Rechtsprechung wäre unter dem
alleinigen Anknüpfungspunkt „Betriebssport" Versicherungsschutz nicht gegeben. Nähme
man – der vorherigen Rechtsprechung folgend - im vorliegenden Fall alleine die Anzahl der
Wettkämpfe im Jahr 2003, wäre der Unternehmensbezug nicht gegeben, denn im
betreffenden Jahr waren fünf Wettkämpfe geplant. Dass der letzte Wettkampf zum
Zeitpunkt des Unfalls des Ehemanns noch nicht durchgeführt war, ist ebenso ohne
Bedeutung wie die Tatsache, dass der Ehemann an den vorausgehenden Wettkämpfen
nicht teilgenommen hatte. Nicht die konkreten Einzelheiten der jeweiligen Wettkämpfe
prägen das Bild des Unternehmensbezugs. Entscheidend ist vielmehr, dass jedenfalls bei
einem Teamsport, der unabhängig vom ständigen Einsatz einzelner Mitglieder ausgeübt
wird, und einer Wettkampfplanung von fünf Veranstaltungen pro Jahr in aller Regel der
Betriebsbezug fehlt.
Das BSG hat aber immer wieder betont, dass auch stets auf das die Besonderheiten des
Einzelfalles miteinbeziehende Gesamtbild abzustellen ist. Auf Grund der konkreten
Umstände des Einzelfalls war der Einsatz des Ehemannes nicht vom Wettkampfcharakter
einer Betriebssportgruppe geprägt, der in der Regel den Unfallversicherungsschutz
ausschließt, sondern mit den Ruderwettkämpfen im Drachenboot, die auf Seiten der V.-
Gruppe unterstützt wurden, wurde durch das sportliche Auftreten in der Öffentlichkeit ein
unternehmerischer Werbeeffekt verfolgt. Gerade dieser von der V.-Gruppe gezielt und
durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen geförderte Effekt belegt die Betriebsbezogenheit
der sportlichen Veranstaltung Anfang August 2003.
Die eigentlichen Betriebszwecke der V. sind auf andere als sportliche Betätigungen
ausgerichtet. Zu den damit in Zusammenhang stehenden betrieblichen Tätigkeiten zählt
aber auch die Kundenwerbung, die in vielfältiger Form erfolgen kann. Denn der Begriff des
Betriebes ist nicht auf die den eigentlichen Betriebszwecken dienenden Verrichtungen
beschränkt, sondern erfasst auch alle Handlungen und Maßnahmen, die durch das äußere
Dasein des Betriebes und seine Beziehungen veranlasst sind. Damit sind auch
"unternehmensfremde" Tätigkeiten, die nebenher zur Förderung des Betriebes
vorgenommen werden, grundsätzlich nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen
(BSG, Urteil vom 18.11.1997, 2 RU 42/96). Zwingendes Erfordernis für eine Anerkennung
des Versicherungsschutzes ist in allen Fällen die innere Beziehung der Tätigkeit zum
Unternehmen. Dem Unternehmer steht für die Art und Weise, wie er sein Unternehmen
betreibt, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Der Versicherungsschutz ist damit nicht
auf Tätigkeiten beschränkt, die ihrer Art nach üblicherweise in Betrieben des betreffenden
Gewerbezweiges verrichtet werden (BSG aaO. mwN.).
Demgemäß steht es der V. frei, wie und womit sie Werbung für das Unternehmen
betreibt. Für die konkrete Veranstaltung des Saar-Spektakels 2003 hat sie insoweit ohne
weiteres nachvollziehbar angegeben, dass sie mit den sportlichen Aktivitäten gerade der
Rudergruppe den Namen des Unternehmens als Energieversorger insbesondere bei
Volksveranstaltungen publik machen wollte und dass hierdurch nicht unerhebliche
Öffentlichkeitsaufgaben erfüllt wurden. Das Boot war Eigentum der V.-Gruppe und die
Teilnehmer wurden mit entsprechender Firmenbekleidung mit Logos ausgestattet. Von
Bedeutung ist auch, dass die Teilnehmer der Sportgruppe bei solchen Veranstaltungen
Naturalleistungen in Form von Verpflegung und damit Gegenleistungen des Unternehmens
erhielten, die das außergewöhnliche Interesse des Arbeitgebers an der sportlichen
Außendarstellung dokumentieren, wozu auch gehört, dass die V. das nicht unerhebliche
Startgeld von 500 EUR für die Teilnahme am Saar-Spektakel zahlte. Gerade das als
Volksfest gestaltete Saar-Spektakel mit einem sehr großen Zuschauer- und
Medieninteresse bietet für die vor allem im Energiebereich tätige V. eine Plattform, sich der
Bevölkerung des Saarlandes und angrenzender Gebiete, damit großen Teilen ihrer
bestehenden und potenziellen Kundschaft darzustellen. Dies und die Identifizierung des
Unternehmens mit den sportlichen Aktivitäten ihrer Mitarbeiter führen nach den
offenkundigen und der Beklagten gegenüber dargelegten Vorstellungen des Unternehmens
zu einem besonderen Image, das die V. gezielt erstrebt hat. Das Ziel des Siegens und der
Höchstleistungen im Eigeninteresse der Betriebsangehörigen stand damit nicht im
Vordergrund der sportlichen Betätigung, sondern in erheblicherem Umfang die
öffentlichkeitswirksame und die Aura des Sports nutzende Eigenwerbung des
Unternehmens nach außen. Eine solche Eigenwerbung, die durch den reinen Betriebssport
in den Übungseinheiten nicht möglich gewesen wäre, kann nur im Rahmen von konkreten
öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen erfolgen. Schon damit werden die betrieblichen
Zwecke der Veranstaltungsteilnahme belegt.
Dass der Ehemann nicht auf konkrete Anweisung seines Arbeitgebers an der sportlichen
Veranstaltung teilgenommen hat, ist unschädlich. Zum einen hat das BSG in seinem Urteil
vom 18.11.1997 ausdrücklich die Weisung mit einem Ersuchen gleichgestellt und
entschieden, dass, handelt ein Beschäftigter nicht aufgrund eigener Entscheidung, sondern
nach einer Weisung oder auf Ersuchen seines Vorgesetzten, er unter
Unfallversicherungsschutz steht. Zum andern gilt dies sogar in den Fällen, in denen der
Unternehmer wegen des Fehlens des rechtlich wesentlichen Zusammenhangs mit der
betrieblichen Tätigkeit nicht versichert gewesen wäre (BSG aaO). Im konkreten Fall war ein
solches Ersuchen nach der Auskunft der V. vom 5.8.2003 in Form eines ausdrücklichen
Wunsches der V. gegeben. Dies und die Tatsache eines ausdrücklich von der V. gewollten
und durch Stellen eines Sportgeräts, Kleidung der Teilnehmer, Zahlen des Startgelds,
Naturalentlohnung der Betriebsangehörigen und Sponsoring der Veranstaltung nach außen
dokumentierten betrieblichen Zusammenhangs des Auftritts des Drachenbootteams mit
ganz gezielter PR-Wirkung unterscheidet die Teilnahme des V.-Teams am Saar-Spektakel
von sonstigen Wettkampfveranstaltungen von Betriebssportgruppen, die in der Regel
eigeninitiativ erfolgen und die schon deshalb einen Betriebsbezug verlieren.
Somit stand in der ganz konkreten Konstellation des vorliegenden Falls bei der Teilnahme
des Ehemanns an der Veranstaltung des Saar-Spektakels 2003 weder die sportliche
Höchstleistung noch der betriebsunabhängige Sportwettkampf im Vordergrund, sondern
die seitens des Unternehmens bewusst und gewollt sportlich geprägte, ohne weiteres
erkennbare Außendarstellung des Unternehmens und damit die Eigenwerbung.
Selbst wenn es sich bei der Teilnahme am Saar-Spektakel 2003 um eine sog. gemischte
(privat und dienstlich motivierte) Tätigkeit des Ehemanns gehandelt hätte, (vgl. hierzu BSG,
Urteil vom 8.12.1998, B 2 U 36/97 R), überwögen eindeutig die betrieblichen Interessen
an der Teilnahme. Privat hätte der Ehemann unter den konkreten Umständen (Sportgerät
des Arbeitgebers, Wettkampf nur zwischen Betriebsteams, Startgeld durch den
Arbeitgeber bezahlt, Kleidung ganz auf Werbung für den Arbeitgeber abgestellt) nämlich
gar nicht teilnehmen können.
Somit war der Ehemann der Klägerin wegen des betrieblichen Werbebezugs des
sportlichen Auftretens am Unfalltag im Rahmen des Saar-Spektakels gesetzlich
unfallversichert. Damit stand auch der Weg dorthin und der Weg zurück nach Hause unter
Versicherungsschutz und die Berufung musste Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe