Urteil des LSG Saarland vom 07.06.2006

LSG Saarbrücken: berufliche tätigkeit, persönliche verhältnisse, freiwillige versicherung, krankenversicherung, versicherungspflicht, rechtswissenschaft, altersgrenze, universität, verordnung

LSG Saarbrücken Urteil vom 7.6.2006, L 2 KR 2/05
Krankenversicherung der Studenten - Versicherungspflicht einer 40-jährigen - Vorliegen
familiärer bzw persönlicher Gründe für den späten Studienbeginn - Hinderungsgründe
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom
29.11.2004 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die 1962 geborene Klägerin, die seit April 1999 Mitglied
der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der BKK Ba. (künftig: BKK), bzw. der Beklagten ist,
für ihr im Jahr 2002 begonnenes Studium der Rechtswissenschaften Mitglied in der
Krankenversicherung der Studenten (KVdS) oder freiwillig versichert ist.
Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder, die im Jahr 1986 und 1993 geboren wurden. Sie
erreichte 1980 den Abschluss der Fachhochschulreife aufgrund des Besuchs einer höheren
Handelsschule und absolvierte anschließend bis 1982 eine Lehre zur Bankkauffrau. Bis
1990 arbeitete sie bei der Volksbank N., anschließend bis Juni 1993 selbstständig im
Bereich der Vermögens-, Immobilien- und Versicherungsberatung. Während der
anschließenden Erziehungszeit war sie in den Jahren 1994 und 1995 in Teilzeit als
Büroangestellte und nebenher im Versicherungs- und Finanzierungsbereich tätig. In der Zeit
von September 1996 bis Juni 2001 war sie neben Zeiten der Arbeitslosigkeit als
Angestellte bei drei Firmen beschäftigt. Ab Juli 2001 ist sie selbstständige Mitarbeiterin
einer Bausparkasse gewesen.
Aufgrund der Verordnung über die Studienberechtigung für die Hochschulen des Saarlandes
durch besondere berufliche Qualifikation vom 28.4.1995 (Amtsbl. S. 514) bewarb sie sich
im Februar 2002 um ein Eignungsgespräch zum Erwerb der fachgebundenen
Studienberechtigung für das Fach Rechtswissenschaften. Nachdem das Ministerium für
Bildung, Kultur und Wissenschaft mitgeteilt hatte, die Voraussetzung einer entsprechenden
Weiterbildung sei bei ihr noch nicht erfüllt und sie müsse ein Studium als Gasthörer für zwei
Semester mit Leistungsnachweisen belegen, nahm sie als Gasthörerin an der Universität
des Saarlandes im Wintersemester 2001/2002 und im Sommersemester 2002 an den
Abschlussklausuren der ersten beiden Semester im Studiengang Rechtswissenschaft mit
Erfolg teil. Daraufhin erhielt sie von der Universität des Saarlandes am 11.10.2002 nach §
82 Abs. 5 des Universitätsgesetzes (UG) vom 23.6.1999 (Amtsbl. S. 982) die
Berechtigung zum Studium der Rechtswissenschaft. Sie wurde aufgrund dieser
fachgebundenen Hochschulreife im Wintersemester 2002/2003 unter Anrechnung der
beiden Gastsemester für das dritte Fachsemester im Studienfach der Rechtswissenschaft
an der Universität des Saarlandes eingeschrieben und erhält Leistungen nach § 10 Abs. 3
BAföG.
Zwischen den Beteiligten entstanden Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Klägerin
Mitglied in der KVdS geworden ist. Durch Schreiben vom 28.8.2003 teilte die BKK der
Klägerin mit, eine Krankenversicherung der Studenten sei nur bis zum 30. Lebensjahr
möglich. Anschließend könne eine freiwillige Versicherung abgeschlossen werden, wie es im
Fall der Klägerin geschehen sei. Mit Bescheid vom 16.10.2003 legte die BKK den Beitrag
zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung auf 126,14 EUR monatlich fest. Ihr sei eine
Regelung bezüglich der Krankenversicherung der Studenten, die ein Erststudium nach
einem späteren Erwerb der Zugangsvoraussetzungen begonnen hätten, unbekannt.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und berief sich auf eine Ausnahmeregelung
für Studenten, die das Studium nach einem späteren Erwerb der Zugangsvoraussetzungen
begonnen hätten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 24.4.2004 wies die BKK den Widerspruch der Klägerin
im Wesentlichen mit der Argumentation zurück, § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V greife zu Gunsten
der Klägerin nicht ein. Bei der Altersgrenze und der Auswahl der Tatbestände für die
Verlängerung der Mitgliedschaft in der KVdS habe sich der Gesetzgeber zwar am BAföG
orientiert, die Weitergewährung solcher Leistungen über das 30. Lebensjahres hinaus führe
jedoch nicht zwangsläufig zu einer Verlängerung der Versicherungspflicht. Die Klägerin habe
das Studium erst nach dem 30. Lebensjahr aufgenommen und unter Hinweis auf die
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Herausschieben der Altersgrenze
nicht möglich, wenn zuvor eine Beschäftigung ausgeübt worden sei. Eine solche
Konstellation sei bei der Klägerin aber gegeben.
Im anschließenden Klageverfahren verwies die Klägerin darauf, dass sie alleinstehend und
Mutter zweier minderjähriger Kinder sei. Die persönliche familiäre Situation und die
Schwierigkeiten mit der Unterbringung der Kinder hätten eine vorzeitige Aufnahme des
Studiums nicht möglich gemacht. Sie befinde sich in einer schwierigen wirtschaftlichen
Lage und in einer Auseinandersetzung mit dem früheren Lebensgefährten. Im Übrigen sei
die 1993 geborene Tochter stark sehbehindert und bedürfe besonderer Betreuung.
Durch Urteil vom 29.11.2004 hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) die Klage
abgewiesen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, die Überschreitung der Altersgrenze sei
nicht durch den Erwerb der Zugangsvoraussetzungen im Zweiten Bildungsweg, sondern
überwiegend durch eine langwierige Berufsausübung verursacht worden. Nach der
Rechtsprechung des BSG komme eine Versicherungspflicht in der KVdS deswegen nicht in
Betracht. Ein Ausnahmefall im Sinne durchgehender Hinderungsgründe liege im Fall der
Klägerin nicht vor, denn sie habe bereits 23 Jahre vor der Aufnahme des Studiums die
Fachhochschulreife erworben. Allenfalls für die Erziehung der Kinder könne man jeweils drei
Jahre berücksichtigen und für die berufliche Tätigkeit, die als Voraussetzung für den
besonderen Zugang zur Hochschule gefordert werde, könnten vier Jahre in Ansatz gebracht
werden. Rechne man noch drei Jahre Berufsausbildung hinzu, komme man auf 13 Jahre, in
denen Hinderungsgründe vorgelegen hätten. Damit hätte die Klägerin spätestens nach
Vollendung des dreiunddreißigsten Lebensjahres ihr Studium beginnen können.
Die Klägerin hat gegen das am 17.12.2004 zugestellte Urteil am 13.1.2005 Berufung
eingelegt und diese insbesondere auf die familiären Verhältnisse, die Scheidung 1989,
erhebliche Unterhaltsverpflichtungen ab dem Jahr 1991 sowie die Kindererziehung,
Arbeitslosigkeit und die besondere Betreuung der Tochter gestützt. Die Erwerbstätigkeit
über Jahre hinweg sei erforderlich gewesen, um die besonderen Zugangsvoraussetzungen
zu erfüllen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 29.11.2004 sowie den
Bescheid der Beklagten vom 16.10.2003 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24.2.2004 aufzuheben und festzustellen, dass sie
mit Beginn ihres Studiums ab Wintersemester 2002/2003 Mitglied in der
Krankenversicherung der Studenten geworden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die ihres Erachtens rechtmäßigen angefochtenen Bescheide und das
Urteil des SG.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Nachdem die Beklagte zum 1.1.2005 auf Grund einer Fusion Rechtsnachfolgerin der BKK
Ba. geworden ist, ist auf Beklagtenseite ein Beteiligtenwechsel Kraft Gesetz eingetreten.
Die fristgerecht erhobene und auch ansonsten statthafte Berufung der Klägerin hat keinen
Erfolg, denn sie ist nicht in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) pflichtversichert.
Dies hat die Beklagte im Ergebnis zutreffend erkannt und daher ist auch das angefochtene
Urteil des SG nicht zu beanstanden.
Versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind Studenten, die an staatlichen oder
staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder
zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss
des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres. Diese Norm
ist verfassungsgemäß (BSG, Beschluss vom 30.3.1995, 12 BK 84/94 mwN.). Die Klägerin
fällt wegen ihres Alters von 40 Jahren bei Studienbeginn nicht hierunter.
Von der in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbs. 1 SGB V enthaltenen Begrenzung auf die Fachstudienzeit
von 14 Semestern oder die Vollendung des 30. Lebensjahres enthält Halbs. 2 Ausnahmen
(vgl. zu alldem nur BSG, Urteil vom 30.9.1992, 12 RK 40/91). Danach sind Studenten
nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur
noch versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche
Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte
des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung rechtfertigen. Im Entwurf des
Gesundheitsreformgesetzes - GRG - sind die unverändert Gesetz gewordene Begrenzung
der Versicherungspflicht und die Ausnahmen davon wörtlich wie folgt begründet worden
(BR-Drucks. 200/88 = BT-Drucks 11/2237, jeweils S 159 zu § 5, zitiert nach BSG aaO.):
"Die Versicherungspflicht der Studenten (Absatz 1 Nr. 9) wird, um Missbräuche zu
vermeiden, auf eine Höchstdauer der Fachstudienzeit und auf ein Höchstalter begrenzt.
Damit soll auch der Tendenz, das Hochschulstudium zu verlängern, entgegengewirkt
werden. Die Ausnahmeregelung im 2. Halbsatz ist eng auszulegen. Persönliche oder
familiäre Gründe sind z. B. Erkrankung, Behinderung, Schwangerschaft, Nichtzulassung zur
gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren, Eingehen einer insgesamt mindestens
achtjährigen Dienstverpflichtung als Soldat oder Polizeivollzugsbeamter im
Bundesgrenzschutz auf Zeit bei einem Dienstbeginn vor Vollendung des 22. Lebensjahres,
Betreuung von behinderten oder aus anderen Gründen auf Hilfe angewiesenen Kindern."
Hiernach hat der Gedanke der Missbrauchsabwehr zwar den Anstoß für die Begrenzung
der KVdS gegeben. Sie ist aber nicht auf die Abwehr einer missbräuchlichen Begründung
der Versicherung beschränkt, sondern durch die Einführung allgemeiner Schranken nach
der Höchstdauer der Fachstudienzeit und des Alters vorgenommen worden (BSG aaO.).
Demnach scheiden wegen Überschreitens der Grenzen grundsätzlich auch solche
Studenten aus, denen ein Missbrauch der KVdS nicht entgegengehalten werden kann.
Entsprechend ist mit einem solchen Ende der Versicherungspflicht in der KVdS ein Vorwurf
von Missbrauch nicht verbunden.
Im Hinblick auf das Bestreben des Gesetzgebers, die KVdS - von der hier nicht in Betracht
kommenden Begrenzung durch die Höchstzahl von 14 Fachsemestern abgesehen -
grundsätzlich auf die Zeit bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres zu beschränken, und der
für die Ausnahmeregelung gegebenen Begründung sind die "familiären sowie persönlichen
Gründe", die die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen, einschränkend
aufzufassen. Andernfalls würde, weil Gründe dieser Art im weiteren Sinne für jedes
Hinausschieben oder Unterbrechen des Studiums angeführt werden können, die Einführung
der Altersgrenze nicht hinreichend beachtet (BSG a.a.O.).
Der Gesetzgeber wollte mit dieser Vorschrift und mehreren anderen Regelungen des GRG
die gesetzliche Krankenversicherung wieder auf ihren Kern als einer Versicherung der
abhängig Beschäftigten zurückführen. Damit ist grundsätzlich nicht zu vereinbaren, dass
dieser Personenkreis mit Risiken solcher Personen - wie der Studenten - belastet wird, die
typischerweise nicht zum Kernbereich der Versicherten gehören. Der Gesetzgeber hat
daher die KVdS auf einen Altersabschnitt begrenzt, in dem der Gesundheitszustand im
allgemeinen gut ist und beitragsfrei versicherte Familienangehörige (§ 10 SGB V) oft noch
nicht vorhanden sind. Dieses gesetzgeberische Ziel kann nur bei einer engen Auslegung der
Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbs. 2 SGB V erreicht werden (BSG, Urteil vom
30.1.1997, 12 RK 39/96).
Allerdings werden trotz des sprachlich nicht eindeutigen Gesetzeswortlauts (familiäre
"sowie" persönliche Gründe) nach der erwähnten Begründung des Gesetzentwurfs
familiäre "oder" persönliche Gründe genügen (BSG vom 30.9.1992 a.a.O.). Diese müssen
jedoch, wenn der Ausnahmecharakter des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbs. 2 SGB V gewahrt
bleiben soll, im allgemeinen von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie nicht nur
aus der Sicht des Einzelnen, sondern auch bei objektiver Betrachtungsweise die Aufnahme
des Studiums oder seinen Abschluss verhindern oder als unzumutbar erscheinen lassen (im
folgenden: Hinderungsgründe). Das Studium aufzuschieben, weil dies als zweckmäßig oder
sinnvoll erscheint, reicht demgegenüber nicht aus (BSG a.a.O.).
Die ständige Rechtsprechung des BSG geht weiter davon aus, dass bei einem
Nebeneinander von Hinderungs- und Nicht-Hinderungszeiten die Altersgrenze von dreißig
Jahren nicht ohne weiteres um die Zahl von Semestern hinauszuschieben ist, in der
Hinderungsgründe vorgelegen haben, weil dann die erforderliche Ursächlichkeit des
Hinderungsgrundes für den späten Studienbeginn nicht geprüft, sondern als gegeben
unterstellt würde (BSG, Urteil vom 23.6.1994, 12 RK 71/93 m.w.N.). Studenten mit
Studienbeginn nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind in der KVdS nur dann
versicherungspflichtig, wenn bei ihnen in der Zeit zwischen etwa der Vollendung des
zwanzigsten Lebensjahres und dem Beginn des Zweiten Bildungsweges sowie zwischen
dem Abitur im Zweiten Bildungsweg und dem Studienbeginn im Wesentlichen durchgehend
Hinderungsgründe vorgelegen haben (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 9.11.2000, L
4 KR 171/98).
Im Fall der Klägerin haben solche Hinderungsgründe durchgehend nicht vorgelegen. Zwar
hat sie direkt nach Erwerb der Studienberechtigung für das Fach Jura mit dem Studium
begonnen, aber bis zum Beginn des „Zweiten Bildungswegs“, der hier mit dem Erwerb der
Voraussetzungen nach der Verordnung über die Studienberechtigung für die Hochschulen
des Saarlandes durch besondere berufliche Qualifikation vom 28.4.1995 (künftig:
Verordnung - VO) auf der Grundlage des § 96 Abs. 4 des saarländischen
Universitätsgesetzes vom 8.3.1989 (Amtsblatt S. 609) gleichzusetzen ist, waren
Hinderungsgründe nicht immer gegeben. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass die Klägerin
bei ihrer schulischen Ausbildung erst mit Inkrafttreten der VO in die Lage versetzt wurde,
das Studium der Rechtswissenschaft zu beginnen. Die Klägerin hatte zwar im Jahr 1980
die Fachhochschulreife erworben, diese berechtigte jedoch nicht zum Studium der
Rechtswissenschaft an einer Universität. Ohne dass sie eine Maßnahme des Zweiten
Bildungswegs ergriffen hatte, sah sie sich erst durch die genannte Verordnung in die Lage
versetzt, ohne eine weitere Ausbildung die Hochschulzugangsberechtigung für das Studium
der Rechtswissenschaft relativ kurzzeitig durch ein Gaststudium von 2 Semestern (vgl.
insoweit § 82 Abs. 5 UG 1999) und ein Eignungsgespräch (§ 3 VO) die neben ihrer
abgeschlossenen Berufsausbildung und der vierjährigen Tätigkeit in ihrem Beruf (§ 1 Abs. 3
Nr. 1 VO) noch fehlenden Zulassungsvoraussetzungen zu erwerben. Selbst wenn man
diese landesrechtliche Neuerung des Jahres 1995 als initial für die beruflichen Möglichkeiten
der Klägerin ansähe und die Zeiten zuvor, als die Klägerin mit ihrer Ausbildung eine Chance
auf ein Studium an der Universität nicht hatte und mindestens vier Jahre beruflich tätig sein
musste, um die Hochschulzugangsvoraussetzungen nach der VO zu erfüllen, als
Hinderungszeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V betrachten würde, kann die Klägerin
seit Inkrafttreten der VO im Frühjahr 1995 bis zu ihrer Antragstellung nach der VO im
Februar 2002 keine durchgehenden Hinderungsgründe geltend machen. Die Klägerin hat
nämlich seit etwa August 1996, als die Erziehungszeit für ihre im September 1993
geborene Tochter geendet hatte und die Zulassungsvoraussetzung des § 1 der VO, die
vierjährige berufliche Tätigkeit, schon längst erfüllt war, keine triftigen Gründe vorgebracht,
warum sie mit dem Beginn für eine Überprüfung nach der VO und damit der Feststellung
ihrer speziellen Hochschulzugangsberechtigung circa fünfeinhalb Jahre zugewartet hat. In
dieser Zeit hat sie neben den Zeiten der Arbeitslosigkeit von circa 15 Monaten für drei
verschiedene Firmen teilweise als Angestellte, teilweise selbstständig gearbeitet. Nach der
Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.6.1993, 12 RK 6/93; Beschluss vom 30.3.1995
a.a.O.) kann die Zeit einer Berufstätigkeit vor Studienbeginn grundsätzlich nicht als
Hinderungszeit angesehen werden (vgl. auch LSG Niedersachsen, Urteil vom 18.2.1998, L
4 KR 126/96).
Die von ihr vorgebrachten sozialen Gründe haben die Klägerin nicht daran gehindert, in der
gesamten Zeit als Versicherungsmaklerin zu arbeiten. Statt der Berufstätigkeit
nachzugehen, hätte sie auch kurz nach Inkrafttreten der o.a. VO die dortigen
Zulassungsvoraussetzungen erfüllen und anschließend studieren können; dies wäre ihr
auch neben der Betreuung der Tochter möglich gewesen. Die Ausnahme, dass eine
(vorübergehende) Berufstätigkeit durch besonders schwierige familiäre oder persönliche
Verhältnisse erzwungen worden ist (z.B. nach einem plötzlichen Todesfall in der Familie),
kann bei der Klägerin zumindest für einen Zeitraum von ca. fünf Jahren nach Erlass der VO,
in dem sie gearbeitet hat, nicht mehr angenommen werden.
Soweit sie für sich und ihre Kinder eine finanzielle Absicherung geltend macht, ist zum
einen zu beachten, dass dies auf ihrer Entscheidung beruhte, in dem Alter, in dem andere
das Studium durchführen, zunächst einen Beruf zu ergreifen und eine Familie zu gründen
(vgl. BSG a.a.O.), und ferner auf weiteren schicksalhaften Entwicklungen oder Entschlüssen
wie Scheidung sowie der wirtschaftlichen Lage. Solche wirtschaftlichen Verhältnisse, die in
den Lebensentwicklungen des Einzelnen begründet liegen, können jedenfalls in einem
Lebensalter, das vom typischen Studentenalter (Lebensalter von etwa 20 bis 30 Jahren)
weit entfernt ist, nicht mehr als Hinderungsgründe anerkannt werden (BSG a.a.O.). Zum
andern erhält sie nach § 10 Abs. 3 BAföG finanzielle Zuwendungen, um ihr Studium
bestreiten zu können, und es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sie diese
Leistungen nicht auch schon unmittelbar nach Inkrafttreten der VO erhalten hätte.
Schließlich kann die Klägerin auch nichts daraus herleiten, dass sie nach der genannten
Norm des § 10 Abs. 3 BAföG Leistungen erhält. In der Rechtsprechung des BSG ist es
geklärt, dass der Bezug vom BAföG-Leistungen nach dieser Norm keine Schlussfolgerung
dahingehend zulässt, ein Student habe auch Mitglied in der KVdS zu sein (BSG, Urteil vom
30.1.1997 a.a.O.).
Die Berufung hat daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.