Urteil des LSG Saarland vom 29.11.2005

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LSG Saarbrücken Urteil vom 29.11.2005, L 6 AL 36/04
Lohnkostenzuschuss für Jugendliche - Antragsfrist - leistungsbegründendes Ereignis -
Zeitpunkt - Anwendung der SPR 1999
Leitsätze
Der Begriff des leistungsbekundenden Ereignisses nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB 3 bzw.
Artikel 15 SPR setzt voraus, dass zwischen der Einstellung des Arbeitnehmenden und der
Gewährung des Lohnkostenzuschusses ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland
vom 13. Juli 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander die Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, den Antrag der Klägerin
auf Gewährung eines Lohnkostenzuschusses (LKZ) für arbeitslose Jugendliche als verspätet
gestellt abzulehnen.
Am 13. Oktober 2003 schloss die Klägerin mit der Arbeitnehmerin B.K. (ANin), geboren
1980, einen Arbeitsvertrag, beginnend am 01. November 2003, befristet bis zum 31.
Oktober 2005. Eine Regelung für den Fall, dass ein LKZ für die Einstellung der ANin nicht
gewährt werden würde, war in dem Arbeitsvertrag nicht vorgesehen. Das
Beschäftigungsverhältnis mit der ANin ist über die Befristung hinaus fortgesetzt worden.
Mit einem am 20. Oktober 2003 unterschriebenen Antrag begehrte die Klägerin einen LKZ
nach den Richtlinien der Bundesregierung zur Durchführung des Sofortprogramms zum
Abbau der Jugendarbeitslosigkeit - Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher
(Sofortprogramm-Richtlinien- SPR)- vom 01. Dezember 1999, zuletzt geändert durch die
Siebente Änderung vom 06. Juni 2003 (Bundesanzeiger Nr. 109 vom 14. Juni 2003, Seite
12907, infolge: SPR). Der Antrag trug einen Vermerk des Arbeitsamtes (ArbA), wonach
Tag der Antragstellung der 15. Oktober 2003 sei. Die tatsächliche Arbeitsaufnahme
erfolgte laut den Angaben im Antrag am 03. November 2003.
Mit Bescheid vom 08. Januar 2004 lehnte das ArbA die Gewährung eines LKZ ab, da der
Antrag nicht vor dem leistungsbegründenden Ereignis gestellt worden sei.
Leistungsbegründendes Ereignis sei der Abschluss des Arbeitsvertrages, spätestens jedoch
der Tag der Arbeitsaufnahme. Aus dem am 13. Oktober 2003 geschlossenen
Arbeitsvertrag sei zu ersehen, dass das Arbeitsverhältnis am 01. November 2003 hätte
beginnen sollen. Tag der Antragstellung sei aber der 15. Oktober 2003 gewesen. Eine
Förderung sei wegen Art. 8 i.V.m. Art.15 SPR nicht möglich.
Der Widerspruch vom 27. Januar 2004, mit welchem die Klägerin auf den Tag des
Arbeitsbeginnes als maßgebliches Ereignis abstellte, wurde mit Bescheid vom 11. Februar
2004 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung machte die Beklagte geltend,
leistungsbegründendes Ereignis sei der Abschluss des Arbeitsvertrages. Nur in dem Fall, in
welchem vor Arbeitsaufnahme kein Arbeitsvertrag geschlossen sei, gelte die
Arbeitsaufnahme als leistungsbegründendes Ereignis. Die Klägerin habe demnach am 15.
Oktober 2003 die Gewährung des LKZ zu spät beantragt.
Hiergegen hat sich die Klage vom 01. März 2004, beim Sozialgericht (SG) für das Saarland
am 04. März 2004 eingegangen, gerichtet.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Wie das SG Stuttgart in seinem Urteil vom 13. Dezember 2001 vertrete sie die
Auffassung, leistungsbegründendes Ereignis könne nur der Tag der Arbeitsaufnahme sein.
Im Bescheid vom 08. Januar 2004 habe die Beklagte auf den Tag des
Arbeitsvertragsabschlusses abgestellt, nenne aber als maßgebliches Ereignis den Tag der
Arbeitsaufnahme. Im Widerspruchsbescheid stelle sie nunmehr nur noch auf den Tag des
Abschlusses des Arbeitsvertrages ab. Diese Auffassung benachteilige Arbeitgeber, die aus
Gründen der Seriosität Arbeitsverträge und damit Arbeitsbedingungen vor Arbeitsantritt
schriftlich festlegten. Bevorzugt wären Arbeitgeber, die zunächst einmal arbeiten ließen und
erst dann einen Arbeitsvertrag abschlössen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, der
LKZ solle einen Anreiz für potentielle Arbeitgeber bieten, Arbeitslose einzustellen,
überzeuge dieser Ansatzpunkt nicht. Es sei nicht sicher, ob nach dem Abschluss des
Arbeitsvertrages tatsächlich eine Arbeitsaufnahme erfolge oder unterbleibe. Erfolge
dagegen eine Arbeitsaufnahme, sei klar, dass der Arbeitgeber die Beschäftigungsabsicht in
die Tat umsetze.
Die Beklagte hat dem entgegnet, mit Abschluss des Arbeitsvertrages vor Arbeitsbeginn sei
dokumentiert, dass eine Anstellung auch ohne Gewährung öffentlicher Mittel erfolge bzw.
davon abhängig gemacht werde.
Mit Urteil vom 13. Juli 2004 hat das SG für das Saarland den Bescheid vom 08. Januar
2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2004 aufgehoben und
die Beklagte verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Gewährung des LKZ für die ANin neu zu
bescheiden.
Zur Begründung hat das SG für das Saarland ausgeführt, dass nach § 324 Abs. 1 Satz 1
des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs - Arbeitsförderung - (SGB III) Leistungen der
Arbeitsförderung nur erbracht würden, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden
Ereignisses beantragt worden seien. Die Annahme der Beklagten, der Antrag der Klägerin
sei verspätet, treffe nicht zu. Zu der Frage, was unter leistungsbegründendem Ereignis zu
verstehen sei, seien in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche
Entscheidungen ergangen. So habe sich das Landessozialgericht (LSG) Baden-
Württemberg auf den Standpunkt gestellt, leistungsbegründendes Ereignis im Sinne des §
324 Abs. 1 Satz 1 SGB III sei der Abschluss des Arbeitsvertrages. Dagegen sei nach
Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen und des Bayerischen LSG
leistungsbegründendes Ereignis der Beginn der tatsächlichen Beschäftigung.
Letztgenannter Rechtsansicht schließe sich die erkennende Kammer an. Die begehrte
Leistung, der LKZ, solle einen Teil des Arbeitsentgeltes ausgleichen, der an den zuvor
Arbeitslosen gezahlt werde. Arbeitslohn falle aber erst mit dem tatsächlichen Beginn der
Beschäftigung an, nicht bereits mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages. Auch nach
Abschluss des Arbeitsvertrages bestehe noch die Möglichkeit, das vorgesehene
Arbeitsverhältnis einer Überprüfung zu unterziehen und zu entscheiden, ob die begehrte
Leistung für dieses Arbeitsverhältnis gewährt werde. Es könne mithin nicht auf den
formalen Bestand eines Arbeitsvertrages, sondern auf die tatsächliche Aufnahme der
Beschäftigung ankommen. Hierfür spreche letztlich auch eine bereits im Jahre 1980
getroffene Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), die noch im Rahmen der
damaligen Eingliederungshilfe nach § 54 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ergangen sei. In
den dortigen Urteilsgründen sei nämlich auch ausgeführt, dass der Antrag auf
Eingliederungshilfe bereits vor der Einstellung des Arbeitnehmers zu stellen sei. Das sei
spätestens der Zeitpunkt des vereinbarten Arbeitsbeginnes, also die Aufnahme der
tatsächlichen Beschäftigung.
Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 27. Juli 2004 zugestellt worden ist, hat diese
mit Schriftsatz vom 10. August 2004, beim LSG für das Saarland am 16. August 2004
eingegangen, Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor:
Bei sachgerechter Auslegung könne als leistungsbegründendes Ereignis im Sinne des Art.
15 Abs. 1 Satz 1 und 2 SPR nur der Abschluss des Arbeitsvertrages angesehen werden.
Nach der Zielsetzung des Art. 8 SPR solle durch die Gewährung von LKZ an einen
Arbeitgeber arbeitslosen Jugendlichen die Eingliederung in das Erwerbsleben erleichtert
werden. Leistungen könnten Arbeitgeber jedoch nur dann erhalten, wenn das
Arbeitsverhältnis sonst nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt begründet werden
könne. Es sei ausnahmsweise nur dann auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses
abzustellen, wenn zuvor kein Arbeitsvertrag geschlossen sei. Das sei vorliegend nicht der
Fall.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 13. Juli 2004 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt vor: Der Abschluss des
Arbeitsvertrages sei durch den Anreiz des LKZ gefördert worden. Die Gewährung dieser
Sozialleistung sei aber keine Bedingung für das Zustandekommen des Vertrages gewesen.
Mit der ANin sei nicht darüber gesprochen worden, welches Schicksal der Arbeitsvertrag
erleide, wenn ein LKZ nicht gewährt wurde.
Der Senat hat die Akten des BSG mit den Geschäftsnummern B 7 AL 48/02 R (Revision
gegen das Urteil des Bayerischen LSG vom 27. November 2001, AZ: L 9 AL 53/01) und B
11 AL 255/01 B (Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG Baden-
Württemberg vom 18. Oktober 2001, L 12 AL 1755/01) beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auf die
Verwaltungsakte der Klägerin und die Beiakten Bezug genommen. Die Beiakten waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung
in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, u. a. wenn der Wert
des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen
hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,-- Euro nicht übersteigt.
Die Leistung, die im Streit steht, betrifft einen LKZ für die Dauer von sechs Monaten in
Höhe von 50 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgeltes. Letzteres beträgt pro
Monat 1.857,02 Euro, sodass bereits die Hälfte des einmal gezahlten Arbeitsentgeltes die
Wertgrenze des § 144 Abs. 1 1. Alternative SGG übersteigt.
Die Berufung ist im Übrigen auch form- und fristgerecht eingelegt.
II. Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08. Januar 2004 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2004 zu Unrecht zu einer
Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer verurteilt.
Denn die Klage, zuletzt auf Neubescheidung gerichtet - bei der Gewährung von LKZ nach
Art. 8 § 1 Abs. 1 Satz 1 SPR handelt es sich um eine Ermessensentscheidung –, ist
unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von LKZ für die Einstellung der ANin.
Rechtsgrundlage ist Art. 8 § 1 Abs.1 Satz 1, Art. 15 Abs.1 SPR.
Die SPR ist zwar keine Rechtsnorm, sondern nur eine Richtlinie. Als solche kann sie keine
unmittelbaren Rechtsansprüche begründen. Sie konkretisiert vielmehr Inhalt und Leistung
der in § 421c SGB III genannten Arbeitsmarktprogramme. Wenn auch keine Rechtsnorm,
so können aber die von einer Richtlinie begünstigten Personen unter Berufung auf den
verfassungsrechtlichen Grundsatz der sogenannten Rechtsanwendungsgleichheit
verlangen, der Richtlinie entsprechend behandelt zu werden, sofern diese auch in anderen
Fällen tatsächlich angewendet wird. (vgl. zur Problematik: Nomos-Kommentar zum SGB III
– Arbeitsförderung -, 2. Auflage, § 421c SGB III, Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 SPR liegen indes nicht vor.
Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 SPR werden Leistungen nach dem Sofortprogramm auf Antrag
gewährt. Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 SPR sind sie vor Eintritt des leistungsbegründenden
Ereignisses zu beantragen. Das war nicht der Fall.
Der Arbeitsvertrag wurde bereits am 13. Oktober 2003 geschlossen, während der Antrag
auf Gewährung eines LKZ erst am 15. Oktober 2003 gestellt wurde. Damit bestand
zwischen der Einstellung der ANin und der Gewährung des LKZ kein ursächlicher
Zusammenhang. Diesen setzt der Begriff des leistungsbegründenden Ereignisses nach der
Auffassung des Senats aber voraus.
Eine Definition, was leistungsbegründendes Ereignis ist, ist weder in Art. 15 SPR noch in §
324 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorgegeben.
Dazu, wie der Begriff "leistungsbegründendes Ereignis" auszulegen ist, werden
unterschiedliche Meinungen vertreten.
Eine Auffassung sieht für das leistungsbegründende Ereignis den Beginn der Beschäftigung
als maßgeblich an (vgl. zur Problematik: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27. März
2003, AZ: L 8 AL 387/02; SG Stuttgart, Urteil vom 13. Dezember 2001, AZ: 12 AL
1759/01; Bayerisches LSG, Urteil vom 27. November 2001, AZ: L 9 AL 53/01;
Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt/De Caluwe/Heinz, Kommentar zum SGB III, § 217 SGB III,
Rdnr. 15; Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, § 218 Rdnr. 53). Das LSG Niedersachsen-
Bremen hat seine Meinung auf die Auslegung einer vergleichbaren Vorschrift im AFG,
nämlich § 55b Abs. 1, gestützt. Dort sei das leistungsbegründende Ereignis in dem Eintritt
in die dem Arbeitsverhältnis zu Grunde liegende Beschäftigung zu sehen. Unter der Geltung
des AFG seien entsprechende Regelungen wie in § 324 SGB III in den Anordnungen des
Verwaltungsrates der damaligen Bundesanstalt vorhanden gewesen, so z.B. u.a. § 56 der
Anordnung über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (AReha). § 56 AReha habe
ausdrücklich vorgesehen, dass der Antrag vor Beginn der Maßnahme zu stellen sei. Es sei
nicht ersichtlich, dass sich unter der Geltung des SGB III Entscheidendes geändert habe, so
dass als leistungsbegründendes Ereignis der Beginn der Maßnahme, also die tatsächliche
Beschäftigungsaufnahme, zu sehen sei. Aus der Gesetzesbegründung zu § 325 des
Entwurfs zum SGB III, der später zu § 324 SGB III geworden sei, lasse sich für eine andere
Auffassung nichts herleiten. Die Begründung stelle vielmehr gerade nicht auf den Abschluss
des Arbeitsvertrages, sondern ebenso auf den Beginn entsprechender Maßnahmen ab.
Nach einer Gegenmeinung (so: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Oktober 2001,
AZ: L 12 AL 1755/01; Niesel/Brandt, Kommentar zum SGB III, 2. Auflage, § 217 SGB III,
Rdnr. 7) soll es auf den Abschluss des Arbeitsvertrages ankommen. Das LSG Baden-
Württemberg hat seine Auffassung damit begründet, dass sich die Auslegung, was
leistungsbegründendes Ereignis sei, aus dem Inhalt vergleichbarer Regelungen ergebe, so
etwa der §§ 225 bis 227 SGB III. Aus § 226 SGB III werde ersichtlich, dass die Einstellung
das maßgebliche Ereignis sein solle. Dies entspreche auch den Gesetzesmotiven, wonach
Einstellungen von Arbeitslosen gefördert werden sollten, die sonst nicht vorgenommen
würden. Einstellung meine aber zweifelsfrei den Abschluss des Arbeitsvertrages. Nur dieses
Verständnis werde auch Sinn und Zweck der Regelung gerecht. Wenn das Gesetz
verlange, dass der Antrag vor dem leistungsbegründenden Ereignis gestellt werde, diene
dies dazu, dass das ArbA seinen Verpflichtungen nachkommen könne, bevor endgültige
Fakten geschaffen seien. Die Leistungsvoraussetzungen seien daher zu überprüfen, bevor
die Einstellung erfolge. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages ohne eine Auflösungsmöglichkeit
für den Fall, dass die Förderung nicht erfolge, sei der Arbeitgeber verpflichtet, den
Arbeitnehmer zu beschäftigen. Das ArbA habe dann keine Einflussmöglichkeiten mehr.
Eine andere Auffassung differenziert den Begriff des leistungsbegründenden Ereignisses.
Bei Eingliederungshilfen soll es der Lebensvorgang sein, vor dem das Arbeitsamt
eingeschaltet werden müsse, um noch Einfluss auf eine sachgerechte Förderung nehmen
zu können (so: Gagel/Hünecke, Kommentar zum SGB III, § 324 SGB III, Rdnr. 12 – 15),
oder das Ereignis sein, das als zuletzt eintretendes den Leistungsfall auslöse (so:
Niesel/Niesel, Kommentar zum SGB III, 2. Auflage, § 324 SGB III, Rdnr. 5).
Leistungsbegründendes Ereignis ist nach Meinung des Senats das Geschehen, das durch
die Gewährung eines LKZ zur Einstellung des Arbeitslosen führt. Das kann der Abschluss
des Arbeitsvertrags sein. In den Fällen, in denen kein förmlicher Arbeitsvertrag geschlossen
wird, ist es die Aufnahme der Beschäftigung. Der Auffassung des SG,
leistungsbegründendes Ereignis sei in jedem Fall immer die tatsächliche Arbeitsaufnahme,
vermag der Senat so nicht beizutreten.
Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des Gesetzes lassen diesen Schluss zu.
Der Wortlaut „leistungsbegründendes Ereignis" spricht dafür, dass der Gesetzgeber weder
ausschließlich auf den formalen Bestand eines Arbeitsverhältnisses noch auf die
tatsächliche Tätigkeitsaufnahme zur Durchsetzung des Förderungszieles abstellen wollte.
Der Begriff „ leistungsbegründendes Ereignis" ist bewusst weit gefasst, um alle
Beschäftigungsverhältnisse zu fördern, bei denen die Gewährung des LKZ zur dauerhaften
Eingliederung des geförderten Arbeitnehmers geführt haben. Entscheidend ist die kausale
Verknüpfung der Gewährung von LKZ und Einstellung.
Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Aus der
Gesetzesbegründung zum ursprünglichen § 325 des Entwurfs zum SGB III, der später zu §
324 SGB III wurde, lässt sich entnehmen (BTDrs 13, 4941, Seite 212), dass die Leistungen
der aktiven Arbeitsförderung, die in der Regel an die Teilnahme an bestimmten
Maßnahmen oder an bestimmten Betätigungen des Berechtigten anknüpften, grundsätzlich
vor Beginn der Maßnahme zu beantragen sind. Damit solle, so die Begründung, vermieden
werden, dass der Antragsteller oder Dritte, etwa Träger von Maßnahmen, Dispositionen
träfen, die sich im Nachhinein als schädlich erwiesen, weil eine Leistung der
Arbeitsförderung nicht erbracht werden könne. Es solle zugleich der Arbeitsverwaltung
Gelegenheit zur Beratung der Betroffenen, wie zur Prüfung von Maßnahmen, gegeben
werden.
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat zwar daraus den Schluss gezogen, dass die
Begründung selbst nicht auf den Abschluss des Arbeitsvertrages, sondern auch auf den
Beginn entsprechender Maßnahmen abstelle. Auch nach Abschluss des Arbeitsvertrages
und vor Aufnahme der Beschäftigung könne der Antragsteller noch beraten werden, und
die Beklagte sei in der Lage, die vorgesehene Beschäftigung zu überprüfen.
Diese Schlussfolgerung ist für den Senat nicht zwingend. Vielmehr ist der
Gesetzesbegründung vorrangig die Intention zu entnehmen, den Arbeitslosen wieder in das
Erwerbsleben zu integrieren. Anreiz dafür soll die Gewährung des LKZ sein. Nicht jedwedes
Beschäftigungsverhältnis ist damit förderungswürdig, sondern nur dasjenige, welches
wegen der Gewährung des LKZ eingegangen wurde.
Nichts anderes ergibt sich auch aus den Entscheidungen des BSG aus dem Jahr 1980,
denen das SG entnehmen will, entscheidendes Ereignis sei die Aufnahme der
Beschäftigung.
Das BSG hat 1980 in zwei Entscheidungen – damals noch zu der Eingliederungsbeihilfe in §
54 AFG - ausdrücklich betont, dass zwischen der Eingliederungsbeihilfe und der Einstellung
ein ursächlicher Zusammenhang bestehen müsse. Das folge aus dem Zweck des § 54
Abs. 1 AFG. Die Eingliederungsbeihilfe solle für den Arbeitgeber einen Anreiz zur Einstellung
schwer vermittelbarer Arbeitsuchender bieten. Diese Zweckbestimmung lasse die
Bewilligung von Eingliederungsbeihilfe nur dann als gerechtfertigt erscheinen, wenn sie für
die Motivation des Arbeitgebers, den Arbeitsuchenden einzustellen, zumindest eine
wesentliche Bedingung gewesen sei (vgl. zur Problematik: BSG, Urteil vom 11. November
1982, Az: 7 RAr 3/82; BSG, Urteil vom 17. Juli 1980, Az: 7 RAr 35/79).
Das BSG hat die Frage, ob es des ursächlichem Zusammenhangs bedarf, in dem
Beschluss vom 12. April 2002, mit welchem die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18. Oktober 2001 als unzulässig
verworfen worden ist, letztlich offengelassen.
Ein Grund, warum dieser Ursachenzusammenhang in § 324 Abs.1 SGB III oder in Art. 15
Abs.1 Satz 2 SPR bei gleichgebliebener Intention der Regelung nicht mehr verlangt werden
soll, ist nicht ersichtlich.
Vorliegend war die Gewährung des LKZ nicht für die Einstellung der ANin ursächlich. Der
Arbeitsvertrag war bereits vor dem Antrag auf LKZ geschlossen. Eine Bedingung, dass der
Arbeitsvertrag bei Nichtgewährung des LKZ aufgelöst werde, wurde nicht getroffen. Wie
der Klägerin-Vertreter vor dem Senat ausgeführt hat, ist mit der ANin auch nicht
besprochen worden, welches Schicksal der Arbeitsvertrag bei Nichtgewährung des LKZ
erleiden solle. Dass der LKZ Bedingung für den Arbeitsvertrag war, ist nicht ersichtlich.
Dass im Gegenteil dem gerade nicht so war, zeigt, dass die ANin nach Ablauf der
Befristung immer noch bei der Klägerin tätig ist.
Der Antrag war deshalb verspätet gestellt. Die Klage war abzuweisen und der Berufung
stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der Fassung des 6. SGG
Änderungsgesetzes (SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I. S. 2144).
Die Klägerin ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. September 2004, AZ: B
11 AL 33/03 R) als Leistungsempfängerin nach § 183 SGG anzusehen, so dass für die
Kostenentscheidung § 193 SGG maßgebend ist.
Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung
zuzulassen. Die gegen das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18. Oktober 2001
gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG mit Beschluss vom 12. April 2002 (B
11 AL 255/01 B) als unzulässig verworfen. In diesem Beschluss hat das BSG eine
Entscheidung der Frage, was leistungsbegründendes Ereignis im Sinne des § 324 Abs. 1
Satz 1 SGB III ist, ebenso wenig geklärt wie die Frage, ob es einer kausalen Verknüpfung
zwischen der Gewährung eines LKZ und der Einstellung bedarf. Die Revision gegen das
Urteil des Bayerischen LSG vom 27. November 2001, die diese Rechtsfrage zum
Gegenstand hatte, ist zurückgenommen worden.