Urteil des LSG Saarland vom 21.01.2004

LSG Saarbrücken: arbeitsunfähigkeit, krankengeld, arbeitsfähigkeit, arbeitsamt, krankenkasse, meldung, ambulante behandlung, leistungsanspruch, arbeitslosenhilfe, obliegenheit

LSG Saarbrücken Urteil vom 21.1.2004, L 2 KR 17/02
Ruhen - Krankengeldanspruch - Obliegenheit der Meldung der
Arbeitsunfähigkeit - nachgehender Leistungsanspruch
Leitsätze
1. Zur Obliegenheit der (erneuten) Meldung der Arbeitsunfähigkeit nebst Vorlage einer
entsprechenden ärztlichen Bescheinigung nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, wenn nach
vorangegangener Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
erfolgt ist.
2. Zum Fortbestehen der Leistungspflicht der Krankenkasse für einen Monat nach Ende der
Pflichtmitgliedschaft gemäß § 19 Abs. 2 SGB V.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom
08.05.2002 und die Bescheide der Beklagten vom 29.10.2001 und 16.11.2001 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2002 abgeändert und die Beklagte
verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 28.09.2001 bis zum 09.10.2001 Krankengeld
nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin 1/4 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf
Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 10.09.2001 bis zum 28.10.2001 zusteht.
Die 1961 geborene Klägerin war zuletzt 1996 bei der Firma S. beschäftigt und ist seitdem
arbeitslos. Am 18.12.1999 erlitt sie eine offene Unterschenkelfraktur links. Nach
stationärer Versorgung bis zum 07.01.2000 und anschließendem Heilungsverlauf stellte sie
sich im Herbst 2000 wieder dem Arbeitsamt zur Vermittlung zur Verfügung. Zuletzt vor
dem hier streitigen Zeitraum bezog sie vom Arbeitsamt W. zunächst bis zum 31.08.2001
Arbeitslosenhilfe. Mit Bescheid vom 27.09.2001 hob das Arbeitsamt den
Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 16.08. bis zum 31.08.2001 auf mit der Begründung,
für diesen Zeitraum stehe der Klägerin ein Anspruch auf Krankengeld zu. Nachfolgend
beantragte und bezog die Klägerin erst ab 05.11.2001 wieder Leistungen der
Arbeitsverwaltung.
Anfang Juli 2001 wurde bei der Klägerin ein Abszeß im Bereich der ehemaligen Fraktur des
linken Unterschenkels festgestellt, der am 05.07.2001 operativ im Marienkrankenhaus W.
behandelt wurde mit anschließendem stationären Aufenthalt bis zum 11.07.2001. Es
folgten ambulante Behandlungen am 13.07., 17.07., 20.07., 23.07., 25.07., 01.08.,
07.08., 14.08., 21.08., 27.08. und 05.09.2001. Von Dr. R., dem Chefarzt der Klinik für
Allgemein-, Unfall- und Viszeralchirurgie des Marienkrankenhauses W., wurde zunächst
Arbeitsunfähigkeit bescheinigt bis zum 05.08.2001. In einem Schreiben vom 30.07.2001
an die Beklagte nahm Dr. R. als absehbaren Zeitraum für die Wiederherstellung der
Arbeitsfähigkeit einen solchen von 3 bis 4 Wochen an und befürwortete zugleich eine
Vorstellung der Klägerin beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dort
wurde die Klägerin durch Dr. D. am 27.08.2001 untersucht. Dabei wurde eine nach der
operativen Versorgung noch offene Wunde festgestellt sowie eine auf Zeit weiter
bestehende Arbeitsunfähigkeit. Anläßlich des Termins zur ambulanten Behandlung am
05.09.2001 stellte der Oberarzt Dr. E. der Chirurgischen Klinik des Marienkrankenhauses
W. den Abschluß der Behandlung zu diesem Zeitpunkt und den Wiedereintritt der
Arbeitsfähigkeit der Klägerin zum 10.09.2001 fest. Mit Schreiben an die Beklagte vom
13.09.2001 bestätigte Dr. R. den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit der Klägerin ab
10.09.2001. Die Beklagte teilte hierauf der Klägerin mit Schreiben vom 17.09.2001 mit,
der behandelnde Arzt habe eine Besserung ihres Gesundheitszustandes festgestellt und die
Beklagte darüber informiert, daß die Klägerin aus ärztlicher Sicht ab 10.09.2001 wieder
arbeitsfähig sei. Mit dem vorhergehenden Tag ende damit der Krankengeldanspruch der
Klägerin. Zugleich wurde sie darauf hingewiesen, daß "unter Umständen ihre weitere
finanzielle Absicherung von der rechtzeitigen persönlichen Meldung beim Arbeitsamt
abhängig" sei. Sofern sie bis dahin noch keine Leistungen beantragt habe oder sich habe
beraten lassen, werde sie gebeten, dies nachzuholen.
Am 28.09.2001 begab sich die Klägerin erneut in ambulante Behandlung der Chirurgischen
Klinik des Marienkrankenhauses W. (Chefarzt Dr. R.). Mit Eingang vom 04.10.2001 wurde
der Beklagten ein weiterer Auszahlungsschein für Krankengeld betreffend die Klägerin
vorgelegt, in dem unter dem Datum des 28.09.2001 und mit dem Stempel von Dr. R.
bescheinigt wurde, die Klägerin sei "weiter arbeitsunfähig" bis voraussichtlich 28.10.2001.
Mit Schreiben vom 26.10.2001 wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin an die
Beklagte und führte aus, die Klägerin sei seit 05.07. infolge der Entfernung eines
Abszesses am Bein arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 16.08.2001 habe sie Anspruch auf
Zahlung von Krankengeld. Da zum gegebenen Zeitpunkt immer noch Arbeitsunfähigkeit
bestehe, sei auch der Krankengeldanspruch immer noch gegeben. Die Beklagte habe
demgegenüber mitgeteilt, nur vom 01.09. bis 09.09.201 Krankengeld zu gewähren, da die
Klägerin für die Folgezeit wieder arbeitsfähig sei. Hierzu werde um Aufklärung gebeten. Die
Beklagte teilte hierzu der Klägerin mit Schreiben vom 29.10.2001 mit, sie beziehe sich auf
die bereits mehrfach mit der Klägerin geführten Telefonate bezüglich der Arbeitsfähigkeit
ab 10.09.2001 und teile mit, daß eine erneute Rücksprache mit dem Oberarzt Dr. E.
nochmals zu der Bestätigung geführt habe, daß die Arbeitsunfähigkeit mit dem
09.09.2001 beendet gewesen sei, wie der genannte Arzt bereits bei der ambulanten
Behandlung am 05.09.2001 festgestellt habe. Zugleich wurde die Klägerin nochmals
darauf hingewiesen, sich umgehend mit dem Arbeitsamt in Verbindung zu setzen. Der
Bevollmächtigte der Klägerin erhob mit Schreiben vom 30.10.2001 Widerspruch gegen das
Schreiben vom 29.10.2001.
Durch Schreiben vom 31.10.2001 bestätigte Dr. E. gegenüber der Beklagten nochmals,
daß die Behandlung der Klägerin am 05.09.2001 mit Arbeitsfähigkeit zum 10.09.2001
abgeschlossen worden sei. Dr. R. führte gegenüber dem Bevollmächtigten der Klägerin mit
Schreiben vom 09.11.2001 ebenfalls aus, daß die Behandlung am 05.09.2001 mit
Arbeitsfähigkeit zum 10.09.2001 abgeschlossen worden sei. Bei einer erneuten
Vorstellung am 28.09.2001 sei eine "neue" Arbeitsunfähigkeit für voraussichtlich 4 Wochen
testiert worden. Aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen habe zwischen
dem 10.09. und dem 27.09.2001 keine Arbeitsunfähigkeit bestanden.
Durch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 16.11.2001 lehnte die
Beklagte eine Krankengeldgewährung nach dem 09.09.2001 an die Klägerin ab. Zur
Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, Arbeitsunfähigkeit habe vom 05.07. bis zum
09.09.2001 bestanden, weshalb der Anspruch mit dem 09.09.2001 ende.
Mit Schreiben vom 20.11.2001 legte der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch gegen
den Bescheid vom 16.11.2001 ein und machte nochmals geltend, der Klägerin stehe auch
für die Zeit vom 01.09.2001 bis zum 28.10.2001 Krankengeld zu, da sie während dieses
Zeitraums infolge derselben Erkrankung arbeitsunfähig gewesen sei. Entgegen der
Auffassung der Beklagten habe eine Verpflichtung des Arbeitsamtes zur Zahlung von
Leistungen für den gesamten Zeitraum nicht bestanden. Selbst wenn zwischen dem
10.09. und dem 27.09.2001 Arbeitsfähigkeit bestanden hätte, sei die erneute
Arbeitsunfähigkeit ab 28.09.2001 doch durch dieselbe Krankheit eingetreten, die bereits
zur vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz
(EFZG) hätte daher kein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestanden und damit auch kein
Anspruch auf Leistungen des Arbeitsamtes.
Durch Widerspruchsbescheid vom 15.01.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, die Zahlung von Krankengeld setze eine
ärztliche Feststellung von Arbeitsunfähigkeit voraus. Entsprechende Bescheinigungen seien
von der Klägerin für den Zeitraum zwischen dem 10.09. bis 27.09.2001 nicht vorgelegt
worden. Für die Zeit vom 28.09. bis 28.10.2001 scheide ein Krankengeldanspruch aus, da
eine anspruchsbegründende Versicherung nicht bestanden habe.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht für das Saarland (SG) hat die Klägerin geltend
gemacht, es habe wegen des Abszesses im Frakturbereich am linken Unterschenkel
durchgehend Arbeitsunfähigkeit vom 05.07.2001 bis 28.10.2001 bestanden. Leistungen
vom Arbeitsamt habe sie erst wieder ab 05.11.2001 beantragt und bezogen.
Durch Urteil vom 08.05.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im
wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht
die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 10.09.2001 bis 28.10.2001
verweigert. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V)
entstehe der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Ab dem 10.09.2001 liege keine ärztliche
Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vor. Somit sei mit Ablauf des 09.09.2001
der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Krankengeld beendet worden und ein neuer
Anspruch infolge Fehlens einer ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr
entstanden. Durch die erneute Krankschreibung der Klägerin ab dem 28.09.2001 habe
kein neuer Anspruch auf Krankengeld entstehen können, da die Pflichtmitgliedschaft der
Klägerin als Bezieherin von Arbeitslosenhilfe gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V mit dem
Ende des Anspruchs auf Krankengeld, also dem 09.09.2001 geendet habe. Da die Klägerin
erst ab 05.11.2001 wieder Leistungen der Arbeitsverwaltung beantragt und bezogen
habe, habe erst ab diesem Zeitpunkt wieder eine Pflichtversicherung als Arbeitslose in der
Krankenversicherung entstehen können.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 27.05.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit
einem am 07.06.2002 beim Landessozialgericht für das Saarland eingegangenen
Schriftsatz Berufung eingelegt.
Sie macht geltend, das SG habe ermitteln müssen, ob trotz der fehlenden ärztlichen
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 10.09. bis 27.09.2001
Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, da in außergewöhnlichen Fällen auch eine
rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgen könne. Ein solcher Fall habe hier
vorgelegen. Insbesondere sei ihr von Dr. E. nicht verständlich mitgeteilt worden, daß ab
dem 10.09.2001 wieder Arbeitsfähigkeit bestehen sollte. Es habe daher für sie zunächst
keine Veranlassung bestanden, sich um eine zweite ärztliche Meinung und die Bestätigung
der Arbeitsunfähigkeit zu bemühen. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf ihr
Hinweisschreiben vom 17.09.2001 verweise, habe sie - die Klägerin -, nachdem sie dieses
Schreiben erhalten habe, zunächst versucht, die Frage der Arbeitsunfähigkeit mit der
Geschäftsstelle der Beklagten in Saarbrücken zu klären. Sie habe angenommen, dort sei es
zu einem Versehen gekommen. Für sie sei es auch nicht naheliegend gewesen, daß es zu
einem Mißverständnis zwischen ihr und dem behandelnden Arzt gekommen sein sollte.
Vielmehr habe sie angenommen, diese Problematik stehe im Zusammenhang mit Vorfällen
aus dem August 2001, als die Beklagte dem zuständigen Arbeitsamt mitgeteilt habe, daß
sie - die Klägerin- nach Feststellung des MDK voraussichtlich länger als 6 Monate in ihrer
Leistungsfähigkeit eingeschränkt sei, wohingegen die Beklagte später mit Schreiben vom
28.08.2001 dem Arbeitsamt mitgeteilt habe, daß nun doch nicht von einer mehr als
sechsmonatigen Leistungsminderung auszugehen sei. Soweit sie - die Klägerin - sich
deshalb über die Frage der Arbeitsunfähigkeit ab 10.09.2001 im Irrtum befunden habe, sei
ihr dies nicht vorzuwerfen. Es liege aufgrund dessen vielmehr ein ungewöhnlicher Fall vor,
der die rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zulasse.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 08.05.2002 und die Bescheide der
Beklagten vom 29.10.2001 und vom 16.11.2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15.01.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr
für die Zeit vom 10.09.2001 bis zum 28.10.2001 Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ein außergewöhnlicher Fall, in dem eine rückwirkende Feststellung
der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 10.09. bis zum 27.09.2001 ausnahmsweise
möglich sei, liege nicht vor. Die behandelnden Ärzte hätten es weder unterlassen,
Arbeitsunfähigkeit festzustellen, noch der Klägerin das Ende der Arbeitsunfähigkeit
verständlich mitzuteilen. Zudem sei die Klägerin durch das Schreiben der Beklagten vom
17.09.2001 über das ärztlich festgestellte Ende der Arbeitsunfähigkeit informiert worden.
Der Senat hat bei Dr. R. einen ausführlichen Befundbericht über die Behandlung der
Klägerin ab dem 05.07.2001 und die näheren Umstände der Bescheinigung der
Arbeitsfähigkeit am 05.09.2001 ab 10.09.2001 und der Bescheinigung der
Arbeitsunfähigkeit ab 28.09.2001 eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Auskunft
vom 03.11.2003 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Der Inhalt der Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
In der Sache hat sie lediglich zu einem geringen Teil Erfolg.
Zu Recht hat das SG die Klage insoweit abgewiesen, als die Klägerin von der Beklagten
Krankengeld für die Zeit vom 10.09. bis zum 27.09.2001 begehrt. Unabhängig von der
Frage, ob in diesem Zeitraum Arbeitsunfähigkeit bei der Klägerin tatsächlich vorlag, steht
einem Leistungsanspruch der Klägerin insoweit der Ruhenstatbestand des § 49 Abs. 1 Nr.
5 SGB V wegen fehlender ärztlicher Feststellung und Meldung der Arbeitsunfähigkeit
entgegen (1). Dieses Leistungshindernis ist mit der Ausstellung und Einreichung der
ärztlichen Bescheinigung über den erneuten Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ab 28.09.2001
entfallen. Für die Zeit vom 28.09. bis zum 09.10.2001 kann die Beklagte dem
Leistungsanspruch der Klägerin auch weder das fehlende Pflichtversicherungsverhältnis
zwischen den Beteiligten ab 10.09.2001 noch den Vorrang eines möglichen
Leistungsbezuges nach dem Arbeitsförderungsrecht (Drittes Buch des Sozialgesetzbuchs -
SGB III -) im Rahmen einer Leistungsfortzahlung gemäß § 198 S. 2 Nr. 3 SGB III in
Verbindung mit § 126 SGB III entgegenhalten. Insoweit hat die Berufung Erfolg (2). Erst ab
10.10.2001 kann die Beklagte sich nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 SGB V auf die
Beendigung ihrer Leistungsverpflichtung aufgrund der Beendigung der Pflichtmitgliedschaft
der Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Verbindung mit § 190 Abs. 12 SGB V und §
192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zum 09.09.2001 berufen, weshalb die Entscheidung des SG
bezogen auf diesen Zeitraum im Ergebnis zu bestätigen ist (3).
(1)
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die
Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in
einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden.
Versichertes Pflichtmitglied war die Klägerin zum Zeitpunkt des Eintritts der
Arbeitsunfähigkeit am 05.07.2001 bei der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, der
die Versicherungspflicht der Leistungsempfänger nach dem Arbeitsförderungsrecht regelt.
Die Klägerin war zum damaligen Zeitpunkt Bezieherin von Arbeitslosenhilfe gemäß §§ 190
ff. SGB III. Die hieraus sich ergebende Versicherungspflicht bestand über den Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit hinaus gemäß § 190 Abs. 12 SGB V zunächst fort bis zum Ende des
Bezugs der sechswöchigen Leistungsfortzahlung durch das Arbeitsamt bei
Arbeitsunfähigkeit gemäß § 198 S.2 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit § 126 SGB III und blieb
darüberhinaus bis zum Ende des Krankengeldanspruches gegen die Beklagte gemäß § 192
Abs. 1 Nr. 2 SGB V bestehen.
Der Krankengeldanspruch der Klägerin, den die Beklagte bis zum 09.09.2001 erfüllt hat,
endete allerdings mit diesem Tag. Denn ab dem 10.09.2001 steht dem Anspruch der
Klägerin auf Leistung von Krankengeld gegen die Beklagte der Ruhenstatbestand des § 49
Abs. 1 Nr. 5 SGB V entgegen. Nach der genannten Vorschrift ruht der Anspruch auf
Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt
nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.
Bei dem in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geregelten Erfordernis einer Meldung der
Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer
unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind deshalb grundsätzlich vom
Versicherten zu tragen, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn die
Leistungsvoraussetzungen im übrigen zweifelsfrei gegeben waren und dem Versicherten
kein Verschulden zur Last gelegt werden kann (vgl. BSG-Urteil vom 08.02.2000 - B 1 KR
11/99 R = BSGE 85, 271 ff., Urteil des Senats vom 26.02.2003 - L 2 KR 10/01 -, LSG
Berlin, Urteil vom 26.11.1997 - L 9 KR 118/96 = NZS 1998, 238 ff, Krauskopf,
Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung (Stand 06/2003), § 49 SGB V Randnr. 36).
Dabei geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Ausschlußregelung
des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V strikt anzuwenden ist, da sie die Krankenkasse davon
freistellen soll, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im
Nachhinein aufklären zu müssen, um ihr die Möglichkeit zu erhalten, die Arbeitsunfähigkeit
zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmißbräuchen entgegen zu
treten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können.
Vorliegend hat die Klägerin zunächst den Eintritt der nach Abschluß der stationären
Behandlung ab 05.07.2001 sich anschließenden Arbeitsunfähigkeit der Beklagten
fristgerecht gemeldet. Die Obliegenheit nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V umfaßt aber nicht
nur eine einmalige Krankmeldung beim Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Weitergehend als der
Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V es nahezulegen scheint, muß die Arbeitsunfähigkeit
der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme auch dann angezeigt werden,
wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat (BSG-Urteil vom 08.02.2000
a.a.O.).
Dementsprechend muß die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse auch bei
ununterbrochenem Leistungsbezug erneut gemeldet werden, wenn wegen Befristung der
bisherigen ärztlichen Krankschreibung über die Weitergewährung des Krankengeldes neu
zu befinden ist. Auch in diesem Fall muß der Versicherte die Fortdauer der
Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner
Krankenkasse melden, wenn er das Ruhen des Leistungsanspruches vermeiden will (BSG-
Urteil vom 08.02.2000, a.a.O.). Gleiches gilt, wenn ärztlicherseits Arbeitsfähigkeit
festgestellt wurde, der weiterhin arbeitsunfähige Versicherte der Krankenkasse aber keine
neue ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vorlegt und er auch nicht alles zumutbare
getan hat, eine solche ärztliche Feststellung zu erhalten (BSG-Urteil vom 12.11.1985,
SozR 2200 § 216 Nr. 8, LSG Berlin vom 26.11.1997, a.a.O. sowie Krauskopf a.a.O.,
Randnr. 36).
Selbst wenn daher vorliegend zu Gunsten der Klägerin in der Sache positiv unterstellt
würde, sie sei auch in der Zeit vom 10.09.2001 bis zum 27.09.2001 arbeitsunfähig
erkrankt gewesen, könnte dies nicht zur Bejahung des geltend gemachten
Krankengeldanspruches für den genannten Zeitraum gegen die Beklagte führen, weil eine
Obliegenheitsverletzung der zuletzt genannten Art vorliegt, die den Anspruch gemäß § 49
Abs. 1 Nr. 5 SGB V endgültig zum Ruhen bringt.
Anläßlich der ambulanten Behandlung vom 05.09.2001 stellte der behandelnde Arzt Dr. E.
bei der Klägerin den Abschluß der Behandlung zu diesem Zeitpunkt und den Wiedereintritt
der Arbeitsfähigkeit zum 10.09.2001 fest. Die Klägerin macht insoweit nicht geltend, der
Arzt habe ihr dies nicht mitgeteilt, sie macht lediglich geltend, der Arzt habe ihr den
Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht verständlich mitgeteilt. Inwieweit dies eine
Obliegenheitsverletzung der Klägerin in Frage stellen könnte, mag allerdings dahinstehen.
Denn unmißverständlich ist der Klägerin jedenfalls durch das Schreiben der Beklagten vom
17.09.2001 mitgeteilt worden, daß Arbeitsfähigkeit ab 10.09.2001 nach ärztlicher
Feststellung wieder bestehe und der Krankengeldanspruch daher mit dem vorhergehenden
Tag ende. Auch dieses Schreiben der Beklagten hat die Klägerin nach ihrem eigenen
Vortrag indes nicht zum Anlaß genommen, sich um eine anderweitige ärztliche
Arbeitsunfähigkeitsfeststellung zu bemühen. Vielmehr hat sie lediglich Rücksprache mit der
Geschäftsstelle der Beklagten genommen und sich zuletzt im Berufungsverfahren darauf
zurückgezogen, sie habe angenommen, daß es dort zu einem Versehen gekommen sei,
wie zuvor im Zusammenhang mit Mitteilungen der Beklagten an das Arbeitsamt im August
2001. Dieser Vortrag vermag eine Obliegenheitsverletzung dergestalt, daß die Klägerin
nach unmißverständlicher Mitteilung der ärztlichen Feststellung der Arbeitsfähigkeit ab
10.09.2001 keine ärztliche Feststellung der - an dieser Stelle zu ihren Gunsten
unterstellten - Arbeitsunfähigkeit ab 10.09.2001 vorgelegt und sich auch nicht um den
Erhalt einer solchen Feststellung bemüht hat, nicht in Frage zu stellen.
Ausnahmsweise kann nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.02.2000, a.a.O.)
die Ausschlußwirkung der Ruhensregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V dem
Leistungsanspruch zwar dann nicht entgegen gehalten werden, wenn die Feststellung oder
die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die
dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse und nicht dem des Versicherten
zuzurechnen sind. So liegt der Fall hier aber nicht. Das von der Klägerin geltend gemachte
Mißverstehen sowohl der Mitteilung durch den behandelnden Arzt Dr. E., vor allem aber
auch des klar formulierten Schreibens der Beklagten vom 17.09.2001 fällt allein in den
Risiko- und Verantwortungsbereich der Klägerin. Die Ruhensregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5
SGB V steht dem geltend gemachten Leistungsanspruch für die Zeit vom 10.09. bis zum
27.09.2001 damit entgegen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, daß eine Beweiserhebung zu der Frage des
tatsächlichen Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit in dem fraglichen Zeitraum mangels
Entscheidungsrelevanz der zugrundeliegenden Tatsachenfrage nicht durchzuführen war.
Die Ausschlußwirkung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V greift, wie dargelegt, gerade auch
dann, wenn zu Gunsten der Klägerin das tatsächliche Bestehen von Arbeitsunfähigkeit
positiv unterstellt wird.
(2)
Für den Zeitraum vom 28.09. bis zum 09.10.2001 steht der Klägerin demgegenüber ein
Anspruch auf Krankengeld zu.
Auf der Grundlage einer Vorstellung der Klägerin in der Chirurgischen Ambulanz des
Marienkrankenhauses W. am 28.09.2001 ist für die Zeit vom 28.09. bis zum 28.10.2001
ärztlicherseits Arbeitsunfähigkeit der Klägerin festgestellt und im Rahmen eines
Auszahlungsscheines für Krankengeld bescheinigt worden. Nach Maßgabe des von Dr. B.
(Oberarzt der Chirurgischen Klinik des Marienkrankenhauses W.) unter dem 03.11.2003
für den Senat erstatteten Befundberichts wurde die Klägerin zu diesem Zeitpunkt von dem
Arzt Dr. K. untersucht. Nach dessen Eintragung im Krankenblatt war das Ulcus am rechten
Unterschenkel über der Schienbeinvorderkante wieder aufgebrochen und bedurfte einer
ärztlichen Behandlung. Aufgrund dessen erfolgte die Krankschreibung bis zum 29.10.2001.
Die am 28.09.2001 ausgestellte Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin
ging bei der Beklagten am 04.10.2001 ein.
Hieraus ergibt sich zum einen, daß - anders als für den vorhergehenden Zeitraum vom
09.09. bis zum 27.09.2001 - für den Zeitraum vom 28.09. bis zum 28.10.2001 von einer
ärztlicherseits festgestellten Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 SGB V
auszugehen ist und daß zum anderen einem entsprechenden Krankengeldanspruch nicht
der Ruhenstatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V entgegen gehalten werden kann.
Allerdings hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, daß die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB
V in Verbindung mit §§ 198 S. 2 Nr. 3, 126 SGB III und § 190 Abs. 12 SGB V sowie § 192
Abs. 1 Nr. 2 SGB V bestehende Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten und
damit ihre Stellung als Versicherte im Sinne des § 44 SGB V nur bis zum 09.09.2001
bestand. Nachfolgend war die Klägerin bis zum 05.11.2001, dem Zeitpunkt der erneuten
Beantragung und des erneuten Bezugs von Leistungen nach dem Arbeitsförderungsrecht
(SGB III), nicht mehr Versicherte bei der Beklagten.
Gleichwohl bestand nach dem Ende der Mitgliedschaft der Klägerin am 09.09.2001
Anspruch auf Leistungen gegen die Beklagte bis zum 09.10.2001 fort. Gemäß § 19 Abs. 2
SGB V besteht beim Ende der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger Anspruch auf
Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft fort, solange keine
Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach dem Ende der
Pflichtmitgliedschaft der Klägerin zum 09.09.2001 steht hier nicht in Rede. Ein
Krankengeldanspruch für die Zeit der ab 28.09.2001 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bis
zum Ablauf eines Monats nach Ende der Pflichtmitgliedschaft der Klägerin, d.h. dem
09.10.2001, ist daher zu bejahen (vgl. zum Anspruch auf Krankengeldzahlung im Rahmen
der Leistungspflicht nach § 19 Abs. 2 SGB V auch LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1997
a.a.O).
Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, es habe für einen Zeitraum von 6
Wochen nach dem 28.09.2001 ein vorrangiger Anspruch auf Leistungsfortzahlung nach
dem Arbeitsförderungsrecht (SGB III) bestanden. Zwar verliert auch ein Arbeitsloser, der
Arbeitslosenhilfe bezieht, wie ein Arbeitsloser, der Arbeitslosengeld bezieht, beim Eintritt
von Arbeitsunfähigkeit dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw.
Arbeitslosenhilfe für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 6 Wochen
(Leistungsfortzahlung gemäß § 198 S. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 126 Abs. 1 SGB III).
Diese Zeit der Leistungsfortzahlung war bezogen auf die in Rede stehende Erkrankung der
Klägerin (Abszeß bzw. Ulcus im Bereich der ehemaligen Fraktur am rechten Unterschenkel)
indes bereits in dem Zeitraum vom 05.07. bis zum 16.08.2001 erschöpft. Insoweit
erweist sich hier als maßgeblich, daß ausweislich des Befundberichtes des
Marienkrankenhauses W. vom 03.11.2003 der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom
28.09.2001 dieselbe Erkrankung zugrunde lag wie der Arbeitsunfähigkeit vom 05.07. bis
zum 09.09.2001. Der Leistungsanspruch der Klägerin auf Zahlung von Krankengeld für die
Zeit vom 28.09. bis zum 09.10.2001 gegen die Beklagte ist daher zu bejahen. Auch aus
der zuletzt von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung des BSG (Urteil vom
08.08.1995 -1 RK 21/94-) kann Gegenteiliges nicht hergeleitet werden. Der dortigen
Entscheidung lag ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zugrunde und tragende Erwägung
im dortigen Fall war, dass die Versicherte nach der Geburt eines Kindes und dem Bezug
von Mutterschafts- und Erziehungsgeld durch Kündigung des - fortbestehenden -
Arbeitsverhältnisses ihre Beziehung zum Erwerbsleben abgebrochen hatte. Vergleichbares
liegt im Falle der Klägerin im vorliegenden Berufungsverfahren nicht vor.
(3)
Für die Folgezeit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit vom 10.10. bis zum 28.10.2001
fehlt es demgegenüber an einer Rechtsgrundlage für einen Krankengeldanspruch der
Klägerin gegen die Beklagte. Denn die Klägerin war in diesem Zeitraum weder Versicherte
der Beklagten noch bestand darüber hinaus im Sinne des § 19 Abs. 2 SGB V ein
fortdauernder Leistungsanspruch gegen die Beklagte.
Die Berufung hat daher nur in dem tenorierten Umfang Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hierbei wurde
berücksichtigt, daß von dem erstrebten Zeitraum von 8 Wochen, für den Krankengeld
geltend gemacht wurde, ein Obsiegen nur für einen Zeitraum von knapp 2 Wochen
gegeben ist.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).