Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 06.01.2011

LSG Rpf: störung der merkfähigkeit, geistige behinderung, diabetes mellitus, nummer, form, depression, versorgung, demenz, gutachter, behandlung

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 06.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Speyer S 17 P 22/09
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 5 P 36/10
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 29.06.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Gewährung von Betreuungsleistungen aus der sozialen Pflegeversicherung.
Die 1927 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie leidet an einer Hypertonie, einem nicht
insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, einer rezidivierenden Depression sowie einer 2007 diagnostizierten senilen
Demenz vom Alzheimer-Typ. Vom Amt für soziale Angelegenheiten Landau sind ein Grad der Behinderung (GdB) von
80 und die gesundheitlichen Merkmale für die Nachteilsausgleiche "G" und "B" zuerkannt (Bescheid vom 23.07.2008).
Im August 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Betreuungsleistungen bei
eingeschränkter Alltagskompetenz. Im "Selbstauskunftsbogen zur Feststellung des erhöhten Betreuungsbedarfes bei
Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz" gab sie an, bei ihr bestehe eine Unfähigkeit, die eigenen
körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen, medikamenteninduziert bestehe eine
Appetitlosigkeit. Zudem leide sie an Störungen der höheren Hirnfunktionen im Sinne einer Beeinträchtigung des
Gedächtnisses und an einer zeitlich überwiegend vorhandenen Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder
Hoffnungslosigkeit auf Grund einer therapieresistenten Depression. Die Pflegefachkraft im Medizinischen Dienst der
Krankenversicherung (MDK) S gelangte im Gutachten vom 07.10.2008 zum Ergebnis, bei der Klägerin bestehe eine
demenzbedingte Fähigkeitsstörung, geistige Behinderung oder psychische Erkrankung mit Einschränkungen des
Gedächtnisses und des Erinnerungsvermögens. Hieraus resultiere jedoch kein regelmäßiger, dauerhafter
Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf. Bisher seien weder Weglauftendenzen noch Eigen- oder
Fremdgefährdungen vorgekommen, anamnestisch würden keine Unsinnigkeitshandlungen angegeben. Auf Grund der
Defizite in cerebraler Hinsicht bei festgestellter Vergesslichkeit sei lediglich zeitweilig ein intermittierender
Beaufsichtigungs- und Anleitungsbedarf gegeben. Im Bereich der Grundpflege bestehe ein Hilfebedarf zweimal
wöchentlich in Form der Teilübernahme beim Duschen sowie täglich dreimal in Form der Beaufsichtigung bei der
Aufnahme der Nahrung im Umfang von insgesamt vier Minuten täglich im Wochendurchschnitt. Ansonsten könne die
Versicherte sämtliche Verrichtungen innerhalb der Grundpflege noch selbstständig durchführen. Gestützt auf diese
Beurteilung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.2008 den Leistungsantrag ab. Hiergegen erhob die Klägerin
Widerspruch und legte eine Bescheinigung ihrer behandelnden Nervenärztin Dr. M vom 30.10.2008 vor, in der diese
der Klägerin wegen fortgeschrittener Demenz mit resultierender dauerhafter Desorientierung einen ununterbrochenen
Aufsichts- und Betreuungsbedarf attestierte. Die Pflegefachkraft im MDK H verneinte im Gutachten vom 11.11.2008
weiterhin das Vorliegen einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz. Mit Widerspruchsbescheid vom
12.02.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.03.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Speyer (SG) erhoben. Das SG hat von Dr. M einen
Befundbericht vom 27.04.2009 eingeholt, in dem dieser eine erhebliche Beeinträchtigung der Alltagskompetenz der
Klägerin ebenso bestätigt hat wie der Internist E im Befundbericht vom 07.05.2009. Vom Neurologen und Psychiater
Dr. G hat das SG ein Gutachten vom 28.07.2009 eingeholt. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, bei der
Klägerin seien von den 13 Punkten im Assessment bezüglich einer Einschränkung der Alltagskompetenz in zwei
Bereichen dauerhafte Fähigkeitsstörungen gegeben, nämlich bei dem Punkt 8 Störungen der höheren Hirnfunktionen
(Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von
sozialen Alltagsleistungen geführt haben und dem Punkt 10 Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und
zu strukturieren. Ihre Alltagskompetenz sei demnach als "erheblich eingeschränkt" zu bezeichnen, nicht jedoch als "in
erhöhtem Maße eingeschränkt". Die Störungen der höheren Hirnfunktionen wie die Schwierigkeiten bei der Planung
und Strukturierung des Tagesablaufs hätten bereits bei Antragstellung vorgelegen, wie sich aus den Befunden einer
stationären Behandlung in der Neurologischen Universitätsklinik H von Oktober 2007 ergebe. Die Beklagte hat
demgegenüber eingewandt, nach den Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von
Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien) sei der Punkt 10 des
Assessment nur zu bejahen, wenn die Beeinträchtigungen der Aktivitäten nicht unter dem Punkt 8 erfasst würden.
Dem Sachverständigengutachten des Dr. G und auch dem Gutachten des MDK sei jedoch zu entnehmen, dass Punkt
8 erfüllt sei. Hinweise für die Erfüllung des Punktes 10 ließen sich dem Sachverständigengutachten nicht entnehmen.
Mit ergänzender Stellungnahme vom 07.10.2009 hat der Sachverständige Dr. G an seiner Beurteilung festgehalten
und betont, bei der Klägerin stehe der Fähigkeit zu eigener Planung und Tagesstrukturierung nicht nur die
Merkfähigkeitsstörung und das gestörte Zeitraster entgegen, sondern auch die Antriebsstörung. Sie könne auf
Aufforderung und unter Aufsicht bei einzelnen Verrichtungen durchaus noch mitwirken. Bei den Verrichtungen in der
Küche mache sie noch mit. Sie sei jedoch nicht aus eigenem Antrieb fähig, etwas einzukaufen und zu regelmäßigen
Mahlzeiten zu kochen. Die Tagesstruktur müsse ihr immer wieder vorgegeben werden. Es handele sich dabei um
mehr und andere Beeinträchtigungen, als sie unter Punkt 8 zusammengefasst sind, etwa die Unfähigkeit, Absprachen
wie Termine nicht mehr einhalten zu können. Bei einer langjährig bestehenden Demenzerkrankung sei die Unfähigkeit,
eigenständig den Alltag zu planen und zu strukturieren, eine für die Diagnose elementare Bedingung, die
Demenzdiagnose sei aber durchgehend gestellt worden. Die Klägerin erhalte auch Antidementiva.
Durch Urteil vom 29.06.2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 14.10.2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009 aufgehoben und festgestellt, dass in der Person der Klägerin die
Voraussetzungen des § 45 a SGB XI für die Inanspruchnahme von zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige mit
erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf nach den Vorschriften des SGB XI bei erheblich eingeschränkter
Alltagskompetenz ab dem 01.08.2008 gegeben sind. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als
Anfechtungs- und Feststellungsklage ausnahmsweise zulässig, da zu erwarten sei, dass auf Grund der Bindung der
Beklagten an die Gesetze durch die Klärung der Voraussetzungen des § 45 a SGB XI der Streit der Beteiligten im
Ganzen bereinigt werde. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides erweise
sich als rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von zusätzlichen Leistungen für
Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf gegeben seien. Grundlage für die Feststellung des
Bedarfes seien die in § 45 a Abs. 2 SGB XI genannten Kriterien, von denen die Klägerin, die im Bereich der
Grundpflege einen Hilfebedarf von täglich vier Minuten und in der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Minuten
habe, die Punkte 8 und 10 im Sinne dauerhafter und regelmäßiger Fähigkeitsstörungen erfülle. Diese
Fähigkeitsstörungen basierten auf einer Kombination der senilen Demenz vom Alzheimer-Typ, welche zu einer
zeitlichen Desorientierung und zu einer Störung des Arbeitsgedächtnisses führe, mit einer Depression, welche eine
Antriebsstörung zur Folge habe. Der Einwand der Beklagten, dass die in der Person der Klägerin vorhandenen
Schädigungen oder Fähigkeitsstörungen nur unter Nummer 8 des § 45 a Abs. 2 Satz 2 SGB XI zu fassen seien, was
zur Folge habe, dass diese Beeinträchtigungen nach den Begutachtungsrichtlinien nicht mehr in Nummer 10
Berücksichtigung finden können, treffe nicht zu. Dass durch den Sachverständigen auf Grund der Störung des
Arbeitsgedächtnisses dokumentierte Unvermögen der Klägerin, terminliche Absprachen einzuhalten, beziehe sich auf
die in Punkt 8 erfasste Fähigkeitsstörung in Bezug auf die Bewältigung sozialer Alltagsleistungen. Die weiter
bestehenden Beeinträchtigungen in Form einer zeitlichen Desorientierung und einer Antriebsstörung, die wiederum mit
der Störung des Arbeitsgedächtnisses zusammentreffe, führten über die Probleme mit der Bewältigung von sozialen
Alltagsleistungen hinaus zu der von § 45 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 10 SGB XI erfassten Unfähigkeit, den Tagesablauf
selbstständig zu planen und zu strukturieren. Zwar sei der Beklagten zuzugestehen, dass die Klägerin für sich
betrachtet durchaus noch in der Lage sei, die im jeweiligen Tagesablauf konkret anfallenden Verrichtungen zu
erledigen. Sie müsse hierzu allerdings immer wieder in Form der Vorgabe einer Tagesstruktur angehalten werden.
Zeitpunkt für den Beginn von zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen
Betreuungsbedarf nach den Vorschriften des SGB XI sei gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB XI der 01.08.2008, weil die
festgestellten Schädigungen oder Funktionsstörungen ausweislich der Feststelllungen des Sachverständigen Dr. G
jedenfalls bereits zum Zeitpunkt der Behandlung in der Neurologischen Universitätsklinik Homburg vorgelegen hätten.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 16.07.2009 Berufung eingelegt. Sie macht weiterhin geltend, neben dem Punkt
8 des Assessment sei vorliegend der Punkt 10 nicht zu dokumentieren, so dass die Klägerin noch nicht zum von § 45
a SGB XI erfassten Personenkreis gehöre.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 29.06.2010 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug
genommen. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die angefochtenen Bescheide zu
Recht aufgehoben, denn die Klägerin hat Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen für Versicherte mit
erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf.
Im vorliegenden Fall geht es allein um die Grundentscheidung (zur Unterscheidung zwischen Grund- und
Gestaltungsentscheidung siehe BSG 12.08.2010 - B 3 P 3/09 R, juris Rn 9), ob die Klägerin überhaupt zu dem von §
45 a SGB XI erfassten Personenkreis gehört und welcher Leistungsrahmen ihr gegebenenfalls zusteht.
Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist § 45 b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XI in der Fassung des
Pflegeversicherungs-Weiterentwicklungsgesetzes (PflegeWEG) vom 28.05.2008 (BGBl. I 874). Danach können
Versicherte, die die Voraussetzungen des § 45 a SGB XI erfüllen, je nach dem Umfang des erheblichen allgemeinen
Betreuungsbedarfs zusätzliche Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen, deren Kosten im Umfang von bis zu
100,00 EUR monatlich ("Grundbetrag") bzw. bis zu 200,00 EUR monatlich ("erhöhter Betrag") ersetzt werden. Nach §
45 a Abs. 1 Satz 1 SGB XI betreffen die Leistungen des Fünften Abschnitts im Vierten Kapitel des SGB XI
Pflegebedürftige in häuslicher Pflege, bei denen neben dem Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der
hauswirtschaftlichen Versorgung (§§ 14 und 15 SGB XI) ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und
Betreuung besteht. Erfasst wird damit ein nicht speziell verrichtungsbezogener und deshalb bei der Bemessung des
Pflegebedarfs nach § 14 SGB XI auch nicht zu berücksichtigender also allgemeiner Pflegebedarf. Dies betrifft nach §
45 a Abs. 1 Satz 2 SGB XI einerseits Pflegebedürftige der Pflegestufen I, II und III sowie andererseits Personen, die
einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung haben, der jedoch nicht das
Ausmaß der Pflegestufe I erreicht, und zwar jeweils beschränkt auf Pflegebedürftige mit demenzbedingten
Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, bei denen der MDK im Rahmen der
pflegeversicherungsrechtlichen Begutachtung nach § 18 SGB XI als Folge der Krankheit oder Behinderung
Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens festgestellt hat, die dauerhaft zu einer erheblichen
Einschränkung der Alltagskompetenz geführt haben. Für die Bewertung, ob die Einschränkung der Alltagskompetenz
auf Dauer erheblich ist, sind die in § 45 a Abs. 2 Satz 1 SGB XI im Einzelnen aufgeführten, für diesen Personenkreis
typischen 13 Schädigungen und Fähigkeitsstörungen im Alltag so genannte Assessments maßgebend. Die
Alltagskompetenz ist danach erheblich eingeschränkt, wenn der Gutachter des MDK bei dem Pflegebedürftigen
wenigstens in zwei Bereichen, davon mindestens einmal aus einem der Bereiche 1 bis 9, dauerhafte und regelmäßige
Schädigungen und Fähigkeitsstörungen feststellt (§ 45 a Abs. 2 Satz 2 SGB XI). Für diese Fälle ist ein
Kostenerstattungsbetrag bis zu 100,00 EUR monatlich ("Grundbetrag") vorgesehen (§ 45 b Abs. 1 Satz 2 SGB XI).
Der erhöhte Kostenerstattungsbetrag von bis zu 200,00 EUR monatlich ("erhöhter Betrag") ist für Fälle vorgesehen, in
den über die Mindestvoraussetzungen von zwei Bereichen, davon mindestens einmal aus einem der Bereiche 1 bis 9,
hinaus ein dritter Bereich des § 45 a Abs. 2 Satz 1 SGB XI betroffen ist, und zwar nach Nummer 1, 2, 3, 4, 5, 9 oder
11.
Bei der Klägerin liegen danach die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von zusätzlichen Leistungen für
Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf nach den Vorschriften des SGB XI bei erheblich
eingeschränkter Alltagskompetenz im Umfang des "Grundbetrags" ab dem 01.08.2008 vor. Dies hat das SG im
angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, der Senat nimmt hierauf Bezug. Die personellen und sachlichen
Voraussetzungen für die Einbeziehung der Klägerin in den nach § 45 a SGB XI geschützten Personenkreis sind
erfüllt. Die Klägerin hat einen allgemeinen Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf, der auf demenzbedingten
Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen beruht (§ 45 a Abs. 1 Satz 1 und 2
SGB XI). Dies haben sowohl die Gutachter des MDK als auch der Sachverständige Dr. G bestätigt. Auch hat die
Klägerin der nachvollziehbaren Beurteilung des MDK zufolge einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und
hauswirtschaftlichen Versorgung, auch wenn dieser nicht das Ausmaß der Pflegestufe I erreicht. Sie erfüllt die
Assessments 8 und 10 der in § 45 a Abs. 2 Satz 1 SGB XI aufgeführten 13 Schädigungen und Fähigkeitsstörungen.
Dies ist hinsichtlich der Nummer 8 auf Grund der insoweit übereinstimmenden Beurteilungen des MDK und des
Sachverständigen Dr. G auch unstreitig. Entgegen der mit der Berufung weiter verfolgten Rechtsauffassung der
Beklagten ist auch der von Nummer 10 erfasste Bereich im Sinne einer dauerhaften und regelmäßigen
Fähigkeitsstörung bei der Klägerin zu bejahen. Zwar sind nach der Richtlinie zur Feststellung von Personen mit
erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz und zur Bewertung des Hilfebedarfs (PEA-RL) vom 22.03.2002 in der
Fassung der Beschlüsse vom 11.05.2006 und 10.06.2008 (abgedruckt bei Udsching, SGB XI, 3. Auflage 2010, S. 547
ff.) bei Punkt 10 Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren nur Beeinträchtigungen der
Aktivitäten zu berücksichtigen, die nicht bereits unter Punkt 7 oder 8 erfasst worden sind. Dies bedeutet jedoch nicht,
dass neben den Punkten 7 oder 8 der Punkt 10 in keinem Fall vorliegen kann, sondern nur, dass nicht die
Beeinträchtigung derselben Aktivitäten sowohl zur Bejahung der Punkte 7 bzw. 8 und des Punktes 10 der
Assessments führen kann, also nicht dieselbe beeinträchtige Aktivität doppelt berücksichtigt werden darf. Bei der
Klägerin wird hinsichtlich des Punktes 8 Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des
Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen
Alltagsleistungen geführt haben die Unfähigkeit berücksichtigt Absprachen einzuhalten, weil sie schon nach kurzer
Zeit nicht mehr in der Lage ist, sich hieran zu erinnern. Darüber hinausgehend wird bei der Nummer 10 berücksichtigt,
dass sie auf Grund der bei ihr bestehenden Demenz vom Alzheimer-Typ in weiteren Bereichen unfähig ist,
eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren. Die bei ihr bestehende Störung der Merkfähigkeit wie
die Antriebsstörung auf Grund der Depression führen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. G dazu,
dass sie besonders am Morgen und Vormittag apathisch auf der Couch liegt. Sie bedarf, wie auch der Gutachter des
MDK festgestellt hat, auch der Hilfe in Form von Beaufsichtigung und Aufforderung zum Essen und Trinken. Zwar
kann sie auf Aufforderung und unter Aufsicht bei einzelnen Verrichtungen durchaus noch mitwirken. Sie ist jedoch
nicht aus eigenem Antrieb fähig, zum Beispiel etwas einzukaufen und regelmäßig Mahlzeiten zu kochen. Die
Tagesstruktur muss ihr immer wieder vorgegeben werden. Damit handelt es sich, wie der Sachverständige Dr. G in
seiner ergänzenden Stellungnahme zutreffend hervorhebt, um mehr und andere Beeinträchtigungen, als sie unter
Punkt 8 des Assessments berücksichtigt worden sind. Zu Recht hat deshalb das SG festgestellt, dass in der Person
der Klägerin die Voraussetzungen des § 45 a SGB XI für die Inanspruchnahme von zusätzlichen Leistungen für
Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf nach den Vorschriften des SGB XI bei erheblich
eingeschränkter Alltagskompetenz ab dem 01.08.2008 gegeben sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht geben.