Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 25.11.2010

LSG Rpf: pflegeheim, kumulative schuldübernahme, gesetzlicher erbe, altersrente, krankenversicherung, leistungserbringer, form, ausbildungskosten, vergütung, verpflegung

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 25.11.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Mainz S 14 SO 84/07
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 1 SO 8/10
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 09.11.2009 - S 14 SO 84/07 -
abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
05.10.2007 wird abgeändert.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum vom 22.08. bis 15.09.2005 einen neuen Bescheid über
die ihr zu erstattenden Kosten für die Kurzzeitpflege der M J unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu
erteilen sowie der Klägerin auf die zu erstattenden Kosten ab dem 08.11.2007 Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat der Klägerin ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu
erstatten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zahlung weiterer Heimkosten für die Zeiträume vom 22.08. bis 15.09.2005 und vom
19.10.2005 bis 31.01.2006.
Die Klägerin ist der Träger der Pflegeeinrichtung P B (Pflegeheim) und Rechtsnachfolgerin der P gGmbH. Die
Pflegeeinrichtung genießt Bestandsschutz gem. § 73 Abs. 3 und 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).
Die 1920 geborene und am 27.05.2006 verstorbene M J (Hilfeempfängerin) war ledig und wurde seit mindestens 2001
in ihrer eigenen Wohnung von ihrer in einer anderen Wohnung lebenden Nichte gepflegt und erhielt von der
Pflegekasse der Barmer Ersatzkasse (BEK) ambulante Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II. Mit Bescheid vom
24.10.2005 bewilligte die Pflegekasse Leistungen der vollstationären Pflege ab 18.10.2005 nach der Pflegestufe II.
Die Hilfeempfängerin bezog im hier streitigen Zeitraum eine Altersrente von monatlich netto 746,46 EUR und verfügte
über kein weiteres Einkommen oder über Vermögen. Sämtliche Erben der Hilfeempfängerin haben das Erbe
ausgeschlagen. Seit Februar 2006 war für sie ein Betreuer bestellt.
Die Hilfeempfängerin befand sich vom 18.08. bis 15.09.2005 zur Kurzzeitpflege in dem Pflegeheim, anschließend in
stationärer Krankenhausbehandlung bis 18.10.2005 und ab 18.10.2005 bis zu ihrem Tod zur vollstationären Pflege in
dem Pflegeheim. Die Pflegekasse zahlte für die Kurzzeitpflege insgesamt 1432,00 EUR und für die vollstationäre
Pflege für Oktober 2005 884,10 EUR sowie ab November 2005 monatlich 1279,00 EUR an das Pflegeheim.
Nach den mit dem Pflegeheim abgeschlossenen Wohn- und Dienstleistungsverträgen vom 18.08. und 18.10.2005 war
die Hilfebedürftige verpflichtet, einen täglichen Pflegesatz nach der Pflegestufe II in Höhe von (iHv) 51,96 EUR, ein
tägliches Entgelt für Unterkunft und Verpflegung iHv 21,03 EUR, tägliche Investitionskosten iHv 14,40 EUR und einen
täglichen Beitrag für Ausbildungskosten iHv 0,89 EUR (insgesamt 88,28 EUR) zu zahlen.
Das Pflegeheim berechnete der Hilfeempfängerin ein Entgelt für die Kurzzeitpflege iHv 2560,12 EUR (Pflegesatz nach
Pflegestufe II (29 x 51,96 EUR = 1506,84 EUR), Unterkunft/Verpflegung (29 x 21,03 EUR = 609,87 EUR),
Investitionskosten (29 x 14,40 EUR = 417,60 EUR), Ausbildungskosten (29 x 0,89 EUR = 25,81 EUR), d.h. täglich
88,28 EUR), für den Zeitraum vom 18. bis 31.10.2005 iHv 1235,92 EUR, für November 2005 iHv 2648,40 EUR, für
Dezember 2005 und für Januar 2006 iHv jeweils 2736,68 EUR. Nach der mit dem Pflegeheim bestehenden
Vergütungsvereinbarung der Pflegekasse betrug der tägliche allgemeine Pflegesatz nach der Pflegestufe II 51,96
EUR, das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung 21,03 EUR, das Entgelt für Investitionskosten 10,32 EUR und für
Ausbildungskosten 0,89 EUR (täglich 84,20 EUR).
Mit Schreiben vom 14.11.2005 erhielt die Nichte der Hilfeempfängerin eine "zweite Mahnung" des Pflegeheims über
den Aufenthalt der Hilfeempfängerin seit 18.08.2005 iHv 6.444,44 EUR. Sie wurde an das Versprechen vom
02.11.2005 zur Zahlung des Betrages erinnert sowie an die Zusage, einen Sozialhilfeantrag bei der Kreisverwaltung zu
stellen.
Am 22.08.2005 ging bei dem Beklagten per Fax ein von der P Unternehmensgruppe als Muster erstelltes
Formularschreiben ein, welches als "Mitteilung über Bewohnereinzug", Daten über das Pflegeheim und die
Hilfeempfängerin, die Mitteilung der Aufnahme zur Kurzzeitpflege vom 18.08. bis 31.08.2005, die voraussichtliche
Pflegestufe II und das tägliche Heimentgelt von 84,20 EUR enthielt. Das Formular war von der Residenzleitung des
Pflegeheims unterschrieben und angekreuzt war die Bitte um Kostenübernahme. Am 23.08.2005 erhielt der Beklagte
ein Schreiben des Pflegeheims mit dem Betreff "Sozialhilfe für Frau M J , geb. 03.03.1920", der Mitteilung über die
Aufnahme zur Kurzzeitpflege am 18.08.2005 und der Bitte um Kostenzusage. Entsprechende Mitteilungen über die
Verlängerung der Kurzzeitpflege bis 15.09.2005 wurden dem Beklagten übermittelt. Am 19.10.2005 erhielt der
Beklagte ein erneutes Fax "Mitteilung über Bewohnereinzug" betr. die Aufnahme zur stationären Pflege ab
18.10.2005, am 20.10.2005 ein entsprechendes Schreiben sowie am 27.10.2005 den Bescheid der Pflegekasse über
vollstationäre Pflegeleistungen durch das Pflegeheim übermittelt. Der Beklagte wies das Pflegeheim am 29.08.,
19.09. und 19.10.2005 darauf hin, dass kein Sozialhilfeantrag vorliege.
Am 15.11.2005 ging bei dem Beklagten der von der Hilfeempfängerin ohne Datum unterschriebene
Sozialhilfefragebogen, die Erklärung über Vermögen, die Belehrung über die Folgen fehlender Mitwirkung und eine
Auskunftsermächtigung mit einer Rentenmitteilung und Kopien des Girokontos ein.
Der Beklagte zog daraufhin Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), Auskünfte des
Grundbuchamtes, der Sparkasse S sowie Kontoauszüge der Hilfeempfängerin bei und leitete die Altersrente der
Hilfeempfängerin ab dem 01.02.2006 (Schreiben vom 05.01.2006, Mitteilung der Deutschen Post Rentenservice vom
16.01.2006) auf ihn über.
Mit Bescheid vom 09.01.2006 bewilligte der Beklagte der Hilfeempfängerin Hilfe zur stationären Pflege ab 01.11.2005
und einen Barbetrag von 90,00 EUR und führte aus, dass alle folgenden Zahlungen als Weiterbewilligung für den
jeweiligen Monat anzusehen seien. Sie sei verpflichtet, die Altersrente iHv 746,46 EUR und die Leistungen der
Pflegeversicherung zur Deckung des Bedarfs einzusetzen. Die Leistungen würden direkt an das Pflegeheim
überwiesen. Die Hilfe werde nach § 19 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) als so genannte erweiterte
Hilfe gewährt. Das Pflegeheim erhielt von der Beklagten am 05.01.2006 eine "Kostenzusage für Heimunterbringung",
in welcher ausgeführt war, dass die Heimkosten ab dem 01.11.2005 unter Anrechnung eines Kostenbeitrages aus
vorhandenem Einkommen übernommen würden. Der monatliche Barbetrag werde mit der einzusetzenden Rente
verrechnet. Da die monatliche Rente ab 01.02.2006 übergeleitet worden sei, erfolge ab diesem Zeitpunkt keine
Einkommensanrechnung mehr.
Für November 2005 zahlte die Beklagte an das Pflegeheim 590,54 EUR (Pflegekosten 2526,00 EUR + Barbetrag
90,00 EUR - Leistung der Pflegekasse 1.279,00 EUR - Einkommen Altersrente 746,46 EUR) und für Dezember 2005
sowie für Januar 2006 jeweils 674,74 EUR (Pflegekosten 2.610,20 EUR + Barbetrag 90,00 EUR - Leistung der
Pflegekasse 1.279,00 EUR - Einkommen Altersrente 746,46 EUR). Die Hilfeempfängerin legte Widerspruch ein. Die
Klägerin führte das Widerspruchsverfahren nach dem Tod der Hilfeempfängerin weiter. Das Landesamt für Soziales,
Jugend und Versorgung wies den Widerspruch am 05.10.2007 - zugestellt am 09.10.2007 - zurück.
Mit der am 08.11.2007 bei dem Sozialgericht Mainz (SG) eingegangenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von
Leistungen für die Zeiträume vom 22.08. bis 15.09.2005 iHv 884,40 EUR, vom 19.10. bis 31.10.2005 iHv 263,35 EUR
und vom 01.11.2005 bis 31.01.2006 iHv 2.239,38 EUR geltend gemacht. Mit Zugang ihrer Schreiben vom 18.08. und
18.10.2005 bei dem Beklagten sei ein Sozialrechtsverhältnis begründet worden. Aufgrund eines Schuldbeitritts habe
der Beklagte die Pflegekosten zu tragen, ohne dass er Eigenanteile der Hilfeempfängerin in Abzug bringen dürfe.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 09.11.2009 abgewiesen. Für die Zeiträume vor dem 01.11.2005 fehle es an der
Kenntnis des Beklagten von dem Hilfefall im Sinne von § 18 SGB XII. Zwar setze die Gewährung von Sozialhilfe
keine formelle Antragstellung voraus, jedoch habe der Beklagte durch die Formularschreiben des Pflegeheims nur von
einer Pflegebedürftigkeit, nicht aber von der finanziellen Hilfebedürftigkeit der Hilfeempfängerin Kenntnis erlangt. Dies
sei erst mit dem im November 2005 gestellten Antrag der Fall gewesen. Ein Anspruch für den Zeitraum vom
01.11.2005 bis 31.01.2006 sei nicht gegeben, da der Beklagte eine erweiterte Hilfe nach § 19 Abs. 5 und 6 SGB XII
zu Recht erst ab dem 01.02.2006 bewilligt habe. Der Klägerin stünden keine Leistungen ohne Berücksichtigung des
Einkommens der Hilfeempfängerin zu.
Gegen das ihr am 09.12.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.01.2010 Berufung eingelegt. Sie macht
geltend, dass sie den Beklagten durch ihre Schreiben vom 18.08. und 20.10.2005 unmissverständlich den
Sozialhilfebedarf der Hilfeempfängerin aufgezeigt habe. Eine genaue Darlegung der Höhe des Einkommens bzw. ein
Vortrag über das Nichtvorliegen von Vermögenswerten sei nicht erforderlich. Der Beklagte habe im Rahmen seiner
Amtsermittlungspflicht tätig werden und ggf. die Hilfeempfängerin befragen müssen. Einkommen habe die
Hilfeempfängerin nicht einsetzen müssen, da der Beklagte ihr nach seinem Bescheid vom 09.01.2006 erweiterte Hilfe
gewährt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 09.11.2009 - S 14 SO 84/07 - sowie den Bescheid des Beklagten vom
09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2007 abzuändern und den Beklagten zu
verurteilen, ihr für die Pflege der M J für den Zeitraum vom 22.08. bis zum 15.09.2005 884,40 EUR, für den Zeitraum
vom 19.10. bis zum 31.10.2005 263,35 EUR und für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis zum 31.01.2006 2.239,38 EUR
zzgl. jeweils von Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des
Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Das SG hat die Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar steht der Klägerin kein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung
von weiteren Heimkosten zu. Allerdings ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Zeitraum vom 22.08. bis
15.09.2005 einen neuen Bescheid über die ihr zu erstattenden Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Senats zu erteilen. Insoweit ist der Bescheid des Beklagten vom 09.01.2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 05.10.2007 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Beklagter ist der Landrat der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße als beteiligtenfähige Behörde (§ 70 Nr. 3 SGG;
Behördenprinzip). Nach § 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes zur Ausführung des SGG vom 02.10.1954
(GVBl. 115) sind alle Behörden fähig, an Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Sinne des § 70
SGG beteiligt zu sein. Dies ist vorliegend (§§ 3 Abs. 2, 97, 98 SGB XII, §§ 21 Abs. 2 und 41 Abs. 1 der rheinland-
pfälzischen Landkreisordnung vom 31.01.1994, GVBl. 188) der Landrat der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße (vgl.
auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R -, SozR 4-1300 § 44 Nr. 11).
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne den Rechtsnachfolger der Hilfebedürftigen zu dem Verfahren
beizuladen (§ 75 Abs. 2 1. Alternative SGG). Sämtliche in Betracht kommenden Erben der Hilfeempfängerin haben
das Erbe ausgeschlagen und weitere Erben (vgl. § 1953 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) sind nicht bekannt. Eine
Beiladung des Fiskus als gesetzlicher Erbe (§ 1936 BGB) ist aufgrund der beschränkten Erbenhaftung (§ 780 Abs. 2
Zivilprozessordnung - ZPO -) und der Überschuldung des Nachlasses nicht erforderlich.
1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen aufgrund des Anspruchsübergangs des §
19 Abs. 6 SGB XII (dazu 3.) bereits ab 22.08.2005 und - dem Grunde nach - ab 19.10.2005 zu.
Dem steht nicht der Kenntnisgrundsatz des § 18 Abs. 1 SGB XII entgegen. Nach dieser Vorschrift setzt die
Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ein, sobald dem
Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung
vorliegen.
Die Bewilligung von Sozialhilfe ist hiernach nicht formal von einem Antrag abhängig. Da § 18 SGB XII zum Schutz
des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen will, ist es für die Annahme
einer Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift ausreichend, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder sonst wie
erkennbar ist. Die weitere Sachverhaltsaufklärung obliegt dann dem Sozialhilfeträger (§ 20 Sozialgesetzbuch Zehntes
Buch - SGB X -; vgl. BSG, Urteil vom 26.08.2008 - B 8/9b SO 18/07 R -, SozR 4-3500 § 18 Nr. 1). Dem
Sozialhilfeträger wird aber nicht angesonnen, die Notwendigkeit der Hilfe zu "erahnen". Die Pflicht des
Hilfesuchenden, bei der Feststellung seines Bedarfs und seiner Bedürftigkeit mitzuwirken, befreit allerdings den
Sozialhilfeträger nicht von seiner Aufklärungspflicht, so dass von einem "Bekanntwerden" nicht erst dann gesprochen
werden kann, wenn alle Voraussetzungen tatsächlicher Art dem Leistungsträger entscheidungsreif bekannt sind.
Abzustellen ist auf alle Besonderheiten des Einzelfalls (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom
21.04.1997 - 5 PKH 2/97, Buchholz 436.0 § 5 BSHG Nr. 15).
Aus diesen Maßgaben ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass für eine Kenntnis nicht maßgeblich ist, dass der
Sozialhilfeträger aufgrund einer "Schlüssigkeitsprüfung" vom Vorliegen der materiellen Anspruchs-voraussetzungen
überzeugt ist. Es ist für die Anwendung des § 18 Abs. 1 SGB XII gerade nicht notwendig, dass die Voraussetzungen
der Bedürftigkeit bereits mit Gewissheit und vollständig bekannt sind. Entscheidend ist, ab welchem Zeitpunkt dem
Sozialhilfeträger erstmalig die konkrete Möglichkeit eines sozialhilferechtlichen Bedarfs bzw. hinreichende
Anhaltspunkte für die Hilfegewährung bekannt gewesen sind. Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers muss sich dabei
sowohl auf das Vorliegen eines bestimmten Bedarfstatbestandes beziehen als auch darauf, dass sich der
Hilfebedürftige nicht selbst helfen kann oder die Hilfe nicht von dritter Seite erhält. Insoweit muss die Kenntnis
inhaltlich qualifiziert sein. Die Art, in der dem Träger der Sozialhilfe diese Kenntnis vermittelt werden muss, ist nicht
vorgegeben. Dies kann beispielsweise auch durch einen Telefonanruf eines Dritten geschehen, wenn dieser die
hauptsächlichen anspruchsbegründenden Tatsachen eines Hilfefalls zum Inhalt hat (vgl. Verwaltungsgericht
Augsburg, Urteil vom 16.09.2003 - Au 3 K 03.889 -, NJW 2004, 1266).
Vorliegend war für den Beklagten aufgrund der Faxmitteilungen des Pflegeheims über den Bewohnereinzug vom
18.08.2005, 06.09.2005, 16.09.2005 und 19.10.2005 sowie der Schreiben vom 18.08.2005, 05.09.2005, 15.09.2005
und 18.10.2005 deutlich erkennbar, welchen konkreten Bedarf die Hilfebedürftige geltend machte - Hilfe zur Pflege -
und dass sie anscheinend die hierfür notwendigen Mittel nicht selbst aufbringen konnte. Die Faxmitteilungen richteten
sich an den Beklagten als Sozialhilfeträger, es war benannt, dass es um Kurzzeitpflege bzw. dessen Verlängerung
und um eine stationäre Pflege ging, die voraussichtliche Pflegestufe war angegeben und der tägliche
Pflegesatz/Heimentgelt in konkret bezeichneter Höhe aufgeführt. Außerdem war die ausdrückliche Bitte um
Kostenübernahme vorgebracht. In den anschließenden Schreiben war die Bitte um Kostenzusage wiederholt und unter
Betreff "Sozialhilfe für Frau M J " angegeben. Da nicht erforderlich ist, dass dem Sozialhilfeträger alle tatsächlichen
Voraussetzungen für die Hilfegewährung in entscheidungsreifer Weise bekannt sein müssen, genügt es vorliegend,
dass aus den Mitteilungen des Pflegeheims hervor ging, dass die Hilfeempfängerin zur Deckung der Heimkosten auf
Sozialhilfe angewiesen war. Demgemäß muss den Mitteilungen des Pflegeheims an den Beklagten eine
(überschlägige) Bedürftigkeitsprüfung vorausgegangen sein, die zu dem Ergebnis kam, dass die Hilfeempfängerin die
Heimkosten nicht selbst, ggf. auch mit Hilfe Dritter, tragen kann. Dass die Klägerin ihre "Mitteilungen über
Bewohnereinzug" ohne eine solche Prüfung in jedem Fall einer Heimaufnahme an die Sozialhilfeträger verschickt, ist
nicht ersichtlich und wird auch von dem Beklagten nicht behauptet. Damit war dem Beklagten die konkrete
Möglichkeit eines sozialhilferechtlichen Bedarfs aufgezeigt worden und es bestand für ihn Veranlassung, eigene
Ermittlungen zur Feststellung des Leistungsanspruchs in die Wege zu leiten. Es war fehlerhaft, auf dem Eingang von
Antragsunterlagen bzw. auf einen förmlichen Antrag der Hilfebedürftigen zu bestehen. Dass die Klägerin die Nichte der
Hilfeempfängerin mit der Mahnung vom 14.11.2005 zur Stellung eines Sozialhilfeantrags aufgefordert hatte, ist für die
Frage des Zeitpunkts der Kenntnis des Beklagten ohne Bedeutung.
2. Der Beklagte als Sozialhilfeträger ist ab dem 01.11.2005 aufgrund eines Schuldbeitritts als Gesamtschuldner an die
Seite der Hilfebedürftigen getreten.
Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist im Bereich der stationären und teilstationären Leistungen wie der
Heimpflege durch das so genannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen
Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer
(Einrichtungsträger) sinnbildlich darstellt. In diesem Verhältnis gehen die Aufgaben der Sozialhilfeträger weit über das
reine Reagieren auf individuelle Bedürftigkeit durch Gewährung von Geldleistungen hinaus; die gesetzlichen
Regelungen statuieren vielmehr ein Sachleistungsprinzip in der Gestalt einer Sachleistungsverschaffung in einem
vorgegebenen gesetzlichen Rahmen, der zwar nicht wie im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgestaltet
ist, sich dem aber nähert. Nach § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB XII soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung der Aufgaben
der Sozialhilfe (Gewährleistungspflicht) eigene Einrichtungen und Dienste (zwar) nicht neu schaffen, sondern - soweit
vorhanden - auf geeignete Einrichtungen anderer (auch privater) Träger zurückgreifen. Werden die Leistungen - hier
Hilfe zur stationären Pflege gem. § 61 Abs. 2 SGB XII - durch eine Einrichtung erbracht, ist der Träger der Sozialhilfe
nach § 75 Abs. 3 SGB XII zur Übernahme der Vergütung (grundsätzlich nur) verpflichtet, wenn mit dem Träger der
Einrichtung oder seinem Verband eine (generelle) Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Satz
1 Nr. 1, Leistungsvereinbarung), die Vergütung (Satz 1 Nr. 2, Vergütungsvereinbarung) sowie die Prüfung der
Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Satz 1 Nr. 3, Prüfungs-vereinbarung) besteht. Ist eine solche
Vereinbarung nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch diese Einrichtung lediglich in
begrenzten Einzelfällen (§ 75 Abs. 4 SGB XII) erbringen, wobei auch insoweit bestimmte individuelle Vereinbarungen
vorgesehen sind. Das Gesetz sieht außerdem (§ 76 SGB XII) Regelungen über den Inhalt der drei generellen
Vereinbarungen und Rahmenverträge auf Landesebene vor (§ 79 SGB XII). Hierin kommt deutlich eine
Gewährleistungspflicht zum Ausdruck, mit Trägern von Einrichtungen ohne den Anlass einer aktuellen Hilfe in Kontakt
zu treten und die erforderlichen Vereinbarungen zu treffen. Auf diese Weise entstehen typische Dreiecksbeziehungen
zwischen dem Sozialhilfeträger, dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeempfänger. In Rheinland-Pfalz sind
derartige Vereinbarungen in dem am 01.01.1999 in Kraft getretenen Rahmenvertrag zur vollstationären Pflege
zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung für den
überörtlichen Träger sowie dem Landkreistag und Städtetag Rheinland-Pfalz für die örtlichen Träger der Sozialhilfe und
den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen enthalten. Dieser Vertrag ist nach seinem Geltungsbereich für
die Klägerin als Träger der zugelassenen (§§ 73 Abs. 3 und 4, 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) vollstationären
Pflegeeinrichtung unmittelbar verbindlich.
In diesem Dreiecksverhältnis erbringt der Sozialhilfeträger nach dem gesetzlichen Gesamtkonzept die ihm obliegende
Leistung grundsätzlich nicht als Geldleistung. Er zahlt gerade nicht an den Sozialhilfeempfänger (Grundverhältnis), um
diesem die Zahlung des im Heimvertrag vereinbarten Heimentgelts an den Einrichtungsträger (Erfüllungsverhältnis) zu
ermöglichen; vielmehr ist im Gesetzeskonzept eine Zahlung ohne Umweg über den Sozialhilfeempfänger direkt an die
Einrichtung (Leistungsverschaffungsverhältnis) zu entnehmen. Die normativen Regelungen zu den notwendigen
generellen und individuellen Vereinbarungen lassen nur diesen Schluss zu. Da der Sozialhilfeträger die Leistungen
also nicht selbst erbringt, sondern über die Verträge mit Leistungserbringern eine Sachleistung durch diese
sicherzustellen hat, beschreibt der Begriff der Sachleistungsverschaffung die Konstellation besser (BSG, Urteil vom
28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, SozR 4-1500 § 75 Nr. 9).
Untrennbarer Bestandteil dieser Sachleistungsverschaffung ist die Übernahme der der Einrichtung zustehenden
Vergütung. Übernahme der Unterbringungskosten bedeutet Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung,
allerdings in der Form des Schuldbeitritts (kumulative Schuldübernahme), wodurch der Sozialhilfeträger als
Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers tritt. Der Hilfeempfänger
hat gegen den Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Zahlung des übernommenen Betrags unmittelbar an die
Einrichtung (BSG, aaO; Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 20/07 R -, Juris). Damit steht in Übereinstimmung, dass den
Heimträgern bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen - wie hier - ein unmittelbarer vertraglicher Zahlungsanspruch gegen
die Pflegekasse bis zu den Höchstbeträgen nach § 43 SGB XI zusteht (vgl. § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB XI), der sich
nach § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB XI in der Höhe an dem Leistungsbescheid der Pflegekasse bemisst und keine
Geldleistung der sozialen Pflegeversicherung darstellt, sondern den Heimträgern als Entgelt der Pflegekasse für
erbrachte Sachleistungen gewährt wird (BSG, Urteil vom 01.09.2005 - B 3 P 4/04 R -, SozR 4-3300 § 43 Nr. 1).
Aus diesen Grundsätzen geht hervor, dass der Schuldbeitritt nur in Höhe der durch den Beklagten als Sozialhilfeträger
der Hilfeempfängerin bewilligten Leistungen bestehen kann. Vor der Kostenübernahme durch Bewilligungs-bescheid
besitzt die Einrichtung nämlich keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger. Einen Anspruch auf die
Übernahme des Heimentgelts gegenüber dem Sozialhilfeträger besitzt auch nur der Sozialhilfebedürftige
(Grundverhältnis), nicht die Einrichtung selbst (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, SozR 4-1500 § 75
Nr. 9 Rdnr. 27; Urteil vom 02.02.2010 - B 8 SO 20/08 R -, Juris).
Aus dem Schuldbeitritt kann die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der der Hilfeempfängerin mit Bescheid vom
09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2007 ab 01.11.2005 bewilligten Leistungen geltend
machen. Darüber besteht vorliegend kein Streit. Dieser Anspruch ist erfüllt. Aus dieser Rechtsgrundlage kann die
Klägerin jedoch keine weitergehenderen bzw. höheren Leistungen beanspruchen.
3. Vielmehr stellt § 19 Abs. 6 SGB XII als gesetzlich geregelter Fall der Sonderrechtsnachfolge im Sinne einer cessio
legis ( BSG, Urteil vom 13.07.2010 - B 8 SO 13/09 R -, Juris) die Rechtsgrundlage dar, um vorliegend Leistungen
bereits ab dem 22.08. bzw. ab dem 19.10.2005 (vgl. unter 1.) zu erhalten. Die Klägerin als Träger einer Einrichtung
nach § 13 Abs. 1 und SGB XII hatte der Hilfeempfängerin vollstationäre Leistungen erbracht und nach dem Tod der
Hilfeempfängerin steht der Klägerin deren Anspruch auf Hilfe zur Pflege zu. Durch diesen Anspruchübergang sollen
u.a. die Träger einer Einrichtung, die Hilfe zur Pflege erbracht haben, in ihrem Vertrauen auf die Gewährung von
Leistungen geschützt werden, um das Kostenrisiko zu vermindern (BSG aaO). Eine teleologische Reduktion des
Anwendungsbereichs der Vorschrift auf den Fall des Versterbens des Hilfebedürftigen vor der Bewilligung (vgl. BSG
aaO RdNr. 16) kommt jedenfalls vorliegend nicht in Betracht, da noch die Hilfebedürftige gegen den
Bewilligungsbescheid Widerspruch eingelegt hat und damit keine bindende Bewilligung (§ 77 SGG) eingetreten ist.
Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift ist nach Auffassung des Senats insoweit nicht angezeigt,
da der Leistungserbringer gerade in diesem Fall nicht leer ausgehen soll.
Hieraus ergibt sich jedoch kein Anspruch der Klägerin auf Übernahme des vollen noch ausstehenden Heimentgelts.
Der Übergang der Sozialhilfeleistung auf die Klägerin findet nach § 19 Abs. 6 SGB XII nur statt, "soweit die Leistung
den Berechtigten erbracht worden wäre". Daraus folgt, dass im Zeitpunkt der Leistungserbringung alle
Voraussetzungen des Anspruchs vorgelegen haben müssen, wozu auch der Nachrang gehört, d.h. Einkommen und
Vermögen des Hilfesuchenden selbst sind nach den gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen (vgl. Neumann in
Hauck/Noftz, SGB XII, K § 19 Rdnr. 66). Auch begründet § 19 Abs. 6 SGB XII keinen originären eigenen Anspruch im
Sinne eines subjektiven Rechts, sondern die dort genannten Personen treten bei Vorliegen der in der Vorschrift
geregelten Voraussetzungen in die Rechtsstellung des verstorbenen Hilfeempfängers ein (BSG, Urteil vom 13.07.2010
- B 8 SO 13/09 R -, Juris).
Der Beklagte hat zutreffend das Einkommen der Hilfeempfängerin bei der Leistungsgewährung berücksichtigt. Er hat
der Hilfeempfängerin Leistungen nicht in Form der erweiterten Hilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII ab 01.11.2005 gewährt
bzw. ab 19.10.2005 zu gewähren. Die erweiterte Hilfe bricht mit dem Netto- oder Zuschussprinzip der Sozialhilfe,
indem dem Sozialhilfeberechtigten die zur Beseitigung der Notlage benötigten Mittel in Form eines Zuschusses zu
gewähren sind, aber eben nur, soweit ihm deren Aufbringung aus eigenen Kräften und Mitteln nicht möglich bzw. nicht
zumutbar ist. Grund der Regelung ist nicht die Verbesserung der Rechtsstellung des Hilfesuchenden, sondern die
Erleichterung der Abrechnung der Kosten von stationären Hilfen zwischen Einrichtung und Träger der Sozialhilfe sowie
die Verminderung des Risikos des Forderungsausfalls (vgl. Neumann aaO, Rdnr. 53). Eine solche Fallgestaltung war
vorliegend nicht gegeben.
Das SG hat ausführlich unter Auslegung auch des Schreibens vom 05.01.2006 an die Pflegeeinrichtung dargelegt,
dass der Bescheid vom 09.01.2006 keine Bewilligung von erweiterter Hilfe vor dem 01.02.2006 enthielt, da die
Leistungen ausdrücklich von einem monatlichen Einsatz des bezifferten Einkommens abhängig gemacht wurden.
Weiterhin hat das SG zutreffend unter Berücksichtigung der Maßgaben für die bei § 19 Abs. 5 SGB XII anzustellende
Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers ausgeführt, dass ein Anspruch auf erweiterte Hilfe vor dem 01.02.2006
nicht bestanden hat und dass sich auch aus der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.10.2008 aaO) keine
anderen Vorgaben herleiten lassen. Dass die Hilfebedürftige ihr Einkommen jedenfalls ab 18.10.2005 in der Höhe der
Altersrente einzusetzen hatte, entsprach nach dem nicht zu beanstandenden Darlegungen des SG den Vorschriften
der §§ 82 ff SGB XII. Insbesondere waren auch die Voraussetzungen für eine vollständige Heranziehung des
Einkommens nach § 82 Abs. 4 Satz 2 SGB XII in der Fassung [idF] des Gesetzes zur Einordnung des
Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3305) erfüllt, da die Hilfeempfängerin keine
weitere Person überwiegend unterhielt und ihr der Barbetrag verblieb (vgl. W. Schellhorn in
Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl., § 82 Rdnr. 63). Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat
insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit als unbegründet
zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Klägerin steht für den Zeitraum vom 19.10. bis 31.10.2005 kein Anspruch auf Übernahme der noch geforderten
Heimkosten iHv 263,35 EUR (13 Tage x 84,20 EUR = 1094,60 EUR - anteiliger Betrag der Pflegeleistungen von
831,25 EUR) zu, da die Altersrente als Einkommen anteilig (746,46 EUR: 31 Tage = 24,07 EUR x 13 Tage = 313,03
EUR) zu berücksichtigen ist und dann kein Zahlbetrag verbleibt. Für November und Dezember 2005 sowie Januar
2006 steht der Klägerin kein über die bereits gezahlten Beträge von 590,54 EUR, 674,74 EUR und 674,74 EUR
hinausgehender Betrag zu.
4. Hinsichtlich des Zeitraums der Kurzzeitpflege vom 22.08. bis 15.09.2005 ist der Beklagte jedoch zu verpflichten,
der Klägerin einen neuen Bescheid über die zu erstattenden Kosten unter Beachtung der Rechtsaufassung des
Senats zu erteilen. Die Möglichkeit eines Grundurteils oder eines Bescheidungsurteils eröffnet das Prozessrecht auch
für kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2008 -
B 6 KA 45/07 R -, SozR 4-2500 § 106a Nr. 5) wie hier auf Zahlung von höherem Heimentgelt. Dem Beklagten steht
nämlich ein Ermessenspielraum hinsichtlich der Frage zu, in welcher Höhe der Hilfeempfängerin Hilfe zur Pflege (§ 61
Abs. 2 SGB XII) zu gewähren ist. Die Hilfeempfängerin bezog eine monatliche Altersrente von netto 746,46 EUR,
wobei ihr monatliches Einkommen damit unterhalb der Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII lag (doppelter
Eckregelsatz iHv 690,00 EUR zzgl. der auch während der Kurzzeitpflege angefallenen angemessenen Kosten der
Unterkunft). Ein Einsatz des Einkommens nach § 88 Abs. 1 SGB XII war angesichts der nicht auf voraussichtlich
längere Zeit zu erbringenden Leistungen (mind. 6 Monate: vgl. Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 88 Rdnr. 13) bei
einer Kurzzeitpflege - andere Erkenntnisse hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer des Pflegebedarfs waren nicht
vorhanden - nicht vorzunehmen.
Allerdings kam nach § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII (idF des Gesetzes vom 09.12.2004 aaO) ein Einsatz des
Einkommens jedenfalls in Höhe des Barbetrags nach § 35 Abs. 2 SGB XII in Betracht. Der Hilfeempfängerin stand
auch während der Kurzzeitpflege (die Dauer der Leistung ist unerheblich, vgl. W. Schellhorn aaO § 35 Rdnr. 17) der
Barbetrag des § 35 Abs. 2 SGB XII als Leistung des Dritten Kapitels zu. Hiernach umfasst der weitere notwendige
Lebensunterhalt insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Es dürfen
nur die tatsächlich entstandenen Einsparungen für den häuslichen Lebensunterhalt und nicht lediglich fiktiv
anzunehmende Einsparungen berücksichtigt werden. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Ersparnis durch andere
Mehrkosten aufgewogen wird. Die Höhe der erzielten Ersparnisse kann gem. § 202 SGG iVm § 287 Abs. 2 ZPO
geschätzt werden (vgl. BVerwGE, Urteil vom 18.08.1977 - V C 61.76 -, FEVS 26, 133; W. Schellhorn aaO § 82 Rdnr.
53; SG Düsseldorf, Urteil vom 15.01.2009 - S 17 (28) SO 11/07 -, Juris). Vorliegend dürften der Hilfeempfängerin
aufgrund der Lebenserfahrung zusätzliche Mehraufwendungen durch die Aufnahme in die Kurzzeitpflege entstanden
sein (vgl. W. Schellhorn aaO; Lücking aaO K § 92a Rdnr. 12), andererseits hat sie die Aufwendungen für den
häuslichen Lebensunterhalt erspart. Über die Höhe dieses anzurechnenden Betrags wird der Beklagte zu befinden
haben.
5. Der Klägerin steht dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen gemäß den §§ 291 und
288 BGB zu. Ebenso wie Apotheker, Krankenpflegeunternehmen und andere Leistungserbringer im Bereich der
gesetzlichen Krankenversicherung ist die Pflegeeinrichtung zur Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs auf die
zügige Begleichung ihrer Rechnungen angewiesen. Daher gibt es zur Überzeugung des Senats keinen sachlichen
Grund, bei Vergütungsansprüchen gegen die Sozialhilfeträger von der Zahlung von Prozesszinsen abzusehen (vgl.
zum Bereich der Krankenversicherung: BSG, Urteil vom 23.03.2006 - B 3 KR 6/05 R -, SozR 4-7610 § 291 Nr. 3;
Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 7/06 R -, SozR 4-2500 § 129 Nr. 3; Urteil vom 19.04.2007 - B 3 KR 10/06 R -, Juris).
Eine abweichende vertragliche Regelung zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist nicht gegeben. Allerdings
besitzt das Pflegeheim vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid keinen Vergütungsanspruch gegen den
Sozialhilfeträger (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 Rdnr. 27), weshalb vor
dem Erlass des Bewilligungsbescheides (§ 37 SGB X) auch kein Zinsanspruch wegen Verzugs entstehen kann. Ob
ein Anspruch auf Verzugszinsen (§ 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB) überhaupt gegeben ist, kann vorliegend offen bleiben, da
die Klägerin einen Anspruch auf Prozesszinsen geltend macht. Jedenfalls dieser besteht seit Rechtshängigkeit - hier
ab dem 08.11.2007 (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2006 aaO) -, wobei der Senat über diesen Antrag nicht hinausgehen
kann. Die Höhe des Zinsanspruchs richtet sich nach § 288 Abs. 2 BGB, da die Klägerin als Träger der
Pflegeeinrichtung kein Verbraucher ist. Der Zinssatz beträgt damit 8 Prozentpunkte über dem jeweiligen
Basiszinssatz. Die Verzinsungspflicht endet mit dem Ablauf des Zahlungstages.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (vgl. BSG, Beschluss vom 01.09.2008 - B 8 SO 12/08 B -, SozR 4-
1500 § 183 Nr. 8; Urteil vom 13.07.2010 -B 8 SO 13/09 R -; Juris).
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.