Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 24.02.2005

LSG Mainz: grobe fahrlässigkeit, leichte fahrlässigkeit, verwaltungsakt, rücknahme, verfügung, treuhänder, betrug, pflegeheim, einzahlung, widerspruchsverfahren

Sozialrecht
LSG
Mainz
24.02.2005
L 1 AL 84/03
Auch nur treuhänderisch verwaltetes Vermögen ist eigenes Vermögen
T E N O R:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 08.04.2003 - S 1 AL 101/02 -
wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T A T B E S T A N D:
Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung bezogener Arbeitslosenhilfe (Alhi) und der insoweit
entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.
Der 1961 geborene Kläger verfügte am 30.09.1997 bei der Sparda-Bank Südwest eG über drei auf seinen
Namen laufende Sparkonten: Sparda-Spar (Konto-Nr. ), Sparda-Cash (Konto-Nr. ) und
Sparda-Fest (Konto-Nr. ). Insgesamt betrug das Guthaben 83.991,55 DM (Sparda-Spar 70,96 DM,
Sparda-Cash 15.320,59 DM und Sparda-Fest 68.600,00 DM). Seiner 1914 geborenen Großmutter I
S , die am 03.02.2002 verstorben ist und seit dem 10.10.2001 im Pflegeheim S in S lebte, hatte
er Kontovollmacht erteilt. Antragsgemäß bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.08.1997
Alhi ab dem 30.09.1997 für ein Jahr nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 840,00 DM.
Leistungen zahlte sie ihm bis zum 21.04.1998 in einer Gesamthöhe von 7.841,50 DM aus. Ab dem
22.04.1998 bezog der Kläger Unterhaltsgeld und Arbeitslosengeld. Bei Leistungsbewilligung war der
Beklagten nicht bekannt, dass der Kläger über die entsprechenden Sparkonten verfügte. In seinem
Leistungsantrag vom 14.08.1997 hatte er die Frage 9.2 nach „Vermögen“, in der unter 9.2.1 nach
Freistellungsaufträgen, unter 9.2.2 nach „Bargeld, Bankguthaben“, gefragt war, verneint.
Am 29.06.2000 betrug das Vermögen des Klägers insgesamt 103.997,29 DM (Spar-Konto Sparda-Cash,
Konto-Nr. , Guthaben i.H.v. 100.84,01 DM; Girokonto bei der Volksbank, Konto-Nr. , Guthaben
i.H.v. 3.150,28 DM). In seinem am 15.06.2000 gestellten Antrag auf Gewährung von Alhi hatte er
wiederum die Frage 9.2 verneint. Mit Bescheid vom 29.06.2000 bewilligte ihm die Beklagte daher Alhi ab
dem 29.06.2000 nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 850,00 DM und zahlte
ihm Leistungen bis einschließlich 01.05.2001 in einer Gesamthöhe von 12.467,62 DM aus. Am
02.05.2001 nahm der Kläger eine Arbeit auf.
Am 08.05.2001 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger seit 1999 über einen Freistellungsauftrag bei der
Sparda-Bank eG verfüge und der freigestellte Betrag 2.546,00 DM betrage. Auf Anfrage teilte der Kläger
daraufhin unter Vorlage einer schriftlichen Erklärung seiner Großmutter mit, dass er die Konten nicht
angegeben habe, weil er das Geld für seine Großmutter nur treuhänderisch verwalte und es daher nicht
zu seinem Vermögen gezählt habe. Seine Großmutter bestätigte dies in ihrem Schreiben vom 08.06.2001
und führte ergänzend aus, sie habe das Vermögen für den Fall vorgesehen, dass sie wegen ihres
Gesundheitszustandes in einem Pflegeheim untergebracht werden müsste. In diesem Fall würde ihre
Altersrente zur Begleichung der Heimkosten nicht ausreichen. Der Kläger dürfe über das Vermögen nur
mit ihrer Zustimmung verfügen. Hierbei handele es sich um ihre gesamten Ersparnisse, auf die sie
angewiesen sei. Es sei zwar richtig, dass er das Geld auf seinen Namen angelegt habe, aber sie habe die
gesamte Zeit Kontovollmacht gehabt, um im Zweifelsfall selbst auf ihr Geld zurückgreifen zu können.
Mit Bescheid vom 19.10.2001 und Widerspruchsbescheid vom 11.01.2002 nahm die Beklagte die
Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 30.09.1997 bis 21.04.1998 und 29.06.2000 bis 01.05.2001 zurück.
Gleichzeitig machte sie die Erstattung der Leistungen i.H.v. 20.309,12 DM sowie der insoweit entrichteten
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 7.167,89 DM gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes
Buch (SGB X) i.V.m. den §§ 330 Abs. 2, 335 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) geltend.
Wegen des nach Abzug des Freibetrages von jeweils 8.000,00 DM verbleibenden Vermögens von
95.997,29 DM sei der Kläger für insgesamt 114,28 Wochen nicht bedürftig gewesen.
Das Sozialgericht Speyer (SG) hat mit Urteil vom 08.04.2003 die hiergegen erhobene Klage abgewiesen.
Dem Kläger habe Alhi im streitigen Zeitraum nicht zugestanden, weil er nicht bedürftig gewesen sei.
Gegen das ihm am 18.06.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.07.2003 Berufung eingelegt.
Er trägt vor:
Er habe sich an die mit seiner Großmutter getroffene Treuhandvereinbarung gehalten und das Vermögen
seiner Großmutter zugerechnet. Seine Großmutter habe im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit nicht mit
staatlicher Hilfe gerechnet. Sie habe damals lediglich Rentenleistungen i.H.v. ca. 2.500,00 DM bezogen.
Erst in der Vorweihnachtszeit des Jahres 2001 habe sie ihm erklärt, dass sie in der Lage sei, mit ihren
eigenen Einkünften und den Leistungen der Pflegeversicherung die anfallenden Heimkosten zu decken.
Sie habe ihm ferner erklärt, dass er über die Geldanlage bei der Sparda-Bank nunmehr frei verfügen
könne. Von einer treuhänderischen Verwaltung habe seine Großmutter zu diesem Zeitpunkt nichts mehr
wissen wollen. Aus seiner Sicht habe er das Geld, das seiner Großmutter gehörte, der Beklagten auch
nicht angeben müssen. Allenfalls könne ihm leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 08.04.2003 - S 1 AL 101/02 - und den Bescheid der Beklagten
vom 19.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass der Kläger das
Vermögen sehr wohl als sein Eigentum betrachtet und die entsprechenden Sparerfreibeträge gegenüber
der Finanzverwaltung für sich in Anspruch genommen habe.
Die Sparda-Bank Südwest eG hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 15.11.2004 mitgeteilt, dass
Die Sparda-Bank Südwest eG hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 15.11.2004 mitgeteilt, dass
sie eine Vorschusszinsberechnung per 30.09.1997 wegen des variablen Zinssatzes nicht vornehmen
könne.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der
Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr. ) Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Beratung gewesen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der
angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
11.01.2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er ist verpflichtet, die vom
30.09.1997 bis 21.04.1998 und 29.06.2000 bis 01.05.2001 bezogene Alhi und die insoweit entrichteten
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einer Gesamthöhe von 20.309,12 DM und 7.167,89 DM
zu erstatten.
Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Alhi-Bewilligungsbescheide sind erfüllt.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 45 SGB X i.V.m. § 300 Abs. 2 SGB III.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil
begründet oder bestätigt hat, im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur unter den Einschränkungen der Absätze
2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden.
Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht
zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und
sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Der
Begünstigte kann sich nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf sein Vertrauen in den Bestand des
Verwaltungsaktes allerdings nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er
vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Die Bewilligungsbescheide vom 19.08.1997, 15.01.1998, 29.06.2000 und 12.01.2001 waren bereits bei
ihrem Erlass rechtswidrig. Dem Kläger stand vom 30.09.1997 bis 21.04.1998 keine Alhi zu. Anspruch auf
Alhi haben nach § 134 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung nur
diejenigen Arbeitnehmer, die u.a. bedürftig sind (Nr. 3). Bedürftig ist ein Arbeitsloser im Sinne des § 137
Abs. 2 AFG nicht, solange u.a. mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi offenbar nicht
gerechtfertigt ist. Dies war beim Kläger der Fall. Am 30.09.1997 verfügte er über ein Vermögen von
83.991,55 DM; nach Abzug des in § 6 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) i.d.F. des Gesetzes
vom 24.06.1996 vorgesehenen Freibetrages von 8.000,00 DM waren im Rahmen der Alhi noch
75.991,55 DM zu berücksichtigen.
Dieses Vermögen schließt Bedürftigkeit und damit einen Leistungsanspruch des Klägers jedenfalls
während der Dauer des tatsächlichen Leistungsbezugs (75.991,55 DM : 840,00 DM = 90,46 Wochen) aus,
§ 9 AlhiV.
Aber auch vom 29.06.2000 bis zum 01.05.2001 stand dem Kläger Alhi nicht zu. Auch während dieses
Zeitraums war er nicht bedürftig (§ 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Am 29.06.2000 hatte der Kläger nach seinen
eigenen Angaben im Widerspruchsverfahren ein Guthaben auf dem Girokonto bei der Volksbank und ein
Sparguthaben bei der Sparda-Bank in einer Gesamthöhe von 103.997,29 DM. Bei Berechnung des nach
§ 9 AlhiV i.d.F. vom 18.06.1999 festzustellenden Zeitraums war auch hier zunächst der sich aus § 6 Abs. 1
AlhiV ergebende Freibetrag von 8.000,00 DM abzuziehen. Zudem ist auch nach der Entscheidung des
BSG vom 19.12.2001 - B 11 AL 49/01 R - zur sog. „Doppelberücksichtigung“ vorliegend nur ein weiterer
Betrag von 24.479,25 DM in Abzug zu bringen. Die doppelte Berücksichtigung von Vermögen ist nur
insoweit ausgeschlossen, als bereits berücksichtigtes Vermögen auch zum Ausschluss des Anspruchs auf
Alhi geführt hat. Das ist hier nur für die Zeit vom 30.09.1997 bis 21.04.1998 der Fall. Dies entspricht einem
Vermögen von 24.479,25 DM (30.09.1997 bis 21.04.1998 = 29,14 Wochen). Nach Abzug des
Freibetrages und des den vorherigen Zeitraum betreffenden zu berücksichtigenden Vermögens von
24.479,25 DM blieb daher noch ein zu berücksichtigendes Vermögen von 71.518,04 DM übrig. Dieses
führte (71.518,04 DM : 850,00 DM) zu einer fehlenden Bedürftigkeit für 84 Wochen, umfasste also den
von der Beklagten festgestellten Zeitraum bis zum 01.05.2001.
Der Vortrag des Klägers, der gesamte Betrag sei nicht ihm, sondern seiner Großmutter zuzurechnen, ist
unerheblich. Die Einlassung, er habe die Konten treuhänderisch bis zumindest Dezember 2001 für seine
Großmutter verwahrt, ist rechtlich ohne Bedeutung. Der Kläger war in der Verfügung über die Sparkonten
(nach außen) nicht beschränkt. Die von ihm behauptete (offene) Treuhand zugunsten seiner Großmutter
bestand im Übrigen schon deshalb nicht, weil keines der Konten als Treuhandkonto nach außen
gekennzeichnet war. Der Kläger hat weder bei der Einrichtung der Konten noch bei der Einzahlung der
Geldbeträge, die er von seiner Großmutter erhalten hat, darauf hingewiesen, dass es sich um fremdes
Vermögen handele. Vielmehr hat er das Geld ausschließlich auf seinen Namen angelegt und seiner
Großmutter lediglich Kontovollmacht eingeräumt.
Selbst wenn es sich bei den Konten um eine sog. verdeckte Treuhand gehandelt haben sollte, sind dieses
als reine Privatkonten zu behandeln (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom
21.08.2002 - L 12 AL 247/01 -; Landessozialgericht Saarland, Urteil vom 04.11.2003 - L 6 AL 13/01 -). Der
Kläger konnte ohne Einschränkung über diese Konten verfügen. Maßgebliches Kriterium zur Bestimmung
der Kontoinhaberschaft ist der erkennbare Wille des das Konto Einrichtenden unter besonderer
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Nicht genügend ist es daher, wenn der Einrichtende
lediglich den inneren Willen zur Einrichtung eines Treuhandkontos hatte, dies jedoch nicht erkennbar zum
Ausdruck gebracht hat; denn es kommt nicht auf den inneren, sondern auf den erkennbaren Willen an.
Deshalb ist ein solches „verdecktes“ Treuhandkonto als reines Privatkonto zu behandeln. Ohne
Offenkundigkeit des Treuhandcharakters besteht den Gläubigern des Treuhänders gegenüber keine
hinreichende Rechtfertigung für die Versagung des Zugriffs (vgl. BGH NJW 1971, 559 ff.). Derjenige, der
als verdeckter Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeugt, muss sich demnach
hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch die Beklagte festhalten lassen. Zwar wird der
Treuhänder dadurch gezwungen, das ihm zur Verfügung gestellte Treugut für seinen Lebensunterhalt zu
verwerten, weshalb er möglicherweise wirtschaftlich außerstande gesetzt wird, den Anspruch des
Treugebers nach § 667 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu befriedigen. Es entspricht jedoch der
Rechtssystematik ebenso wie billiger Interessenabwägung, das wirtschaftliche Risiko der
Durchsetzbarkeit des Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB dem Treugeber aufzubürden, der das
verdeckte Treuhandkonto ermöglicht und auch Vorteile hieraus zieht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen,
a.a.O.).
Wie der Sachverhalt zu beurteilen wäre, wenn die Konten zwar gegenüber der Bank als Treuhandkonten
gekennzeichnet gewesen wären, dies aber der Beklagten oder Gläubigern des Klägers nicht angezeigt
worden wäre, bedarf keiner abschließenden Erörterung.
Auch die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X sind gegeben. Der Kläger hat in
wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht. In seinen Anträgen vom 14.08.1997 und
15.06.2000 hat der Kläger die jeweils unter Punkt 9.2 zum Antrag auf Alhi gestellte Frage, ob er Vermögen
habe, verneint, obwohl er unter Punkt 9.2.1 und 9.2.2 ausdrücklich nach Freistellungsaufträgen und
Sparkonten gefragt worden ist. Die wahrheitsgemäße Beantwortung dieser Fragen war auch wesentlich,
weil dies bei ihm zu einem Leistungsausschluss führte. Ihm ist insoweit auch grobe Fahrlässigkeit
vorzuwerfen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Grobe Fahrlässigkeit
ist demnach immer dann zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, nahe liegende Überlegungen
nicht anstellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste.
Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des
Betroffenen, d.h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es als grob fahrlässig anzusehen, dass der Kläger die
Fragen wahrheitswidrig beantwortet hat. Er kann sich nicht darauf berufen, er sei davon ausgegangen,
dass er diese Frage nicht beantworten müsse, weil zwischen ihm und seiner Großmutter ein
Treuhandverhältnis bestanden habe. Auf die Richtigkeit seiner eigenen rechtlichen Beurteilung, der
zufolge das auf seinen Namen lautende Vermögen im Rahmen der Bedürftigkeit nicht ihm zugerechnet
werden würde, durfte er sich nicht verlassen. Weil in dem Antragsformular nach bestimmten Angaben
gefragt wurde, musste er davon ausgehen, dass diese Bedeutung haben. Er wäre daher verpflichtet
gewesen, durch Angabe des wahrheitsgemäßen Sachverhaltes der Beklagten die rechtliche Bewertung
der entscheidungserheblichen Frage zu ermöglichen. Keinesfalls durfte er ohne Rückfrage bei der
Beklagten einfache und klar verständliche Fragen wahrheitswidrig beantworten. Angaben im
Antragsformular müssen grundsätzlich der Wahrheit entsprechen.
Der Kläger ist verpflichtet, die rechtswidrig gezahlten Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Die Höhe des Erstattungsbetrages für die von der Rücknahme betroffenen Zeiträume ist mit 20.309,12 DM
zutreffend berechnet worden. Zudem ist er gemäß § 335 Abs. 1 SGB III verpflichtet, die von der Beklagten
für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. insgesamt
7.167,89 DM zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
- Rechtsmittelbelehrung -