Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 14.02.2011

LSG Rpf: wirtschaftliches interesse, ermessen, leistungsanspruch, auskunftserteilung, beschwerdeschrift, gerichtsakte, verfolgter, arbeitsförderung, anschluss, klagebegehren

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss vom 14.02.2011 (rechtskräftig)
Sozialgericht Koblenz S 17 AL 225/10
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 1 AL 6/11 B
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 15.12.2010 – S 17 AL
225 /10 – abgeändert.
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Sozialgericht wird auf 600,70 Euro festgesetzt.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ( § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 68 Abs. 1 und 2 sowie
66 Abs. 6 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) ) gegen die Festsetzung des Streitwerts durch Beschluss des
Sozialgerichts Koblenz (SG) vom 15.12.2010 ist begründet.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass es bei der vorliegenden Klage gegen den Arbeitgeber auf
Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) einer
Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des GKG bedurfte. Da die Beteiligten nicht dem Personenkreis des § 183
SGG zuzuordnen gewesen sind, kommt unter Berücksichtigung der Vorschrift in § 197a SGG das GKG zur
Anwendung und es ist eine Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG erforderlich (siehe auch Landessozialgericht (LSG)
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2008, Az.: L 16 B 426/07 AL sowie SG Hamburg, Urteil vom 27.04.2006,
Az.: S 60 AL 2074/01, zit. bei Juris).
Der Streitwertbeschluss des SG ist vorliegend jedoch abzuändern und der Streitwert lediglich auf einen Betrag von
600,70 Euro festzusetzen.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der
Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der
erstrebten Entscheidung und deren Auswirkungen. Dabei ist nicht auf den Prozesserfolg abzustellen, sondern auf den
von dem Kläger geltend gemachten Anspruch. Im konkreten Fall richtet sich die Klage auf die Berichtigung einer
Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III, mit der ein Gesamt-Brutto-Verdienst für den Zeitraum vom 16.02.
15.06.2010 in Höhe von 6006,87 Euro bescheinigt wurde. Die von dem Kläger verlangte Korrektur betrifft hierbei auch
nicht die Höhe des bescheinigten Bruttoverdienstes, sondern allein die Angaben des Arbeitgebers bezüglich
arbeitsvertragswidrigen Verhaltens des Klägers.
Auch wenn sich nach dem aus der Akte ergebenden Sachverhalt unklar bleibt, ob der Kläger im Anschluss an die
erstrebte korrigierte Arbeitsbescheinigung Arbeitslosengeldansprüche geltend machen möchte, ist das ermittelbare
Klagebegehren und das hiermit verbundene wirtschaftliche Interesse eingrenzbar, so dass nach Ansicht des Gerichts
eine Bestimmung des Streitwertes nach dem lediglich subsidiär eingreifenden Auffangwert in § 52 Abs. 2 GKG - wie
sie durch das SG erfolgt ist als unbillig und nicht sachgerecht anzusehen ist (siehe zur Subsidiarität: Dörndorfer im
Kommentar zum GKG und JVEG von Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, 2007, § 52 Rz.: 6, Kommentar zu den
Kostengesetzen von Hartmann, 40. Aufl., § 52, Rz.: 20 ff sowie Kommentar zum GKG von Meyer, 9. Aufl., § 52, Rz.:
22).
Nach der genannten Vorschrift in § 52 Abs. 2 GKG ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro nur dann anzunehmen, wenn
der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
Das Begehren des Klägers bietet jedoch hinreichende Anhaltspunkte, um zumindest sein maximal erkennbares
wirtschaftliches Interesse nach billigem Ermessen bestimmen zu können. Da eine Arbeitsbescheinigung nach § 312
SGB III - wie sich auch aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift ergibt dazu dient, gegenüber der Agentur für Arbeit
die für eine Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosen- oder Übergangsgeld erheblichen Tatsachen
darzulegen, lässt sich das mit der Ausstellung einer solchen Bescheinigung relevante wirtschaftliche Interesse im
Normalfall relativ einfach bestimmen. Wenn wie im vorliegenden Fall sämtliche übrige Eckdaten fehlen, um den mit
der Bescheinigung zu erlangenden Anspruch auf Arbeitslosen- oder Übergangsgeld genauer bestimmen zu können,
lässt sich das Interesse jedoch insoweit negativ abgrenzen, als ein mit der Bescheinigung verfolgter entsprechender
Leistungsanspruch in keinem Fall den genannten Bruttoverdienstbetrag erreichen kann.
Unter Hinweis auf die bisherige Rechtssprechung des Senats (siehe Beschluss vom 23.03.2009, Az.: L 1 AL 25/09 B,
zit. bei Juris sowie unter C I 11. des Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit (StreitwKat SozGb), Stand April
2009) ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Streitwert der Klage auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung
nach § 312 SGB III nicht als identisch mit der mittelbar durch die Berichtigung erstrebten (ungekürzten)
Leistungsgewährung angesehen werden kann. Das Berichtigungsbegehren ist hiernach vielmehr einem Begehren auf
Auskunftserteilung vergleichbar, weshalb der Streitwert nur mit 1/10 des mittelbar verfolgten Anliegens angesetzt
werden kann.
Legt man diese Maßstäbe zu Grunde, kann bei einem mittelbar verfolgten Begehren, das einen Wert von 6.006,87
Euro nicht erreichen kann, nur von einem Berichtigungsbegehren in Höhe von maximal 600,70 Euro (≈ 6006,87
Euro: 10) ausgegangen werden.
Selbst wenn der Streitwert auf diese Weise nur annährungsweise und von Maximalwerten ausgehend bestimmt
worden ist, wäre es nach Auffassung des Gerichts unbillig und sachlich nicht zu rechtfertigen, von dem deutlich
höheren Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG auszugehen, obwohl
hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein solchermaßen festgesetzter Streitwert erkennbar deutlich über
dem mit der Klage maximal verfolgten wirtschaftlichen Interesse des Klägers liegt.
Sofern der Kläger mit der Beschwerde nur eine herabgesetzte Streitwertfestsetzung von 5.000 Euro auf 1.500 Euro
begehrt (siehe Beschwerdeschrift vom 03.01.2011, Bl. 51 d. Gerichtsakte), ist das Gericht an diesen Antrag nicht
gebunden, zumal es auch von Amts wegen gehalten ist, die Entscheidung des Vorgerichts zu überprüfen und
gegebenenfalls abzuändern, auch wenn dies im Einzelfall zum Nachteil des Beschwerdeführers erfolgen müsste
(siehe Entscheidung d. BSG vom 05.10.2006 (Az.: B 10 LW 5/05 R) sowie B 1.8; B 11.1 und B 11.2 d. StreitwKat
SozGb und Kommentar zu den Kostengesetzen von Hartmann, 40. Aufl., § 68 GKG, Rz.: 17 + 19 m.w.Nachw. sowie
Oestreich im Loseblatt-Kommentar zum GKG/FamGKG, 78. Aufl., St.: Sept. 2010, § 68 GKG, Rz. 16a).
Nach § 68 Abs. 3 GKG ist das Beschwerdeverfahren gebührenfrei. Gleichfalls sind nach der genannten Vorschrift
Kosten nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).