Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 05.04.2007

LSG Rpf: stationäre behandlung, treu und glauben, multiple sklerose, medikament, krankenkasse, abklärung, vergütung, krankenversicherung, physiotherapie, kultur

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 05.04.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Koblenz S 7 KR 127/04
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 5 KR 201/06
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 8.6.2006 abgeändert. Die Beklagte
wird verurteilt, dem Kläger Zinsen in Höhe von 47,09 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung der Vergütung einer stationären
Krankenhausbehandlung in Höhe von 2.200,88 EUR nebst Zinsen.
Die 1941 geborene R T befand sich wegen einer Encephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose MS ) vom 3.10. bis
3.11.2003 in stationärer Behandlung in der nach § 108 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V)
zugelassenen Klinik des Klägers. Im Entlassungsbericht wurden als Diagnosen angegeben: sekundär chronisch
progrediente MS; komplizierter Harnwegsinfekt, neurogene Blasenstörung, Hypercholesterinämie. Nach Sanierung des
am 6.10.2003 festgestellten Harnwegsinfektes erhielt die Patientin ab dem 31.10.2003 täglich 15 mg Mitoxantron. Im
Rahmen der stationären Behandlung wurde ein Lipom im Bereich der Schulter operativ entfernt.
Das Krankenhaus teilte der Beklagten zunächst mit Schreiben vom 6.10.2003 mit, voraussichtlich sei eine
Krankenhausbehandlung bis zum 25.10.2003 erforderlich. Mit Schreiben vom 17.10.2003 bat es um Verlängerung der
Kostenübernahme bis zum 31.10.2003. Die Beklagte erteilte nach Befragung des Medizinischen Dienstes der
Krankenversicherung (MDK) eine Kostenübernahme bis zum 23.10.2003 (Schreiben vom 28.10.2003). Einen weiteren
Antrag vom 30.10.2003 auf Verlängerung der Kostenübernahme bis zum 1.11.2003 lehnte die Beklagte ab (Schreiben
vom 7.11.2003); nach erneuter Befragung des MDK hielt sie unter dem 25.11.2003 an ihrer Ablehnung fest. Das
Krankenhaus stellte der Beklagten mit Schreiben vom 31.10.2003 (eingegangen bei der Beklagten am 4.11.2003) für
die Zeit vom 3. bis 23.10.2003 4.201,68 EUR und mit Schreiben vom 5.11.2003 (eingegangen bei der Beklagten am
6.11.2003) für die Zeit vom 24.10. bis 2.11.2003 2.000,80 EUR in Rechnung. Die Beklagte zahlte dem Krankenhaus
nur die Krankenbehandlungskosten für die Zeit bis zum 22.10.2003.
Am 1.4.2004 hat der Kläger Klage auf Zahlung von 2.200,88 EUR nebst Zinsen erhoben. In einer gutachtlichen
Stellungnahme vom April 2004 führte die Ärztin Dr P vom MDK aus: Die stationäre Behandlung sei keine akut
medizinische, sondern eine rehabilitative Behandlung gewesen. Auch der Harnwegsinfekt habe keiner stationären
Krankenhausbehandlung bedurft. Die stationäre Behandlung sei nur zur Mitoxantron-Medikation erfolgt. Das
Medikament Mitoxantron sei nicht indiziert gewesen, da ein EDSS-Score von 7,5 vorliege. Das Medikament sei nur
innerhalb eines EDSS-Score von 3 6 zugelassen. Die Mitoxantrongabe sei daher außerhalb des zugelassenen
Bereiches durchgeführt worden. Es habe keine lebensbedrohliche Situation vorgelegen, sodass keine Indikation für
einen Off-lable-Use bestanden habe.
Die Klägerin hat hierzu eine Stellungnahme des Chefarztes des Krankenhauses Dr P vom August 2004 vorgelegt, der
dargelegt hat: Die Mitoxantron-Therapie sei notwendig und sinnvoll gewesen, um die Restgehfähigkeit der Patientin zu
erhalten. Während der stationären Behandlung sei eine komplexe Therapie einschließlich Krankengymnastik,
Physiotherapie, aktivierender Pflege, medikamentöser Therapie und immunsuppressiver Therapie mittels Mitoxantron
durchgeführt worden; zudem sei der Harnwegsinfekt behandelt worden. Es habe sich nicht um eine
Rehabilitationsbehandlung gehandelt.
Das Sozialgericht (SG) hat ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr B vom Februar 2006 eingeholt,
der dargelegt hat: Eine Indikation für die Behandlung mit dem Medikament Mitoxantron habe trotz des relativ hohen
Behinderungsgrades bestanden; zumindest sei diese Behandlung wegen der deutlichen Verschlechterung der
klinischen Symptomatik der Patientin vertretbar gewesen. Es sei sachgerecht gewesen, vor der Gabe des
Mitoxantron den Harnwegsinfekt zu behandeln. Zwar hätte dies an sich ambulant erfolgen können. Da der
Harnwegsinfekt aber erst im Krankenhaus objektiviert worden sei, hätte man die Patientin zunächst entlassen
müssen, um sie dann später nach Abklingen des Harnwegsinfekts erneut aufzunehmen. Dies erscheine aufgrund der
fortgeschrittenen Behinderung der Patientin medizinisch kaum vertretbar. Die Problematik des Harnwegsinfekts hätte
allerdings bereits im Vorfeld des stationären Aufenthaltes durch Einschaltung des Hausarztes bzw der behandelnden
Neurologin geklärt werden können. Die Patientin habe im Übrigen zweifellos von den intensiven
krankengymnastischen Behandlungen und der Physiotherapie während der stationären Behandlung, die in einem
ambulanten Rahmen in dieser Intensität kaum möglich seien, profitiert. Insgesamt habe der stationäre Aufenthalt eher
rehabilitativen Charakter als akuten Behandlungscharakter gehabt.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme von Dr P /Arzt B vom MDK vom April 2006 vorgelegt, die an der zuvor
vom MDK geäußerten Beurteilung festgehalten haben. Dr P hat erneut im Mai 2006 für die Klägerin Stellung
genommen.
Durch Urteil vom 8.6.2006 hat das SG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.200,88 EUR nebst 2 % Zinsen über
dem jeweiligen Basiszinssatz bezogen auf einen Teilbetrag von 200,08 EUR seit dem 18.11.2003 und bezogen auf
einen Teilbetrag von 2.000,80 EUR seit dem 21.11.2003 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Entgegen der
Auffassung der Beklagten stehe der Indikation zur stationären Krankenhausbehandlung nicht entgegen, dass diese im
Wesentlichen zur Durchführung einer Infusionsbehandlung mit dem Medikament Mitoxantron erfolgt sei. Die
Notwendigkeit dieser Behandlung sei durch das Gutachten des Dr B bestätigt worden. Dass es sich um einen sog Off-
Lable-Use gehandelt habe, sei rechtlich ohne Bedeutung. Eine Verwendung dieses Medikaments im Rahmen einer
stationären Behandlung wäre nur dann ausgeschlossen, wenn ein entsprechender Beschluss bzw eine Richtlinie des
Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 137c Abs 1 Satz 2 SGB V vorläge, was aber nicht der Fall sei. Auch
die Dauer des Behandlungszeitraums sei notwendig gewesen. Es sei vertretbar gewesen, während des
Krankenhausaufenthalts zunächst den Harnwegsinfekt zu behandeln. Ein etwaiges Versäumnis des vorbehandelnden
Hausarztes oder Urologen, diesen Infekt vor der Überweisung in das Krankenhaus ambulant zu behandeln, müsse
sich der Kläger nicht zurechnen lassen. Es habe sich nicht um eine Rehabilitationsmaßnahme, sondern um eine
stationäre Krankenhausbehandlung gehandelt.
Gegen dieses ihr am 27.9.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.10.2006 eingelegte Berufung der Beklagten,
die vorträgt: Eine Krankenbehandlung dürfe auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nicht
durchgeführt werden, wenn ein Medikament über keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die betreffende Indikation
verfüge. Die Voraussetzungen, unter denen hiervon nach der Rechtsprechung zum Off-label-Use eine Ausnahme zu
machen sei, seien nicht erfüllt. Eine Krankenhausbehandlung sei von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu
vergüten, wenn sie der Verabreichung eines nicht zugelassenen Arzneimittels diene (Hinweis auf Bundessozialgericht
BSG 22.7.2004 – B 3 KR 21/03 R). Im Übrigen genüge die Vertretbarkeit einer stationären Behandlung nicht; vielmehr
müsse diese notwendig sein (Hinweis auf Vorlagebeschluss des 1. Senats des BSG 4.4.2006 B 1 KR 32/04 R). Der
Krankenhausaufenthalt hätte im Übrigen durch ein besseres präklinisches Management abgekürzt werden können.
Das Krankenhaus hätte im Vorfeld durch vorbehandelnde Ärzte das Vorliegen eines Harnwegsinfekts abklären lassen
können, wozu es verpflichtet gewesen sei. Sie, die Beklagte, halte daran fest, dass keine Krankenhausbehandlung,
sondern eine Rehabilitationsbehandlung durchgeführt worden sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Koblenz vom 8.6.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor: Sein Krankenhaus stelle ein besonderes Versorgungsangebot für MS-Kranke zur Verfügung, das unter
Berücksichtigung des Krankenhausplans des Landes Rheinland-Pfalz nicht als Rehabilitationsklinik, sondern als
Akutkrankenhaus zu qualifizieren sei (Hinweis auf SG Koblenz 22.9.2005 S 11 KR 1184/03) und das der Erfüllung des
Versorgungsangebots des Landes Rheinland-Pfalz für MS-Kranke diene und in der Krankenhausplanung als
"unverzichtbar" bezeichnet worden sei. Behandlungsalternativen zu der Mitoxantron-Medikation seien nicht vorhanden
gewesen. Die konkrete Durchführung der stationären Maßnahme sei auch unter Berücksichtigung des Beschlusses
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) gerechtfertigt gewesen. Die vorläufige
Entlassung der Patientin, um den Harnwegsinfekt ambulant behandeln zu lassen, sei bei der schwerkranken Patientin
nicht geboten gewesen. Das Krankenhaus bitte in seinen Krankenhausentlassungsberichten die einweisenden Ärzte
für den Fall einer anschließenden Behandlungsnotwendigkeit um eine vorherige ambulante Abklärung, ua des
Infektionsstatus.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die
ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässige Berufung ist im Wesentlichen begründet. Die Klage
ist hinsichtlich des Hauptanspruchs abzuweisen. Entgegen dem angefochtenen Urteil hat der Kläger keinen Anspruch
auf eine weitere Vergütung. Der Kläger hat lediglich einen Zinsanspruch in Höhe von 47,09 EUR.
Rechtsgrundlage des Anspruchs des Krankenhauses gegen die Krankenkasse auf Vergütung der stationären
Krankenhausbehandlung ist grundsätzlich § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V. Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen
Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den
Versicherten (BSG 7.7.2005 – B 3 KR 40/05). Ob ein Anspruch des Krankenhauses lediglich bei objektiver
Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung besteht (so der 1. Senat des BSG, Beschluss v 4.4.2006 B 1 KR 32/04 R,
juris) oder ob die Beurteilung des Krankenhausarztes nur aus ex-ante-Sicht vertretbar sein muss, um einen
Zahlungsanspruch des Krankenhauses zu begründen (so der 3. Senat des BSG, zB 7.7.2005 – B 3 KR 40/04 R),
kann vorliegend offen bleiben. Denn im Falle der Patientin R T war eine längere Dauer der stationären
Krankenhausbehandlung, als sie von der Beklagten vergütet wurde, nicht vertretbar.
Es ist bereits zweifelhaft, ob bei der Patientin eine stationäre Krankenhausbehandlung zum Zwecke der Mitoxantron-
Medikation überhaupt durchgeführt werden durfte. § 135 SGB V greift in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln
nicht ein. Vielmehr umfassen die nach dieser Vorschrift vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien
nicht die Arzneimittelversorgung. Hinsichtlich dieser kommt es darauf an, ob das betreffende Arzneimittel
arzneimittelrechtlich zugelassen ist. Ist dies nicht der Fall oder wird das Medikament wie vorliegend für eine nicht
zugelassene Indikation angewandt, sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Off-label-Use
heranzuziehen (zu alledem BSG 19.3.2002 – B 1 KR 37/00 R, BSGE 89, 184; vgl auch BSG 14.12.2006 – B 1 KR
12/06 R, juris). Dem muss indes nicht weiter nachgegangen werden, weil unabhängig davon eine längere stationäre
Behandlungsdauer, als sie die Beklagte vergütet hat, nicht vertretbar war.
Nach den Darlegungen der Ärzte des MDK und des Sachverständigen Dr B hätte die Behandlung wegen des
Harnwegsinfekts (bis zum 30.10.2003) ambulant erfolgen können. Der Auffassung des Sachverständigen Dr B und
des SG, die stationäre Behandlung (in der tatsächlichen Dauer) sei dennoch vertretbar gewesen, weil der
Harnwegsinfekt erst am 6.10.2003 festgestellt wurde und es für die körperbehinderte Patientin nicht zumutbar
gewesen sei, zunächst aus dem Krankenhaus entlassen und nach Abklingen des Harnwegsinfekts wieder
aufgenommen zu werden, folgt der Senat nicht. Ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen eine längere
(als die an sich notwendige) Krankenhausdauer deshalb vertretbar sein kann, weil vor der Behandlung der Krankheit,
wegen der die stationäre Behandlung notwendig ist, die Behandlung einer während des Krankenhausaufenthalts
festgestellten anderen Erkrankung erfolgen muss, die an sich ambulant möglich wäre, kann offen bleiben. Jedenfalls
war es nicht vertretbar, die Patientin R T über mehrere Wochen (hier: nach der Diagnose des Harnwegsinfekts am
6.10.2003 bis zum Beginn der Mitoxantronbehandlung am 31.10.2003) in stationärer Behandlung zu belassen, nur um
den Harnwegsinfekt zu behandeln; für die stationäre Behandlung wegen der Mitoxantronbehandlung wurden nur vier
Tage benötigt. Anhaltspunkte dafür, dass aus vorausschauender Sicht mit einer wesentlich kürzeren Zeit der
Behandlung des Harnwegsinfekts gerechnet werden konnte, sind nicht ersichtlich. Dagegen spricht auch der
Behandlungsverlauf, wonach allein die Beobachtung der Urinkulturen längere Zeit beanspruchte (erste Kultur am
8.10.2003; zweite Kultur am 20.10.2003).
Unabhängig davon hätte, wie der Sachverständige B betont hat, durch ein besseres präklinisches Management der
Krankenhausaufenthalt abgekürzt werden können, und zwar sogar auf eine kürzere Behandlungsdauer, als sie von der
Beklagten vergütet wurde. Dies wäre dadurch möglich gewesen, dass das Krankenhaus die stationäre Aufnahme der
Patientin, bei der eine akute Behandlungsbedürftigkeit wegen der MS gerade zu diesem Zeitpunkt nicht vorlag, von
der vorherigen Abklärung des Vorliegens eines Harnwegsinfekts und ggf dem Ausheilen dieser Erkrankung abhängig
gemacht hätte. Dr B zufolge finden sich derartige akute Harnwegsinfekte bei an neurogenen Blasenstörungen und
erhöhter Restharnmenge Erkrankten wie der Patientin R T häufig. Bei einer vorherigen stationären Behandlung der
Patientin vom 7.5. bis 15.6.2001 in derselben Klinik hatte ebenfalls ein akuter Harnwegsinfekt bestanden. Bei dieser
Sachlage musste es sich für die Krankenhausärzte aufdrängen, vor der stationären Aufnahme der Patientin zunächst
die ambulante Abklärung eines etwaigen Harnwegsinfekts zu veranlassen. Von einer solchen konkreten, im Einzelfall
bestehenden Verpflichtung können sich Krankenhausärzte nicht dadurch entlasten, dass sie routinemäßig in
Krankenhausentlassungsberichten an die einweisenden Ärzte im Fall einer weiteren Behandlungsnotwendigkeit um
eine vorherige ambulante Abklärung, ua des Infektionsstatus, bitten.
Dem Umstand, dass die Patientin R T dem Gutachter Dr B zufolge von den intensiven krankengymnastischen
Behandlungen und der Physiotherapie, die in einem ambulanten Rahmen in dieser Intensität kaum möglich seien,
profitierte, kommt für den Ausgang des Verfahrens keine entscheidende Bedeutung zu. Solche Anwendungen können
allenfalls eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme, nicht aber einen Krankenhausaufenthalt rechtfertigen. Die
stationäre Behandlung war auch nicht wegen der Entfernung des Lipoms erforderlich; dies behauptet im Übrigen auch
die Klägerin nicht.
Bei der gegebenen Sachlage scheidet ein Anspruch des Klägers auf eine Vergütung der Krankenhausleistung
zwischen dem 23.10.2003 und dem 2.11.2003 aus, weil mehr Behandlungstage, als die Beklagte vergütet hat,
insgesamt nicht vertretbar waren. Der Kläger hat nicht etwa deshalb einen Anspruch für einen bestimmten Zeitraum
zwischen dem 23.10.2003 und dem 2.11.2003, weil sich die Zahlung der Beklagten auf den konkreten
Behandlungszeitraum vom 3.10. bis 22.10.2003 bezogen hätte und eine Krankenhausbehandlung an einem/mehreren
bestimmten Tag/en im Zeitraum zwischen dem 23.10.2003 und dem 2.11.2003 vertretbar gewesen wäre. In derartigen
Fällen kann unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch BGB )
nicht von einer gerade auf bestimmte Tage bezogenen Zahlungsbestimmung der Beklagten ausgegangen werden.
Denn den Beteiligten des Rechtsverhältnisses zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse ist bekannt, dass
im Falle einer Überschreitung des vertretbaren Behandlungszeitraums die genauen Tage, die für eine vermeidbare
Verlängerung der Behandlungsdauer verantwortlich sind, häufig nicht mit dem Datum des jeweiligen Tages
spezifizierbar sind.
Die Klägerin hat jedoch Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 9 Abs. 7 des
ab 1.1.2000 geltenden Vertrags nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung
(KBV) in Verbindung mit § 9 Abs. 6 KBV. Hiernach hat die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von 14
Kalendertagen nach Rechnungseingang zu bezahlen; bei Überschreitung des Zahlungsziels kann das Krankenhaus
Verzugszinsen in Höhe von 2 v.H. über dem Basiszinssatz ab Fälligkeitstag berechnen, ohne dass es einer Mahnung
bedarf. Die Krankenkasse ist nur dann zur Verweigerung der Zahlung berechtigt, wenn sie substantiierte und der Höhe
nach bezifferte Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch erhebt (vgl. BSG 22.7.2004 B 3 KR 20/03 R, juris Rn.
16). Solche Einwendungen hat die Beklagte nicht geltend gemacht. In seiner Formularstellungnahme vom 27.10.2003
hatte der MDK ausgeführt, die Notwendigkeit des stationären Aufenthalts sei medizinisch nicht sachgerecht,
"insgesamt erscheinen 3 Wo ausr." In ihrem Schreiben vom 28.10.2003 an das Krankenhaus, mit dem sie eine
Verlängerung der Kostenzusage über den 23.10.2003 hinaus ablehnte, gab die Beklagte lediglich an, sie habe den
MDK um eine Stellungnahme gebeten; dieser sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Dauer von insgesamt drei
Wochen ausreiche. Auf den erneuten Verlängerungsantrag teilte die Beklagte nach telefonischer Beteiligung des MDK
dem Krankenhaus mit ihrem Schreiben vom 7.11.2003 lediglich mit, der MDK halte an seiner Entscheidung fest, da
der medizinische Sachstand sich nicht geändert habe. Auf die ausdrückliche Bitte des Krankenhauses nach einer
schriftlichen Stellungnahme zum Verlängerungsantrag (s. Aktennotiz Bl. 13 der Verwaltungsakte der Beklagten) führte
der MDK in einem Formularblatt aus: "Was soll das!? ø neuer med. Sachstand". Daraufhin übersandte die Beklagte
mit Schreiben vom 25.11.2003 dem Krankenhaus sämtliche Stellungnahmen des MDK und führte aus, es verbleibe
bei der Entscheidung. Darauf hat das Krankenhaus mit Schreiben vom 22.1.2004 der Beklagten im verschlossenen
Umschlag einen Arztbrief zur Weiterleitung an den MDK gesandt und den Feststellungen des MDK widersprochen.
Der MDK hat am 14.4.2004 ein Gutachten vorgelegt, dessen Entwurf er dem Krankenhaus zuvor zur Stellungnahme
übersandt hatte.
Diese Vorgänge stellen keine Erhebung von substantiierten Einwendungen dar, die eine Zahlungsverweigerung der
Beklagten hätten rechtfertigen können. Dazu wäre es erforderlich gewesen, dass die beklagte Krankenkasse selbst
die Einwendungen erhebt bzw. sich die Einwendungen des MDK zu Eigen macht. Die in den Schreiben der Beklagten
sowie in den Formularstellungnahmen des MDK angegebenen Einwendungen sind nicht ausreichend substantiiert.
Insbesondere genügt es nicht, wenn der MDK ohne Angabe von Gründen die Auffassung vertritt, eine
Krankenhausbehandlungsdauer von drei Wochen sei ausreichend. Substantiierte Einwendungen ergeben sich
erstmals aus dem Gutachten des MDK vom 14.4.2004. Diese hat die Beklagte jedoch nicht gegenüber dem
Krankenhaus geltend gemacht. Hierfür genügt es nicht, dass der MDK vorab den Entwurf des Gutachtens dem
Krankenhaus zur Stellungnahme zugeleitet hat. Da die Entscheidung über die Notwendigkeit der stationären
Krankenhausbehandlung von der Beklagten zu treffen ist, muss diese sich die Einwendungen des MDK zu Eigen
machen und diese selbst gegenüber dem Krankenhaus geltend machen. Das hat die Beklagte erstmals in ihrer
Klageerwiderung vom 20.7.2004 getan, die den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit gerichtlichem Schreiben
vom 22.7.2004 übersandt wurde. Unter Zugrundelegung eines Zugangs bei der Klägerin am 25.7.2004 ist davon
auszugehen, dass die Beklagte erstmals zu diesem Zeitpunkt substantiierte Einwendungen geltend gemacht hat.
Ausgehend vom Eingang der ersten Rechnung über 4.201,68 EUR bei der Beklagten am 4.11.2003 ergibt sich ein
Zinsanspruch für den aus dieser Rechnung verbliebenen Teilbetrag von 200,08 EUR ab 18.11.2003 bis 25.7.2004 in
Höhe von 4,33 EUR. Hinsichtlich der ausstehenden Forderung aus der zweiten, am 6.11.2003 bei der Beklagten
eingegangenen Rechnung in Höhe von 2.000,80 EUR ergibt sich ein Zinsanspruch ab 21.11.2003 bis 25.7.2004 in
Höhe von 42,76 EUR. Insgesamt ergibt sich somit ein Zinsanspruch von 47,09 EUR.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.