Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 01.12.2005

LSG Rpf: finanzielles interesse, anmerkung, krankenanstalt, vertrauensschutz, rücknahme, versorgung, genehmigung, bestrahlung, kostenersatz, begriff

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 01.12.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Mainz S 8 KA 554/01 Mz
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 5 KA 77/04
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 17.11.2004 wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der Rücknahme einer von der Beklagten erteilten Genehmigung der gesonderten
Berechnungsfähigkeit der Kosten von durch einen Multileaf-Collimator (MLC) hergestellten Ausformungen im Rahmen
von Bestrahlungsbehandlungen durch den Kläger.
Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Trier (im Folgenden: Beklagte). Der
Kläger, Chefarzt der Abteilung Radio-Onkologie der Krankenanstalt des M der B in T , nimmt als ermächtigter
Krankenhausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Im Januar 2000 beantragte der Kläger die Erstattung der Kosten für elektronisch gesteuerte Blendensätze durch einen
MLC im Rahmen der Bestrahlungsbehandlungen. Er machte geltend: Nach herkömmlicher Methode würden individuell
gegossene Bleisatelliten zur Begrenzung des Bestrahlungsfeldes als Abdeckungen eingesetzt. Seit fünf Jahren
existiere eine Technik, welche die Bleiblöcke ersetze, indem fingerförmige Bleiblenden elektronisch gesteuert das
individuelle Bestrahlungsfeld konfigurierten. Im Gegensatz zu den fest montierten Bleiblöcken ließen sich die Blenden
ständig der Tumorform anpassen. Die Krankenanstalt M der B habe die Möglichkeit, derartige Geräte (Stückpreis pro
Beschleuniger 650.000 DM) über sieben Jahre zu leasen und würde die Kosten für die Steuerung sowie die Hard- und
Software übernehmen. Es sei sachgerecht, dass er einen Kostenersatz in gleicher Höhe wie bei der früher
eingesetzten Technik (146,50 DM pro Abdeckung) erhalte. Dieses Kostenverfahren werde bereits in der KÄV Bayern
angewandt; bei anderen KÄVen lägen mündliche Zusagen vor.
Seitens der Verwaltung der Beklagten wurden Bedenken gegenüber dem Begehren des Klägers geäußert, da die
Anmerkung zur Nr 7025 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM Ä) die Kosten von Ausblendungen
ausschließlich im Falle von individuell geformten Ausblendungen als gesondert berechnungsfähig bezeichne. In der
Anmerkung zur Nr 7025 ("Zuschlag zur Leistung nach Nr 7024 bei Bestrahlung von mehr als zwei
Strahleneintrittsfeldern, je Fraktion oder mit Großfeld") heißt es wörtlich: "Die Kosten individuell geformter
Ausblendungen (ohne Kosten für wiederverwendbares Material) und/oder Kompensatoren oder individuell gefertigte
Lagerungs- und/oder Fixationshilfen sind gesondert berechnungsfähig".
Trotz der Bedenken ihrer Verwaltung entsprach der Vorstand der Beklagten mit Bescheid vom 15.6.2000 (Beschluss
vom 18.5.2000) dem Antrag des Klägers. Er führte in diesem Bescheid ua aus: Eine Kostenerstattung in gleicher
Höhe wie früher (146,50 DM je Ausblendung) könne nur erfolgen, wenn es sich um "individuelle (elektronisch
gesteuerte) Ausblendungen" handele. Eine Kostenerstattung sei ausgeschlossen, wenn bei einem Patienten keine
oder eine Standard-Ausblendung erforderlich sei.
Der Kläger erhielt in der Folgezeit infolge dieser Regelung für die mit der MLC-Technik hergestellten Ausblendungen
Kostenersatz in Höhe von pro Quartal insgesamt ca 40.000, DM (146,50 DM je Ausblendung), der aus den
pauschalierten Gesamtvergütungen finanziert wurde. Die Beklagte stellte nach dem Bescheid vom 15.6.2000 weitere
Ermittlungen an. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) wies in einem Schreiben vom 20.9.2000 auf bereits
vorhandene Stellungnahmen hin. In diesen war davon ausgegangen worden, eine gesonderte Kostenerstattung nach
der Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä sei im Falle der Herstellung der Ausblendungen mit der MLC-Technik
ausgeschlossen.
Der Vorstand der Beklagten entschied mit Bescheid vom 5.4.2001 (Beschluss vom 7.3.2001), den Beschluss vom
18.5.2000 zu "widerrufen" und den Antrag vom Januar 2000 abzulehnen. Zur Begründung hieß es: Die Anmerkung zur
Nr 7025 EBM Ä stelle ausschließlich auf individuell geformte Ausblendungen ab. Nach der einschlägigen
Kommentarliteratur seien die Kosten für variable, weiterverwendbare Blenden nicht gesondert berechnungsfähig.
Hiernach könnten die vom Kläger verwendeten elektronisch gesteuerten Blenden nicht gesondert abgerechnet werden.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor: Die mit Hilfe eines MLC hergestellten
Ausblendungen würden allein für die einzelnen Patienten genutzt und erfüllten daher die Voraussetzungen der
Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä. Im Vertrauen auf den Beschluss vom 18.5.2000 sei der MLC mit einem
Kostenaufwand von ca 1,7 Mio DM angeschafft worden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 14.9.2001 (Beschluss vom 26.6.2001) wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur
Begründung wurde ausgeführt: Der "Widerruf" der durch den Bescheid vom 15.6.2000 erteilten Genehmigung sei
zulässig. Die Voraussetzungen des § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) für die Rücknahme des
Bescheides vom 15.6.2000 seien erfüllt. Der Beschluss vom 18.5.2000 sei rechtswidrig, weil die durch den Einsatz
eines MLC hergestellten Ausblendungen keine individuell ausgeformten Ausblendungen gemäß der Anmerkung zur Nr
7025 EBM Ä darstellten. Bei den mit Hilfe eines MLC angefertigten Ausblendungen handele es sich um weiter
verwendbare Blenden, da diese nur für den nächsten Patienten umprogrammiert werden müssten. Ein
Vertrauensschutz im Hinblick auf die erteilte Genehmigung könne dem Kläger nicht zugebilligt werden, da nicht er,
sondern die Krankenanstalt M der B die betreffende Vermögensdisposition getroffen habe. Im Übrigen überwiege das
öffentliche Interesse an der Rücknahme des Bescheides vom 15.6.2000 auch wegen des Grundsatzes der
Rechtmäßigkeit der Verwaltung. Bei der Genehmigung handele es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung;
bei einem solchen bestehe ein erhöhtes Rücknahmeinteresse (Hinweis auf BSG SozR 1300 § 45 Nr 24).
Demgegenüber sei ein finanzielles Interesse nicht als Abwägungsgesichtspunkt geeignet (Hinweis auf BSGE 59, 157,
164 f). Auf einen Ermessensfehlgebrauch könne sich der Kläger nicht berufen. Es sei unerheblich, dass der Kläger
höhere Heilungsraten und eine deutlich geringere Belastung der Patienten im Hinblick auf die MLC-Technik geltend
mache, weil sie, die Beklagte, sich lediglich an die Bestimmungen des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB
V) und weitergehende gesetzliche Regelungen zu halten habe.
Am 16.9.2001 hat der Kläger Klage erhoben. Im Klageverfahren hat der Kläger ua vorgetragen, die Personalkosten für
die Programmierung der jeweiligen elektronischen Abdeckungen im Einzelfall entsprächen der Höhe nach mindestens
dem Betrag von 146,50 DM (= 74,90 EUR), der ihm für eine nicht wiederverwendbare Bleiblende zustehen würde. Der
Kläger hat erstinstanzlich ein Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der Strahlentherapeuten der KÄV Nordrhein vom
April 2002 sowie ein Schreiben des Berufsverbandes Deutscher Strahlentherapeuten eV vom Februar 2004 vorgelegt.
Das SG hat durch Urteil vom 17.11.2004 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und zur Begründung dargelegt: Die
Voraussetzungen des § 45 SGB X für die Rücknahme des Bescheides vom 15.6.2000 seien nicht erfüllt. Der
angefochtene Bescheid sei bereits deshalb rechtswidrig, weil der Bescheid vom 15.6.2000 rechtmäßig sei. Die
Anfertigung der Ausblendungen mit Hilfe des MLC sei nach der Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä gesondert
abrechenbar. Bei der Verwendung des MLC werde durch eine vorgenommene Programmierung eine individuell
geformte Ausblendung hergestellt. Eine Unterscheidung danach, ob diese durch Schaffung eines Bleigusses nach der
herkömmlichen Methode oder durch Lamelleneinstellung mittels einer computermäßigen Programmierung erfolge,
lasse sich dem Wortlaut der Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä nicht entnehmen. Unabhängig davon sei der
angefochtene Bescheid rechtswidrig, weil die Beklagte weder hinreichend dem Vertrauensschutz des Klägers
Rechnung getragen noch eine ausreichende Ermessensausübung vorgenommen habe. Der Beklagten sei es verwehrt,
sich hinsichtlich eines fehlenden Vertrauensschutzes darauf zu berufen, die Krankenanstalt und nicht der Kläger
selbst habe die Kosten aufgewandt. In diesem Zusammenhang übersehe die Beklagte, dass der Kläger als
ermächtigter Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme und im Rahmen der Leistungserbringung die
Einrichtungen des Krankenhauses nutze und dass der Krankenanstalt ein Vergütungsanteil an den vom Kläger
erbrachten Leistungen zustehe. Die Beklagte habe ferner den durch ihr Verschulden entstandenen
Vertrauenstatbestand nicht in die Ermessenserwägung einbezogen. Bereits vor Erlass des Bescheides vom
15.6.2000 seien ihr sämtliche Umstände, die nach ihrer jetzigen Auffassung zur Rechtswidrigkeit des
Verwaltungsaktes führten, bekannt gewesen.
Gegen dieses ihr am 20.12.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.12.2004 beim Landessozialgericht Rheinland-
Pfalz eingelegte Berufung der Beklagten.
Sie trägt vor: Ausgaben für den Einsatz eines MLC seien keine Kosten im Sinne der Nr 7025 EBM Ä (Hinweis auf
Wezel/Liebold, Handkommentar, EBM Nr 7025 am Ende). Durch die Verwendung des MLC entstünden nachweislich
keine "Kosten individuell geformter Ausblendung", weil die elektronisch erzeugte individuelle Ausblockung den früher
üblichen individuell gegossenen Bleisatelliten ersetze. Der Umstand, dass das Gerät keine Ausblendungen
ermögliche, die nach Verwendung bei einem Patienten nicht wiederverwendbar seien, schließe eine
Sachkostenerstattung nach dem EBM Ä grundsätzlich aus. Bei Schaffung der Nr 7025 EBM Ä habe die Technik des
MLC noch nicht berücksichtigt werden können, weil diese seinerzeit noch nicht bekannt gewesen sei. Deshalb habe
der Normgeber im neuen EBM Ä 2000plus diesem Umstand Rechnung getragen und in der neuen Legende zum
Kapitel 40 die MLC-Technik explizit erfasst. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Denn der
Kläger habe in seinem Schreiben vom Januar 2000 lediglich davon gesprochen, dass das Krankenhaus die
Möglichkeit habe, MLC über 7 Jahre zu leasen, sodass die anfallenden Kosten pro Jahr in gleicher Höhe lägen wie zur
Zeit die Kosten für die nach der herkömmlichen Methode individuell angefertigten Bleisatelliten. Zu beachten sei
ferner, dass es sich beim Kläger um einen ermächtigten Arzt handele und Ermächtigungen lediglich für den Zeitraum
von zwei Jahren, abhängig vom Bedarf, erteilt würden, sodass insoweit nur ein beschränkter Vertrauensschutz in
Betracht komme. Die Interessenabwägung im angefochtenen Bescheid sei unter diesem Blickwinkel nicht zu
beanstanden. Zum einen habe sie, die Beklagte, dargelegt, dass einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ein erhöhtes
Rücknahmeinteresse innewohne und ein rein finanzielles Interesse des Begünstigten als Abwägungsgesichtspunkt
ausscheide. Zum anderen mache eine nicht rückgängig zu machende Vermögensdisposition das Vertrauen nur dann
schutzwürdig, wenn sie vom Betroffenen gutgläubig und nach Erlass des Verwaltungsaktes vorgenommen worden sei.
Jedem Leasingvertrag wohne aber inne, dass dieser auch vor Ablauf der Leasingfrist gekündigt werden könne.
Insoweit sei auch von der Krankenanstalt M der B keine nicht rückgängig zu machende Vermögensdisposition
getroffen worden. Die MLC-Technik diene im Übrigen nicht nur der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, sondern
auch der Versorgung von Privatpatienten und stationär versorgten Patienten.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 17.11.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor: Das SG habe zutreffend entschieden, dass er nach der Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä Anspruch darauf
habe, die von ihm unter Verwendung eines MLC erbrachten Leistungen gesondert abzurechnen. Mit der
ausdrücklichen Erfassung der mittels der MLC-Technik angepassten Ausblendungen im "neuen" EBM Ä als gesondert
abrechnungsfähige Leistungen sei nur klargestellt worden, was bereits zuvor bei vernünftiger Auslegung der früheren
Abrechnungsnummer 7025 normiert gewesen sei. Die Überlegungen der Beklagten zu einem fehlenden
Vertrauensschutz seien ebenfalls nicht zutreffend. Die Kosten der Verwendung von MLC hätten sich nur wegen der
Abrechnungsfähigkeit nach der Nr 7025 EBM Ä schrittweise amortisieren können. Hätte er seinerzeit keinen positiven
Bescheid bekommen, hätte er die MLC-Technik nicht eingesetzt, weil die Zusatzkosten für die Herstellung der mit
dieser Methode angefertigten Ausblendungen betriebswirtschaftlich nicht vertretbar gewesen wären. Abwegig sei die
Erwägung, er sei als ermächtigter Arzt deshalb nicht schutzwürdig, weil Ermächtigungen nur für den Zeitraum von
zwei Jahren erteilt würden. Er nehme seit etlichen Jahren als ermächtigter Arzt an der kassenärztlichen Versorgung
teil, weshalb es grob unangemessen wäre, ihm keinen Vertrauensschutz zuzubilligen. Der Hinweis auf die Kündbarkeit
von Leasingverträgen liege ebenfalls neben der Sache. Wer einen Leasingvertrag vorzeitig kündige, habe mit
erheblichen finanziellen Einbußen zu rechnen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die
ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat der Klage
zu Recht stattgegeben.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 15.6.2000 nach § 45 SGB X sind nicht erfüllt, weil
dieser Bescheid rechtmäßig ist. Denn der Kläger hatte nach der seinerzeit maßgeblichen Rechtsvorschrift, der
Anmerkung zur Nr. 7025 EBM Ä, einen Anspruch auf gesonderte Berechnung der mit Hilfe der MLC-Technik
hergestellten Ausblendungen (ebenso SG Hannover 8.9.2004 S 16/10 KA 271/03; S 16 KA 86/02).
Für die Auslegung des EBM Ä ist in erster Linie der Wortlaut der Vorschriften maßgebend. Das vertragliche Regelwerk
dient dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen, und es ist vorrangig
Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Ergänzend ist es statthaft, zur
Interpretation des Wortlauts der Leistungslegende eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der
im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlicher Gebührenregelungen vorzunehmen. In
eingeschränktem Maße kommt auch eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger
Regelungen in Betracht. Leistungsbeschreibungen dürfen indes weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt
werden (zum Ganzen BSG 2.4.2003 B 6 KA 28/02 R, SozR 4 5533 § 40 Nr 1).
Bei den hier in Rede stehenden Ausblendungen nach der MLC-Technik handelt es sich, ebenso wie bei im Wege der
herkömmlichen Bleigießtechnik erzeugten Bleiblöcken, um "individuell geformte Ausblendungen" iSd Anmerkung zur
Nr 7025 EBM Ä. Dies ergibt sich unter Beachtung der Herstellungsweise der Ausblendungen.
Die Verfahrensweise bei der herkömmlichen Blockgießtechnik stellt sich nach der eingehenden Beschreibung des
Bundesverbandes Deutscher Strahlentherapeuten eV wie folgt dar: Für jedes Bestrahlungsfeld wird mittels eines
Computers und eines Schneideapparates aus einem Styroporblock, das der Feldgröße zB von 20 x 20 cm entspricht,
mit einem Schneidedraht das unregelmäßig begrenzte Bestrahlungszielvolumen ausgeschnitten. Anschließend wird
dieses Zielvolumen in eine Gussform eingesetzt und der Randbereich mit einer Bleilegierung ausgegossen. Der
Bleiblock wird anschließend auf eine Trägerplatte geschraubt. Bei der Bestrahlung wird für jedes Bestrahlungsfeld
eines Patienten die passende Trägerplatte im Bestrahlerkopf mit der jeweiligen individuellen Ausblendung
eingeschoben. Auf diese Weise wird aus dem vormals rechteckigen bzw quadratischen Bestrahlungsfeld ein
unregelmäßig begrenztes, dem Tumorvolumen genau angepasstes Bestrahlungsfeld. Bei der Blockgießtechnik wird
für jedes Feld aus der flüssigen Bleilegierung ein über den Therapiezeitraum unverändert bleibender Block gegossen.
Der wesentliche Unterschied hierzu bei der MLC-Technik liegt darin, dass bewegliche Bleilamellen von 1 cm oder 0,5
cm Dicke benutzt werden, die für jede Bestrahlung jeweils für den Patienten passend eingestellt werden. Der
Collimator besteht insgesamt aus 80 bis 160 solcher Lamellen, die motorisch verstellbar sind. Die jeweilige
Einstellung erfolgt aufgrund der computergesteuerten Ermittlung der Programmierungsvorgaben und einer
entsprechenden Programmierung der Computersteuerung des MLC, durch welche die Lamellen in die gewünschte
Konfiguration gebracht werden, sodass die gleiche Ausblendungsform für das Bestrahlungsfeld entsteht wie beim
Einsatz der Blockgießtechnik. Vom Ergebnis her liegt demnach der gleiche Effekt wie bei der Blockgießtechnik vor.
Bei den im Wege des MLC-Verfahrens hergestellten Ausblendungen handelt es sich um "individuelle", dh nur für den
Gebrauch bei dem einzelnen Patienten bestimmte, Ausblendungen iSd Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä, weil dieselbe
Ausblendung nur für den jeweiligen Patienten verwendet wird. Aber auch die Voraussetzung einer "geformten"
Ausblendung iSd dieser Anmerkung ist erfüllt. Unter dem Begriff "formen" versteht man das Zusammenfügen
verschiedener Einzelteile zu einem Gesamten. Demgemäß kann die Einstellung von vorhandenen Bleilamellen einer
bestimmten Dicke in eine gewünschte Konfiguration zwanglos als "formen" verstanden werden. Dass in dem ab dem
2. Quartal 2005 in Kraft befindlichen EBM Ä 2000plus statt des Wortes "geformt" das Wort "angepasst" verwendet ist,
führt zu keinem anderen Ergebnis. Das Wort "angepasst" mag den Herstellungsvorgang beim MLC-Verfahren noch
genauer wiedergeben als das Wort "formen". Ungeachtet dessen kann der Vorgang auch unter den Begriff "formen"
subsumiert werden.
Dem Umstand, dass nach Angaben der Beklagten im Zeitpunkt der Formulierung der Nr 7025 EBM Ä die MLC-
Technik noch nicht bekannt war, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Es hätte dem Bewertungsausschuss
oblegen, nach Bekanntwerden der Methode (nach Angaben des Klägers ca 5 Jahre vor seinem Antrag im Jahre 2000)
eine Klarstellung in dem Sinne herbeizuführen, dass die Kosten von mit der MLC-Technik hergestellten
Ausblendungen nicht gesondert abrechenbar sind. Da der Bewertungsausschuss dies unterlassen hat, bestehen keine
Bedenken dagegen, entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift die MLC-Technik der herkömmlichen Blockgießtechnik
gleichzustellen.
Dass die Kosten für wiederverwendbares Material nach der Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä nicht erstattungsfähig
sind, ist für die vorliegend zu beantwortende Rechtsfrage ohne Bedeutung. Denn die 146,50 DM (= 74,90 EUR) pro
Abdeckung, welche die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15.6.2000 zugebilligt hat, betreffen nicht die
Sachkosten der Abdeckungen. Im Rahmen der Anmerkung zur Nr 7025 EBM Ä sind auch Personalkosten
berücksichtigungsfähig (Wezel/Liebold, Handkommentar, EBM Nr 7025). Dafür, dass die nicht das Material
betreffenden Kosten niedriger waren als 146,50 DM (= 74,90 EUR), hat die Beklagte nichts vorgebracht. Dagegen
spricht entscheidend der nach dem neuen EBM Ä 2000plus zustehende Kostenersatz von 140 EUR pro Abdeckung.
Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob der angefochtene Bescheid auch aus Gründen des Vertrauensschutzes
des Klägers oder einer fehlerhaften Ermessensausübung durch die Beklagte rechtswidrig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG aF.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen. Der Rechtsstreit hat
keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), weil die streiterhebliche Rechtsfrage abgelaufenes Recht
betrifft.