Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 25.02.2003

LSG Rpf: wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der Berufungsinstanz. 3. Die Revision wird nicht zugelassen., durchschnitt, werktag, zahl, betrug

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 25.02.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Koblenz S 11 Ar 305/98
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 1 AL 157/00
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 02.11.2000 - S 11 Ar 305/98 - wird
zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der Berufungsinstanz. 3. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die an einem Samstag geleisteten Arbeitsstunden
Wintergeld zu zahlen.
Die Klägerin, ein Zimmereibetrieb, flexibilisierte in ihrem Unternehmen ab dem 01.04.1997 die Arbeitszeit. Hierzu
schloss sie mit den einzelnen Arbeitnehmern Arbeitsverträge, die für den Bezugszeitraum vom 01.04 des Jahres bis
zum 31.03. des Folgejahres (erstmals für den Zeitraum vom 01.04.1997 bis 31.03.1998) ausgehend von einer
Arbeitszeit von 7,8 Stunden täglich und 203 Arbeitstagen eine Jahresarbeitszeit von 1583,4 Stunden festlegen. Diese
Jahresarbeitszeit erhöht bzw. verringert sich unter bestimmten Umständen (z.B nicht genommene Urlaubstage,
Krankheitstage), wobei der jeweilige Tag mit 7,8 Stunden in Ansatz zu bringen ist. Die Arbeitszeit wurde für den
Zeitraum vom 01.04.1997 bis 23.12.1997 auf täglich 10 Stunden abwärts, zumindest jedoch 7 Stunden festgelegt. In
der Zeit vom 29.12.1997 bis 16.01.1998 ist arbeitsvertraglich Betriebsurlaub festgelegt (13 Urlaubstage). In der Zeit
vom 19.01.1998 bis 31.03.1998 (52 Arbeitstage) sind die Arbeitnehmer freigestellt; die Klägerin ist jedoch berechtigt,
insgesamt bzw an einzelnen Tagen Arbeit anzuordnen.
Auf die von der Klägerin mit den gewerblichen Arbeitnehmern geschlossenen Arbeitsverträge findet der
Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) vom 03.02.1981 (hier idF vom 09.06.1997) Anwendung.
Die Klägerin hat keine Betriebsvertretung.
Seit Einführung der flexiblen Arbeitszeiten weisen die sieben bzw. ab Juni 1997 acht im Zimmereibetrieb
beschäftigten Zimmerer monatlich stark schwankende Arbeitszeiten auf. So wurden z.B. im Mai 1997 bis zu 139,75
Stunden und im Juni 1997 bis zu 188 Stunden, im Juli 1997 dagegen bis zu 258 Stunden gearbeitet. Samstagsarbeit
wurde lediglich in den Monaten April und Oktober 1997 nicht geleistet. In den übrigen Monaten hat zumindest an zwei
Samstagen mindestens ein Arbeitnehmer gearbeitet. So haben im Juni 1997 vier Arbeitnehmer an zwei Samstagen
und im Juli sogar alle Zimmerer mindestens zwei Samstage gearbeitet. Im Dezember 1997 hat der Arbeitnehmer R S
an drei Samstagen gearbeitet, darunter auch am 20.12.1997 mit einem Arbeitsumfang von 3,75 Stunden. Insgesamt
war er in der Arbeitswoche vom 15.12.1997 bis 20.12.1997 46 Stunden und in der Zeit vom 15.12.1997 bis 31.12.1997
54 Stunden tätig. Keiner der Arbeitnehmer hatte Ende Dezember bereits seine Jahresarbeitszeit erreicht. Es wurden
auch nie mehr als 10 Stunden täglich gearbeitet.
Die Klägerin beantragte am 05.01.1998 beim Arbeitsamt Koblenz für die von den acht gewerblichen Arbeitnehmer vom
15.12.1997 bis 31.121997 geleisteten Arbeitsstunden (insgesamt 418 Stunden) Wintergeld in Höhe von 836,00 DM.
Mit Bescheid vom 20.01.1998 bewilligte die Beklagte Wintergeld lediglich in Höhe von 735,00 DM, da nur
Arbeitsstunden innerhalb der Arbeitszeit des § 69 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) berücksichtigt werden könnten.
Dabei legte sie ihrer Berechnung nur Arbeitsstunden von bis zu 7,5 Stunden täglich in der Zeit von Montag bis Freitag
zugrunde.
Hiergegen legte die Klägerin am 29.01.1998 Widerspruch ein. Bei der Berechnung des Wintergeldes seien die
tatsächlich in ihrem Betrieb geleisteten Arbeitsstunden zu berücksichtigen, da sie innerhalb der Arbeitszeit nach § 69
AFG erbracht wurden. Danach sei Arbeitszeit die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit, soweit sie die
tarifliche wöchentliche Arbeitszeit nicht überschreite. Nach § 3 Nr 1.1 BRTV-Bau betrage die durchschnittliche
regelmäßige Wochenarbeitszeit im Kalenderjahr 39 Stunden. Nach § 3 Nr 1.41 könne für einen zusammenhängenden
Lohnabrechnungszeitraum von zwölf Monaten eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung
der Arbeitszeit vereinbart werden. Von dieser Möglichkeit habe sie Gebrauch gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.1998 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung
führte sie aus, dass nach § 3 Nr 1.41 BRTV-Bau zwar eine abweichende Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen
Werktage vereinbart werden könne. Die Klägerin habe jedoch nicht die zwingenden Vorgaben des Tarifvertrages für
eine Flexibilisierung der Arbeitszeit eingehalten.
Die Klägerin hat am 04.08.1998 vor dem Sozialgericht (SG) Koblenz Klage erhoben.
Im Klageverfahren hat die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf weiteres Wintergeld in Höhe von 93,50 DM für die
im Förderungszeitraum von Montag bis Freitag erbrachten Arbeitsstunden anerkannt. Lediglich das Wintergeld in Höhe
von 7,50 DM für die am Samstag, den 20.12.1997 von dem Arbeitnehmer R S geleisteten 3,75 Stunden wurde von ihr
nicht anerkannt. Dieses Anerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Mit Urteil vom 02.11.2000 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin zusätzliches Wintergeld in Höhe von 7,50
DM sowie 4 v.H Zinsen aus 101,00 DM seit dem 01.08.1998 zu zahlen. Der Bescheid vom 20.01.1998 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 10.07.1998 sei rechtswidrig. Der Klägerin stehe Wintergeld auch für die am
Samstag, den 15.12.1997 (gemeint ist der 20.12.1997) geleisteten 3,75 Arbeitstunden zu, da diese zur tariflichen
wöchentlichen Arbeitszeit zu rechnen seien. Nach § 3 Nr 1.2 BRTV-Bau betrage die regelmäßige werktäglichen
Arbeitszeit zwar Montags bis Freitags 7,5 Stunden. Jedoch könne die an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit
ohne Mehrarbeitszuschlag durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen innerhalb von zwei
Kalenderwochen ausgeglichen werden (§ 3 Nr 1.3 BRTV-Bau). Eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung
abweichende betriebliche Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage könne nach § 3 Nr 1.4 BRTV-Bau
auch in einem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum stattfinden. Aus keiner dieser Regelungen lasse sich entnehmen,
dass die Tarifvertragsparteien mit dem Begriff "Werktag" eine vom üblichen Sprachgebrauch abweichende Bedeutung
definieren wollten. Werktag sei daher auch der Samstag.
Der Zinsanspruch sei erst ab 01.08.1998 gegeben. Ansprüche auf Geldleistungen seien nach Ablauf eines
Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit mit 4 vH zu verzinsen (§ 44 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB I). Nach § 44 Abs 2 SGB I beginne die Verzinsung allerdings frühestens nach Ablauf von sechs
Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger. Dieser sei
am 05.01.1998 beim Arbeitsamt K eingegangen.
Das SG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 13.11.2000 zugestellte Urteil am 30.11.2000 Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, dass sie nicht verpflichtet sei, für die von dem Arbeitnehmer R S am Samstag geleisteten
Arbeitstunden Wintergeld zu zahlen. Samstagsarbeit sei nicht zur tariflichen Arbeitszeit zu rechnen. Auch zwischen
den Tarifvertragsparteien herrsche keine Einigkeit darüber, ob Arbeitsstunden an Wochenenden - die außerhalb der
tariflichen Wochenarbeitszeit des § 3 Nr. 1.2 BRTV-Bau liegen - unter den Begriff "tarifliche Arbeitszeit" zu
subsumieren seien. Während die Arbeitgeberseite dies durchaus in Erwägung ziehe, lehnten die Arbeitnehmervertreter
eine derartige Interpretation ab.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 02.11.2000 - S 11 Ar 305/98 - aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts für zutreffend. Der Samstag sei ein normaler Werktag. So
sehe auch § 9 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) lediglich ein Beschäftigungsverbot für Sonn- und Feiertage vor. Der BRTV-
Bau habe die Frage der Einbeziehung des Samstags bei der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung offen gelassen.
Hierüber sei bei Einführung flexibler Arbeitszeitregelungen zwischen den Betriebsparteien zu verhandeln.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der die Klägerin betreffenden
Wintergeld-Akte der Beklagten (Band II und III, Nr. 243) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Die aufgrund der Zulassung durch das SG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das
SG hat den angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Der Bescheid vom 20.01.1998 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 10.07.1998 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte
ist verpflichtet, Wintergeld für die von dem Arbeitnehmer Reimund Steffens am 20.12.1997 geleisteten 3,75
Arbeitsstunden zu zahlen.
Nach dem hier noch anzuwendenden § 74 Abs 2 Satz 1 Nr 1 a AFG fördert die Bundesanstalt die ganzjährige
Beschäftigung im Baugewerbe u.a durch Wintergeld zur Abgeltung witterungsbedingter Mehraufwendungen bei Arbeit
in der Förderzeit. Die Förderzeit umfasst die Zeit vom 1. Januar bis zum letzten Kalendertag des Monats Februar und
vom 15. bis zum 31. Dezember (§ 75 Abs 2 Nr 1 AFG).
Anspruch auf Wintergeld haben ua Arbeiter, die in Betrieben des Baugewerbes auf einem witterungsabhängigen
Arbeitsplatz beschäftigt sind (§ 76 Abs 1 Nr 1 AFG). Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA)
bestimmt durch Rechtsverordnung, in welchen Zweigen des Baugewerbes die ganzjährige Beschäftigung zu fördern
ist (§ 76 Abs 2 AFG). Aufgrund dieser Ermächtigung hat das BMA die Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980 (BGBl
I 2033) zuletzt geändert durch Art 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung der Baubetriebe-Verordnung vom
13.12.1996 (BGBl I 1954) erlassen. Nach deren § 1 Abs 2 Nr 40 gehören zu den zur Förderung zugelassenen
Betrieben auch Betriebe, in denen insbesondere Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten, die im Rahmen des
Zimmergewerbes ausgeführt werden, verrichtet werden. Die Klägerin als Zimmereibetrieb gehört daher zu den
förderungswürdigen Betrieben.
Nach § 77 AFG wird den Arbeitern für die in der Förderzeit geleisteten Arbeitsstunden innerhalb der Arbeitszeit nach §
69 AFG Wintergeld in Höhe von 2,00 DM je Arbeitsstunde gewährt. Das Antragsrecht für die Leistung steht allerdings
allein dem Arbeitgeber - hier somit der Klägerin - zu (vgl § 80 Abs 1 Satz 3 AFG). Die Klägerin macht die Ansprüche
ihrer Arbeitnehmer auf Wintergeld in Verfahrens- bzwProzesstandschaft geltend (vgl. Henke, in Hennig, AFG § 80 Rz
10; vgl. auch BSG SozR 4100 § 69 Nr 1 S 2 zum Kurzarbeitergeld). Eine eigene Klagebefugnis des betroffenen
Arbeitnehmers besteht daneben nicht, so dass dieser auch nicht nach § 75 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
notwendig beizuladen ist (vgl. BSG, aaO).
Arbeitszeit im Sinne des § 69 AFG ist die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit, soweit sie die
tarifliche wöchentliche Arbeitszeit oder, wenn eine solche nicht besteht, die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gleicher
oder ähnlicher Betriebe nicht überschreitet. Dabei meint Arbeitszeit im Sinne des § 69 AFG die Arbeitszeitdauer,
ausgedrückt durch eine Stundenzahl.
Für die Frage der Betriebsüblichkeit ist nicht von der im Betrieb durchschnittlich erreichten Wochenarbeitszeit oder
von der Zahl der Stunden auszugehen, die die Mehrheit der Arbeitnehmer zu erbringen hat. Welche Arbeitszeit
betriebsüblich ist, ist individuell für den betroffenen Arbeitnehmer zu ermitteln. Maßgebend ist die Arbeitszeit, die
nach der Übung im Betrieb die Gruppe zu leisten hat, der derjenige Arbeitnehmer angehört, dessen Anspruch geltend
gemacht wird (BSG SozR 4100 § 69 Nr 2 S 7; BSG SozR 3-4100 § 69 Nr 1 S 3). Regelmäßig ist eine betriebsübliche
Arbeitszeit dann, wenn sie für eine gewisse Zeit gilt und geübt wird, also nicht nur den Charakter des
Vorübergehenden trägt und damit zur Regel im Betrieb wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Zahl der zu
leistenden Arbeitsstunden durch Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag für die Gegenwart und eine
unbestimmte zukünftige Zeit vereinbart ist und diese Vereinbarung im Betrieb eingehalten wird (BSG SozR 4100 § 69
Nr 2 S 8). Um die Anzahl der an einem konkreten Tag zu berücksichtigenden Arbeitsstunden festzustellen, ist dabei
auch die regelmäßige betriebsübliche Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage zugrunde zu legen (BSG
SozR 3-4100 § 86 Nr 2 S 14; BSG, Urteil vom 23.10.1985 - 7 RAr 85/84).
Vorliegend gehört der Arbeitnehmer R S der Gruppe der Zimmerer an, deren Arbeitszeit durch die ab 01.04.1997 in
den Einzelarbeitsverträgen vereinbarte Flexibilisierung der Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Danach betrug die
durchschnittliche tägliche Arbeitszeit 7,8 Stunden; es konnten jedoch im Rahmen der Jahresarbeitszeit von 1583,4
Stunden täglich bis zu 10 Stunden gearbeitet werden. Der Umfang der konkreten werktäglichen Arbeitszeit bestimmte
sich nach dem Arbeitsanfall. Die tatsächlich seit der Einführung des neuen Systems geleisteten Arbeitsstunden
unterlagen erheblichen Schwankungen, ohne dass diesen Schwankungen ein bestimmter Rhythmus zugrunde lag.
Während z.B. im April und Mai von den Zimmerleuten zwischen 122,25 und 167,75 bzw zwischen 112,25 und 139,75
Stunden gearbeitet wurde, leisteten diese im Juli 1997 bis zu 258 Stunden. Es lässt sich daher kein Mittelwert für die
betriebsübliche Arbeitszeit bilden, wie es bei einer regelmäßig wechselnden Wochenarbeitszeit möglich wäre (vgl.
BSG SozR 3-4100 § 69 Nr 1 S 3).
Bei derartigen Schwankungen aufgrund von flexiblen Arbeitszeitmodellen sind zumindest bei der Zahlung von
Wintergeld nach § 77 AFG grundsätzlich alle Stunden als betriebsüblich anzusehen, die innerhalb des von dem
Flexibilisierungsmodell vorgesehenen Rahmens (hier: bis zu 10 Stunden täglich; bis zu 1583,4 Stunden im
Abrechnungszeitraum) geleistet werden, soweit der Übung im Betrieb entnommen werden kann, dass die
Möglichkeiten der Flexibilisierung tatsächlich genutzt werden. Dabei ist auch von Bedeutung, dass die in der
Bauwirtschaft praktizierte Flexibilisierung der Arbeitszeit im Wesentlichen dem gleichen Ziel dient wie die Zahlung des
Wintergeldes, nämlich der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft, und damit sozialpolitisch
erwünscht ist. Da Wintergeld nach § 77 AFG nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden gewährt wird, für die in der
Förderzeit nach § 75 Abs 2 Nr 1 AFG regelmäßig auch von witterungsbedingten Mehraufwendungen ausgegangen
werden kann, sind Manipulationsmöglichkeiten ohnehin weitgehend ausgeschlossen. Dabei lässt der Senat
ausdrücklich offen, ob diese Auslegung des Begriffs der betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne von § 69
AFG auch heranzuziehen ist, wenn ein Anspruch auf Zuschuss-Wintergeld nach § 78 oder auf Kurzarbeitergeld nach §
68 AFG für ausgefallene Arbeitsstunden in Streit steht.
Die von dem Arbeitnehmer R S am 20.12.1997 geleisteten Arbeitsstunden bewegen sich damit im Rahmen der
regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit. Aus den seit 01.04.1997 bei den Zimmerern angefallenen
Arbeitsstunden ist ersichtlich, dass die Arbeitszeitflexibilisierung im Betrieb der Klägerin tatsächlich umgesetzt wird.
Mit den streitgegenständlichen 3,75 Stunden wurde weder die 10-Stunden-Grenze noch die Jahresarbeitsgrenze von
1583,4 Stunden überschritten. Auch die Verteilung der Arbeitszeit, dh hier die Arbeit an einem Samstag, war
betriebüblich. Den mit den Arbeitnehmern abgeschlossenen Einzelarbeitsverträgen lässt sich ein Ausschluss der
Samstagsarbeit nicht entnehmen. Im Betrieb der Klägerin wurde auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit am
Samstag gearbeitet. So fand lediglich in den Monaten April und Oktober keine Samstagsarbeit statt. In den übrigen
Monaten wurde zumindest an zwei Samstagen von mindestens einem Arbeitnehmer gearbeitet. Im Juli haben sogar
alle Zimmerer mindestens zwei Samstage gearbeitet.
Die am Samstag, dem 20.12.1997 geleisteten Stunden überschreiten auch nicht die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit
im Sinne von § 69 AFG.
Einschlägig ist vorliegend der BRTV-Bau. Nach § 3 Nr 1.1 BRTV-Bau beträgt die durchschnittliche regelmäßige
Wochenarbeitszeit im Kalenderjahr 39 Stunden. § 3 Nr 1.2 präzisiert dies dahin gehend, dass die regelmäßige
werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen in der Zeit von der 1. bis zur 12. Kalenderwoche sowie von
der 44. Kalenderwoche bis zum Jahresende Montags bis Freitags 7,5 Stunden täglich bzw 37,5 Stunden wöchentlich
(Winterarbeitszeit) und in der Zeit von der 13. bis zur 43. Kalenderwoche Montags bis Freitags 8 Stunden täglich bzw
40 Stunden wöchentlich beträgt (Sommerarbeitszeit). Vorliegend hat der Arbeitnehmer R S in der 51. Kalenderwoche
insgesamt 46 Stunden gearbeitet. Vor Antritt der Arbeit am Samstag hatte er bereits 42,25 Stunden und damit in
jedem Fall mehr als die tarifvertraglich vorgesehene Wochenarbeitszeit geleistet, unabhängig davon, ob man im
Rahmen des § 69 AFG auf die durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit im Kalenderjahr von 39 Stunden oder
auf die in der 51. Kalenderwoche geltende Winterarbeitszeit von 37,5 Stunden abstellt.
Allerdings entspricht die von dem Arbeitnehmer Reimund Steffens erbrachte Arbeitszeit insoweit der tariflichen
Arbeitszeit, als er im Jahresdurchschnitt nur 39 Wochenstunden arbeitet. Lediglich die Verteilung der Arbeitszeit auf
die einzelnen Wochen und Werktage weicht im Betrieb der Klägerin von der tariflichen Arbeitszeit ab.
Das Bundessozialgericht hat es in seinem Urteil vom 21.01.1987 bezüglich eines Anspruchs auf Schlechtwettergeld
als ausreichend angesehen, wenn die Anzahl der von den Arbeitnehmern tatsächlich regelmäßig erbrachten
Arbeitsstunden die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit zwar in einzelnen Wochen überschreitet, im Durchschnitt aber
nicht von der tariflichen Arbeitszeit abweicht. Dabei sei es auch unschädlich, wenn das Vor- bzw. Nachholen der
tariflichen Arbeitszeit nicht den Vorgaben des Tarifvertrages entspricht, soweit sie sich nur in Übereinstimmung mit
den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zur Arbeitszeit befinden (vgl BSG SozR 4100 § 86 Nr 2). Im Ergebnis stellt
die Rechtsprechung damit bei der Beurteilung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit - anders als bei der
regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit - allein auf die Stundenzahl und nicht auf deren Verteilung
ab.
Der Senat hat keine Bedenken, diese Auslegung des Begriffs der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit in § 69 AFG
auch für die Gewährung von Wintergeld heranzuziehen. Weder der Wortlaut noch Zweck und Entwicklung der
gesetzlichen Regelung stehen einer solchen Auslegung entgegen.
Ursprünglich wurde Wintergeld ohne die Begrenzung des § 69 AFG für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde
gewährt (vgl. § 80 Abs 2 Satz 1 AFG in der Fassung des 4. AFG-Änderungsgesetzes vom 12.12.1977, BGBl I 2557 -
aF). Erst durch das Zweite Gesetz zur Änderung des AFG im Bereich des Baugewerbes vom 15.12.1995 (BGBl I
1809) wurde der Verweis auf § 69 AFG auch in § 77 AFG, der nunmehr das Wintergeld regelte, übernommen. Ziel
dieser Änderung war es ausweislich der Gesetzesbegründung, die Ausgaben für das Wintergeld für geleistete
Arbeitsstunden zu begrenzen (vgl. BT Drucks 13/2742 S 9).
Die Neuregelung des Wintergeldes entspricht nunmehr dem auch sonst in der Arbeitslosenversicherung verfolgten
Grundsatz, dass bei der Leistungsbemessung höchstens die Zahl der Arbeitsstunden berücksichtigt wird, die nach
einer tariflichen Reglung oder üblicherweise in der Zeit anfallen, für die Leistungen gewährt werden (vgl BSG, aaO S
17 unter Hinweis auf die Regelungen zum Bemessungsentgelt). Die Begrenzung des § 69 AFG verhindert zudem,
dass Arbeitnehmer in Betrieben, die keiner tariflichen Regelung unterliegen oder sich an eine solche nicht halten,
gegenüber Arbeitnehmern in anderen Betrieben besser gestellt sind (BSG, aaO). Für diese Zwecke ist es jedoch
unmaßgeblich, ob die Verteilung der geleisteten Arbeitsstunden den tariflichen Vorgaben entspricht.
Allein entscheidungserheblich ist demnach, ob die Anzahl der von dem Arbeitnehmer Reimund Steffens geleisteten
Arbeitsstunden im Durchschnitt der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit entsprach. Auf die Verteilung der Arbeitszeit
auf die Wochentage und damit auf die von den Beteiligten in den Mittelpunkt gestellte Rechtsfrage, ob
Samstagsarbeit nach dem BRTV-Bau als tarifliche Arbeitszeit anzusehen ist, kommt es hier letztendlich nicht an.
Die Arbeitszeit des Arbeitnehmers R S überstieg im Durchschnitt nicht die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit. Dabei
kann offen bleiben, ob hierfür auf den vertraglich vorgesehenen Ausgleichszeitraum (hier: vom 01.04.1997 bis
31.03.1998) oder lediglich auf den Förderungszeitraum, dh auf den Zeitraum vom 15.12.1997 bis 28.02.1998
abzustellen ist. Denn auch im Förderungszeitraum hat der Arbeitnehmer R S durchschnittlich nicht mehr als 37,5
Stunden wöchentlich (wöchentliche Winterarbeitszeit) gearbeitet. Vom 15.12.1997 bis 31.12.1997 wurden von ihm 54
Stunden, im Januar 1998 109 Stunden und im Februar 1998 131,6 Stunden, insgesamt somit 294,6 Stunden
gearbeitet. In den Förderungszeitraum 1997/1998 fielen 53 Arbeitstage (Montag bis Freitag ohne Feiertage), nämlich
12 im Dezember 1997, 21 im Januar 1998 und 20 im Februar 1998. Die tarifliche Arbeitszeit betrug daher ausgehend
von der Winterarbeitszeit von 7,5 Stunden täglich im Förderungszeitraum 397,5 Stunden. Die tarifliche Arbeitszeit
wurde somit nicht überschritten.
Die von der Klägerin und ihren Arbeitnehmern praktizierte Flexibilisierung der Arbeitszeit verstößt auch nicht gegen die
arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) vom 06.06.1994 (BGBl I 1170).
Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten (Satz 1). Sie
kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von
24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (Satz 2). Das von der Klägerin in
ihrem Betrieb praktizierte Arbeitszeitmodell respektiert diese Vorgaben, auch wenn die Arbeitsverträge einen
Ausgleichszeitraum von zwölf Monaten vorsehen. Denn der Regelung des § 3 ArbZG liegt die Sechs-Tage-Woche
zugrunde und damit eine zulässige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden (6 Tage x 8 Stunden), während der bei
der Klägerin vertraglich festgelegte Ausgleichszeitraum sich auf eine Arbeitswoche von Montags bis Freitags bei 7,8
Stunden täglich (entspricht durchschnittlich 39 Wochenstunden) bezieht. Ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche
mit 48 Stunden ist jedoch ein Ausgleich der von den Zimmerern über die nach dem ArbZG zulässigen acht Stunden
hinaus gearbeiteten Stunden immer in weniger als 6 Monaten bzw 24 Wochen und damit innerhalb der Grenzen des
ArbZG erfolgt. Zumeist wurden die vorgearbeiteten Stunden sogar noch innerhalb des laufenden Kalendermonats
ausgeglichen, wie eine Überprüfung der seit der Einführung des neuen Arbeitszeitmodells am 01.04.1997 tatsächlich
geleisteten Stunden zeigt. So entfielen im Jahre 1997 auf die Monate April, August, September und Oktober im Jahre
1997 je 26 Werktage (entspricht 208 Arbeitsstunden); auf die Monate Mai, Juni und Dezember 25 Werktage
(entspricht 200 Arbeitsstunden) und auf den Monat November 24 Werktage (entspricht 192 Arbeitsstunden). Keiner
der Zimmerer hat diese Stundenzahl in den betreffenden Monaten erreicht. Lediglich im Monat Juli 1997 haben die
Arbeitnehmer K , S , S , R , M und D mehr als die im Monatsdurchschnitt möglichen 218 Stunden (27 Werktage x 8
Stunden) gearbeitet, nämlich 248,25 bzw. 240 bzw. 258 bzw. 232,25 bzw. 248,5 bzw. 256 Stunden. Dies entspricht
vorgearbeiteten Stunden im Umfang von 30,25 bzw 22 bzw. 40 bzw 14,25 bzw 30,5 bzw 38 Stunden. Diese
vorgearbeiteten Stunden wurden jedoch bereits in den Monaten August und September, in denen die Arbeitnehmer
jeweils erheblich weniger als die zulässigen 208 Stunden leisteten, wieder ausgeglichen. So wurden im August und
September von den betreffenden Arbeitnehmern folgende Arbeitsstunden erzielt:
K 165,75 (-42,25 Stunden) bzw 184,50 (-23,5 Stunden)
S 145,75 (-62,25 Stunden) bzw 173,00 (- 35 Stunden)
S 153,00 (-55 Stunden) bzw 192,50 (-15,5 Stunden)
R: 163,75 (-44,25 Stunden) bzw 192,50 (-15,5 Stunden)
M: 177,00 (-31 Stunden) bzw 182,75 (-25,25 Stunden)
D: 175,25 (-32,75 Stunden) bzw 185,75 (-22,25 Stunden).
Da die Grenze von durchschnittlich acht Stunden werktäglich in einem Ausgleichszeitraum von 6 Monaten oder 24
Wochen damit eingehalten wurde, muss hier nicht entschieden werden, ob sich die Klägerin auch auf die
Öffnungsklausel des § 7 Abs 1 Nr 1 b ArbZG (Tarifvertrag, der einen anderen Ausgleichszeitraum festlegt) berufen
könnte (vgl § 3 Nr 1.4 BRTV-Bau).
Auch der Zinsanspruch der Klägerin ist in dem vom erstinstanzlichen Urteil tenorierten Umfang begründet. Insoweit
wird gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor, insbesondere hat die Sache keine
grundsätzliche Bedeutung. Über die Auslegung des Begriffs der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit in § 69 AFG ist
zum einen bereits höchstrichterlich entschieden. Zum anderen ist die streitige Rechtsnorm seit dem 01.01.1998 nicht
mehr in Kraft. Für die Rechtslage nach dem an die Stelle des AFG getretenen Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB
III) ist die Auslegung des § 69 AFG ohne Bedeutung. Eine außer Kraft getretene Rechtsvorschrift wirft in aller Regel
keine grundsätzliche Rechtsfrage auf, es sei denn, dass noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zu entscheiden sind
(BSG SozR 1500 § 160a Nr 19). Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.