Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 11.02.2004

LSG Mainz: erziehungszeit, familie, elterliche sorge, geburt, eltern, ausschluss, vormerkung, trennung, anerkennung, haushalt

Arbeiterrentenversicherung (LvA)
Sozialrecht
LSG
Mainz
11.02.2004
L 6 RI 243/03
TENOR
1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 30.5.2003
aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, für die Zeiten vom 1.12.1988 bis zum 28.2.1989 und ab
November 1995 Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten vorzumerken und die Klage
abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge.
4. Die Revision wird zugelassen.
TATBESTAND
Streitig ist die Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen
Kindererziehung der 1988 geborenen Tochter A -K im Versicherungskonto des Klägers.
Der Kläger zog 1970 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland zu, wo er 1973 die Ehe mit der
Beigeladenen schloss. Die Beigeladene beendete 1978 ihr Studium der Pharmazie und begann
unmittelbar darauf mit einer Erwerbstätigkeit in einer Apotheke in Mainz. Wegen der Zugehörigkeit zur
Bayerischen Apothekerversorgung war sie gemäß § 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit.
Der Kläger studierte von 1972 bis 1982 Medizin, war später aber nicht als Arzt tätig. Nach seinen Angaben
nahm er in der Folgezeit verschiedene Beschäftigungen an und kümmerte sich im Übrigen um den
Haushalt.
Am 1988 wurde die gemeinsame Tochter A geboren. Die Beigeladene ging 3 Monate nach der
Geburt weiter ihrer Arbeit nach, reduzierte allerdings die Arbeitszeit auf wöchentlich 30 Stunden. Im
November 1995 trennten sich die Eheleute. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Mainz 1996
geschieden, wobei die elterliche Sorge der Beigeladenen übertragen wurde. Im
Versorgungsausgleichsverfahren erging der Bescheid der Beklagten vom 12.11.1998 über die
Feststellung der im Versicherungsverlauf des Klägers enthaltenen Daten bis zum 31.12.1991. Der Kläger
erhob dagegen Widerspruch u.a. mit der Begründung, die Erziehungszeit seiner Tochter sei nicht
berücksichtigt. Er gab dazu an, dass er wegen der Berufstätigkeit seiner früheren Ehefrau die Rolle des
Hausmannes wahrgenommen und das Kind voll betreut habe. Die Beigeladene weigere sich, eine
Erklärung über die Zuordnung der Erziehungszeiten zu seinem Versicherungskonto abzugeben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2000 zurück. Die Anerkennung
von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für das Kind A
sei im Versicherungsverlauf des Klägers nicht möglich. Hätten die Eltern bei vor dem 01.01.1992
geborenen Kindern das Kind bis zu diesem Zeitpunkt gemeinsam erzogen, sei nach § 1227 a
Reichsversicherungsordnung (RVO) die Mutter versichert, sofern nicht beide Elternteile bis zum Ablauf
des 3. Kalendermonats nach der Geburt des Kindes übereinstimmend erklärt hätten, dass der Vater für
den gesamten Zeitraum versichert sein solle. Eine solche Erklärung sei nicht abgegeben worden. Für
Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vor dem 01.01.1992 hätten beide Elternteile bis zum
31.12.1996 durch übereinstimmende Erklärung bestimmen können, dass die Berücksichtigungszeit dem
Vater zuzuordnen sei (§ 247 Abs 7 SGB VI aF). Auch eine solche Erklärung liege nicht vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Mainz die Beigeladene persönlich angehört. Diese hat
ausgeführt, dass sie trotz ihrer 30 Stunden wöchentlichen Berufstätigkeit vor der Trennung am 01.11.1995
ihrem Kind zeitlich mehr Zuwendung geschenkt habe. Wenn sie von der Arbeit nach Hause gekommen
sei, habe sie sich überwiegend um das Kind gekümmert, es gewickelt, gebadet, gestillt und spazieren
gefahren, wobei der Kläger sie nur gelegentlich begleitet habe. Der Kläger habe das Kind aber auch
manchmal auf dem Arm getragen, wenn es nachts krank gewesen sei. Nach der Trennung habe ihr Mann
das Kind an jedem zweiten Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend und an je zwei
Nachmittagen in der Woche betreut. (Der Kläger hat dagegen vorgetragen, dass er sich überwiegend um
das Kind gekümmert habe.)
Durch Urteil vom 30.05.2003 hat das SG Mainz die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen
Bescheide verpflichtet, dem Versicherungskonto des Klägers für die Zeit vom 01.12.1988 bis zum
30.11.1989 Kindererziehungszeiten und für die Zeit vom 01.11.1988 bis zum 30.11.1998 mit Ausnahme
der Zeit vom 01.01.1996 bis zum 28.02.1998 Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung
vorzumerken. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten sei in § 56
Abs 1 SGB VI und für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind ergänzend in § 249 Abs 1 SGB VI geregelt.
Danach ende die Erziehungszeit 12 Kalendermonate nach dem Ablauf des Geburtsmonats. Die
Anrechnung einer Erziehungszeit für einen Elternteil hänge gemäß § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI u.a. davon
ab, welchem Elternteil sie zuzuordnen sei. Dies sei in § 56 Abs 2 SGB VI geregelt. Danach sei die
Erziehungszeit grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen habe. Bei gemeinsamer
Erziehung beider Elternteile (Zusammenwirken bei der Erziehung für den gleichen Zeitraum) werde die
Erziehungszeit nach § 56 Abs 2 Satz 2 SGB VI einem Elternteil zugeordnet. Liege keine
übereinstimmende Erklärung der Eltern über die Zuordnung vor (§ 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI), bestimme
sich die Zuordnung nach § 56 Abs 2 Satz 8 und Satz 9 SGB VI. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 15.03.1995 ‑ 5 RJ 28/94, Urteil vom 25.02.1992 in SozR 3 ‑ 6180
Art 13 Nr 2) sei maßgebliche Regelung § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI. Danach sei die Erziehungszeit dem
Elternteil zuzuordnen, der sein Kind überwiegend erzogen habe. Die Regelung des § 56 Abs 2 Satz 8
SGB VI, nach der die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen sei, sei demgegenüber ein Auffangtatbestand,
der nur dann zur Anwendung gelange, wenn die Erziehungsanteile entweder in etwa gleichgewichtig
gewesen seien oder sich für die Frage, ob eine überwiegende Erziehung eines Elternteils vorgelegen
habe, ein non liquet ergebe.
Abweichend hiervon sei eine Erziehungszeit einem miterziehenden Elternteil immer dann zuzuordnen,
wenn der andere Teil, für den eine Zuordnung grundsätzlich in Betracht käme, nach § 56 Abs 4 SGB VI
von der Anrechnung ausgeschlossen sei (BSG, Urteil vom 25.05.1993, Az.: 4 RA 46/92). Eine Anwendung
der Zuordnungsregelungen nach § 56 Abs 2 Satz 3 bis 9 SGB VI bedürfe es in diesen Fällen nicht, sie
seien deshalb teleologisch zu reduzieren. Der Sinn und Zweck dieser Regelungen bestehe allein darin,
die erforderliche Zuordnung einer Kindererziehungszeit zu ermöglichen, wenn die Elternteile ihr Kind
gemeinsam erzogen hätten. Dessen bedürfe es nicht, wenn von vornherein auch bei gemeinsamer
Erziehung nur ein Elternteil für die Anrechnung in Betracht komme, weil der andere von der Anrechnung
ausgeschlossen sei. Dies ergebe sich auch aus § 56 Abs 2 Satz 2 SGB VI, nach dem bei gemeinsamer
Erziehung die Erziehungszeit zwingend einem Elternteil zuzuordnen sei. Die abweichende Auffassung,
nach der es auch dann auf die überwiegende Erziehung ankomme, wenn der das Kind überwiegend
erziehende Elternteil von der Anrechnung ausgeschlossen sei, würde dazu führen, dass die
Kindererziehungszeiten keinem Elternteil zugeordnet werden könnten. Gegen eine solche Ansicht
bestünden auch verfassungsrechtliche Bedenken. Die Regelungen über Kindererziehungszeiten seien
die einfachgesetzliche Konkretisierung des aus Art 6 Grundgesetz (GG) sowie dem Sozialstaatsprinzip
folgenden Gebots, die wirtschaftliche Benachteiligung von Eltern mit Kindern gegenüber kinderlosen
Bürgern abzubauen und die Bedeutung der Familie für die Zukunfts- und Bestandssicherung der
Gesellschaft anzuerkennen. Sie sollten in gewissem Umfang demjenigen, der Kinder erzieht, einen
eigenständigen und für ihn beitragsfreien Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung
gewähren. Würden Personen, die Erziehungsleistungen erbringen, von der Anrechnung ausgeschlossen,
sei dies nach Maßgabe des Art 6 GG und des Gleichbehandlungsgebotes des Art 3 GG nicht sachlich
gerechtfertigt.
Unter Anwendung dieser Grundsätze sei die Kindererziehungszeit für den Kläger vorzumerken. Auch
unter Würdigung der Einlassungen der Beigeladenen sei davon auszugehen, dass der Kläger zumindest
im Sinne einer gemeinsamen Erziehung an der Prägung seiner Tochter mitgewirkt habe. Da die
Beigeladene nach § 56 Abs 4 SGB VI von der Anrechnung der Kindererziehungszeit ausgeschlossen sei,
sei die Erziehungszeit dem Kläger zuzuordnen.
Der Kläger habe auch Anspruch auf Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung
gemäß § 57 SGB VI: Die Berücksichtigungszeit beginne mit dem Geburtsmonat des Kindes und ende mit
der Vollendung des 10. Lebensjahres. Die für die Kindererziehungszeiten geltenden Grundsätze seien
auch hier anzuwenden, sodass dem Kläger die Zeiten zuzurechnen seien. Dies gelte jedoch mit
Ausnahme für die Zeit vom 01.01.1996 bis zum 28.02.1998, wo der Kläger eine mehr als geringfügige
selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe (§ 8 Abs 1 SGB IV, § 57 Abs 2 SGB VI).
Gegen das ihr am 25.07.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.08.2003 Berufung eingelegt. Zur
Begründung trägt sie vor: Das vom SG herangezogene Urteil des BSG vom 25.05.1993, Az.: 4 RA 46/92
habe nicht die hier strittige Problematik, sondern die Anrechnung von Kindererziehungszeiten im Rahmen
des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen
betroffen. Soweit das BSG darin allgemein ausgeführt habe, dass bei Ausschluss eines Ehegatten von der
Anrechnung der Kindererziehungszeit diese dem anderen zuzuordnen sei, wenn er die übrigen
Voraussetzungen erfülle, lasse sich dies nicht mit dem Gesetz vereinbaren. Wenn der Gesetzgeber
gewollt hätte, dass eine Zuordnung der Kindererziehungszeit zu einem Elternteil nach den Regelungen
des § 56 Abs 2 SGB VI nur dann erfolgen solle, wenn kein Elternteil von der Anrechnung ausgeschlossen
sei, hätte er einen entsprechenden Hinweis in die Regelung aufnehmen müssen. Eine dahingehende
Einschränkung enthalte § 56 Abs 1 SGB VI aber nicht. Damit sei die Prüfung der Zuordnung nach § 56
Abs 2 SGB VI zwingend vorzunehmen.
Zu bedenken sei dabei auch, dass der Ausschluss nach § 56 Abs 4 SGB VI nicht von Dauer sein müsse,
da sich eventuell zu einem späteren Zeitpunkt (zum Beispiel durch Nachversicherung) für den zunächst
ausgeschlossenen Elternteil die Möglichkeit einer Anrechnung von Kindererziehungszeiten eröffnen
könne. Im Übrigen gebe es auch für den Personenkreis des § 56 Abs 4 SGB VI Regelungen, die eine
Honorierung von Erziehungsleistungen vorsähen, zum Beispiel des Beamtenversorgungsgesetzes. Wenn
man dem SG folgen würde, wären im Fall einer beamteten Mutter und der eines
arbeiterrentenversicherten Vaters bei einer gemeinsamen Erziehung die Kindererziehungszeiten
zwingend dem Vater zuzuordnen. Dies würde dazu führen, dass der Mutter die Anrechnung von
Kindererziehungszeiten in der Beamtenversorgung verwehrt bliebe, da das Beamtenversorgungsgesetz
bei Berücksichtigung der in Frage stehenden Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen
Rentenversicherung eine nochmalige Anrechnung in der Beamtenversorgung ausschließe.
Im vorliegenden Fall scheitere die Anerkennung der Kindererziehungszeiten und der
Berücksichtigungszeiten für den Kläger daran, dass der Tatbestand einer „überwiegenden Erziehung“
nicht dargetan sei. Vielmehr sei von einer überwiegenden Erziehung der Beigeladenen auszugehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 30.05.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfwsweise, die Zeuginnen M S und T zu hören.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Senat hat den Kläger sowie die Beigeladene im Termin zur mündlichen befragt; hierzu wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 11.2.2004 verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der
Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen ist.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Berufung ist gemäß den §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und aus dem im Tenor
ersichtlichen Umfang begründet.
Die vom Kläger erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Es
bestehen insoweit keine Bedenken dagegen, dass der Kläger ‑ neben der Kindererziehungszeit, die
gemäß § 249 Abs 1 SGB VI für die vor dem 01.01.1992 geborene Tochter des Klägers 12 Kalendermonate
nach Ablauf des Monats der Geburt, hier also im November 1989, endet, ‑ auch Berücksichtigungszeiten
geltend macht, die gemäß § 57 SGB VI grundsätzlich bis zum vollendetem 10. Lebensjahr des Kindes in
Betracht kommen, hier also bis einschließlich November 1998. Zwar geht der letzte Zeitraum über den
hinaus, für den mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.11.1998 eine verbindliche Feststellung getroffen
worden ist, da dieser Bescheid ausdrücklich die Zeiten bis zum 31.12.1991 betrifft. Der Widerspruch des
Klägers gegen diesen Bescheid ist jedoch dahingehend auszulegen, dass generell die Anerkennung von
Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (also bis zum vollendeten zehnten Lebensjahres des
Kindes) begehrt wird. Dies ist zum Einen daraus abzuleiten, dass hier eine Kontenklärung im Rahmen des
Versorgungsausgleiches erfolgt ist, bei dem alle während der Ehezeit erlangten Versicherungszeiten zu
berücksichtigen sind. Im Übrigen hat ein Versicherter grundsätzlich unabhängig von der in § 149 Abs 5
Satz 1 SGB VI geregelten Feststellung des Versicherungsverlaufes einen Anspruch auf Vormerkung
rentenrechtlich relevanter Zeiten. Wenn der Kläger im Widerspruchsschreiben auf die Zeiten der
Erziehung seiner Tochter hinweist, kann dies als Antrag auf Feststellung sämtlicher daraus folgender
rentenrechtlich relevanter Daten verstanden werden. Entsprechend ist auch der Widerspruchsbescheid
vom 07.08.2000 so zu verstehen, dass über sämtliche für die Kindererziehungszeit und die
Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in Frage kommende Zeiträume entschieden worden ist.
Wenn man die Auffassung vertritt, dass auch der Widerspruchsbescheid entsprechend dem Erstbescheid
nur über Zeiten bis zum 31.12.1991 entschieden hätte, wäre das darüber hinaus gehende Klagebegehren
jedenfalls nach § 99 Abs 3 SGG als zulässig anzusehen.
Das Begehren des Klägers hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg. Ein Anspruch auf die Vormerkung
von Kindererziehungszeiten oder Berücksichtigungszeiten besteht nur für den Zeitraum vom 1.3.1989 bis
einschließlich Oktober 1995, weil eine überwiegende Erziehung des Kindes durch den Kläger nur für
diese Zeit festgestellt werden kann.
Wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, richtet sich die Anrechnung von
Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI. Danach wird für einen Elternteil eine
Kindererziehungszeit angerechnet, wenn
1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist,
3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Die Zuordnung der Erziehungszeit zu einem Elternteil ist in 56 Abs 2 SGB VI bestimmt. Wie das SG
ebenfalls zutreffend dargestellt hat, wird die Erziehungszeit bei gemeinsamer Erziehung durch die Eltern
das bedeutet, dass sie bei der Erziehung zusammengewirkt haben und für den gleichen Zeitraum
Erziehungsanteile und -beiträge vorlagen ‑ nach § 56 Abs 2 Satz 2 SGB VI einem Elternteil zugeordnet.
Eine Zuordnung kann gemäß § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI durch die entsprechende übereinstimmende
Erklärung der Eltern erfolgen (wobei diese Erklärung grundsätzlich mit Wirkung für die Zukunft abzugeben
ist). Liegt eine wirksame Erklärung der Eltern nicht vor, bestimmt sich die Zuordnung nach § 56 Abs 2
Satz 8 und 9 SGB VI. Das SG hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG zutreffend
ausgeführt, dass maßgebliche Vorschrift insoweit die Regelung des § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI ist, wonach
die Erziehungszeit demjenigen Elternteil zuzuordnen ist, der das Kind überwiegend erzogen hat.
Lediglich wenn die Erziehungsanteile entweder in etwa gleichgewichtig waren, eine überwiegende
Erziehung somit nicht feststellbar ist, oder sich für die Frage, ob eine überwiegende Erziehung vorlag, ein
non liquet ergibt, greift die Regelung des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI ein, nach der die Erziehungszeit der
Mutter zuzuordnen ist (BSG, Urteil vom 25.02.1992, SozR 3 ‑ 6180 Art 13 Nr 2, BSG, Urteil vom
16.12.1997, in SozR 3 ‑ 2600 § 56 Nr 10).
Nicht zu folgen ist dem SG allerdings in der Auffassung, dass abweichend hiervon eine Erziehungszeit
einem miterziehenden Elternteil immer dann zuzuordnen ist, wenn der andere Elternteil, für den eine
Zuordnung grundsätzlich in Betracht käme, nach § 56 Abs 4 SGB VI von der Anrechnung ausgeschlossen
ist. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung enthält das Gesetz nicht. Nach § 56 Abs 2 SGB VI
besteht lediglich die Möglichkeit der Zuordnung einer Erziehungszeit an den Betroffenen, wenn dieser
alleinerziehend war oder ‑ im Fall gemeinsamer Erziehung ‑ bei überwiegender Erziehung, bei Abgabe
einer übereinstimmenden Erklärung über die Erziehung bzw. -im Zweifelsfall- eine Zuordnung zur Mutter.
Der Fall, dass einer der gemeinsam Erziehenden durch die Ausschlusstatbestände des § 56 Abs 4 SGB VI
von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten ausgeschlossen ist, ist in der Zuordnungsregelung des
§56 Abs 2 SGB VI nicht enthalten. Soweit das SG die Auffassung vertritt, dass auf Grund einer
teleologischen Reduktion eine entsprechend Regelung anzuwenden ist, ist dem nicht zu folgen. So kann
aus § 56 Abs 2 Satz 2 SGB, nach dem bei gemeinsamer Erziehung die Erziehungszeit einem Elternteil
zugeordnet wird, nicht entnommen werden, dass sie zwingend einem dieser Elternteile zuzurechnen ist.
Vorrangig macht die Bestimmung deutlich, dass eine Erziehungszeit ‑ für den gleichen Zeitraum ‑ auch bei
gemeinsamer Erziehung nur einem Elternteil zugesprochen werden kann. Damit sollte verhindert werden,
dass sich die Zeiten bei mehr als einem Versicherten rentenrechtlich auswirken können. Dass die Zeiten
auf jeden Fall bei einem der beiden angerechnet werden sollten, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
Dies ergibt sich gerade auch aus den Regelungen des § 56 Abs 1 Satz 2 sowie des Abs 4, in denen die
Anrechnung der rentenrechtlichen Zeiten geregelt ist. § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 3 bestimmt im Zusammenhang
mit Abs 4, welche Elternteile von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind. Liegt
ein solcher Ausschluss bei dem betroffenen Elternteil jedoch nicht vor, sind weiterhin die
Voraussetzungen der Nr 1 und 2 des § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI zu beachten, d.h. es ist (nach Nr 1 der
Bestimmung) ausdrücklich Voraussetzung, dass die Erziehungszeit dem betreffenden Elternteil
zuzuordnen ist. Die Anrechnung setzt also die in § 56 Abs 2 SGB VI geregelte Zuordnung der
Erziehungszeit zu einem Elternteil gerade voraus. Anders betrachtet ist damit auch der Fall denkbar, dass
die Erziehungszeit einem Betroffenen zuzuordnen, aber nicht anzurechnen ist, weil die übrigen
Voraussetzungen des § 56 Satz 2 SGB VI nicht vorliegen. Die Gesetzessystematik unterscheidet zwischen
Zuordnung und Anrechnung der Kindererziehungszeit. Aus dem Zusammenhang der Regelungen in § 56
SGB VI kann damit nicht geschlossen werden, dass -unabhängig von den Zuordnungsregeln- zwingend
immer eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei einem Elternteil erfolgen muss.
Zu Recht weist die Beklagte zudem in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es gesetzliche
Regelungen gibt, die den nach § 56 Abs 4 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der
gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossenen Personen entsprechende Begünstigungen
gewähren. So ist etwa in § 1 Abs 1 des Gesetzes über die Gewährung eines Kindererziehungszuschlages
(Kindererziehungszuschlagsgesetz ‑ KEZG ‑) in der Fassung ab 01.07.1998 geregelt, dass das
Ruhegehalt eines Beamten sich um einen Kindererziehungszuschlag erhöht, wenn dieser nicht während
der Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war und die
allgemeine Wartezeit erfüllt ist. In Abs 3 KEZG ist bestimmt, dass für die Zuordnung der
Kindererziehungszeit zu einem Elternteil § 56 Abs 2 SGB VI entsprechend anwendbar ist. Gerade aus
dieser „Gleichschaltung“ der Zuordnung der Kindererziehungszeit im Beamtenversorgungsrecht und im
Rentenversicherungsrecht ist abzuleiten, dass der Bundesgesetzgeber die Zuordnung der
Kindererziehungszeiten nach den gleichen Grundsätzen und unabhängig vom jeweiligen Status des
anderen, in Frage kommenden Elternteils, entschieden haben wollte. Je nach dem, ob die Erziehungszeit
einem Rentenversicherungspflichtigen oder einem Beamten zuzurechnen ist, wirkt sich diese im
jeweiligen Rentenversicherungs- bzw. Versorgungsbereich aus. Raum für die Annahme, dass der
Gesetzgeber bei einer gemeinsamen Erziehung durch einen Rentenversicherungspflichtigen und einen
Beamten eine Regelung dahingehend treffen wollte, dass die Erziehungszeit nach § 56 Abs 2 SGB VI
immer dem Rentenversicherungspflichtigen zuzuordnen wäre, gibt es nicht. Dies würde auch eine
unangemessene Benachteiligung des betroffenen Beamten bedeuten.
Zugleich ergibt sich aus der Existenz der Regelung, dass die generelle Zuordnung einer
Kindererziehungszeit zu dem nicht von der Anrechnung ausgeschlossenen Elternteil nicht unmittelbar aus
der Regelung des Artikel 6 Abs 1 GG abgeleitet werden kann. Als Freiheitsrecht verpflichtet Artikel 6
Abs 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine
„wertentscheidende Grundsatznorm“, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen
und zu fördern. Allerdings ist der Staat nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung
auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten. Ebenso wenig folgt aus Artikel 6 Abs 1 GG,
dass der Staat die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern hätte. Die staatliche
Familienförderung durch finanzielle Leistungen steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne
dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Sinngemäß lässt
sich aus der Wertentscheidung des Artikel 6 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip zwar die
allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung
darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Aus
dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, lassen sich konkrete
Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu
verwirklichen ist, nicht ableiten. Insoweit besteht vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des
Gesetzgebers (Bundesverfassungsgericht ‑ BVerfG ‑ Urteil vom 07.07.1992, BVerfGE 87,1 mwN). Es ist
damit auch im Hinblick auf Artikel 6 Abs 1 GG nicht zu beanstanden, wenn die Familienförderung in
derartigen Fallkonstellationen nicht im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern durch
Regelungen z.B. im Beamtenversorgungsrecht verwirklicht wird. Darüberhinaus ergibt sich aus den
dargestellten Grundsätzen, insbesondere dem Hinweis auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers,
dass auch in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der von der Anrechnung ausgeschlossene Elternteil im
Rahmen seiner Alterssicherung nicht von einer Kindererziehungszeit profitiert- dies hat die zuständige
Bayerische Apothekerversorgung in Bezug auf die Beigeladene gegenüber dem SG bestätigt- ein
Anspruch des rentenversicherungspflichtigen Elternteils auf Zuerkennung einer Kindererziehungeszeit
aus Artikel 6 Abs 1 GG nicht hergeleitet werden kann.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Abs 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Der
Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs 1 GG verbietet es, wesentlich Gleiches ungleich und wesentlich
Ungleiches gleich zu behandeln. Er ist dann nicht verletzt, wenn es für eine Ungleichbehandlung einen
sachlichen Grund gibt. Das SG hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass es für den Ausschluss des
Vaters von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten bei der vorliegenden Fallgestaltung keinen
sachlichen Grund gebe. Dies gelte insbesondere im Vergleich mit einem alleinerziehenden Vater, der
selbst zwar mehr als unerhebliche Erziehungsleistungen erbringe, sich aber überwiegend der Hilfe Dritter
bediene, die von der Anrechnung ausgeschlossen seien, weil sie nicht Elternteile seien.
Dem ist nicht zu folgen. Die Honorierung von Erziehungsleistungen (nur) von Elternteilen, nicht aber
sonstigen Personen, die an der Erziehung mitwirken, findet ihren Grund in der familiären Beziehung und
entspricht damit gerade dem Verfassungsgebot des Schutzes der Familie in Artikel 6 Abs 1 GG. Es ist
daher nicht zu beanstanden, wenn ein Alleinerziehender Kindererziehungszeiten angerechnet bekommt,
auch wenn er die Betreuung und Erziehung des Kindes anderen (Hilfs-) Personen überlässt, da er
jedenfalls der erziehende Elternteil ist. Anders ist die Sachlage jedoch, wenn mehrere erziehende
Elternteile vorhanden sind. Hier ist nach der Konzeption des Gesetzes zu entscheiden, welchem der
erziehenden Elternteile durch die Zeiten der Kindererziehung ein Vorteil in der gesetzlichen
Rentenversicherung gewährt wird. Dabei ist es sachlich gerechtfertigt, grundsätzlich an die überwiegende
Erziehung anzuknüpfen, also den zu „belohnen“, der die überwiegende Zeit für die Erziehung des Kindes
aufgebracht hat. Der Unterschied zwischen dem alleinerziehenden Vater und dem gemeinsam mit der
Mutter (oder einem anderen Elternteil) erziehenden Vater liegt also gerade darin, dass im ersten Fall kein
anderer Elternteil vorhanden ist, der einen Erziehungsanteil übernommen hat. In der zweiten Konstellation
-wie hier- ist ein anderer Elternteil vorhanden, dem ‑ grundsätzlich ‑ Erziehungszeit zugeordnet werden
kann. Dass sich dies möglicherweise im Ergebnis nicht auswirkt, weil der Betroffene von der Anrechnung
ausgeschlossen ist, ist nicht zu beanstanden. Zum einen liegt dies generell in der Konzeption des
Gesetzes. So ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass die Erziehungszeit zwar einem Elternteil
angerechnet wird, dass sich dies aber im Ergebnis nicht rentensteigernd auswirkt, etwa weil die
allgemeine Wartezeit nicht erfüllt ist oder der Betroffene vor Rentenbezug stirbt.
Im Übrigen würde sich ein solcher vom Kläger geltend gemachter Anspruch auf Gleichbehandlung auf
eine „Gleichbehandlung der Familie“, nicht auf eine Gleichbehandlung seiner Person beziehen, da er im
Ergebnis geltend macht, dass sich die Kindererziehungszeiten zumindest in einem Versicherungsverlauf
irgendeines Elternteils auswirken müssen. Dass im vorliegenden Fall er nur selbst in Frage käme, würde
sich als schlichter Reflex darstellen. Schon von daher kann sein Anspruch sich nicht auf Artikel 3 Abs 1
GG stützen.
Im Übrigen ist zu sehen, dass es für die Familie des Klägers gerade eine gesetzlich eingeräumte
Möglichkeit gegeben hätte, eine Zuordnung der Kindererziehungszeit zu seinem Versicherungskonto zu
erreichen, nämlich durch Abgabe einer Erklärung über die Zuordnung der Erziehungszeit zum Vater
gemäß § 1251 a Abs 2 RVO (in der im maßgeblichen Zeitraum nach Geburt der Tochter geltenden
Fassung). Damit hat der Gesetzgeber der Familie gerade einen Spielraum gelassen, über die Zuordnung
der Kindererziehungszeiten zu entscheiden, um die Versicherungszeiten dem zuordnen zu lassen, der
davon tatsächlich einen (bzw. den größeren) Nutzen hat. Dass dies im vorliegenden Fall nach dem
Vortrag des Klägers wegen Unstimmigkeiten zwischen den Eheleuten nicht geschehen ist, ist nicht dem
Gesetzgeber anzulasten. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine gemeinsame
Erklärung der erziehenden Elternteile verlangt, ohne auf mögliche derartige Unstimmigkeiten Rücksicht zu
nehmen. Diese Tatsache ist gerade Ausfluss der Zubilligung eines Freiraums für die Familie, die über die
Art und Weise der Erziehung und die Inanspruchnahme der vom Staat eingeräumten daraus folgenden
Vorteile selbst bestimmt.
Der im BSG Urteil vom 25.05.1993, Az.: 4 RA 46/92, geäußerten abweichenden Auffassung ist nicht zu
folgen. Zunächst ist bereits fraglich, ob die Ausführungen in dem genannten Urteil, wonach die Zuordnung
der Kindererziehungszeiten zu einem Elternteil vorgenommen werden muss, wenn der übrige Elternteil
ausgeschlossen ist, tatsächlich allgemeingültig sein sollten. Das BSG hat nämlich im entschiedenen Fall
zunächst die Vermutungsregel des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI angewandt und den Ausschluss des
anderen Elternteils gemäß § 56 Abs 4 SGB VI als weiteres Argument für die Zuordnung zur Mutter
genannt. Jedenfalls hat das BSG in der Entscheidung aber nicht dargelegt, auf welche Rechtssätze oder
Grundsätze es sich bei der von ihm vorgenommenen Auslegung des § 56 Abs 2 SGB VI stützt und woraus
es seine Auffassung herleitet. Der Senat sieht daher im Hinblick auf die obigen Ausführungen keinen
Grund, der Entscheidung des BSG in diesem Punkt zu folgen.
Im Ergebnis kommt es für die Zuordnung der Kindererziehungszeit und der Berücksichtigungszeit wegen
Kindererziehung, die entsprechend zu beurteilen ist, § 57 SGB VI, darauf an, welcher Elternteil die Tochter
überwiegend erzogen hat. Der Senat ist aufgrund der im Verfahren gewonnen Erkenntnisse,
insbesondere der Einlassungen des Klägers und der Beigeladenen im Termin zur mündlichen
Verhandlung am 11.2.2004, der Überzeugung, dass der Kläger die Tochter bis zur Trennung von der
Beigeladen in dem Zeitraum überwiegend erzogen hat, in dem die Beigeladene einer Berufstätigkeit
nachging.
Nach den insoweit übereinstimmenden Einlassungen des Klägers und der Beigeladenen unterbrach die
Beigeladene ihre Berufstätigkeit für einen Zeitraum von drei Monaten nach der Geburt der Tochter, um
sich um diese zu kümmern. Für diese Zeit ist eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht
festzustellen. Dafür spricht schon die Lebenserfahrung, nach der ein Neugeborenes, insbesondere wenn
es gestillt wird, in den ersten Lebensmonaten vorrangig von der Mutter gepflegt und betreut wird. Der
Kläger hat auch nichts vorgetragen, was gegen diese Einschätzung sprechen würde.
Nach der Trennung der Eheleute im November 1995 lebte die Tochter bei der Beigeladenen; der Kläger
hatte lediglich ein Besuchsrecht dergestalt, dass die Tochter an jedem zweiten Wochenende sowie an je
zwei Nachmittagen in der Woche bei dem Kläger verbrachte. Daraus ergibt sich, dass die Beigeladene
nach November 1995 einen weit überwiegenden Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes
hatte.
Anders liegt es jedoch für den Zeitraum vom März 1988 bis zum November 1995. Während dieser Zeit
ging die Beigeladene einer Berufstätigkeit von -nach ihren Aussagen- 30 Stunden wöchentlich nach. Sie
war -nicht gerechnet die Zeit für den Arbeitsweg und eventuelle Pausen- im Durchschnitt sechsmal in der
Woche für fünf Stunden täglich abwesend und damit einen erheblichen Teil des Tages nicht zu Hause,
während der Kläger für den Haushalt und die Betreuung des Kindes zur Verfügung stand. Bei dieser
Sachlage geht der Senat davon aus, dass in diesem Zeitraum von einer überwiegenden Erziehung der
Tochter durch den Kläger auszugehen ist, ohne dass die Frage zu entscheiden wäre, wer sich in der Zeit,
in der die Beigeladene zu Hause anwesend war, mehr um das Kind gekümmert hat. Der Senat sieht von
daher keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen, etwa der Vernehmung der vom Kläger angebotenen
Zeugin S . Zudem ist deren Eignung als Beweismittel zweifelhaft, da sie nicht im Haushalt der
Beteiligten gelebt hat und nur durch Besuche kaum ein umfassendes Bild von der Aufteilung der
häuslichen Tätigkeiten erlangt werden kann. Eine Befragung der Zeugin T zur Arbeitszeit der
Beigeladenen ist ebenfalls nicht erforderlich. Unstimmigkeiten bzgl. der angegeben Arbeitszeiten der
Beigeladenen haben sich im Termin zur mündlichen Verhandlung zu der Frage ergeben, wann diese die
wöchentliche Arbeitszeit nach der Geburt des Kindes auf 30 Wochenstunden reduziert hat; die von der
Beigeladenen genannte Aufteilung auf die Woche hat der Kläger nicht bestritten. Selbst wenn man aber
von der für den Kläger ungünstigsten Annahme einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden seit März 1989
ausgeht, ist nach dem Obengesagten von einer überwiegenden Erziehung durch ihn auszugehen.
Das Urteil des SG ist danach insoweit zutreffend, als die Beklagte damit zur Vormerkung von
Kindererziehungszeiten vom 1.3.1989 bis zum 30.11.1989 und von Berücksichtigungszeiten vom
1.3.1989 bis zum 31.10.1995 verpflichtet worden ist. Soweit die Verurteilung über diese Zeiten
hinausgeht, ist das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
- Rechtsmittelbelehrung -