Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.09.2003

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Landessozialgericht NRW, L 5 KR 8/03
Datum:
25.09.2003
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 5 KR 8/03
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 8 KR 166/02
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 17.12.2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu
erstatten.
Tatbestand:
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Der Kläger verlangt von der Beklagten, den Beitrag zur gesetzlichen
Krankenversicherung nach dem ermäßigten Beitragssatz zu berechnen.
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Der am 00.00.1929 geborene Kläger ist bei der Beklagten aufgrund des Bezuges einer
Altersrente gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als
Rentner pflichtversichert.
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Die Beklagte lehnte durch den Bescheid vom 12.03.2002 den am 21.12.2001 gestellten
Antrag des Klägers, die von ihm zu zahlenden Beiträge auf der Grundlage des
ermäßigten Beitragssatzes zu berechnen, ab. Zur Begründung verwies sie auf § 247
Abs. 1 SGB V, der die Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes für die Bemessung
der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung vorsehe.
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Dagegen legte der Kläger am 15.04.2002 Widerspruch ein, mit dem er vorbrachte, die
Beklagte verlange zu hohe Beiträge; es bestehe die Gefahr, dass er deswegen
sozialhilfebedürftig werde.
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Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 10.07.2002
unter Beibehaltung ihrer Auffassung zurück.
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Das Sozialgericht hat die am 06.08.2002 erhobene Klage durch Urteil ohne mündliche
Verhandlung vom 17.12.2002 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die
Entscheidungsgründe Bezug genommen.
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Gegen das ihm am 07.01.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.01.2003 Berufung
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eingelegt.
Zur Begründung bringt er vor: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stelle § 247
SGB V keineswegs gegenüber der die Anwendung des ermäßigten Beitragssatzes
regelnden Vorschrift des § 243 SGB V die speziellere Vorschrift dar. Außerdem
verstoße es gegen Art. 3 des Grundgesetzes, dass ab 01.04.2002 bisher freiwillig
krankenversicherte Rentenbezieher nunmehr geringere Krankenversicherungsbeiträge
zahlen müssten, ohne dass den immer in der Krankenversicherung der Rentner
pflichtversicherten Personen die Anwendung des ermäßigten Beitragssatzes zugute
komme.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.12.2002 zu ändern und die Beklagte
unter Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10.07.2002 zu verurteilen, ab 21.12.2001 die von ihm zu
zahlenden Krankenversicherungsbeiträge auf der Grundlage des ermäßigten
Beitragssatzes zu berechnen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den
übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der
Gegenstand der Beratung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten
hiermit einverstanden erklärt haben.
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Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage
zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 13.03.2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10.07.2002 ist rechtmäßig, denn der Kläger hat keinen
Anspruch darauf, dass die Beklagte die von ihm zu zahlenden
Krankenversicherungsbeiträge auf der Grundlage des ermäßigten Beitragssatzes
berechnet. Vielmehr bemisst die Beklagte die vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur
gesetzlichen Krankenversicherung zu Recht nach dem allgemeinen Beitragssatz.
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Gemäß § 247 Abs. 1 gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge
aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz ihrer
Krankenkasse. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen dieser Vorschrift, denn er ist als
Rentner versicherungspflichtig und bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung. Deshalb bemessen sich die von ihm zu entrichtenden Beiträge
nach dem allgemeinen Beitragssatz der Beklagten. Entgegen der Auffassung des
Klägers kommt hier § 243 Abs. 1 SGB V, der die Anwendung des ermäßigten
Beitragssatzes regelt, nicht zur Anwendung. § 247 SGB V stellt nämlich die speziellere
Vorschrift dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass für § 247 SGB V kein
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Anwendungsbereich verbliebe, würde man entsprechend dem Ansinnen des Klägers
bei pflichtversicherten Rentenbeziehern den ermäßigten Beitragssatz nach § 243 SGB
V zur Anwendung bringen: Dann nämlich hätte kein Rentner - da diese alle keinen
Krankengeldanspruch besitzen - den allgemeinen Beitragssatz zu zahlen.
Dies verstößt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen
verfassungsrechtliche Vorschriften, insbesondere nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes
(GG). Diese Norm gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln.
Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Das
Grundrecht ist nur dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von
Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen
keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. Bundesverfassungsgericht, Amtliche
Entscheidungssammlung, Bd. 104, S. 126, ständige Rechtsprechung). Dass der
Gesetzgeber ab dem 01.04.2002 zuvor freiwillig krankenversicherte Rentner, die die
nach altem Recht die notwendigen Vorversicherungszeiten für eine Aufnahme in die
Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllt hatten, nunmehr den Zugang zur
Krankenversicherung der Rentner ermöglicht hat, beruht auf dem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 15.05.2000, Az.: 1 BvL 16/96. Das
Bundesverfassungsgericht hat hier die unterschiedliche Behandlung dieser beiden
Personengruppen für verfassungswidrig erklärt. Es ist nicht ersichtlich, welche
sachlichen Gründe zu einer differenzierenden Behandlung dieser Personengruppen bei
der Anwendung des Beitragssatzes nötigen sollten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
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