Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.03.2008

LSG NRW: geschäftsführer, stille gesellschaft, stillen, gesellschafter, stammkapital, vergütung, firma, gesellschaftsvertrag, kapitaleinlage, beitragspflicht

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil vom 19.03.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Aachen S 13 KR 4/05
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 11 KR 39/06
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.04.2006 wird zurückgewiesen. Die
Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird
nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Frage, ob der Kläger in der Zeit vom 21.06.1999 bis 31.12.2000 bei
der Beigeladenen zu 4) eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit verrichtet hat.
Der 1963 geborene Kläger, der das Tischlerhandwerk erlernt hat, war zunächst vom 01.09.1981 bis 31.12.1996 mit
kurzen Unterbrechungen bei der Schreinerei Q C und vom 01.01.1997 bis 17.08.1998 bei der Beigeladenen zu 4)
beschäftigt. Deren Geschäftsführer ist der Tischlermeister Q C, der den Betrieb zu Beginn des Jahres 1997 von
seinem Vater übernommen hatte.
Herr Q C und seine damalige Lebensgefährtin T K gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 31.12.1996 die
Beigeladene zu 4). Die Anteile an deren Stammkapital von 50.000,00 DM verteilten sich mit 99 % auf Herrn Q C und
mit 1 % auf Frau T K. Die Beigeladene zu 4) wurde am 21.02.1997 in das Handelsregister eingetragen, als alleiniger
Geschäftsführer wurde Herr Q C benannt. Er besaß auch die alleinige Vertretungsberechtigung und war von den
Beschränkungen des Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)) befreit.
Am 02.01.1997 errichteten der Kläger und die Beigeladene zu 4) durch Gesellschaftsvertrag eine stille Gesellschaft
mit Wirkung zum 01.01.1997. Nach den späteren Einlassungen des Herrn Q C war der Grund für den Abschluss des
stillen Vertrages in der Historie der Firma zu sehen, die ein alter Familienbetrieb sei und zu deren Aufrechterhaltung
größere Kapitalbeträge aufgenommen worden seien, um dem Vater des Herrn Q C als früheren Firmeninhaber noch
bestimmte monatliche Leistungen zahlen zu können. Um angesichts dieser Situation Komplikationen durch Aufnahme
des Klägers in den Gesellschaftsvertrag zu vermeiden, sei die Form des stillen Vertrages gewählt worden. Nach
dessen § 1 hatte der Kläger eine Kapitaleinlage von 25.000,00 DM zu erbringen. Im weiteren wurde ihm ein
umfassendes Informations- und Kontrollrecht eingeräumt (§ 3), nach § 6 des Vertrages wurde er am Gewinn beteiligt
und hatte für Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 4) mit einem Betrag von zunächst 25.000,00 DM, ab 01.07.1998
mit einem solchen in Höhe von 50.000,00 DM zu haften (§ 13). Am 02.01.1997 schlossen der Kläger und die
Beigeladene zu 4) einen weiteren Vertrag, in dem der Kläger die Leitende Fertigung und Montage im Bereich "Sauna"
übernahm. In dem Vertrag wurde ferner vereinbart, dass er selbständig tätig sei und seine Arbeitszeit frei gestalten
könne (§ 1), ferner dass er alle Steuern und Kosten der sozialen Absicherung selbst tragen solle (§ 5) und in
Abstimmung mit der Beigeladenen zu 4) Zeit und Umfang des Urlaubs frei bestimmen konnte (§ 6) im Krankheitsfall
aber keine Vergütungsfortzahlung erhalten sollte (§ 7).
Abweichend von der Regelung des § 5 entrichtete die Beigeladene zu 4) Pflichtbeiträge für den Kläger zur Kranken-,
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Beklagte als Einzugsstelle und Krankenkasse des Klägers bis
zum 31.12.2000, danach an die BKK Euregio, deren Mitglied der Kläger ab 01.01.2001 wurde. Diese von der Regelung
des § 5 des Vertrages vom 02.01.1997 abweichende Handhabung erklärte die Beigeladene zu 4) damit, es habe
seinerzeit eine große Unsicherheit wegen des Gesetzes zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit bestanden,
welches dann nach kurzer Zeit nochmals geändert worden sei. Aus diesem Grunde habe man sich als sicherste
Methode dafür entschieden, Versicherungsbeiträge für den Kläger zu entrichten. Diese seien als Betriebsausgaben
abgesetzt worden, zwischenzeitlich bereits erhaltene Beitragserstattungen als Betriebseinnahmen behandelt worden.
Der Kläger, der im Jahre 1997 die vereinbarte Kapitaleinlage von 25.000,00 DM zuzüglich weiterer 6.500,00 DM
eingezahlt hatte, absolvierte vom 17.08.1998 bis 18.03.1999 einen Meisterprüfungslehrgang. Während dieser Zeit war
er als Student bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert. Nach Abschluss des Lehrgangs und Durchlaufen der
Meisterprüfungsphase bestand er am 20.05.1999 die Meisterprüfung. Während der Meisterprüfungsphase und nach
dem Ende des Lehrgangs war er arbeitslos gemeldet und bezog von der Beigeladenen zu 3) Arbeitslosengeld.
Während dieser Zeit ruhte ebenso wie während des Lehrgangs die Tätigkeit des Klägers im Betrieb der Beigeladenen
zu 4). Ab 21.06.1999 nahm er die dortige Tätigkeit in Meisterfunktion auf Grundlage der geschlossenen Verträge
wieder auf.
Am 30.12.2003 ließen der Kläger und die Beigeladene zu 4) durch ihre Steuerberater die Sozialversicherungspflicht
des Klägers und die Erstattung eingezahlter Beiträge aus noch nicht verjährter Zeit prüfen. Unter Berücksichtigung der
gemachten Angaben, der Kläger sei als Werkstattleiter eigenverantwortlich für Produktion und Montage tätig, da Herr
Q C wegen einer Allergie nicht in der Lage sei, sich länger in der Werkstatt aufzuhalten, vielmehr für Finanzen, interne
Verwaltung, Einkauf und Vertrieb zuständig sei, stellte die BKK Euregio mit bestandskräftig gewordenem Bescheid
vom 28.01.2004 fest, der Kläger sei aufgrund der vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse der Beigeladenen zu 4)
nicht versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und auch nicht beitragspflichtig zur
Arbeitslosenversicherung.
Daraufhin beantragten die Steuerberater am 17.02.2004 bei der Beklagten, den Kläger auch für den Zeitraum vom
21.06.1999 bis 31.12.2000 von der Sozialversicherungspflicht zu befreien. Begründet wurde der Antrag mit der vom
Kläger getätigten Kapitaleinlage, seiner Haftungsverpflichtung gegenüber der Beigeladenen zu 4) und unter Hinweis
auf die vertraglichen und tatsächlichen Umstände, nach denen es nicht gerechtfertigt sei, den Kläger wie einen
Arbeitnehmer zu beurteilen, da seine Tätigkeit von unternehmerischem Handeln geprägt sei.
Mit Bescheid vom 16.07.2004 stellte die Beklagte die Sozial- und Beitragspflicht des Klägers für die Zeit vom
01.01.1997 bis 31.12.2000 fest. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Herr Q C sei mit 66 % am
Stammkapital der Beigeladenen zu 4) beteiligt, er sei der einzige Geschäftsführer und darüber hinaus allein
vertretungsberechtigt. Die im Vertrag vom 02.01.1997 genannten Begriffe "selbständige Tätigkeit, freie Gestaltung der
Arbeitszeit usw." seien unter Würdigung der tatsächlichen Umstände nicht schlüssig und zutreffend. Die Beigeladene
zu 4) habe für den Kläger wie für einen Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. In dem Vertrag vom
02.01.1997 fänden sich widersprüchliche Angaben, zum einen sei ausgeführt, der Kläger solle selbständig tätig sein,
andererseits sei im Rahmen der Vergütung die Vereinbarung getroffen worden, dass er je geleistete Arbeitsstunde
eine Vergütung in Höhe von 30,00 DM erhalte und zusätzlich die Mehrwertsteuer in Rechnung stelle. Wegen weiterer
Einzelheiten der Begründung wird auf den 17 Punkte umfassenden Begründungskatalog Bezug genommen.
Den Widerspruch vom 20.08.2004, der sich gegen die Feststellung der Sozialversicherungspflicht auch für die Zeit
vom 21.06.1999 bis 31.12.2000 richtete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2004 aus den
Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.
Hiergegen richtete sich die am 20.01.2005 erhobene Klage. Der Kläger vertrat die Ansicht, ab 21.06.1999 nicht mehr
als Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 4) tätig gewesen zu sein. Dies ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag und
dem Auftragsvertrag vom 02.01.1997 sowie durch das Bestehen seiner Meisterprüfung, das eine Zäsur darstelle. Er
sei als Werkstattleiter eigenverantwortlich für die Produktion und Montage bei Endkunden zuständig, mit Herrn Q C
habe eine Arbeitsteilung insofern bestanden, als dieser zuständig gewesen sei für die Finanzen, die interne
Verwaltung, den Einkauf und den Vertrieb. Die Beigeladene zu 4) habe gegenüber dem Kläger bezüglich Art, Zeit und
Ort der Arbeitsausführung keinerlei Anordnungsrechte gehabt oder auch nur ausgeübt. Die Einteilung seiner
Arbeitszeit sei im Wesentlichen durch die Kundenaufträge bestimmt worden und im Detail seiner eigenen
Koordinierung überlassen worden. Eine diesbezügliche Weisungsgebundenheit habe nicht bestanden. Es sei auch
keine feste Entlohnung vereinbart worden, vielmehr sei eine Vergütung auf der werkvertraglichen Basis einer
Stundenhonorarabrede erfolgt. Daneben habe er am Gewinn der Gesellschaft teilgenommen, demgemäß habe auch
das Finanzamt seine Einkünfte als solche aus selbständige Tätigkeit anerkannt. Er habe keinerlei Verpflichtung
gehabt, bei der Beigeladenen zu 4) um Urlaub nachzusuchen, er habe darüber hinaus ein unternehmerisches Risiko
getragen, da seine Vergütung abhängig gewesen sei von der Auftragslage.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 aufzuheben
und festzustellen, dass vom 21.06.1999 bis 31.12.2000 keine Versicherungs- und Beitragspflicht für Kranken-, Pflege-
und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Meinung nach war der Kläger im streitbefangenen Zeitraum Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 4). Er sei nicht
am Stammkapital der GmbH beteiligt gewesen, ebensowenig habe er eine Geschäftsführerstellung inne gehabt. Seine
stille Beteiligung stehe der Qualifizierung seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht entgegen. Diese Eigenschaft werde
vielmehr gestützt durch die Tatsache, dass von der Beigeladenen zu 4) für ihn Sozialversicherungsbeiträge ebenso im
streitigen Zeitraum wie in der Zeit davor entrichtet worden seien.
Die Beigeladene zu 4), die sich dem Antrag des Klägers angeschlossen hat, hat darauf hingewiesen, dass nach
Die Beigeladene zu 4), die sich dem Antrag des Klägers angeschlossen hat, hat darauf hingewiesen, dass nach
Ablegen der Meisterprüfung sich das Arbeitsbild des Klägers geändert habe. Sein Verantwortungsbereich sei
wesentlich erweitert worden. Er sei mit der Planung und vollständigen Durchführung von gewerblichen Großprojekten
betraut worden und habe seitdem uneingeschränkte Weisungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern des Betriebes
gehabt und keine Rücksprache mit dem Geschäftsführer Herrn Q C mehr nehmen müssen. Für die Ausbildung der
Lehrlinge sei er ebenso allein zuständig gewesen wie für seine eigene Zeiteinteilung.
Das Sozialgericht Aachen hat mit Urteil vom 25.04.2006 den angefochtenen Bescheid vom 16.07.2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 aufgehoben und festgestellt, dass im streitigen Zeitraum keine
Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers bestanden haben. Der Kläger sei zwar nicht Gesellschafter der
Beigeladenen zu 4) und auch nicht unmittelbar an deren Stammkapital beteiligt gewesen und habe auch kein
Stimmrecht besessen, nach dem zwischen ihm und der Beigeladenen zu 4) geschlossenen stillen
Gesellschaftsvertrag sei er jedoch mittelbar am Unternehmen beteiligt gewesen und habe auch Anteile am
unternehmerischen Risiko getragen. Über die erbrachte Kapitaleinlage von 25.000,00 DM habe er bis zum Jahre 2004
einen weiteren Betrag von ca. 8.830,00 Euro in den Betrieb eingezahlt. Nach § 13 des Gesellschaftsvertrages hafte er
im streitbefangenen Zeitraum für Verpflichtungen der Beigeladenen zu 4) mit einem Betrag von 50.000,00 DM und
damit im größeren Umfang als Herr Q C als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4), dessen Haftung bei seiner 99
%igen Beteiligung an einem Stammkapital von 50.000,00 DM auf 49.500,00 DM begrenzt sei. Darüber hinaus besitze
der Kläger auch ein umfassendes Informations- und Kontrollrecht, welches er tagtäglich durch regelmäßige
Absprachen mit Herrn Q C auch ausgeübt habe. Investitionen und Aufträge seien zwischen ihnen regelmäßig
abgesprochen worden. Darüber hinaus habe er auch eigenständige Entscheidungen treffen können. Aufgrund der
damals bestandenen verwandtschaftlichen Beziehung - der Kläger sei mit der Schwester des Herrn Q C verheiratet
gewesen- sei es auch nachvollziehbar, dass die Zusammenarbeit nicht im Über- und Unterordnungsverhältnis
stattgefunden habe, sondern auf gleichberechtigter Ebene angesiedelt worden sei. Gegen die Annahme der fehlenden
Sozialversicherungspflicht spreche zwar der Umstand, dass die Beigeladene zu 4) für den Kläger
Sozialversicherungsbeiträge entrichtet habe, jedoch werde die gegenteilige Annahme der Arbeitnehmereigenschaft
durch die Ausgestaltung der Verträge vom 02.01.1997 und die beschriebenen tatsächlichen Umstände widerlegt. Die
Erklärung der Beigeladenen zu 4), die Entrichtung von Sozialversicherungsbeträgen sei im Hinblick auf die unklare
Rechtslage im Zusammenhang mit der Scheinselbständigkeit erfolgt, sei plausibel.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 29.05.2006. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei
fehlerhaft. Arbeitgeber des Klägers sei die Beigeladene zu 4, deren Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer Herr
Q C sei. Der Kläger sei nicht am Stammkapital beteiligt. Auch der Erwerb des Meistertitels lasse keine Änderung der
rechtlichen Qualifizierung seiner Tätigkeit erkennen, diese sei vielmehr seit 01.01.1997 unverändert ausgeübt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.04.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrags vertritt er die Auffassung, er sei auch vor Ablegung der Meisterprüfung selbständig
tätig gewesen. Mit Erwerb des Meistertitels sei er aber auf jeden Fall dem Geschäftsführer und Gesellschafter Herrn
Q C gleichgestellt worden. Die Firma sei faktisch durch zwei Meister geführt worden. Bereits seit 1997 sei es üblich
gewesen, im Rahmen der Geschäftsführung Abstimmungen zwischen ihm und Herrn Q C vorzunehmen. Gegenüber
den Kunden sei er im Bereich des Geschäftszweiges "Sauna" auch zuständig gewesen. Über jede Änderung im
Geschäftsablauf sei eine Abstimmung erzielt worden. Größere Entscheidungen in der Firma, z.B. die Anschaffung
von Maschinen oder eines Computerprogramms seien in gleicher Weise abgestimmt worden wie die Einstellung und
Entlassung von Personal. Den Vertrag mit neuem Personal habe zwar letztlich Herr Q C geschlossen, dies aber
deshalb, weil die Büroarbeit in sein Ressort fiel. Bei Entlassung von Personal sei er - der Kläger - der Initiator
gewesen, da er letztlich mit dem Personal im Wesentlichen habe zusammenarbeiten müssen. Auch Finanzierungen
größerer Aufträge, bei denen z.B. Löhne hätte vorfinanziert werden müssen, seien gemeinsam abgesprochen worden.
Er habe auch einmal in gleicher Weise wie Herr Q C von seinen Privatgeldern einen Betrag von 8.000,00 DM der
Firma zur Verfügung gestellt. Urlaub habe nicht geregelt werden müssen, dieser sei vielmehr mit Rücksicht auf die
Betriebsinteressen abgesprochen worden. Preis- und Rabattsysteme seien im Vorfeld der Auftragsannahme
abgesprochen worden.
Die Beigeladene zu 2), die keinen Antrag gestellt hat, ist der Auffassung, die Entscheidung des Sozialgerichts stelle
eine Überraschungsentscheidung dar, da das Sozialgericht zuvor eine anderslautende Rechtsauffassung geäußert
habe. Im Übrigen habe der Kläger auch ein Haftungsrisiko zu tragen gehabt, selbst wenn er in der Gesellschaft gar
nicht tätig geworden sei. Er sei nach Stunden bezahlt worden, dies ergebe sich aus dem Vertrag vom 02.01.1997.
Insoweit stelle die von der Beigeladenen zu 4) gegebene Erklärung für die Entrichtung von
Sozialversicherungsbeiträgen einen Widerspruch dar. Mit der Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Klägers sei
die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen unvereinbar. Auch der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrages
belege seine Arbeitnehmereigenschaft, denn er mache deutlich, dass der Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer
Herr Q C die Macht nicht habe aus den Händen geben wollen. Im Übrigen habe der Kläger auch über keinerlei
Sperrminintät verfügt.
Der Senat hat im Erörterungstermin vom 18.04.2007 den Sachverhalt durch Befragung des Klägers und des
Geschäftsführers der Beigeladenen zu 4) vertiefend aufgeklärt. Auf den Inhalt des Protokolls vom 18.04.2007 wird
Bezug genommen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten,
die der Senat beigezogen und seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, sowie auf den Vortrag der Beteiligten im
Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid vom 16.07.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 aufgehoben. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen
Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn während der Ausübung seiner Tätigkeit
bei der Beigeladenen zu 4) in der Zeit vom 21.06.1999 bis 31.12.2000 hat keine Versicherungs- und Beitragspflicht für
die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden.
Hierzu bezieht der Senat sich voll inhaltlich auf die zutreffenden und umfassenden Gründe der erstinstanzlichen
Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch das Vorbringen des Klägers und des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 4) im Erörterungstermin vom
18.04.2007 führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, es hat vielmehr die Richtigkeit der sozialgerichtlichen
Entscheidung bestätigt. Zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4) lag eine
Arbeitsteilung des Inhalts vor, dass der Kläger für den technischen Bereich, der Geschäftsführer der Beigeladenen zu
4) hingegen für den kaufmännischen Bereich zuständig war. Der Kläger war in alle maßgeblichen Entscheidungen bei
der Geschäftsführung, nämlich die Preis- und Rabattgestaltung, die Einstellung bzw. Entlassung von Personal und die
Annahme von Aufträgen gleichwertig einbezogen. Es fand im Rahmen der täglichen Zusammenarbeit eine Absprache
statt; Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4) insoweit sich über Einwendungen und
Ansichten des Klägers hinweggesetzt hat, haben sich auch durch die weitere Sachverhaltsaufklärung durch den Senat
nicht ergeben. Darüberhinaus hat der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4) unter Hinweis auf die Historie der Firma,
die ein alter Familienbetrieb ist, eine plausible Erklärung dafür gegeben, aus welchem Grund der Kläger nicht als
Gesellschafter in die Beigeladene zu 4) aufgenommen wurde, es vielmehr zum Abschluss eines a-typischen stillen
Gesellschaftsvertrages gekommen ist.
Auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren ergangenen Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG)
vom 24.01.2007 (Az. B 12 KR 31/06 R), die sich mit der Versicherungspflicht stiller Gesellschafter einer
Steuerberatungs GmbH befasst, vermag der Senat nicht zu einer abweichenden Entscheidung zu gelangen. In dem
ihr zugrundeliegenden Sachverhalt differieren die Regelungen des Anstellungsvertrages, die eindeutig eine Zuordnung
zur abhängigen Beschäftigung erlaubten, mit denen des stillen Gesellschaftsvertrages, die auf eine Selbständigkeit
schließen ließen. In der dadurch notwendig gewordenen Abgrenzung hat das BSG zunächst unter Aufrechterhaltung
der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung festgestellt, dass maßgeblich für die Beurteilung stets das
Gesamtbild der Arbeitsleistung ist und dieses sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt, zu denen auch
unabhängig von der Ausübung die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht gehört. Daraus ergab sich, dass die
das Gesamtbild prägenden tatsächlichen Verhältnisse den Regelungen des Anstellungsvertrages entsprachen, so
dass eine abhängige Beschäftigung anzunehmen war. Weiter hat das BSG ausgeführt, dass der Anstellungsvertrag
auch nicht die Regelungen des Gesellschaftervertrages relativiert habe, weil insoweit die Besonderheit bestanden
habe, dass es sich um eine a-typische Gesellschaft gehandelt habe, deren Situation nicht vergleichbar sei mit der
Gesellschaftergeschäftsführerstellung in einer GmbH. Anhaltspunkte für eine ernstgemeinte oder konkludente
Abänderung der für eine selbständige Tätigkeit sprechenden tatsächlichen Verhältnisse hatte das BSG nicht
feststellen können. Im Gegensatz dazu erlaubt vorliegend der Anstellungsvertrag keine eindeutige Zuordnung zur
Ausübung einer selbständigen Tätigkeit. Im Vertrag vom 02.01.1997 war geregelt, dass der Kläger als Auftragnehmer
selbständig tätig sei und seine Arbeitszeit frei gestalte, er war in der Urlaubsplanung frei, hatte lediglich im Hinblick
auf die Betriebsgröße seinen Urlaub im Einzelfall abzustimmen. Eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall stand ihm
nicht zu. Darüberhinaus erhielt er eine Vergütung nach geleisteten Arbeitsstunden, wobei er der Beigeladenen zu 4)
die jeweils gültige gesetzliche Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen hatte. Dem Umstand, dass diese Regelung in
der Praxis anders gehandhabt wurde, misst der Senat keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei. Die Beteiligten
haben hierzu schlüssig und nachvollziehbar erklärt, dass sie aufgrund des inkraftgetretenen Gesetzes zur
Bekämpfung der Scheinselbständigkeit verunsichert waren und aus diesem Grunde von Seiten der Beigeladenen zu 4)
auch Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger entrichtet worden sind. Damit wird deutlich, dass durch diese
Regelung keine Änderung des Status des Klägers vorgenommen werden sollte, sie vielmehr nur den Zweck hatte,
sich gesetzeskonform zu verhalten. Entsprechend den Regelungen des Anstellungsvertrages fand auch die
Handhabung und Abwicklung des täglichen Geschäftsbetriebes statt, denn der Kläger und der Beigeladene zu 4)
haben im Erörterungstermin vor dem Senat am 18.04.2007 glaubhaft dargelegt, dass hier eine gemeinsame
Geschäftsführung praktiziert wurde, in der für ein Direktionsrecht des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 4) kein
Raum war und ein solches tatsächlich auch nie ausgeübt wurde. Als gewichtigen und damit entscheidungserheblichen
Gesichtspunkt sieht der Senat vielmehr den Umstand an, dass der Kläger ausweislich des Gesellschaftsvertrages
(dort § 13) gegenüber der Bank für Verpflichtungen der Beigeladenen zu 4) aus den betriebenen Unternehmen neben
seiner Einlage seit 01.07.1998 mit einem Betrag von 50.000,00 DM haftete. Hierbei handelt es sich um eine Regelung,
die für einen abhängig Beschäftigten völlig untypisch ist.
Der Senat vermochte auch im Vergleich des hier streitigen Zeitraums mit der Zeit ab 01.01.2001, für die die BKK
Euregio mit bindend gewordenem Bescheid vom 28.01.2004 vom Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit
ausgegangen ist, keine Anhaltspunkte zu finden, die es rechtfertigten würden, die durchgängig unverändert vom
Kläger ausgeübte Tätigkeit in aufeinanderfolgenden Zeiträumen konträr zu bewerten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).