Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 09.09.2009
LSG NRW (satzung, beitrag, deckung, abzug, verhältnis zu, pauschale, vorstand, arzt, transportkosten, form)
Landessozialgericht NRW, L 11 (10) KA 62/07
Datum:
09.09.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 11 (10) KA 62/07
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 2 KA 128/06
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 6 KA 50/09 B
Sachgebiet:
Vertragsarztangelegenheiten
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 24.10.2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die
Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung einer Kostenpauschale für die
Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes in einer Notfalldienstpraxis in den
Quartalen II/2005 bis IV/2005.
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Die als Ärztin für Psychotherapie und Psychoanalyse in L niedergelassene Klägerin ist
ausschließlich privatärztlich tätig. Sie nimmt an dem von der Beklagten und der
Beigeladenen gemeinsam organisierten ärztlichen Notfalldienst teil. Bis einschließlich
des Quartals I/2004 wurde die Klägerin zu den "Kosten Notfallpraxis" mit 0,7 % ihres
Honorars für im Notfalldienst zugunsten der gesetzlichen Versicherten erbrachte
Leistungen herangezogen. Ab dem Quartal II/2004 setze die Beklagte in den
Honorarabrechnungen "Kosten Notfallpraxis" i.H.v. 450,00 EUR je Quartal ab
(Abrechnungsbescheid Quartal II/2004 vom 25.10.2004, Abrechnungsbescheid Quartal
II/2005 vom 31.10.2005, Abrechnungsbescheid Quartal III/2005 vom 30.01.2006,
Abrechnungsbescheid Quartal IV/2005 vom 25.04.2006).
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Mit Schreiben vom 04.11.2004 wandte sich die Klägerin gegen diese Umstellung und
beantragte u.a., vom allgemeinen Notfalldienst befreit zu werden. Dazu teilte die
Beklagte mit (Schreiben vom 26.11.2004), dass die monatliche Pauschale von 150,00
EUR zunächst dazu diene, die Kosten der zentralen Notfallpraxis in Bergheim zu tragen,
wobei jeweils am Ende eines Jahres eine Spitzabrechnung erfolge und überzahlte
Beiträge gleichmäßig an alle einzahlenden Ärzte rückerstattet würden.
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Der auf Befreiung vom allgemeinen Notfalldienst gerichtete Antrag der Klägerin blieb
ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid der Beigeladenen vom 02.02.2005). In diesem
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Bescheid heißt es: "In ihrem Schreiben sprechen Sie weiterhin das Problem einer
Pauschalberechnung von 450,- Euro pro Quartal im Rahmen der
Notfalldienstfinanzierung der PNE-Praxis an. Herr Kollege Rahner, Vorsitzender der
Kreisstelle Rhein-Erft der Kassenärztlichen Vereinigung hat Ihnen dazu bereits
mitgeteilt, dass aus der Pauschalbelastung eine exakte Belastung wird, sobald die
notwendigen Daten in der KV-Abrechnungsstelle dafür vorliegen. Aus der allgemeinen
Erfahrung kann mitgeteilt werden, dass - selbst wenn Sie alle Notdienste von
Kolleginnen bzw. Kollegen durchführen lassen - letztlich ein kleiner Überschuss für Sie
übrig bleibt. Zumindest war dies bisher, immer der Fall."
Die Klägerin legte gegen die Abrechnungsbescheide für die Quartale II/2005 bis
IV/2005 Widerspruch in Hinblick auf den jeweiligen Abzug der Kostenpauschale von
450,00 EUR ein. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom
10.05.2006 (Quartal II/2005) und 29.09.2006 (Quartale III/2005 und IV/2005) zurück:
Nach § 1 der Gemeinsamen Notfalldienstordnung der Beigeladenen und der Beklagten
(GNDO) sei jeder niedergelassene Arzt zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst
verpflichtet; dies gelte auch für Ärzte, die nur privatärztlich tätig seien. Nach § 12 GNDO
seien Defizite im Notfalldienst von den zum Notfalldienst verpflichteten Ärzten zu tragen.
Bei den Betriebskosten der Notfalldienstpraxis handele es sich um solche Defizite.
Gemäß § 13 Abs. 3 ihrer ab 01.01.2005 geltenden Satzung erhebe sie - die Beklagte -
einen zusätzlichen Beitrag zur Deckung der Kosten für eine Notfalldienstpraxis, in der
nach der Notfalldienstordnung organisierter Notfalldienst ausgeführt werde. Einbezogen
seien Kosten zur Deckung der Arztnotrufzentralen und nicht anderweitig gedeckte
Transportkosten im Notfallbezirk. Der zusätzliche Beitrag werde für jedes Jahr
entsprechend dem Haushaltsplan vom Vorstand festgesetzt und einbehalten.
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Mit - zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbundenen - Klagen vom
09.06.2006 (Widerspruchsbescheid vom 10.05.2006) und 16.10.2006
(Widerspruchsbescheid vom 29.09.2006) hat die Klägerin vorgetragen, dass für den
Abzug von Pauschalbeträge von 450,00 EUR je Quartal keine Ermächtigungsgrundlage
existiere. Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 der Satzung der Beklagten könne der Beitrag zur
Deckung der Kosten für eine Notfalldienstpraxis nur in Form eines prozentualen Anteils
sowohl an sämtlichen über die Beklagte abgerechneten Leistungen als auch alleine an
den in der jeweiligen Notfalldienstpraxis oder durch den Vertreter erbrachten
notfalltauglichen ärztlichen Leistungen bestimmt werden. § 13 Abs. 3 Satz 4 der
Satzung, nach dem eine feste Umlage für die Finanzierung der Notfalldienstpraxen
festgesetzt werden könne, greife nicht, da sie - die Klägerin - keine zugelassene
Vertragsärztin und damit kein Mitglied der Beklagten sei. Auch die GNDO enthalte keine
rechtliche Grundlage für die Festsetzung eines festen pauschalen Betrages für die
Finanzierung des Notfalldienstes. Im Übrigen sei auch die von der Beklagten im
Schreiben vom 26.11.2004 angesprochene Rückerstattung nicht erfolgt. Zudem sei die
Festlegung eines festen Betrages von 450,00 EUR je Quartal unverhältnismäßig, da sie
in keinem Verhältnis zu der von ihr ausgeübten privatärztlichen Nebentätigkeit von fünf
Arbeitsstunden pro Woche stehe. Unstreitig sei, dass eine prozentuale Beteiligung an
den Kosten für die Notfalldienstpraxis in Form eines vom-Hundert-Satzes festgesetzt
werden könne.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Abrechnungsbescheid für das Quartal II/2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10.05.2006 sowie die Abrechnungsbescheide für die
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Quartale III/2005 und IV/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
29.09.2006 insoweit aufzuheben, als sie mit "Kosten Notfallpraxis" in Höhe von 450,00
EUR pro Quartal belastet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat zunächst dargelegt, aus welchen Gründen die Klägerin zum organisierten
Notfalldienst heranzuziehen sei, und sodann vorgetragen, nach § 13 Abs. 3 ihrer
Satzung berechtigt zu sein, für die Kosten des organisierten Notfalldienstes
einschließlich der Kosten für Arztrufzentralen und nicht gedeckter Transportkosten von
allen im Notfalldienstbezirk niedergelassenen und über sie abrechenden Mitgliedern
und den Mitgliedern, die aus der Notfallpraxis einen unmittelbaren Nutzen zögen, eine
feste Umlage zu erheben, die von ihrem Vorstand festgesetzt werde. Auch
Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser profitierten von ihren Dienstleistungen - der
Einrichtung und Organisation des Notfalldienstes -, ohne ihr anzugehören. Insofern sei
es sachgerecht, auch diese Ärzte an den anfallenden Kosten der Notfalldienstpraxis zu
beteiligen. Die Umstellung der Kostenumlage auf eine feste Pauschale sei durch den
Umzug der Notfalldienstpraxis in das Krankenhaus Maria-Hilf in Bergheim und den
daraus resultierenden Änderungen in der Kostenstruktur bedingt. Die Kostenumlage, die
sich aus einem Anteil Betriebskosten i.H.v. 295,00 EUR und Kosten des organisierten
Fahrdienstes i.H.v. 155,00 EUR ergebe, sei unabhängig vom Verdienst im Notfalldienst;
sie sei eine Umlage, die pro Kopf von allen zum Notfalldienst verpflichteten
niedergelassenen Ärzten zu tragen sei. Ihr Geschäftsführender Vorstandsausschuss
habe der Umstellung auf die feste Kostenpauschale zugestimmt.
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Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die angefochten Abrechnungsbescheide in der
Gestalt der Widerspruchsbescheide insoweit aufgehoben, als die Klägerin mit "Kosten
Notfallpraxis" in Höhe von 450,00 EUR je Quartal belastet worden ist. Die Berufung hat
das SG zugelassen (Urteil vom 24.10.2007): Es fehle sowohl dem Grunde als auch der
Höhe nach an einer Ermächtigungsgrundlage für die die Klägerin belastende
Heranziehung zur pauschalen Kostentragung für die Notfalldienstpraxis. Nach § 13 Abs.
3 Satz 4 ihrer Satzung könne die Beklagte zur Deckung der Kosten für Arztrufzentralen
sowie für nicht anderweitig gedeckte Transportkosten im Notfalldienstbezirk einen
zusätzlichen Beitrag in Form in einer festen Umlage von allen im Notfalldienstbezirk
niedergelassenen und über sie abrechnenden Mitgliedern bzw. Mitgliedern, die aus der
Notfallpraxis einen unmittelbaren Nutzen ziehen, erheben. Zu diesen Mitgliedern gehöre
der Klägerin nicht. Nach § 3 Abs. 1 der Satzung seien Mitglieder der Beklagten (§ 77
Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) Vertragsärzte und zugelassene
Psychotherapeuten (§ 28 Abs. 3 SGB V) sowie die an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden ermächtigten Krankenhausärzte und die in den zugelassenen
Versorgungszentren angestellten Ärzte (§ 95 Abs. 3 SGB V), aber keine Privatärzte.
Nach § 13 Abs. 3 Satz der Satzung der Beklagten könne die Klägerin nur in Form eines
Vomhundertsatzes der im Notfalldienst oder in der Notfalldienstpraxis erbrachten
Leistungen in Anspruch genommen werden. Die §§ 12 und 10 GNDO berechtigen die
Beklagte ebenfalls nicht, die Klägerin pauschal an den Kosten der Notfalldienstpraxis zu
beteiligen.
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Gegen das am 31.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.11.2007 Berufung
eingelegt und vorgetragen, Ermächtigungsgrundlage für die Heranziehung der
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Privatärzte zur pauschalen Umlage, die der Deckung der Kosten für die vor Ort
vorhandene Notfallpraxis diene, sei § 10 Abs. 2, 3 i.V.m. § 12 GNDO. Sie trage die
Kosten des Notfalldienstes; dadurch entstehe am Ende jedes Geschäftsjahres ein
Defizit, das auf alle im Notfallbezirk niedergelassenen und über sie die Leistungen des
ärztlichen Notfalldienstes abrechenden Ärzte umzulegen sei. Die Kosten für den
Notfalldienst vor Ort beliefen sich jeden Monat bzw. jedes Quartal auf einen festen
Betrag, da sowohl die Mietkosten als auch die Kosten des Fahrdienstes vertraglich mit
dem Krankenhaus und dem Fahrdienstunternehmen feststünden. Eine nachträgliche
Bestimmung der Umlagekosten sei damit vorliegend nicht notwendig.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.10.2007 abzuändern und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie beruft sich unter Vertiefung ihres Vorbringens auf das angefochtene Urteil.
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Die Beigeladene hat sich schriftsätzlich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese
waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu
Recht abgewiesen. Da die Beklagte im Berufungsverfahren im Wesentlichen ihr
bisheriges Vorbringen wiederholt hat, nimmt der Senat zur Begründung zunächst auf die
zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil des SG Bezug (§ 153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und führt ergänzend aus:
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Streitgegenstand ist allein die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, von der Klägerin
eine pauschale Umlage für die Kosten einer Notfalldienstpraxis im Bereich der
Kreisstelle Rhein-Erft-Kreis zu erheben. Unstreitig ist hingegen, dass die Klägerin an
den allgemeinen Verwaltungskosten für die Abrechnung der Notfallbehandlungen (§ 13
Abs. 2 der Satzung der Beklagten) zu beteiligen ist (vgl. auch BSG, Urteil vom
24.09.2003 - B 6 KA 51/02 R -). Ein entsprechender prozentualer Anteil wird auch von
der Beklagten von dem Honorar der Klägerin in Abzug gebracht.
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Das SG hat eine Berechtigung der Beklagten, eine pauschale Umlage für die Kosten
einer Notfalldienstpraxis zu erheben, zu Recht mit der Begründung verneint, dass
zumindest in den vorliegend streitigen Quartalen keine Ermächtigungsgrundlage für die
Heranziehung der Klägerin zu einer pauschalen Kostentragung für eine
Notfalldienstpraxis bestand.
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Nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 3, 30 Nr. 2 und 31 Abs. 1 Heilberufsgesetz für das Land Nordrhein-
Westfalen in der Fassung vom 09.05.2000 (Gesetz und Verordnungsblatt für das Land
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Nordrhein-Westfalen, Nr. 27, vom 16.05.2000, S. 403 ff), § 26 Abs. 2 Berufsordnung für
die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung vom 20.11.2004 (Rheinisches
Ärzteblatt 7/2005, S. 56) und § 75 Abs. 1 SGB V obliegt sowohl der Beklagten als auch
die Beigeladenen die Verpflichtung, einen ärztlichen und zahnärztlichen Notfalldienst in
den sprechstundenfreien Zeiten sicherzustellen, wobei ihnen im Einzelnen die weitere
Ausgestaltung vorbehalten bleibt.
Von dieser Möglichkeit haben die Beklagte und die Beigeladene in der GNDO - in der
ab 01.01.2002 geltenden Fassung (Rheinisches Ärzteblatt 1/2002, 65 f) - Gebrauch
gemacht und geregelt:
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§ 10 GNDO - Vergütung der ärztlichen Leistungen (1) Der zum Notfalldienst eingeteilte
Arzt berechnet die von ihm ausgeführten ärztlichen Leistungen nach den jeweils
geltenden Vergütungsregelungen. Die Zahlung weitergehender Entschädigungen (z.B.
eine Abgeltung für ärztliche Bereitschaft im Rahmen des Notfalldienstes) bleibt einer
besonderen Beschlussfassung vorbehalten. Sofern dem einzelnen Arzt das
Transportmittel kostenfrei zur Verfügung steht, wird die von den Versicherungsträgern
gezahlte Wegepauschale bzw. das Wegegeld einbehalten und zur Deckung der
Notfalldienstkosten verwendet. (2) In Organisationsplänen kann geregelt werden, dass
die Einteilung zum Notdienst in einer Notfallpraxis (§ 9) von dem Einverständnis mit
einem Abzug der anteiligen Kosten der Notfallpraxis von dem Honorar für
vertragsärztliche Leistungen abhängig gemacht wird. (3) In den Organisationsplänen
werden die Kosten der zentralen Notfallpraxis dargestellt. Weigert sich der Arzt, sich an
den Kosten zu beteiligen, finden die Ausführungen in § 2 Abs. 3 entsprechende
Anwendung.
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§ 2 Abs. 3 GNDO Die Freistellung vom Notfalldienst gem. Abs. 1 kann mit der Maßgabe
ausgesprochen werden, dass der betreffende Arzt zu einer ärztlichen Tätigkeit anderer
Art im Rahmen des organisierten Notfalldienstes verpflichtet wird. Als solche kommen in
Betracht: a) Bereitschaft für Notfalldienstleistungen in den Räumen der eigenen Praxis
oder an einer dazu von der Ärztekammer Nordrhein oder Kassenärztlichen Vereinigung
Nordrhein vorgesehenen Stelle b) Dienst in einer Arztrufzentrale c) Bereitschaft zur
konsiliarischer Unterstützung des Notdienstarztes
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§ 12 GNDO - Kosten des Notfalldienstes Die Kosten der Organisation und Durchführung
des Notfalldienstes trägt die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein. Sie sind in den
Haushaltsplänen auszuweisen und von der Vertreterversammlung zu genehmigen.
Defizite tragen die zum Notfalldienst verpflichteten Ärzte.
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Aus § 12 GNDO ergibt sich lediglich, dass die Kosten der Organisation und
Durchführung des Notfalldienstes von der Beklagten und die daraus resultierenden
Defizite von den zum Notfalldienst verpflichteten Ärzten, mithin auch der Klägerin, zu
tragen sind. Daraus folgt indes nicht, dass die zum Notfalldienst verpflichteten Ärzte
auch verpflichtet sind, eine feste Kostenpauschale für eine Notfalldienstpraxis zu tragen.
Dies ergibt sich bereits aus dem Begriff "Kosten", der sich nur auf die auch tatsächlich
entstandenen Kosten beziehen kann, und auch daraus, wie bereits das SG zutreffend
ausgeführt hat, dass sich ein "Defizit" nur aus der Gegenüberstellung von tatsächlichen
Aufwendungen und Einnahmen (z.B. aufgrund der zur Deckung der Notfalldienstkosten
einbehaltenen Wegepauschale bzw. des Wegegeldes (§ 10 Abs.1 Satz 2 GNFD ))
ergeben kann. Daraus folgt auch, dass es dem Beschluss des Geschäftsführenden
Vorstandsauschusses der Beklagten vom 16.03.2004, eine feste Kostenpauschale von
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allen niedergelassenen Ärzten zu erheben, - jedenfalls soweit nicht zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte betroffen sind - u.a. aus diesem Grund
einer Rechtsgrundlage ermangelt. Klarstellend ist allerdings anzumerken, dass sich aus
§ 12 GNDO eine Verpflichtung der Klägerin dem Grunde nach ergibt, sich - nach
Rechnungslegung (so im Ergebnis auch das Schreiben der Beklagten vom 26.11.2004
und der Widerspruchsbescheid der Beigeladenen vom 02.02.2005) - an den
tatsächlichen Kosten des Notfalldienstes zu beteiligen, wobei in der vorliegend
relevanten GNDO nicht geregelt ist, in welcher Form bzw. zu welchem Anteil. Dass
insoweit ein im Rahmen der GNDO auszuübender Gestaltungsspielraum besteht, ergibt
sich bereits aus der Satzung der Beklagten, die z.B. vorsieht, dass der besondere
Beitrag für eine Notfalldienstpraxis sowohl als Vomhundertsatz aller über die Beklagten
abgerechneten Leistungen als auch als Vomhundertsatz der im Notfalldienst oder der
Notfalldienstpraxis erbrachten Leistungen festgesetzt werden kann.
Ungeachtet dessen könnte die Beklagte auch mit ihrem Vorbringen, die bei der Klägerin
in Abzug gebrachte Kostenpauschale entspreche den tatsächlichen Kosten der
Notfalldienstpraxis, keinen Erfolg haben. Aus der von ihr vorgelegten Kostendarstellung
ergibt sich nicht nur, dass die Erfassung der tatsächlichen Kosten und damit eine
Abrechnung grundsätzlich möglich ist, sondern auch, dass die Kosten erheblichen
Quartalsschwankungen (zwischen 36.933,55 EUR und 105.689,35 EUR) unterliegen.
Ebenso erscheint es ausgeschlossen, dass die Anzahl der Ärzte, auf die die Kosten
umzulegen sind, regelhaft gleich ist.
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§ 10 Abs. 2 und 3 GNDO führen nicht weiter, denn daraus ist ebenfalls kein Anspruch
der Beklagten auf Einbehaltung einer festen Kostenpauschale herzuleiten. Es wird
lediglich ein "Abzug der anteiligen Kosten der Notfallpraxis" angeführt; auch hier geht es
mithin nur um die tatsächlich entstandenen Kosten. Die Klägerin hat auch kein
Einverständnis zu einem solchen Abzug erklärt (§ 10 Abs. 2 GNDO); der
Organisationsplan für den Notfalldienst im Bereich der Kreisstelle Rhein-Erft-Kreis
enthält zu den Kosten der zentralen Notfalldienstpraxis auch keine Regelung (§ 10 Abs.
3 GNDO). Daraus, dass die Beklagte von der Option, ein Einverständnis der Klägerin zu
einem Abzug der anteiligen Kosten der Notfalldienstpraxis einzuholen, ggf. keinen
Gebrauch gemacht hat, ist ein Anspruch auf einen Abzug erst recht nicht herzuleiten.
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Die Beklagte ist auch aufgrund ihrer Satzung nicht berechtigt, eine pauschale
Kostenumlage von der Klägerin zu erheben. Zwar ist eine Kassenärztliche Vereinigung
berechtigt bzw. verpflichtet, in ihrer Satzung Bestimmungen zur Aufbringung und
Verwaltung der Mittel aufzunehmen. Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin überhaupt
der Satzungsgewalt der Beklagten unterliegt, wird die Klägerin jedenfalls von § 13 Abs.
3 Satz 4 der Satzung, der die Erhebung einer Kostenpauschale regelt, nicht erfasst. § 13
Abs. 3 der Satzung bestimmt:
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(1) Zur Deckung der Kosten für eine Notfallpraxis, in der nach der Notfalldienstordnung
der von Ärztekammer Nordrhein und KV Nordrhein organisierte Notfalldienst ausgeführt
wird und zur Deckung der Kosten für Arztrufzentralen sowie für nicht anderweitig
gedeckte Transportkosten im Notfallbezirk erhebt die KV Nordrhein einen zusätzlichen
Beitrag. (2) Dieser zusätzliche Beitrag wird für jedes Geschäftsjahr entsprechend dem
Haushaltsplan vom Vorstand festgesetzt und gemäß Abs. 2 einbehalten. (3) Der
besondere Beitrag kann sowohl als Vomhundertsatz aller über die KV Nordrhein
abgerechneten Leistungen als auch als Vomhundertsatz der im Notfalldienst oder der
Notfallpraxis erbrachten Leistungen festgesetzt werden. (4) Er kann auch in einer festen
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Umlage auf alle im Notfalldienstbezirk niedergelassenen und über die KV Nordrhein
abrechnenden Mitglieder bestehen oder in einer Umlage auf die Mitglieder, die aus der
Notfallpraxis einen unmittelbaren Nutzen ziehen. (5) Der Beitrag kann auch aufgrund
einer Kombination der aufgeführten Möglichkeiten festgesetzt werden. (6) Bei der
Festlegung des Vorstandes ist die Meinungsbildung in der jeweils betroffenen
Kreisstelle zu berücksichtigen.
Keine grundsätzlichen Bedenken bestehen gegen die Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 1
der Satzung, nach der zur Deckung der Kosten für eine Notfalldienstpraxis, in der nach
der GNDO organisierter Notfalldienst ausgeführt wird, und zur Deckung der Kosten für
Arztrufzentralen sowie für nicht anderweitig gedeckte Transportkosten im Notfallbezirk,
von der Beklagten ein zusätzlicher Beitrag erhoben wird. Dabei spricht Einiges dafür,
dass dieser zusätzliche Beitrag (zumindest annähernd) aufwandsbezogen sein muss
bzw. nicht höher sein darf als zur Deckung der Ausgaben erforderlich ist (Grundgedanke
aus § 21 Viertes Buch Sozialgesetzbuch; s. auch BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA
84/03 R -). In diesem Sinne stimmt § 13 Abs. 3 Satz 1 der Satzung auch mit den o.a.
Regelungen des § 12 GNFD überein.
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Von § 3 Abs. 3 Satz 3 der Satzung hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Sie -
bzw. ihr Vorstand (§ 13 Abs. 3 Satz 2 der Satzung) - hat den zusätzlich Beitrag weder
als Vomhundertsatz aller über die Beklagten abgerechneten Leistungen noch als
Vomhundertsatz der im Notfalldienst oder in der Notfalldienstpraxis erbrachten
Leistungen festgesetzt, so dass sich dazu schon deshalb weitere Ausführungen
erübrigen. Die Beklagte bzw. ihr Vorstand haben vielmehr eine feste (pauschale)
Umlage nach § 13 Abs. 3 Satz 4 der Satzung beschlossen. Ob dies grundsätzlich
rechtlich zulässig ist, bedarf ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung; denn die
Klägerin wird jedenfalls von dieser Regelung nicht erfasst. Die in § 13 Abs. 3 Satz 4 der
Satzung geregelte Umlageverpflichtung bezieht sich nur "Mitglieder" der Beklagten, zu
denen - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - die Klägerin nicht gehört (vgl. § 3 der
Satzung der Beklagten).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154
Verwaltungsgerichtsordnung.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz).
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