Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.05.2007

LSG NRW: entstehung, freibetrag, nebenverdienst, sozialhilfe, nebeneinkommen, beweisführung, auflage, rechtskraft, arbeitslosenversicherung, zivilprozessordnung

Landessozialgericht NRW, L 1 B 9/07 AL
Datum:
25.05.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 1 B 9/07 AL
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 33 AL 330/06
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Dortmund vom 14.02.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind im
Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
1
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom
05.03.2007), hat keinen Erfolg.
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Die Beschwerde ist zulässig, auch wenn die streitige Leistung - hier: 100,63 Euro - nicht
die für die zulassungsfreie Berufung erforderliche Beschwer von mehr als 500,00 Euro
(§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) erreicht. Denn § 127 Abs. 2
Satz 2 2. Halbs. Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 511 ZPO ist im
sozialgerichtlichen Verfahren nicht analog anwendbar. Somit ist die Beschwerde gegen
die Versagung von Prozesskostenhilfe gemäß § 172 Abs. 1 SGG unabhängig davon
statthaft, ob in der Hauptsache der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG
erreicht wird oder ob die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG vorliegen (vgl.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW -, Beschluss vom 18.04.2007 -
Az.: L 19 B 42/06 AS; Beschluss vom 19.04.2007 - Az.: L 16 B 9/07 KR,
sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.01.2007 - Az.: L
13 AS 4100/06 PKH-B, juris).
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In der Sache hat das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht
abgelehnt. Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO erhält ein
Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten
der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag
Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf
Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die Annahme einer hinreichenden
Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit (Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 73a, Rdn. 7,
m.w.N.). Danach ist eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, wenn das Gericht den
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Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der
vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und/oder in
tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdn. 7a).
Die von der Beklagten durchgeführte Anrechnung des Nebenverdienstes für den Monat
März 2005 findet ihre Grundlage in § 141 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buchs des
Sozialgesetzbuches (SGB III). Ein höherer Freibetrag nach § 141 Abs. 2 SGB III war
nicht in Ansatz zu bringen, da die Klägerin ihren Angaben entsprechend in den letzten
18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld neben ihrem
Versicherungspflichtverhältnis als Reinigungskraft eine geringfügige Beschäftigung
nicht mindestens zwölf Monate ausgeübt hat. Anhaltspunkte dafür, dass der hier streitige
Anrechnungsbetrag rechnerisch fehlerhaft ermittelt worden ist, wurden nicht vorgetragen
und sind auch nicht ersichtlich.
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Einen Aufhebungsanspruch im Hinblick auf den angefochtenen Bescheid kann die
Klägerin nicht daraus herleiten, dass ihr der Nebenverdienst auch auf die Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes angerechnet worden ist. Wie das Sozialgericht in
dem Nichtabhilfebeschluss zutreffend ausgeführt hat, berührt die Anrechnung von
Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II die Anwendbarkeit des § 141 SGB III nicht. Bereits
im Recht der Sozialhilfe war anerkannt, dass sowohl Nebeneinkommen als auch
Arbeitslosengeld auf die Hilfe zum Lebensunterhalt anzurechnen sind (vgl. Hünecke in
Gagel, SGB III, 25. Ergänzungslieferung, § 141, Rn. 97). Soweit die Klägerin die
Anrechnung des Nebeneinkommens auf die Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes beanstandet, muss sie dies gegenüber dem Träger der
Grundsicherung geltend machen.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine "Doppelanrechnung" nicht vorgenommen
worden. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass sie im hier streitigen Zeitraum zwei ihrer
Art nach unterschiedliche Sozialleistungen bezogen hat, die im Hinblick auf die
Anrechnung von (Neben-) Einkommen jeweils eigenen Regeln folgen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127
Abs. 4 ZPO.
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Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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