Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.06.1999

LSG NRW: versicherungsschutz, abnahme, arbeitsgerät, unfallversicherung, beförderung, baustelle, wohnung, treppenhaus, fortbewegung, papiere

Landessozialgericht NRW, L 15 U 293/98
Datum:
29.06.1999
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 15 U 293/98
Vorinstanz:
Sozialgericht Gelsenkirchen, S 10 U 131/98
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 2 U 39/99 R
Sachgebiet:
Unfallversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Gelsenkirchen vom 02. November 1998 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu
erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Sturzverletzungen des Klägers Folge eines
Arbeitsunfalles sind. Der am xx.xx.1941 geborene Kläger ist als Maschinenschlosser für
die L ... GmbH, S ..., in der Bauüberwachung tätig.
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In dieser Funktion sollte er am Sonntag, dem 17.08.1997 eine Abnahme im Stahlwerk K
... in D ... durchführen. Beim Verlassen seiner Wohnung kam es zu einem Sturz im
Treppenhaus seines Wohnhauses, durch den er mehrere Knochenbrüche erlitt.
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In der Unfallanzeige seiner Arbeitgeberin heißt es, der Kläger sei auf dem Weg zur
Garage noch einmal in sein Haus zurückgekehrt, um dort vergessene Fahrzeugpapiere
zu holen. Auf der Treppe sei er ins Stolpern geraten und die Treppe hinuntergefallen.
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Mit Bescheid vom 28.10.1997 lehnte die Beklagte eine Entschädigung ab, weil sich der
Unfall im häuslichen Bereich ereignet habe. Der Unfallversicherungsschutz bei Wegen
zum Ort der Tätigkeit beginne grundsätzlich erst mit dem Durchschreiten der
Außenhaustür des von dem Versicherten bewohnten Gebäudes. Der Kläger legte am
06.11.1997 Widerspruch ein und trug vor, daß er sich bereits mit dem PKW auf dem
Weg zum Stahlwerk K ... in D ... befunden habe. Unterwegs sei ihm eingefallen, daß die
für die Bauabnahme notwendigen Unterlagen in einer Aktentasche in seiner Wohnung
geblieben seien. Er habe des halb seine Wohnung noch einmal aufgesucht, um die
Aktentasche, in der sich auch seine Fahrzeugpapiere befunden hätten, zu holen. Ohne
diese Arbeitsunterlagen hätte er die an diesem Tag gewünschte Abnahme nicht
beaufsichtigen können. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.1998 wies die Beklagte
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den Widerspruch zurück und führte dazu aus, der häusliche Bereich, der die
Räumlichkeit innerhalb des Hauses bis zur Außenhaustür umfasse, gehöre zum
unversicherten Wirkungskreis. Diese Abgrenzung gelte auch für Fälle, in denen
versicherte Personen auf dem bereits begonnenen Weg zur Arbeitsstätte merkten, daß
sie am Unfalltag auf der Arbeitsstätte benötigte berufliche Unterlagen vergessen hätten.
In solchen Fällen könne durchaus der Rückweg noch unter Versicherungsschutz
stehen. Der Versicherungsschutz ende je doch mit dem Betreten des Hauses und
beginne erst wieder mit dem Verlassen desselben, d.h. mit dem Durchschreiten der
Außenhaustür.
Hiergegen hat der Kläger am 17.02.1998 Klage erhoben und geltend gemacht, daß die
mit dem erneuten Betreten des häuslichen Bereiches verbundenen möglichen Risiken
habe deshalb die gesetzliche Unfallversicherung zu tragen, weil die Rückkehr
ausschließlich aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Zudem habe sich der Unfall auf
einem versicherten Weg zwischen zwei Betriebsteilen ereignet, nämlich dem
Arbeitszimmer im häuslichen Bereich und dem Betriebsteil "Stahlwerk". Das
Arbeitszimmer sei als Teil seiner Arbeitsstätte anzusehen, denn er arbeite dort an
Zeichnungen und der Fertigung von Protokollen, die zur Vorbereitung des
Arbeitsablaufs in der Arbeitsstätte "Stahlwerk" benötigt würden. Am Unfalltag sei er
bereits um 4.00 Uhr aufgestanden, um Protokolle für die bevorstehende Abnahme
vorzubereiten. Diese Vorbereitung sei nicht an einem anderen Ort möglich gewesen,
weil er erst am Samstag, dem 16.08.1997 von der Abnahme des Bauabschnitts im
Stahlwerk erfahren habe. Da mithin der vorliegende Sachverhalt eher mit einem
typischen Betriebswegeunfall vergleichbar sei, finde das Abgrenzungskriterium
"Außenhaustür" keine Anwendung.
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Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.11.1998 abgewiesen und zur
Begründung ausgeführt, der Kläger habe sich im Zeit punkt des Unfalles nicht auf einem
Betriebsweg befunden. Er stehe zwar bei Arbeiten, die er in dem häuslichen
Arbeitszimmer für den Arbeitgeber verrichte unter dem Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung. Dieser bestehe aber nur im Arbeitszimmer und nicht in anderen
Räumen des Wohnhauses. Außerdem beginne und ende der versicherte Weg von und
zur Arbeit mit dem Verlassen bzw. dem Betreten des häuslichen Bereichs, der sämtliche
Räumlichkeiten innerhalb des Hauses bis zur Außenhaustür umfasse. Diese
Abgrenzung gelte auch, wenn Versicherte die häusliche Sphäre wegen vergessener
privater oder betrieblicher Unterlagen erneut betreten müssten. Ansonsten würde der
"vergeßliche Arbeitnehmer" gegenüber dem "aufmerksamen Arbeitnehmer" bevorzugt.
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Die Beförderung der Arbeitsunterlagen habe keinen Versicherungsschutz ausgelöst.
Zwar seien die technischen Zeichnungen als Arbeitsgerät im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 5
SGB VII anzusehen. Von einer Beförderung könne jedoch nicht gesprochen werden, da
die Absicht, das Arbeitsgerät nach einem anderen Ort zu schaffen, nicht im Vordergrund
gestanden habe. Vielmehr habe die Fahrt des Klägers zum Stahlwerk vorrangig dazu
gedient, daß er persönlich seinen dortigen Arbeitsplatz erreichte, um die Abnahme
leiten zu können. Die mitgenommenen Aufrechnungen habe er nicht zwingend benötigt,
weil entsprechende Unterlagen nach seinen eigenen Angaben bereits auf der Baustelle
vorhanden gewesen seien.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er rügt, das Sozialgericht sei
von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Bei den auf der Baustelle befindlichen
Unterlagen habe es sich lediglich um nicht durchgearbeitete Duplikate gehandelt, die
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von einem anderen Mitarbeiter erst hätten ausgearbeitet werden müssen, um sie für die
Abnahme verwenden zu können. Dies verdeutliche, daß es sich bei seinen
ausgearbeiteten Unterlagen um wert volle Unikate gehandelt habe. Die Beförderung
dieses Arbeitsgerätes "technische Zeichnung" habe seine Motivation deshalb derart
beherrscht, daß die Fortbewegung der eigenen Person in den Hinter grund getreten sei.
Zudem habe er die technischen Zeichnungen auf Geheiß seines Arbeitgebers im
häuslichen Bereich verwahrt, so daß ein Anspruch nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII auch
deshalb bestehe, weil er das Arbeitsgerät durch die Rückgabe an den Arbeitgeber
entwahrt habe.
Die nach dem Unfall verbliebene Bewegungseinschränkung im rechten Fußgelenk
rechtfertige eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.11.1998 zu ändern und die
Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.10.1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 26.02.1998 zu verurteilen, das Ereignis vom 17.08.1997
als Arbeitsunfall zu entschädigen.
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die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wege innerhalb des Hauses stünden
grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz. Dieser sei auch nicht unter dem
Gesichtspunkt des § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII gegeben. Es sei bereits fraglich, ob die
Umkehr, um angeblich vergessenes Arbeitsgerät zu holen, im Wege der Beförderung,
Verwahrung bzw. Entwahrung unter Versicherungsschutz stehe. Der Wechsel des
Sachvortrages von den vergessenen Fahrzeugpapieren zu den vergessenen
Zeichnungen spreche zudem dafür, daß erst später der Begriff des Arbeitsgerätes in den
Geschensablauf eingebracht worden sei. Es könne auch in keiner Weise als
nachgewiesen angesehen werden, daß das angebliche Arbeitsgerät seiner
Zweckbestimmung nach hauptsächlich für die Tätigkeit im Unternehmen des
Arbeitgebers gebraucht worden sei. Der Kläger habe selbst bekundet, daß die
vergessenen Unterlagen auf der Baustelle nicht erforderlich gewesen seien, weil
entsprechende Unterlagen dort bereits vorgelegen hätten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen
Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
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Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der an gefochtene
Ablehnungsbescheid beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil er am 17.08.1997 keinen Arbeitsunfall erlitten hat.
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Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des durch Art. 1 des Unfallversicherungs-
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Einordnungsgesetzes - UVEG - vom 07.08.1996 BGBl. I S. 1254) zum 01.01.1997 in
Kraft getretenen Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (Gesetzliche
Unfallversicherung) - SGB VII - sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge
einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit
(versicherte Tätigkeit).
Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit
zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8
Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Daß Versicherungsschutz nach letzterer Bestimmung hier nicht
bestand, hat das Sozialgericht zu Recht dargelegt, weil Wege im Sinne dieser
Bestimmung erst an der Außenhaustür beginnen und enden (ständ. Rechtsprechung,
vgl. die Nachweise bei Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. II, S. 485 o I
ff.). Das gilt nach Auffassung des Senats auch, wenn der Versicherte wie der Kläger auf
dem Weg zur Arbeitsstätte aus Gründen, die dem versicherten Tätigkeitsbereich
zuzurechnen sind, umkehrt, um einen in der Wohnung vergessenen Gegenstand zu
holen. Zwar ist er auch auf diesem eingeschobenen Weg geschützt (vgl. BSG Urteil vom
26.05.1977 Az.: 2 RU 97/75, BSG Urteil vom 25.01.1977 Az.: 2 RU 99/75). Dieser
Schutz endet jedoch mit dem Betreten der häuslichen Sphäre d. h. mit dem
Durchschreiten der Haustür. Eine Erweiterung des Wegeschutzes gemäß § 8 Abs. 2 Nr.
1 SGB VII auf die häusliche Umgebung käme einer nicht zu rechtfertigenden
Besserstellung der "vergeßlichen Arbeitnehmer" gleich. Für diese gilt jedoch ebenso,
daß der häusliche Bereich dem Versicherten besser bekannt ist als anderen Personen
und er für die dort bestehenden Gefahrenquellen eher als für andere Risiken
verantwortlich ist (vgl. BSGE 2, 239 ff; 63, 212).
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Der Kläger stand beim Sturz im Treppenhaus des von ihm bewohnten Hauses auch
nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII unter Versicherungsschutz; der Unfall ereignete
sich insbesondere nicht auf einem sogenannten Betriebsweg, also einem im
unmittelbaren betrieblichen Interesse zurückgelegten Weg, der bereits Teil der
versicherten Tätigkeit ist und damit der Betriebsarbeit gleichsteht (vgl. BSG SozR 2200
§ 548 RVO Nr. 63). Zwar diente der Gang die Treppe hinab ebenso wie die
beabsichtigte anschließende Fahrt zum Stahlwerk K ... dem Ziel, dort eine versicherte
Tätigkeit zu verrichten. Dieser Zweck reicht jedoch zur Annahme des erforderlichen
inneren Zusammenhangs mit dieser nicht aus. Das BSG hat immer wieder betont, bei
der wertenden Ermittlung der Reichweite des Schutzes der gesetzlichen
Unfallversicherung komme dem privaten, räumlich abgegrenzten häuslichen
Wohnbereich, in dem sich eine Person gerade unabhängig von betrieblichen Grün den
aufhalte, in der Regel das ausschlaggebende Gewicht für die Beurteilung des
Gesamtcharakters eines Weges zu; das gelte sowohl im Rahmen des § 550 Abs. 1 RVO
als auch für den Schutz nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO (vgl. BSGE 11, 267; 12, 165 =
SozR Nr. 26 zu § 542 RVO a.F.; BSG Urteil vom 25.02.1993 Az.: 2 RU 12/92 = NJW
1993, 2070). Eine andere Wertung würde die Versicherten ungerechtfertigt schlechter
stellen, deren Arbeitsstätte außerhalb des Wohnhauses liege. Befinden sich private und
betrieblich genutzte Räume im selben Gebäude, so beginnt der Versicherungsschutz
infolgedessen grundsätzlich erst mit dem Betreten des "Arbeitszimmers" und endet mit
dem Verlassen dieses Raums (vgl. dazu auch Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens,
Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl. 1997, Rdnr. 7.14.2 zu § 8 SGB VII;
Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, 12. Aufl., Rdnr. 61 zu § 8 SGB
VII).
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Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere rechtliche Beurteilung geböten,
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sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es besteht namentlich keinerlei Anhalt
dafür, daß die Treppe, auf der der Kläger zu Fall gekommen ist, wesentlich auch für
betriebliche Zwecke benutzt wurde. Desgleichen ist nicht von entscheidender
Bedeutung, daß der Kläger die vergessene Arbeitstasche mit betrieblichen Unterlagen
geholt und bei sich hatte, als er auf der untersten Treppenstufe stürzte. Das Holen und
Verbringen von betrieblichen Materialien und Gegenständen kann allerdings selbst im
privaten Wohnbereich geschützt sein. Anerkannt worden ist dies für das Wegbringen der
Tageseinnahmen in die Wohnung (BSG ZfS 1975, 228) oder umgekehrt von für den
Betrieb notwendigen Geldern in den Laden bzw. Schankraum (vgl. BSG Breithaupt
1973, 359; BSG USK 7, 977). Wie die angeführten Beispiele zeigen, muß es sich
zumindest um eine wesentliche sachliche Verbindung zwischen der Zurücklegung des
Weges und der versicherten Tätigkeit handeln. Das aber trifft hier nicht zu. Nach dem
Berufungsvorbringen befanden sich in der Arbeitstasche neben den KfZ-Papieren
technische Aufzeichnungen und Protokolle, die der Kläger für die Abnahme des
Bauabschnitts vorbereitet hatte. Diese Unterlagen dienten mithin betrieblichen
Interessen, sie waren jedoch, wie der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung durch
das Sozialgericht ausdrücklich angegeben hat, für die Abnahme nicht erforderlich, weil
die gleichen Papiere (wenn auch unbearbeitet) auf der Baustelle noch einmal vorlagen.
Sie brauchten deshalb, was auch der tatsächliche Geschehensablauf bestätigt, nach
dem Unfall des Klägers nicht (von einer anderen Person) zur Baustelle gebracht zu
werden, so daß sich ihre Mitnahme durch den Kläger objektiv lediglich als
unwesentlicher Nebenzweck seines Weges zum Stahlwerk darstellt, der seinem Gang
durch den häuslichen Wohnbereich nicht den Charakter eines Betriebsweges zu
verleihen vermag.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ergibt sich ein Unfallversicherungsschutz
auch nicht aus § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII. Zwar gilt diese Vorschrift auch im häuslichen
Bereich, so daß der Treppensturz hiervon grundsätzlich erfaßt sein könnte. Außerdem
ist mit dem Vordergericht davon auszugehen, daß es sich bei den vergessenen
Arbeitsunterlagen um ein "Arbeitsgerät" handelte, denn dazu gehören im weitesten
Sinne Gerätschaften, die in ihrer technischen Gestaltung zur Betriebsarbeit geschaffen
sind, wie Maschinen, Werkzeuge und betriebliche Unterlagen (Brackmann/Krasney
a.a.O. Rdnr. 288). Der Unfall geschah indessen nicht bei einem mit der verrichteten
Tätigkeit zusammenhängenden "Befördern" des Arbeitsgerätes.
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Eine Beförderung von Arbeitsgerät in diesem Sinne liegt nämlich nur vor, wenn das
Zurücklegen des Weges von der Absicht, die Sache nach einem anderen Ort zu
schaffen, derart maßgebend beherrscht wird, daß demgegenüber die Fortbewegung der
eigenen Person als nebensächlich zurücktritt(Brackmann/Krasney a.a.O. Rdnr. 294,
RVA EuM 42, 49). Das war vorliegend aber eindeutig nicht der Fall. Wie bereits
dargelegt, wurden die vorbereiteten Papiere an der Baustelle nicht unbedingt benötigt,
wohingegen der Kläger die Bauabnahme an Ort und Stelle persönlich vornehmen sollte.
Infolgedessen stand seine eigene Beförderung im Mittelpunkt der Fahrt zur Arbeitsstätte.
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Ebensowenig läßt sich ein Versicherungsschutz aus § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII unter dem
Gesichtspunkt des "Verwahrens" eines Arbeitsgerätes herleiten, wenngleich darunter
auch das "Entwahren" fällt (vgl. Lauterbach/Schwerdtfeger, Unfallversicherung, Rdnr.
483 zu § 8 SGB VII mit weiteren Nachweisen). Denn selbst wenn man das
Ansichnehmen der im Arbeitszimmer liegenden Tasche mit den Arbeitspapieren als
Entwahrungshandlung des Klägers betrachtet, so war dieser Vorgang jedenfalls mit
dem Verlassen des Zimmers abgeschlossen. Der anschließende Gang mit der
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Arbeitstasche durch die Wohnung und das Treppenhaus ist bei natürlicher Anschauung
nicht als ein mit dem Verwahren der betrieblichen Unterlagen zusammen hängender
Weg zu werten. Der überragende Zweck dieses Weges war vielmehr, wie oben
ausgeführt, die Fortbewegung der Person des Klägers in Richtung Stahlwerk, hinter
dem nicht nur das Befördern, sondern auch das Verwahren der betrieblichen Papiere
als rechtlich unerheblich in den Hintergrund tritt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Revision
zugelassen (§§ 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
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