Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.08.2001

LSG NRW: kostenbeteiligung, befangenheit, krankenversicherung, auskunft, behandlung, versorgung, zivilprozessordnung, rechtsgrundlage, pauschal, verwaltungsverfahren

Landessozialgericht NRW, L 5 KR 8/01
Datum:
16.08.2001
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 5 KR 8/01
Vorinstanz:
Sozialgericht Duisburg, S 9 KR 87/00
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg
vom 15.12.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für eine Herzuntersuchung mittels
Elektronenstrahl-Computertomographie (EBT).
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Der am 1937 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger beantragte am
13.02.1998 die Kostenübernahme für eine EBT-Untersuchung auf
Coronargefäßverkalkung und eine EBT-Angiographie mit Kontrastmittel zur Darstellung
der Coronargefäße; diese Untersuchungen wollte er in der Medizinischen Klinik II der
F.-A.-Universität E.-N. durchführen lassen. Der Kläger verwies darauf, dass ihm
telefonisch im Mai 1997 von der Beklagten eine Beteiligung an den Kosten der EBT-
Untersuchungen in Höhe von 550,-- DM in Aussicht gestellt worden sei.
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Die Beklagte lehnte eine Übernahme von Kosten durch den Bescheid vom 11.03.1998
ab. Dagegen legte der Kläger am 20.03.1998 Widerspruch ein, den er mit der seiner
Ansicht nach erfolgten Zusicherung einer Kostenbeteiligung begründete. Die Beklagte
entgegnete mit Schreiben vom 20.04.1998, dass auch eine Beteiligung an den dem
Kläger entstandenen Kosten nicht möglich sei, weil der seiner zeit im April 1997
beabsichtigte Vertragsschluss zwischen den Krankenkassen und der Universitätsklinik
E.-N. nicht zustande gekommen sei.
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Der Kläger ließ die von ihm geplanten Untersuchungen am 27.05.1998 ambulant in der
Universitätsklinik E.-N. durchführen, wofür er 1.233,10 DM aufwandte.
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Am 13.10.1998 beantragte er bei der Beklagten die Erstattung die ses Betrages. Dies
lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.11.1998 ab; die im April 1997 in Aussicht
gestellte Kostenbeteiligung in Höhe von etwa 550,-- DM könne nicht erfolgen, weil die
zum damaligen Zeitpunkt angestrebte vertragliche Regelung über die Erbringung von
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Leistungen mittels EBT zwischen den Krankenkassen und der Universitätsklinik E.-N.
nicht zustande gekommen sei.
Dagegen legte der Kläger am 10.12.1998 Widerspruch ein, mit dem er vorbrachte, es
müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte durch die von ihm durchgeführten
Untersuchungen auch Kosten erspart habe. Die Beklagte wies den Widerspruch durch
den Widerspruchsbescheid vom 19.04.2000 zurück, mit dem sie darauf verwies, dass
nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Kostenübernahme für eine
neue Diagnostikmethode nur dann in Frage komme, wenn der Bundesausschuss der
Ärzte und Krankenkassen für diese Diagnostikmethode eine Empfehlung abgegeben
habe; diese liege für die EBT-Untersuchung nicht vor.
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Der Kläger hat am 08.05.2000 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben.
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Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und
die Auffassung vertreten, dass die Beklagte das ihr zustehende Ermessen dazu nutzen
solle, um zu einer für ihn positiven Entscheidung zu gelangen.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.11.1998 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19.04.2000 zu verurteilen, ihm die Kosten der EBT in
Höhe von 1.233,10 DM zu erstatten bzw. sich hieran zu beteiligen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat an ihrer Ansicht festgehalten, dass es keine Rechtsgrundlage für das Begehren
des Klägers gebe.
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Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und
Krankenkassen, Arbeitsausschuss Ärztliche Behandlung vom 08.08.2000 eingeholt.
Dieser hat mitgeteilt: Zum Untersuchungsver fahren mittels EBT lägen nur wenige
Veröffentlichungen vor, die den Stellenwert und die klinische Bedeutung dieser
Diagnostik für Herzerkrankungen kritisch oder widersprüchlich beleuchteten. Zur Zeit
könne auch nicht annähernd abgeschätzt werden, ob es sich um eine medizinische
Methode handele, die die gesetzlich für die vertragsärztliche Versorgung vorgegebenen
Kriterien erfülle.
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Durch Urteil vom 15.12.2000 hat das Sozialgericht Duisburg die Klage abgewiesen.
Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
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Gegen das ihm am 06.01.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.01.2001 Berufung
eingelegt.
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Der Kläger hat die Berufung nicht begründet. Er ist der Ansicht, dass hierfür
Voraussetzung sei, dass ihm von Seiten des Senats Angaben zum Bildungsstand der
erstinstanzlichen Richter gemacht würden.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.08.2001 ist der Kläger nicht erschienen.
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Mit an die "Senatsbeteiligten" gerichteten Schreiben vom 14.08.2001, eingegangen am
16.08.2001, hat er mitgeteilt, wegen seiner Befangenheitserklärung sehe er den Termin
für erledigt an.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 15.12.2000 zu ändern und die Beklagte
unter Aufhebung des Beschei des vom 13.11.1998 sowie des Widerspruchsbescheides
vom 19.04.2000 zu verurteilen, ihm 1.233,10 DM zu erstatten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den
übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat konnte die Streitsache trotz des Ausbleibens des Klägers im Termin am
16.08.2001 verhandeln und entscheiden, weil der Kläger in der ihm am 12.07.2001
ordnungsgemäß zugestellten Ladung ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen
worden ist.
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Ferner ist der Senat auch nicht aufgrund des vom Kläger gestellten Ablehnungsantrags
wegen Besorgnis der Befangenheit an der Entscheidung der Streitsache gehindert.
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Der Schriftsatz des Klägers vom 14.08.2001 ist als ein gegen den gesamten Senat
gerichtetes Ablehnungsgesuch zu werten, weil es sich an alle "Senatsbeteiligten"
wendet und sich der Kläger ausdrücklich auf eine Befangenheitserklärung bezieht,
weshalb er den Termin für erledigt ansieht.
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Dieses Ablehnungsgesuch des Klägers ist unzulässig, weil es rechtsmissbräuchlich ist.
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Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 42 Zivilprozessordnung
(ZPO) ist der Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen. Das setzt voraus, dass der Kläger
die Tatsachen bezeichnet, aus denen sich seiner Ansicht nach die Besorgnis der
Befangenheit ergibt (vergl. insoweit auch Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.02.1999, Az. V
S 2/99). In dieser Hinsicht - bezogen auf die abgelehnten Richter des Senats - enthält
das Schreiben des Klägers keinerlei Tatsachen. Das vom Kläger offensichtlich (auch)
gerügte Verhalten des Präsidenten des Landessozialgerichts bildet ohnehin keinen
geeigneten Anküpfungspunkt für einen gegen die Richter des Senats gerichteten
Ablehnungsantrag. Außerdem richtet sich das Ablehnungsgesuch pauschal gegen alle
Richter - auch die ehrenamtlichen Richter -, die in der mündlichen Verhandlung erstmals
mit der Streitsache des Klägers befasst gewesen sind; auch deshalb ist es unzulässig
(vergl. Bundesfinanzhof aaO).
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Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist im Hinblick auf sein
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Erstattungsbegehren von 1.233,10 DM auch die Voraussetzung des § 144 Abs. 1 Nr. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfüllt.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem
Kläger einen Betrag von 1.233,10 DM zu erstatten. Der Bescheid vom 13.11.1998 und
der Widerspruchsbescheid vom 19.04.2000 sind deshalb nicht rechtswidrig.
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Die vom Kläger auf eigene Kosten durchgeführten EBT-Untersuchungen des Herzens
zählen nicht zu den Leistungen, die die Beklagte als Träger der gesetzlichen
Krankenversicherung ihren Versicherten geenüber zu erbringen hat. Wegen der
Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des
Sozialgerichts Duisburg vom 15.12.2000 Bezug genommen, denen sich der Senat nach
eigener Prüfung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Absatz 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
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