Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.07.2004

LSG NRW (ausbildung, kläger, verhaltenstherapie, weiterbildung, bescheinigung, eintragung, nachweis, tätigkeit, verhandlung, fachkunde)

Landessozialgericht NRW, L 10 KA 81/02
Datum:
21.07.2004
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 10 KA 81/02
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 17 KA 290/00
Sachgebiet:
Vertragsarztrecht
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 30.10.2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die
außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Brufungsverfahren
zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten über die Eintragung des Klägers in das Arztregister als
Psychologischer Psychotherapeut.
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Der 1941 geborene Kläger ist approbierter Dipl.-Psychologe. Seit 1973 ist er
hauptberuflich als wissenschaftlicher Angestellter in der Zentralen Studienberatung der
Rheinisch-Westfälischen-Technischen Hochschule (RWTH) B psychotherapeutisch
tätig.
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Im Dezember 1998 beantragte er die Eintragung in das Arztregister. Seinem Antrag
fügte er Bescheinigungen des Rektors der RWTH vom 16.12.1998 bei, nach denen er
vom 01.01.1989 bis 31.12.1998 mit mindestens 4000 Zeitstunden zur Behandlung von
Störungen mit Krankheitswert (Therapie: Verhaltenstherapie) psychotherapeutisch tätig
gewesen sei. Außerdem war seinem Antrag die von einem Mitglied der
Anerkennungskommission unterschriebene Bescheinigung der Deutschen Gesellschaft
für Verhaltenstherapie e.V. (DGVT) Tübingen vom 07.12.1998 beigefügt, in der es heißt,
der Kläger habe im Rahmen der verhaltenstherapeutischen Ausbildung der DGVT
insgesamt 252 Unterrichtsstunden absolviert. Die Ausbildung decke alle Teile des
Basiscurriculums für die Ausbildung in Verhaltenstherapie nach § 12 Abs. 3 und 4
Psychotherapeutengesetz (PsychThG) ab.
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Durch Sammelbescheinigungen der TKK und BEK sind für den Zeitraum von Juli 1992
bis Dezember 1998 551 Stunden in Verhaltenstherapie bescheinigt worden.
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Mit Bescheid vom 15.12.1999 lehnte die Beklagte den Antrag auf Eintragung in das
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Arztregister ab, weil es an dem Fachkundenachweis gem. § 95 c Sozialgesetzbuch
Fünftes Buch (SGB V) - Gesetzliche Krankenversicherung - fehle. Es sei kein
ausreichender Nachweis über die geforderte Berufstätigkeit und Theorie im
Richtlinienverfahren vorgelegt worden.
Auf den ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte den Kläger mit
Schreiben vom 19.07.2000 darauf hin, dass lediglich 551 Stunden in Verhaltenstherapie
im Richtlinienverfahren nachgewiesen seien und nicht die geforderten 4000 Stunden.
Die Bescheinigungen über die Tätigkeit in der Studienberatung der RWTH B stellten
keinen Nachweis im Richtlinienverfahren dar, da weder der Antragsteller noch der
Arbeitgeber oder Vorgesetzte eine anerkannte Fachkunde im Richtlinienverfahren
nachgewiesen hätten. Ebenso sei die erforderliche Theorieausbildung im
Richtlinienverfahren nicht nachgewiesen. Die laut Lebenslauf bei der DGVT von 1986 -
1989 erfolgte Weiterbildung könne nicht als Richtlinienausbildung anerkannt werden, da
sie weitgehend im Selbststudium (Arbeitsmodell der DGVT) stattgefunden habe und
keine curriculare Weiterbildung an einer von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
(KBV) oder Ärztekammer anerkannten Einrichtung darstelle. Die Teilnahme an einer
anerkannten Nachqualifikation sei nicht nachgewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom
31.10.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
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Hiergegen hat der Kläger am 30.11.2000 Klage erhoben und vorgetragen, der Nachweis
der praktischen Fachkunde (4000 Behandlungsstunden) sei durch die Bescheinigungen
der RWTH erbracht. Darüber hinaus seien 15 Fälle mit insgesamt 551
Behandlungsstunden, in denen er verhaltenstherapeutisch tätig gewesen sei, durch die
Sammelbescheinigungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nachgewiesen.
Er habe auch den Theorienachweis von mindestens 140 Stunden theoretischer
Ausbildung im Verfahren der Verhaltenstherapie durch die Bescheinigungen der DGVT
erbracht. Der Kläger hat ferner darauf hingewiesen, dass in den Jahren, als er die von
der DGVT bescheinigte Weiterbildung durchgeführt habe, die Verhaltenstherapie noch
nicht als Richtlinienverfahren anerkannt gewesen sei und es somit noch keine
Ausbildung an sog. Richtlinieninstituten gegeben habe. Im Zeitpunkt der Ausstellung
der Bescheinigung sei die DGVT als Ausbildungsinstitut für Verhaltenstherapie
anerkannt gewesen. Das Gesetz sehe im übrigen keine Reihenfolge zwischen Studium,
Theorie - und Praxiserwerb vor. Dementsprechend hätten die meisten Psychologischen
Psychotherapeuten die Möglichkeit genutzt, die theoretische Ausbildung bis zum
31.12.1998 u.a. bei der DGVT, Tübingen, zu absolvieren. Diese Vorgehensweise sei
zwischen den Psychotherapeutenverbänden, der KBV und den
Krankenkassenverbänden abgestimmt worden. Von dieser Möglichkeit hätte auch er
Gebrauch gemacht, wenn er nicht die erforderliche Ausbildung schon längst absolviert
und dann nicht auch noch das Institut erklärt hätte, dass die bis dahin gemachte
Ausbildung alle Teile des Basiscurriculums für die Ausbildung in Verhaltenstherapie
abdecke. Es sei unverhältnismäßig, eine solche Bescheinigung im nachhinein nicht
anzuerkennen.
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Schriftlich hat der Kläger weitere Bescheinigungen des Berufsverbandes Deutscher
Psychologen für die Zeit von März 1988 bis März 1989 über die Fortbildung in
Verhaltenstherapie vorgelegt, bei denen es sich um die bereits von der DGVT
bescheinigten Stunden der Weiterbildung handelt. Außerdem hat er noch eine
Zwischenbescheinigung der DGVT Tübingen vom 06.12.1998 übersandt, aus der
hervorgeht, dass er im Rahmen der verhaltenstherapeutischen Fort- und Weiterbildung
entsprechend dem Ausbildungsstrukturplan der DGVT bislang insgesamt 272
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Unterrichtsstunden im Arbeitskreis B/C absolviert hat. Davon umfassten 252 Stunden
die Theorie-Weiterbildung; es seien keine Stunden aus dem Studium angerechnet
worden. Die der Bescheinigung zugrundeliegende Kopie der tabellarischen Aufstellung
der Inhalte der Unterrichtsveranstaltungen hat der Kläger ebenfalls übersandt.
Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15.12.1999 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 zu verurteilen, ihn als Psychologischen
Psychotherapeuten in das Arztregister einzutragen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen: Ungeachtet dessen, dass nur zwischen dem 01.01.1989 und dem
31.12.1998 abgeleistete Theoriestunden anerkannt werden könnten, müssten die nach
§ 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 PsychThG geforderten 140 Stunden theoretische Ausbildung in
wissenschaftlich anerkannten Verfahren an einem von der KBV anerkannten
Ausbildungsinstitut absolviert worden sein. Diesen Anforderungen genüge die vom
Kläger nachgewiesen Ausbildung nicht. Die bescheinigte Ausbildung sei in den Jahren
1986 bis 1989 erfolgt. Nach Auskunft der KBV könnte eine entsprechende Ausbildung in
den Jahren 1986 bis 1989 nur dann akzeptiert werden, wenn durch entsprechende
Einzelbelege die Durchführung eines entsprechenden curricularen
Ausbildungsbetriebes nachgewiesen werden könnte. Dies könne durch Vorlage von
Bescheinigungen, aus denen die jeweiligen Dozenten und die Inhalte der
Unterrichtsveranstaltungen bzw. eine curriculare Ausbildung ersichtlich sei, erfolgen.
Die Bescheinigungen der RWTH B über die Tätigkeit in der Studienberatung reichten
als Nachweis der geforderten psychotherapeutischen Tätigkeit im Richtlinienverfahren
nicht aus.
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Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten mit Urteil vom 30.10.2002 verurteilt, den
Kläger als Psychologischen Psychotherapeuten in das Arztregister einzutragen. Es hat
u.a. ausgeführt, den Nachweis über 4000 Stunden Psychotherapietätigkeit in
Verhaltenstherapie habe der Kläger durch die Arbeitgeberbescheinigung geführt. Es
gebe keinen Hinweis auf deren Unrichtigkeit. Der Kläger habe auch die 140 Stunden
theoretische Ausbildung an der DGVT Tübingen, einem von der KBV anerkannten
Ausbildungsinstitut für Verhaltenstherapie, abgeleistet. Zwar habe er die Ausbildung vor
dessen Anerkennung durchgeführt, er habe aber Bescheinigungen einreichen können,
wonach die Unterlagen über die Theorie - Weiterbildung von der
Anerkennungskommission der DGVT anhand der gültigen Kriterien durchgesehen
worden seien und die Ausbildung alle Teile des Basiscurriculums für die Ausbildung in
Verhaltenstherapie abdecke. Damit sei die Vermittlung der Theorie in
Verhaltenstherapie nach den Qualitätskriterien eines KBV-anerkannten Institut
nachgewiesen. Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigung des KBV-anerkannten
Instituts bestünden nicht.
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Gegen das am 18.11.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.12.2002 Berufung
eingelegt und unter Beifügung der Auskünfte der KBV vom 10.01.2003 und 13.07.2004
vorgetragen, aufgrund der Bescheinigung der DGVT Tübingen könne lediglich von 104
Stunden theoretische Ausbildung in einem Richtlinienverfahren ausgegangen werden.
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Die übrigen 148 Stunden entsprächen nicht einer curricularen Ausbildung. Sie weise
vorsorglich darauf hin, dass ihr hinsichtlich des Theorienachweises in einem
Richtlinienverfahrens ein eigenständiges Prüfungsrecht zustehe. Den Bescheinigungen
der RWTH B vom 16.12.1998 über die im Zeitraum erbrachten 4000 Stunden
verhaltenstherapeutische Behandlungen trete sie nicht mehr entgegen.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.10.2002 abzuändern und die Klage
abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom
30.10.2002 zurückzuweisen.
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Der Kläger hat die in den von der DGVT Tübingen bescheinigten 252 Stunden
theoretische Ausbildung enthaltenen 148 Stunden Fortbildung in Arbeitskreisen
spezifiziert und die Quellen sowie deren Autoren benannt, nach denen in den
Arbeitskreisen vorgegangen worden sei. Die Themen seien von den
Arbeitskreisteilnehmern vorbereitet und jeweils von einem Teilnehmer vertiefend
referiert worden.
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Auf Anfrage des Senats hat der Geschäftsführer der Psychotherapeutenkammer
Nordrhein Westfalen (NRW), U G, unter dem 27.02.2004 mitgeteilt, nach Ansicht der
Prüfungskommission der Kammer sei aufgrund der Kenntnis der Arbeitsweise der
DGVT - Arbeitskreise davon auszugehen, dass pro Sitzung jeweils mindestens eine
Unterrichtsstunde referentengeleitet durchgeführt worden sei. Mithin seien von den 148
Stunden (= 37 Sitzungen) 37 Stunden als theoretische Ausbildung in dem
Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie und unter Einbeziehung der bereits
anerkannten 104 Stunden insgesamt 141 Stunden theoretische Ausbildung
nachgewiesen. Diese decke alle Teile des Basiscurriculums für die Ausbildung in
Verhaltenstherapie gemäß § 12 Abs. 3 und 4 PsychThG ab.
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In der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2004 hat der Senat den Psychologischen
Psychotherapeuten Dr. H, Vorstandsmitglied der Psychotherapeutenkammer NRW, zur
Klärung der Frage, ob es sich bei den von der DGVT belegten und vom Kläger inhaltlich
spezifizierten Arbeitskreisstunden um theoretische Ausbildung in einem vom
Bundesausschuss anerkannten Behandlungsverfahren handelt, als Sachverständigen
gehört. Dieser hat die schriftlichen Auskunft der Psychotherapeutenkammer NRW
bestätigt und ergänzt.
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Ferner hat der Senat von der Bezirksregierung Köln die Approbationsakten angefordert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die von der
Bezirksregierung Köln beigezogenen Approbationsakten Bezug genommen. Diese sind
Gegenstand mündlicher Verhandlung gewesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
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Der Kläger hat Anspruch auf Eintragung in das Arztregister. Die Eintragung erfolgt bei
Psychologischen Psychotherapeuten unter den Voraussetzungen des § 95 c SGB V.
Erforderlich sind danach die Approbation als Psychotherapeut nach § 2 oder 12 des
PsychThG und der Fachkundenachweis.
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Diese Voraussetzungen sind - wie das SG zu Recht entschieden hat - beim Kläger
erfüllt. Der Kläger ist nach der Übergangsvorschrift des § 12 Abs. 4 PsychThG
approbiert. Ebenso ist der Nachweis der Fachkunde geführt. Dieser setzt für den nach §
12 Abs. 4 PsychThG approbierten Psychotherapeuten voraus, dass er die für eine
Approbation geforderte Qualifikation, Weiterbildung oder Behandlungsstunden,
Behandlungsfälle und die theoretische Ausbildung in einem durch den
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V
anerkannten Behandlungsverfahren nachweist. Für den Kläger, der ausweislich der
Bescheinigungen der RWTH zwischen dem 01.01.1989 und dem 31.12.1998 mit einer
Gesamtdauer von mindestens sieben Jahren als Angestellter hauptberuflich
psychotherapeutisch tätig war, gilt § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 PsychThG. Danach
müssen die Betreffenden in dem genannten Zeitraum mindestens 4000 Stunden
einschließlich der dazu notwendigen Diagnostik und Fallbesprechungen
psychotherapeutisch tätig gewesen oder 60 dokumentierte Behandlungsfälle
abgeschlossen haben. Ferner müssen sie mindestens 140 Stunden theoretische
Ausbildung in dem Gebiet, in dem sie beschäftigt sind, abgeleistet haben.
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Der Fachkundenachweis ist nicht bereits durch die Approbation geführt. Die KVen
haben vielmehr ein eigenständiges, wenn auch begrenztes Prüfungsrecht. Eigenständig
zu prüfen haben sie, ob die bereits gegenüber der Approbationsbehörde erbrachten
Nachweise einem Richtlinienverfahren zuzuordnen sind. Dagegen besteht ihre Aufgabe
nicht darin, erneut die Richtigkeit und Aussagekraft der Bescheinigungen von
Ausbildungsinstituten in Frage zu stellen, die die Approbationsbehörde bereits überprüft
hat (BSG, Urteile vom 06.11.2002 - B 6 KA 37/01 R - in SozR 3-2500 § 95c Nr. 1 - sowie
B 6 KA 38/01 R, Urteil vom 05.02.2003 - B 6 KA 42/02 R -). Dies beruht auf der
Kompetenzverteilung zwischen Approbationsbehörde einerseits und Arztregisterstelle
andererseits, von der abzuweichen weder für die Eintragung in das Arztregister noch für
die Zulassung von Psychotherapeuten ein Anlass besteht. Diese formal zur Frage der
Behandlungsstunden ergangene Rechtsprechung ist uneingeschränkt auf sämtliche im
Rahmen der Approbation und für die Fachkunde erforderlichen Nachweise,
einschließlich der Theoriestunden, zu übertragen. Die den KVen verbliebene
eigenständige Prüfungskompetenz hinsichtlich der in § 12 PsychThG geregelten
tatbestandlichen Voraussetzungen beschränkt sich somit auf die Feststellung, ob die in
der genannten Vorschrift festgelegten erforderlichen Fall- bzw. Stundenzahlen
nachgewiesen sind, und, wenn das der Fall ist, ob die Behandlungen bzw. die
theoretische Ausbildung in einem Richtlinienverfahren erfolgt ist (BSG, Urteil vom
06.11.2002 - B 6 KA 37/01 R -, a.a.O.).
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Dass der Kläger die geforderten 4000 Stunden psychotherapeutische Tätigkeit in einem
Richtlinienverfahren -Verhaltenstherapie - erbracht hat, ist nicht mehr streitig, nachdem
die Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung gegenüber dem Senat erklärt hatte,
den entsprechenden Bescheinigungen der RWTH B vom 16.12.1998 trete sie nicht
mehr entgegen.
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Mit dem SG stimmt der Senat überein, dass auch 140 Stunden theoretische Ausbildung
in einem durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 SGB V anerkannten Behandlungsverfahren nachgewiesen sind, also die
theoretische Ausbildung einem Richtlinienverfahren zuzuordnen ist. Allein insoweit
besteht eine Überprüfungsbefugnis der Beklagten. Keine Prüfungskompetenz besteht,
soweit es um den Zeitraum geht, in dem die theoretische Ausbildung abgeleistet worden
sein muss. Denn diese Frage ist ebenso wie das Vorliegen der übrigen in § 12 Abs. 4
Satz 1 und 2 PsychThG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen bereits von der
Approbationsbehörde geprüft worden. Im übrigen spricht auch der Wortlaut des § 12
Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 PsychThG gegen die Auffassung der Beklagten, die
theoretischen Stunden hätten innerhalb des Zeitraums vom 01.01.1989 bis 31.12.1998
absolviert sein müssen. Denn auf den in § 12 Abs. 4 Satz 1 PsychThG genannten
Zeitraum von 01.01.1989 bis 31.12.1998 wird ausdrücklich nur in der Nr. 1 und nicht
auch in der Nr. 2 des Satzes 2 Bezug genommen. Die Theoriestunden müssen
entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht in einem von der KBV oder einer
Ärztekammer anerkannten Ausbildungsinstituts absolviert worden sein. Die Aufgabe der
Beklagten besteht nicht darin, erneut die Richtigkeit und Aussagekraft der
Bescheinigungen von Ausbildungsinstituten in Frage zu stellen, die die
Approbationsbehörde bereits überprüft hat (BSG, Urteile vom 06.11.2002 - B 6 KA 37/01
R und B 6 KA 38/01 R - a.a.O.; Urteil vom 05.02.03 - B 6 KA 42/02 R -; Urteile des LSG
NRW vom 02.04.2003 - L 11 KA 161/02, L 11 KA 162/02, L 11 KA 169/02 - und
Senatsurteil vom 12.11.2003 - L 10 KA 76/02).
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Dass die vom Kläger absolvierte theoretische Ausbildung einem Richtlinienverfahren -
Verhaltenstherapie - zuzuordnen ist, steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der
vom Kläger übersandten Spezifizierung der Arbeitskreisinhalte und Bescheinigungen
der DGVT Tübingen, der der Beklagten erteilten Auskünfte der KBV sowie der
Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung gehörten Sachverständigen Dr. H
fest.
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Nicht nur die von der DGVT in der tabellarischen Aufstellung der
Unterrichtsveranstaltungen unter Ziffer 2.2 belegte Teilnahme an von Dozenten
geleiteten Seminaren zu Themen aus dem Bereich der Verhaltenstherapie im Umfang
von 104 Unterrichtsstunden sind - wie auch die KBV gegenüber der Beklagten
ausgeführt hat - einem anerkannten Behandlungsverfahren - Verhaltenstherapie -
zuzuordnen (s. Psychotherapeuten- Richtlinien vom 03.07.1987 in der Fassung des
Beschlusses vom 17.12.1996, Dt. Ärzteblatt 90, Heft 48, A-3245; Dt. Ärzteblatt 94, Heft
10, A-620 ). Ebenso handelt es sich bei mindestens 37 Stunden der von der DGVT
außerdem bescheinigten jeweils vierstündigen 37 Arbeitskreissitzungen um
"theoretische Ausbildung in einem durch den Bundesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V anerkannten
Behandlungsverfahren". Denn auch die in den Arbeitskreissitzungen vermittelten und
erarbeiteten Arbeitsinhalte sind solche aus dem Bereich der Verhaltenstherapie. Die
vom Kläger spezifizierten Themen entsprechen den in der Anlage 3 Absatz II zur
Psychotherapievereinbarung (Stand o7.1995) aufgeführten Inhalten.
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Die Wissensvermittlung und -erarbeitung in Arbeitskreisen ist auch als theoretische
Ausbildung i.S.d. § 12 Abs. 4 PsychThG zu bewerten. Denn Grundlage für die Arbeit in
den Arbeitskreisen war das Curriculum der DGVT, anhand dessen die Themen der
Sitzungen ausgewählt und unter Auswertung der einschlägigen wissenschaftlichen
Literatur erarbeitet und jeweils von einem Mitglied des Arbeitskreises vertiefend referiert
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wurde. Die Tätigkeit des Referenten umfasste mindestens eine Stunde je
Arbeitskreissitzung. Auf diese Weise wurde das Basiscurriculum und weitergehende
Lerninhalte abgearbeitet. Dass es sich bei den Referenten um Teilnehmer des
Arbeitskreises und nicht um externe Dozenten handelte, steht der Bewertung des
referentengeleiteten Anteils der Arbeitskreissitzungen als theoretische Ausbildung i.S.d.
§ 12 Abs. 4 PsychThG nicht entgegen. Denn soweit der unterschiedliche berufliche
Status der Referenten überhaupt einen qualitativen Unterschied in der in den
Arbeitskreisen vermittelten Ausbildung zur Folge hatte, unterliegt diese Beurteilung nicht
der Prüfungskompetenz der Beklagten.
Nach alledem konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz in der vor dem
01.01.2002 geltenden Fassung.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2
SGG).
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