Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.11.2010

LSG NRW (antragsteller, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, antrag, recht auf akteneinsicht, vollziehung, akteneinsicht, hauptsache, sgg, aufschiebende wirkung, aufhebung)

Landessozialgericht NRW, L 6 AS 981/10 B ER
Datum:
29.11.2010
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 6 AS 981/10 B ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 29 AS 1678/10 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Köln vom 27.05.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu
erstatten.
Gründe:
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I.
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Der Beschwerdeführer wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen
einen Sanktionsbescheid der Beschwerdegegnerin nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) und begehrt zudem, diese zu verpflichten, ihm Akteneinsicht
zu gewähren sowie seinen Antrag vom 05.08.2009 auf Rückerstattung von
Bewerbungskosten zu bescheiden.
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Der 1964 geborene Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts (zuletzt aufgrund Bewilligungsbescheiden vom
25.09.2009 und 25.05.2010 für die Zeiträume 01.12.2009 bis 31.05.2010 und
01.06.2010 bis 31.07.2010). Mit Schreiben vom 11.03.2010 unterbreitete die
Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung gleichen Datums,
die u.a. die Teilnahme an der Eingliederungsmaßnahme "Wege in Arbeit" mit
Informationsgespräch bei dem Maßnahmeträger am 23.03.2010 vorsah. Zugleich
händigte sie dem Antragsteller ein Einladungsschreiben aus, demzufolge er am
22.03.2010 um 10.45 Uhr bei ihr vorzusprechen habe. Es solle über das
Bewerberangebot und die berufliche Situation gesprochen werden. Der Antragsteller
möge die Eingliederungsvereinbarung sowie eine Datenschutzerklärung zum Termin
mitbringen. Folge er der Einladung ohne wichtigen Grund nicht, werde das
Arbeitslosengeld II um 10 % der für ihn maßgebenden Regelleistung abgesenkt.
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Mit Schreiben vom 17.03.2010, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 18.03.2010,
teilte der Antragsteller dieser u.a. mit:
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"Um mir von der Maßnahme ein konkretes Bild zu machen, werde ich am 23. des
Monats das vorgeschlagene Informationsgespräch bei der verantwortlichen Einrichtung
wahrnehmen. Da die Maßnahme an diesem Tag noch nicht sofort beginnt, bleibt uns
noch genügend Zeit, um uns über die Notwendigkeit und den integratorischen Effekt
dieser Maßnahme im Laufe der kommenden Woche einig zu werden. Mit Ihrem
Einverständnis werde ich den vorgemerkten Unterzeichnungstermin am 22. des Monats
noch nicht wahrnehmen und mich erst nach Teilnahme an dem Informationsgespräch
wieder schriftlich bei Ihnen zurückmelden."
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Den Meldetermin am 22.03.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.
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Am 23.03.2010 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein
Anhörungsschreiben zu einer geplanten Absenkung der Leistungen. Der Antragsteller
äußerte sich mit Schreiben vom 24.03.2010 zu dem von ihm beim Maßnahmeträger
wahrgenommenen Informationsgespräch vom Vortag. Dort habe er erfahren, dass seine
Zuweisung mit der Maßgabe erfolgt sei, er habe in der Vergangenheit mehrfach
Integrationsmaßnahmen abgebrochen. Dies sei wahrheitswidrig und gehässig. Er
beantrage Akteneinsicht. Eine Einladung der Antragsgegnerin vom 27.04.2010 zur
Akteneinsicht am 17.05.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.
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Mit Schreiben vom 14.04.2010 begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin die
Übernahme von Kosten für eine Bewerbungsreise am 08.10.2009 nach C, für die
Anfertigung von Bewerbungen, für Porto und für Kopien.
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Die Antragsgegnerin senkte die Leistungen mit Bescheid vom 21.04.2010 unter Hinweis
auf das Meldeversäumnis am 22.03.2010 für die Zeit vom 01.05. bis 31.07.2010 um 10
%, d.h. 35,90 Euro monatlich ab.
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Am 26.04.2010 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Köln einen Antrag auf
einstweilige Anordnung gestellt. Er hat begehrt, den Absenkungsbescheid vom
21.04.2010 außer Vollzug zu setzen bis über dessen Rechtmäßigkeit entschieden sei,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren und den "Antrag
vom 05.08.2009" auf Rückerstattung von Bewerbungskosten zu bescheiden. Ein
versäumter Meldetermin könne keinen Anlass zur Sanktion geben. Es sei am
22.03.2010 kein Termin angesetzt gewesen, der die persönliche Vorsprache erfordert
hätte. Über etwaige Rechtsfolgen sei er nicht belehrt und vor der Sanktionierung auch
nicht angehört worden. Gemäß § 25 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) stehe ihm
jederzeit ein - bisher nicht gewährtes - Recht auf Akteneinsicht zu. "Der Antrag vom
05.08.2009" auf Rückerstattung der Bewerbungskosten sei nicht beschieden.
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Den Widerspruch des Antragstellers vom 27.04.2010 gegen den Absenkungsbescheid
wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2010 zurück.
Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben.
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In einem Erörterungstermin am 18.05.2010 hat das SG den Sachbearbeiter der
Antragsgegnerin, Herrn C, zeugenschaftlich vernommen.
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Den Eilantrag hat das SG anschließend mit Beschluss vom 27.05.2010 abgelehnt. Die
Kammer lege den Antrag bezüglich des Absenkungsbescheides als Antrag auf
Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den
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Sanktionsbescheid aus. Die Anordnung komme im Sinne einer Interessenabwägung
zwischen den Beteiligten dann in Betracht, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt
als offenbar rechtswidrig erweise. Dies sei hier nicht der Fall. Die Voraussetzungen für
die erfolgte Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 Abs. 2 SGB II lägen vor.
Der Antragsteller habe den Meldetermin vom 22.03.2010 nicht wahrgenommen, ohne
hierfür einen wichtigen Grund nachzuweisen. Insbesondere habe er nicht aufgrund
seines Schreibens vom 17.03.2010 darauf vertrauen dürfen, dass die Antragsgegnerin
seinem Vorschlag folgen werde. Der Absenkungsbescheid entspreche auch den
formellen Anforderungen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Antragsgegnerin an den
Antragsteller ein Anhörungsschreiben verschickt habe, wäre ein etwaiger
Anhörungsmangel aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Anhörung des Antragstellers
im gerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X geheilt. Der Antrag
auf Gewährung von Akteneinsicht und Erstattung der Bewerbungskosten sei
unbegründet. Es fehle an einem Anordnungsgrund, da nicht erkennbar sei, dass dem
Antragsteller ein Abwarten in der Hauptsache nicht zugemutet werden könne. Dem
Antragsteller sei die Möglichkeit eröffnet worden, bei der Antragsgegnerin am
17.05.2010 Akteneinsicht zu nehmen. Bezüglich der mit Schreiben vom 14.04.2010
geltend gemachten Bewerbungskosten handele es sich um einen Bedarf in der
Vergangenheit, der im anhängigen Antragsverfahren zu entscheiden sei.
Gegen den ihm am 02.06.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am
14.06.2010 Beschwerde erhoben. Die Vorschrift des § 41 SGB X beziehe sich nur auf
das Verwaltungsverfahren. Im Übrigen habe der Sanktionsbescheid zum Zeitpunkt der
Beantragung wegen der Fehlerhaftigkeit nicht vollstreckt werden dürfen. Eine fehlende
Anhörung gebe dem Widerspruch ausnahmsweise aufschiebende Wirkung, da es eine
rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sei, dass kein Verwaltungsakt ohne vorherige
Anhörung des Betroffenen vollzogen werden dürfe. Falls der Anhörungsmangel durch
die Gewährung gerichtlichen Gehörs zugleich als verwaltungsmäßige Anhörung
gewertet würde, bitte er, die Beschwerde als Anfechtungsklage anzusehen. Ein
Abwarten der dreimonatigen Klagesperrfrist sei in diesem Fall unnötig und unzumutbar.
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Eine Rechtsfolgenbelehrung sei ihm vom Zeugen nicht ausgehändigt worden. Im
Übrigen sei der Inhalt der in dem (ihm nicht zugegangenen) Einladungsschreiben
enthaltenen Rechtsfolgenbelehrung teils irreführend, teils unvollständig. Das
üblicherweise verwendete Einladungsformular laute auf eine "Einladung nach § 59 SGB
II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)". Der Inhalt der letzteren
Vorschrift, auf den es zum Verständnis ankomme, werde nicht zitiert. Der Begriff der
"Einladung" unterstelle anders als der in § 309 SGB III verwendete Begriff der
"Meldeaufforderung" einen gewissen Grad an Freiwilligkeit. Sein Vertrauen in die
Rechtsfolgenbelehrung sei aus vorigen unrechtmäßigen Rechtsfolgenbelehrungen
ohnehin erschüttert gewesen.
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Der Sanktionsbescheid sei auch materiell rechtswidrig. Einziger Zweck des Termins
habe die Unterzeichnung der Eingliederungsvereinbarung sein sollen, für die es jedoch
eine rechtliche Verpflichtung nicht gebe. Die Drohung mit einer Sanktion für den Fall der
Verweigerung der Unterschriftsleistung sei strafrechtlich nach § 240 Strafgesetzbuch als
Nötigung zu bewerten und mache den Verwaltungsakt daher gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 4
SGB X nichtig. Da er den Gegenstand der Vorsprache am 22. März berechtigterweise
als Nötigung habe auffassen dürfen, sei sein Fernbleiben als entschuldbar i.S.v. § 31
Abs. 2 SGB II zu werten.
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Was die Bewerbungskosten angehe, so finde sich in der Rechtsprechung die
Auffassung, dass aus fehlerhaften Verwaltungsakten der Vergangenheit ein konkreter
"Nachholbedarf" bestehen könne, der eine einstweilige Anordnung vor einer
Entscheidung in der Hauptsache rechtfertige. Ein Grund für eine positive Entscheidung
sei gegeben, weil er weitere Eigenbemühungen vornehmen und mangels
Kostenerstattung in absehbarer Zeit die regelmäßigen Bewerbungen aus dem
Regelsatz auslegen müsse, der dafür nicht vorgesehen sei.
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Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller Einsicht in die Akten genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des
Vorbringens des Antragstellers im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand
der Beratung gewesen.
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II.
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Die Beschwerde ist hinsichtlich der beantragten Akteneinsicht (nunmehr) unzulässig, im
Übrigen unbegründet.
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Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Antragsteller (weiterhin) die Gewährung von
Akteneinsicht begehrt. Nach der im Beschwerdeverfahren erfolgten vollumfänglichen
Akteneinsicht fehlt dem diesbezüglichen Beschwerdebegehren des Antragstellers
nunmehr das Rechtsschutzbedürfnis.
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Das Begehren des Antragstellers bezogen auf den Sanktionsbescheid ist zum Zeitpunkt
der Beschwerdeentscheidung als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b
Abs. 1 S. 2 SGG auszulegen, weil die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene
Sanktionierung für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.07.2010 bereits vollzogen ist und der
Antragsteller seit 01.08.2010 wieder ungekürzte Leistungen der Antragsgegnerin erhält.
Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw.
der inzwischen gegen Bescheid und Widerspruchsbescheid erhobenen Klage gemäß §
86b Abs. 1 S. 1 SGG würde nach Ende des Vollzugs der Sanktionierung ins Leere
laufen (vgl. zur konkreten Möglichkeit der Umdeutung Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2009, § 86b Rn 9b; vgl. allgemein BSG, Urteil
vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R Rn 19 in SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).
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Nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache die Aufhebung der
Vollziehung eines Verwaltungsakts anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt
der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist. Das Gericht kann somit die
erfolgten Vollziehungshandlungen bzw. deren unmittelbare Folgen rückgängig machen
(Keller, a.a.O, § 86b Rn 10a m.wN.). Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist
begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass dem privaten Interesse des
Antragstellers an der Rückgängigmachung der Vollziehung gegenüber dem (durch die
Antragsgegnerin vertretenen) Interesse der Allgemeinheit an der (Beibehaltung der)
Vollziehung der Vorrang zu geben ist. Dabei ist die grundsätzliche gesetzgeberische
Entscheidung hinsichtlich der Vollziehbarkeit zu beachten (vgl. auch LSG Berlin-
Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2009, L 29 AS 375/09 B ER Rn 15). Hat der
Gesetzgeber die sofortige Vollziehung bestimmter Verwaltungsakte angeordnet, so
besteht nur dann Anlass, hiervon abzuweichen, wenn im Einzelfall gewichtige
Argumente für eine Umkehr des gesetzgeberisch angenommenen Regelfalls sprechen.
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Die Aufhebung einer bereits erfolgten Vollziehung ist daher nur möglich, wenn
besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise das Privatinteresse des von der
Vollziehung des Verwaltungsakts Belasteten in den Vordergrund treten lassen (vgl.
Keller, a.a.O., § 86b Rn 12 c m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn zur Aufhebung
der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden muss, die die Hauptsache bereits
vorwegnimmt und bei einem späteren Obsiegen des Leistungsträgers im
Hauptsacheverfahren nur schwer rückgängig zu machen ist (LSG Berlin-Brandenburg,
a.a.O.). Umgekehrt gilt, dass der Rechtsschutzanspruch des Bürgers um so stärker ins
Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme
Unabänderliches bewirkt (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2009, L 29
AS 375/09 B ER Rn 18; BVerfG, Beschluss vom 24.03.2009, 2 BvR 2347/08 Rn 8
m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Aufhebung der Vollziehung des
streitigen Sanktionsbescheides zugunsten des Antragstellers nicht gerechtfertigt. Nach
der gesetzgeberischen Entscheidung des § 39 SGB II sind Sanktionsbescheide
grundsätzlich sofort vollziehbar. Besondere Gründe, die im hier vorliegenden Fall eine
abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind vom Antragsteller nicht
vorgetragen und auch nicht ersichtlich. In der Gesamtschau überwiegt das öffentliche
Interesse an der Beibehaltung der Vollziehung das Interesse des Antragstellers an
deren Aufhebung im Eilrechtsschutzverfahren.
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Würde der einbehaltene Sanktionsbetrag jetzt vorläufig an den Antragsteller ausgezahlt,
könnte die Antragsgegnerin bei einem späterem Obsiegen in der Hauptsache ihren
Rückforderungsanspruch nur schwerlich realisieren, weil aufgrund der wirtschaftlichen
Situation des Antragstellers Zweifel bestehen, dass dieser dann in der Lage sein wird,
die nachgezahlten Beträge zurückzuerstatten. Die vorläufige Zuerkennung der
Leistungen würde deshalb im Ergebnis einen Zustand schaffen, der in seinen
(wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache zugunsten des
Antragstellers gleichkäme.
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Ein für den Antragsteller sprechendes, objektiv dringendes Interesse, die einbehaltenen
Beträge unmittelbar zum jetzigen Zeitpunkt anstatt ggf. nach Obsiegen in der
Hauptsache ausgezahlt zu bekommen, ist nicht erkennbar. Eine existentielle Notlage
besteht für ihn gegenwärtig nicht. Sein laufender Lebensunterhalt ist durch die
Leistungsgewährung der Antragsgegnerin sichergestellt.
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Ergibt die Interessenabwägung wie hier, dass Gründe fehlen, die eine vorläufige
Regelung zugunsten des Antragstellers erfordern, so kann im Rahmen des
Eilverfahrens dahinstehen, ob die Ausführungen des Antragstellers zur Rechtswidrigkeit
des angegriffenen Sanktionsbescheides zutreffen. Seine diesbezüglichen Bedenken
kann der Antragsteller im Hauptsacheverfahren geltend machen.
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Soweit der Antragsteller Kosten für eine Bewerbung und die Wahrnehmung eines
Bewerbungstermins in C im Oktober 2009 geltend macht, ist der auf die Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG gerichtete Antrag ebenfalls
unbegründet.
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Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache
auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in
Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur
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Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das von Antragstellerseite geltend
gemachte Recht (sog. Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit, d.h. die
Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache
vorläufig zu regeln (sog. Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S.
4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Hiervon ausgehend
sind vorliegend die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen
Anordnung nicht erfüllt, da es an der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit fehlt. Wie vom
Sozialgericht zutreffend ausgeführt, ist der Antragsteller für den vor dem Eilantrag
entstandenen Bedarf auf das insoweit anhängige Antragsverfahren zu verweisen.
Soweit der Antragsteller meint, dass sich aus einer rechtswidrigen
Verwaltungsentscheidung ein "Nachholbedarf" ergebe, so kann dieser mangels
Eilbedarfs jedoch nicht in einem Eilverfahren, sondern lediglich im
Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden. Für die Kostenerstattung bezüglich
weiterer Bewerbungen in der Zukunft ist jeweils zunächst ein Antrag bei der
Antragsgegnerin zu stellen. Vor einer Befassung des Leistungsträgers mit einem
konkreten Leistungsbegehren fehlt einem gerichtlichen Eilantrag das
Rechtsschutzbedürfnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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