Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.03.2004

LSG NRW: firma, psychiatrisches gutachten, kopfschmerzen, berufsunfähigkeit, rente, arbeitsmarkt, arbeitsunfall, arbeitsunfähigkeit, auskunft, wartezeit

Landessozialgericht NRW, L 8 RJ 41/03
Datum:
24.03.2004
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 8 RJ 41/03
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 15 RJ 145/00
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 13.02.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche
Kosten sind auch für den Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw.
Berufsunfähigkeit strittig.
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Der am 00.00.1972 in Polen geborene Kläger hat in seinem Heimatland eine
Ausbildung zum Tischler absolviert und anschließend bis zu seiner Ausreise in die
Bundesrepublik Deutschland von Juni 1990 bis Februar 1992 als Tischlergeselle
gearbeitet. In Deutschland arbeitete er - nach eigenen Angaben - im Oktober 1993 als
Tischler. Nach der arbeitgeberseitigen Kündigung wurde sein Antrag auf Leistungen
des Arbeitsamtes nach Auslauf der Eingliederungshilfe zum 22.11.1993 abgelehnt. Vom
24.01.1994 bis 30.04.1997 arbeitete er sodann als Lagerarbeiter/Staplerfahrer bei der
Firma B ein. Nach einer anschließenden kurzen Tätigkeit als Kommissionierer und
Lagerarbeiter für die D Spedition von August bis September 1997 war er kurzzeitig als
Staplerfahrer für eine weitere Spedition tätig (19.10. bis 31.10.1998) und musste - nach
eigenen Angaben auf Veranlassung des Arbeitsamtes - am 22.03.1999 eine Tätigkeit
als Maschinenbediener bei der Firma X1 U aufnehmen. Nach eigenen Angaben erlitt
der Kläger jedoch am ersten Arbeitstag einen Arbeitsunfall. Da er diesen erst am
29.03.1999 der Betriebsleitung meldete und es keine Zeugen für den Vorfall gab,
erkannte der Arbeitgeber den vom Kläger behaupteten Arbeitsunfall nicht an. Dem
Kläger wurde ab 29.03.1999 wegen Distorsion und Zerrung des linken Handgelenkes
Arbeitsunfähigkeit attestiert. Sein Arbeitsverhältnis endete fristgemäß am 30.04.1999,
ohne dass der Kläger die Arbeit noch einmal aufgenommen hatte. Seitdem ist er
arbeitslos.
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Auch die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Arbeitsunfalles
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(mit Bescheid vom 27.01.2000) nach Einholung eines fachchirurgischen Gutachtens von
Dr. P vom 09.01.2000 ab. Der Sachverständige vertrat die Auffassung, nach Aktenlage
habe kein Unfallhergang vorgelegen. Es habe sich bei der Gesundheitsschädigung des
Klägers um eine über zwei Tage kurzfristig verstärkte Belastung beider Arme und
Hände im Rahmen eines "völlig normalen Arbeitsvorganges" gehandelt. Das beim
Kläger bestehende Cervico-Brachial-Syndrom sowie das Überlastungssyndrom im
Bereich der linken Hand bzw. des linken Unterarms sei nicht ursächlich auf den
Arbeitsvorgang zurückzuführen.
Der Kläger beantragte im Mai 1999 bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbs-
bzw. Berufsunfähigkeitsrente und machte geltend, er sei aufgrund von drei
Arbeitsunfällen vom 18.04.1996, 28.10.1997 und 23.03.1999 arbeitsunfähig.
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Die Beklagte holte zur Ermittlung des medizinischen Sachverhaltes ein orthopädisches
Gutachten von Dr. W vom 15.10.1999 sowie eine sozialmedizinische Stellungnahme
ihres ärztlichen Dienstes vom 08.11.1999 ein. Zusammenfassend stellte Dr. N fest, der
Kläger leide an:
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1. Bandscheibenvorwölbungen mit Halswirbelsäulen-Syndrom, 2. leichtgradigem
Übergewicht sowie 3. nervösen Verstimmungen mit zeitweiligen depressiven
Verstimmungen.
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Er vertrat die Auffassung, der Kläger könne unter Berücksichtigung seiner
orthopädischen Beschwerden den Beruf als Tischler nicht mehr ausüben, könne jedoch
leichte und zeitweilig mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten. Er rege berufliche
Rehabilitationsmaßnahmen bzw. die Durchführung eines Reha-Fachgespräches an.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom
17.01.2000 ab und vertrat im Anschluss an die sozialmedizinische Beurteilung die
Ansicht, der Kläger könne mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig ausüben.
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Der Kläger legte gegen diese Entscheidung unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der
praktischen Ärztin U T vom 14.03.2000 Widerspruch ein. Die Ärztin führte aus, der
Kläger leide an Schlaflosigkeit mit Kopfschmerzen und seit zwei Jahren unter
Depressionen. Im Übrigen legte der Kläger zur weiteren Stützung seines
Rentenbegehrens einen Bericht des Orthopäden Dr. K vor, der gegenüber dem Träger
einer privaten Unfallversicherung die von ihm festgestellten Unfallfolgen (1999) attestiert
hatte, sowie einen Bericht des Radiologen Dr. N1 vom 09.08.1999, der bei dem Kläger
therapieresistente Cervicocephalgien festgestellt hatte. Darüber hinaus reichte er der
Beklagten den ablehnenden Bescheid der Berufsgenossenschaft sowie das dem
dortigen Verfahren zugrunde liegende chirurgische Gutachten von Dr. P ein. Der Kläger
machte geltend, nicht zuletzt bedingt durch seinen Arbeitsunfall im März 1999, an
zahlreichen Gesundheitsstörungen, die er im Einzelnen auflistete, zu leiden und nicht
mehr am Erwerbsleben teilnehmen zu können.
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Die Beklagte holte zur weiteren medizinischen Aufklärung sodann ein neurologisch-
psychiatrisches Gutachten von Dr. C vom 27.04.2000 ein weiteres orthopädisches
Gutachten von Dr. L vom 02.06.2000 sowie Stellungnahmen des ärztlichen Dienstes,
des Internisten N N2 vom 20.06.2000 und des Allgemeinmediziners Dr. H vom
26.07.2000 ein.
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Die Ärzte diagnostizierten bei dem Kläger:
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1. Cervicocephalgie sowie 2. chronisch obstruktive Bronchitis.
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Dr. C stellte auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei dem Kläger keinen
Nachweis eines nervenärztlichen Krankheitsbildes fest. Der Kläger zeige ausgeprägte
Zeichen eines aggravatorischen Verhaltens.
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Der Orthopäde Dr. L dagegen diagnostizierte ein orthopädisch-neurologisches
Psychosyndrom. Allein die Formulierung der Anamnese und die Bewertung der
einzelnen Anlässe hätten gezeigt, dass neben der demonstrierten Belastungs- und
Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule und des linken Handgelenks eine
Beeinträchtigung gegeben sei. Diese sei sicher psychogen geformt. Aus diesen
Gründen vertrat er die Auffassung, dass zunächst eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf
Zeit begrenzt auf ein Jahr gewährt werden sollte. In dieser Zeit sollte eine stationäre
intensive Physiotherapie und Psychotherapie vorgenommen werden, um sodann eine
erneute Beurteilung des Leistungsvermögens vorzunehmen.
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Dr. N2 und Dr. H vertraten zusammenfassend die Auffassung, der Kläger könne noch
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte und mittelschwere Arbeiten uneingeschränkt
in allen Haltungsarten in gelegentlichem Wechsel zwischen Sitzen und Stehen bzw.
Gehen unter Vermeidung von Über-Kopf-Arbeit, Kälte und Nässe vollschichtig
verrichten. Es sei jedoch dem Kläger nach Abschluss des Rentenverfahrens eine
medizinische Rehabilitationsmaßnahme in einer psychosomatischen Klinik zu
empfehlen.
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Die Widerspruchsstelle wies den Widerspruch des Klägers unter Bezugnahme auf das
medizinische Ermittlungsergebnis zurück.
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Der Kläger hat am 13.10.2000 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben und zur
Begründung vorgetragen, dass er unter folgenden Erkrankungen bzw. Behinderungen
leide:
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1.a. Lokales Zervikalsyndrom seit 08.09.1994 - (auf die Halsregion beschränkte
chronisch-rezidivierende Beschwerden, die durch positionsabhängige Nacken- und
Schulterschmerzen, Muskelverspannungen und Bewegungseinschränkungen
charakterisiert sind). b. Zervikobrachialsyndrom seit 06.02.1997 - (von den
Bewegungssegmenten C5-C6 ausgehende bandscheibenbedingte Brachialgien, d.h.
Schmerzen mit Sensibilitationsstörungen in Verbindung mit Symptomen eines lokalen
Zervikalsyndroms). c. Chronisches Zervikozephalsyndrom seit 22.10.1997 - (mit
chronischen Kopfschmerzen, Schwindelattacken einhergehende Beschwerden durch
degenerative Veränderungen in den zervikalen Bewegungssegmenten in Verbindung
mit Symptomen eines lokalen Zervikalsyndroms und Zervikobrachialsyndroms. 2.
Chronische Tonsillitis seit 02.01.1996. 3. Echte chronische Depression seit 22.10.1997
(ständig bestehende depressive Verstimmung, Konzentrationsstörungen, -schwäche,
starke Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel). 4. HWS-Syndrom mit ständigen
chronischen Kopfschmerzen (Spannungskopfschmerzen, Cervikalmigräne). 5.
Hartspann (Muskelverhärtung, Myogelose) der HWS und Rückenmuskulatur. 6.
Entzündlich-rheumatische Wirbelsäulenleiden. 7. Weichteilrheumatismus,
Gelenkrheumatismus (chronische Polyarthritis). 8. Dauerhafte Versteifung der gesamten
HWS, endgradige Bewegungseinschränkung in allen Bewegungsebenen mit
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unerträglichen Schmerzen. 9. Neuralgien im Bereich der HWS, Schulter, 1. Arm mit
Druckschmerzhaftigkeit und Hypästhesie (reduzierte Berührungsempfindlichkeit). 10.
Nervenstörungen im gesamten linken Arm (sehr starke Schmerzen bei
Bewegungsversuchen im Bereich des gesamten Umfangs des linken Handgelenkes mit
endgradigen Bewegungseinschränkungen, 80 % Kraftverlust der linken Hand). 11.
Chronische Tendovaginitis linkes Handgelenk. 12. Chronische Müdigkeitssyndrom mit
allgemeinem Krankheitsgefühl.
Aufgrund dieser vielfältigen Erkrankungen seien bei ihm die Voraussetzungen einer
Berufsunfähigkeit gegeben. Insofern sei zu berücksichtigen, dass er "wohl" als
qualifizierter Arbeiter im Beruf des Tischlers anzusehen sei. Dass er den Beruf seit 1994
nicht mehr ausgeübt habe, sei unbeachtlich, weil der Tätigkeitswechsel erfolgt sei, um
die Arbeitslosigkeit zu beenden. Damit genieße er den Berufsschutz eines
Facharbeiters.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.01.2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15.09.2000 zu verur- teilen, dem Kläger ausgehend von
einem Antrag vom 27.05.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen
Berufsunfähig- keit, nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
21
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
23
Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.
24
Das Sozialgericht hat die Streitakten aus den Parallelverfahren des Klägers S 6 U
137/00 und S 28 SE 127/00 beigezogen und sodann durch Einholung eines
neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. S (Gutachten vom 30.07.2001) und
eines orthopädischen Gutachtens von Dr. C1 vom 27.08.2001 Beweis erhoben.
Anschließend hat das Gericht auf Antrag des Klägers ein Gutachten des Chirurgen Dr.
L1 vom 11.07.2002 eingeholt.
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Dr. S hat festgestellt, dass für das nervenärztliche Fachgebiet sich seit Mai 1999 eine
Gesundheitsstörung nicht wahrscheinlich machen lasse, insbesondere nicht das
Vorliegen einer tiefer greifenden depressiven Verstimmung. Seine Beschwerden habe
der Kläger ausführlich geschildert, Verdeutlichungstendenzen seien nicht zu übersehen.
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Der Orthopäde Dr. C1 hat bei dem Kläger folgende Gesundheitseinschränkungen
diagnostiziert:
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ein "mögliches" HWS-Syndrom sowie ein "mögliches" Überlastungssyndrom des linken
Handgelenks.
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Er führte aus, die körperliche Leistungsbreite des Untersuchten sei durch die von ihm
festgestellten Gesundheitsstörungen nicht wesentlich eingeschränkt. Unterstellt, dass
eine gewisse Schmerzsymptomatik auftreten könne, seien körperlich schwere Arbeiten
zu unterlassen. Körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten könnten in jeder
Körperstellung vollschichtig abverlangt werden.
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Dr. L1 stellte in seinem auf Antrag des Klägers erstatteten chirurgischen Gutachten fest,
bei dem Kläger bestehe ein
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"fragliches" HWS-Syndrom mit Verdacht auf spontane muskuläre Zwangshaltung.
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Der Kläger könne ohne unmittelbaren Schaden für die Gesundheit noch mittelschwere
Arbeiten vollschichtig verrichten.
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Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 13.02. 2003 abgewiesen und
im Anschluss an die Sachverständigen die Auffassung vertreten, der Kläger sei sozial
zumutbar auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu
verweisen, soweit sie seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen entsprechen. Die
Benennung eines Verweisungsberufes sei nicht erforderlich. Die Lösung vom Beruf des
Facharbeiters (Tischlers) aus sozialen Gründen - hier die Beendigung der bestehenden
Arbeitslosigkeit - sei bei der Eingruppierung in das sogenannte Mehrstufenschema
unbeachtlich.
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Der Kläger hat sodann gegen das ihm am 11.03.2003 zugestellte Urteil am 17.03.2003
Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, er sei seit 22.10.1997 nicht
mehr in der Lage, eine Tätigkeit als Tischler bzw. eine andere Tätigkeit vollschichtig und
regelmäßig zu verrichten. Er sei von Beruf Tischler; die vom Sozialgericht
vorgenommene Einstufung als ungelernter Arbeiter sei falsch. Die Lösung vom Beruf sei
aus gesundheitlichen Gründen erfolgt. Weder das Arbeitsamt noch die Beklagte hätten
ihm eine Tätigkeit als Tischler vermittelt bzw. entsprechende
Rehabilitationsmaßnahmen angeboten. Er habe Anspruch auf Gewährung einer
Berufsunfähigkeitsrente ab 23.11.1993 (bis 22.11.1993 hat der Kläger
Eingliederungshilfe des Arbeitsamtes erhalten) und Anspruch auf Gewährung einer
Erwerbsunfähigkeitsrente ab 22.10.1997 (als Zeitpunkt des vom Kläger behaupteten
Arbeitsunfalles) zur Minderung bzw. zum Ausgleich seines gesundheitsbedingten
Einkommensverlustes.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.02.2003 zu ändern und die Beklagte
unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17.01.2000 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15.09.2000 zu verpflichten, ihm ab 23.11.1993
Berufsunfähigkeitsrente und ab 22.10.1997 Erwerbsunfähigkeitsrente zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und das
erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf.
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Das Landessozialgericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und
Arbeitgeberauskünfte der Firma X I Bau- und Möbelschreinerei GmbH vom 06.08.2003,
der B GmbH vom 12.08.2003, der D Logistik GmbH vom 20.08.2003 und der Firma X1 U
vom 08.08.2003 eingeholt.
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Die Firma I GmbH gab an, den Kläger vom 01.10.1993 bis 30.10.1993 als Aushilfe
beschäftig zu haben, ohne dass diese Tätigkeit eine Lehre oder Anlernzeit
vorausgestezt habe.
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Laut Auskunft der Firma B GmbH hat der Kläger sodann in der Zeit 24.01.1994 bis
30.04.1997 als Lagerist gearbeitet und insofern allgemeine Lagerarbeiten sowie
Kommissionierung von Aufträgen vorgenommen. Diese Tätigkeit habe ebenfalls keine
Lehre oder Anlernzeit vorausgesetzt. Nach Auskunft der D GmbH war der Kläger im
Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages vom 01.08.1997 bis 31.01.1998 bei ihr
beschäftigt.
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Ab 22.10.1997 sei er arbeitsunfähig erkrankt. Das befristete Arbeitsverhältnis habe
vertragsgemäß geendet, ohne dass der Kläger die Arbeit noch einmal aufgenommen
habe. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass im August 2002 eine ausführliche
Begehung des Arbeitsplatzes durch die zuständige Berufsgenossenschaft stattgefunden
habe. Die Unterlagen mit den dazugehörigen Anlagen wurden der Arbeitgeberauskunft
beigelegt. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass der Kläger als Mitarbeiter im
Umschlagbereich tätig war und insofern eine Tätigkeit ausgeübt habe, "die in etwa der
Qualifikation Handelsfachpacker" entsprochen habe. Der Kläger habe sich bis zu seiner
Arbeitsunfähigkeit jedoch in der Probe- und Anlernzeit befunden. Der Kläger habe
3000,- DM brutto verdient; es habe insofern kein Tarifvertrag Anwendung gefunden.
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Nach Auskunft der X1 U GmbH, wo der Kläger zuletzt tätig war, habe er nach einem Tag
Anlernzeit als Absacker (Absacken von Schleifkörpern) gearbeitet. Diese Tätigkeit setze
keine Lehre, sondern lediglich einen Tag Anlernzeit voraus, die der Kläger durchlaufen
habe. Der Kläger habe einen Tariflohn gemäß Lohngruppe VI des Tarifvertrages der
Metallindustrie für eine angelernte Tätigkeit erhalten.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der
beigezogenen Rentenakte der Beklagten Bezug genommen. Ihr Inhalt war Gegenstand
der mündlichen Verhandlung
45
Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den
angefochtenen Bescheid vom 17.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 15.09.2000 nicht im Sinn des § 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert,
weil diese Bescheide nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf
Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
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Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten
Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden
Fassung, weil der Kläger auch Leistungen für die Zeit vor dem 01.01.2001 begehrt und
den Rentenantrag bereits vor diesem Zeitpunkt gestellt hat (§ 300 Abs.2 SGB VI).
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Das Sozialgericht hat danach einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Berufs-
bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente mit zutreffenden Gründen verneint. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird daher auf den Inhalt der Entscheidungsgründe, denen sich der
Senat nach eigener Prüfung vollinhaltlich anschließt, Bezug genommen (§ 153 Abs.2
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SGG).
Das Berufungsvorbringen des Klägers, mit der er unter Zugrundelegung seines in Polen
gelernten und ausgeübten Berufs als Tischler Facharbeiterschutz begehrt, greift nicht
durch. Das Sozialgericht ist zu Recht bei der Beurteilung der Frage, welcher Gruppe des
Mehrstufenschemas der Kläger zuzuordnen ist, von dem von ihm zuletzt
versicherungspflichtig ausgeübten Beruf als Lagerarbeiter und Staplerfahrer
ausgegangen und hat den Kläger davon ausgehend zutreffend auf alle ungelernten
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen, soweit sie seinem
gesundheitlichen Leistungsvermögen entsprechen. Die Benennung eines
Verweisungsberufes ist nicht erforderlich.
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Der Kläger hat zwar eine dreijährige Berufsausbildung zum Tischler durchlaufen, sich
aber nach kurzer Beschäftigung als Tischlergeselle von Juni 1990 bis Februar 1992 von
seinem Beruf gelöst, weil er - wie der Kläger mehrfach vorgetragen hat - keine Stelle als
Tischler gefunden hat. Soweit der Kläger nunmehr im Berufungsverfahren ohne weitere
Ausführung vorträgt, er habe sich nicht aus sozialen, sondern aus gesundheitlichen
Gründen von seinem Beruf gelöst, ist dies nicht nachvollziehbar, zumal der Kläger
selbst noch mit seinem an den Sachverständigen Dr. C1 gerichteten Schreiben vom
16.05.2001 folgendes angegeben hat: "Da mir das Arbeitsamt meine Arbeitslosenhilfe
seit dem 23.11.1993 nicht mehr bezahlen wollte und ich damals gesund war ( ...) habe
ich mich bei der Firma B X G in E als Lagerarbeiter/Staplerfahrer beworben und habe
(einen) unbefristeten Arbeitsvertrag mit dieser Firma abgeschlossen." Zudem hat der
Kläger seinen Rentenantrag mit seinem durch die erlittenen Arbeitsunfälle in den Jahren
1996, 1997 und 1999 bedingten Gesundheitszustand begründet. Als Tischler hat aber
zuletzt 1992 bzw. nach eigenen Angaben allenfalls noch im Oktober 1993 gearbeitet.
52
Der Senat hatte abgesehen von den eigenen Äußerungen des Klägers keinen
Anhaltspunkt für eine Lösung vom Beruf des Tischlers aus gesundheitlichen Gründen.
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Unabhängig davon hätte der Kläger durch seine Berufstätigkeit als Tischler keinen
Schutz als Facharbeiter erlangt. Er hätte nämlich die so genannte "kleine" Wartezeit von
60 Kalendermonaten nicht im Lehrberuf zurückgelegt. Wird aber ein Lehrberuf vor
Erfüllung dieser Wartezeit - aus anderen als gesundheitlichen Gründen - aufgegeben,
kann er nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt Urteil
vom12.02.2004, Az.: B 13 RJ 49/03 mit weiteren Nachweisen) ohnedies nicht als
"bisheriger Beruf" und damit als Hauptberuf im Sinn der Rechtsprechung zum Recht der
Rente wegen Berufsunfähigkeit zugrunde gelegt werden Der Kläger hat vor Beginn
seiner Tätigkeit als Lagerarbeiter in seinem Lehrberuf als Tischler nur 21
Kalendermonate Versicherungszeiten zurückgelegt. Es kann daher dahin gestellt
bleiben, ob er - wie er selbst angibt - im Oktober 1993 für einen weiteren Monat als
Tischler gearbeitet hat oder - wie es der vom Senat eingeholten Arbeitgeberauskunft der
I Bau- und Möbelschreinerei GmbH vom 06.08.2003 zu entnehmen ist - als Hilfsarbeiter
tätig war. An der Erfüllung der kleinen Wartezeit fehlen jedenfalls über 3 Jahre.
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Facharbeiterschutz hat der Kläger auch nicht durch seine späteren Tätigkeiten erlangt.
Er war war - wie die vom Senat weiterhin eingeholten Arbeitgeberauskünfte belegen -
seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland überwiegend als angelernter
Lagerarbeiter und Staplerfahrer tätig. Er hat insofern insbesondere keine Tätigkeit als
Lagerfacharbeiter ausgeübt und wurde nicht entsprechend tariflich vergütet, so dass
auch unter diesem Gesichtspunkt keine andere Einordnung der beruflichen Tätigkeit in
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das Mehrstufenschema in Betracht kommt.
Schließlich kann auch die vom Kläger nur kurzfristig ausgeübte Tätigkeit bei der Firma
D vom 01.08.1997 bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit ab 22.10.1997 nicht zu einer anderen
Beurteilung führen. Schon wegen der Kürze der ausgeübten Tätigkeit kann es dahin
gestellt bleiben, ob der Kläger dort als Handelsfachpacker tätig war.
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Der demnach nicht als Facharbeiter, sondern lediglich als angelernter Arbeiter im
unteren Bereich einzustufende Kläger ist unter Berücksichtigung seiner vergleichsweise
geringfügigen Leistungseinschränkungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Das klägerische Rentenbegehren hat keinen Erfolg.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 SGG.
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Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 160
Abs.2 SGG nicht erfüllt sind.
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