Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.09.2009
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Landessozialgericht NRW, L 20 B 17/09 AS
Datum:
21.09.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 20 B 17/09 AS
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 43 AS 170/06
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 25.01.2009 wird zurückgewiesen. Kosten des
Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde des Klägers vom 05.02.2009 gegen den Prozesskostenhilfe
versagenden Beschluss des Sozialgerichts vom 25.01.2009 ist unbegründet. Das
Sozialgericht hat der Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers vom 24.10.2006 zu
Recht hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 73a Abs. 1 S. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. 114 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) abgesprochen.
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Entgegen der Auffassung des Klägers besteht kein weiterer Ermittlungsbedarf von Amts
wegen gemäß § 103 SGG. Vielmehr hat das Sozialgericht den Sachverhalt durch
Einholung des Sachverständigengutachtens von Dr. H vom 09.09.2008 und der hierzu
erstellten ergänzenden Stellungnahme vom 09.12.2008 hinreichend aufgeklärt. Der
Kläger kann nach der gebotenen summarischen Prüfung Leistungen für einen
Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung nicht gemäß § 21 Abs. 5 SGB II
beanspruchen.
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Der gerichtliche Sachverständige hat die maßgeblichen Erkrankungen des Klägers im
Rahmen seiner Ausführungen berücksichtigt. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem im
Beschwerdeverfahren ärztlichen Kurzbericht des V-klinikums E vom 25.05.2009.
Insbesondere hat er auch rezidivierende Pankreatitiden in seine Überlegungen mit
einbezogen. Er hat ausgeführt, zur Therapie des bestehenden Diabetes mellitus sei es
vorrangig notwendig, eine Gewichtsreduktion durchzuführen. Zwar befürworte auch die
Mutter des Klägers eine ausgewogene Ernährung. Der Kläger selbst nehme in der von
ihm besuchten Werkstatt I die ihm zur Verfügung gestellte, diabetesgerechte Kost leider
nicht immer in Anspruch. Dem Kläger sei zu empfehlen, die Kalorienzunahme durch
Reduktion der Nahrungsfette zu verringern. Zusätzlich solle eine Ernährungstherapie,
Bewegungstherapie und Verhaltenstherapie durchgeführt werden. Bezüglich der
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Ernährung sei es nicht notwendig, spezielle kostenaufwändigere diätetische Produkte
zu konsumieren. Ein höherer Kostenaufwand für die Ernährung sei daher nicht
erkennbar.
Das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest des ihn behandelnden Internisten führt
zunächst entsprechend aus, eine spezielle aufwändige Kost sei bei einem Diabetes
mellitus Typ 2b an sich nicht erforderlich, jedoch gestalte sich die
Ernährungszubereitung bei chronisch rezidivierender Pankreatitis aufgrund der
erforderlichen fettreduzierten Kost aufwändiger und schwieriger und sei somit auch mit
höheren Kosten verbunden. Wesentlich sei jedoch die Krankheitseinsicht und
Vermeidung von Diätfehlern.
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Zu dieser in Bezug auf das Klagebegehren wenig aussagekräftigen Äußerung des
behandelnden Arztes verhält sich die ergänzende Stellungnahme vom 09.12.2008. Der
gerichtliche Sachverständige führt insoweit nachvollziehbar aus, zwar müsse der Kläger
auf eine entsprechende fettarme Ernährung achten. Dies bedinge jedoch keine
Ernährung durch spezielle kostenaufwändige Diätprodukte.
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Auch die Ausführungen im ärztlichen Kurzbericht vom 25.05.2009 sind nicht geeignet,
die gutachtlichen Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Zur weiteren Therapie wird dem
Kläger vielmehr aufgrund der vorliegenden Adipositas auch darin eine konsequente
Umsetzung der kalorienreduzierte Ernährungstherapie bei vermehrter körperlicher
Aktivität nahe gelegt. Entgegen den Schlussfolgerungen des Klägers ist damit nicht
festgestellt, dass der Kläger besondere diätetische Lebensmittel zu sich nehmen
müsste, die zugleich einen höheren Kostenaufwand begründeten. Der Senat teilt auch
die Auffassung des Klägers, der Begriff der kalorienreduzierte Ernährungstherapie sei
zu unbestimmt und müsse durch Einholung eines weiteren Gutachtens gleichsam
konkretisiert werden, nicht.
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Vielmehr verhält sich das vorliegende Sachverständigengutachten nebst ergänzender
Stellungnahme gerade auch zu dieser Frage.
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Unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender ärztlicher Befunde stehen die
Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen in Einklang auch mit den
aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von
Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (Stand 2008). Insbesondere auch bei einer
Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2 ist danach in der Regel ein krankheitsbedingt
erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass
der auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003
bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost decke. Sofern die
weiteren Erkrankungen (hier insb. die einmal jährlich auftretenden Pankreatiden) eine
gesonderte Beurteilung erforderlich überhaupt machen sollten, ist dem durch Einholung
des gerichtlichen Sachverständigengutachtens Genüge getan. Die vom Kläger
vorgelegten ärztlichen Unterlagen belegen jedoch, dass ausschlaggebend für die
empfohlene Therapie das Übergewicht des Klägers bei Diabetes mellitus Typ 2 ist.
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Die Überarbeitung der Empfehlungen des Deutschen Vereins war gerade erforderlich
geworden, weil die vorhergehende Fassung vor allem in Bezug auf die Gewährung
einer Krankenkostzulage bei Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und bei Erkrankungen,
für die ein Mehrbedarfszuschlag zur Finanzierung einer "Vollkost" oder spezieller
Ausformungen der Vollkost (lipidsenkende, purinreduzierte bzw. natriumdefinierte Kost)
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empfohlen worden war, zum Teil massiver Kritik durch die einschlägigen medizinischen
Fachgesellschaften ausgesetzt war. Auch hierzu verhält sich das vorgelegte
Sachverständigengutachten.
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass ein grundsätzlich möglicher Antrag des
Klägers gemäß § 109 SGG eine hinreichende, die Gewährung von Prozesskostenhilfe
nach sich ziehende Erfolgsaussicht nicht begründen würde.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG
i.V.m. 127 Abs. 4 ZPO).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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