Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.12.2004

LSG NRW: chemische industrie, elektromonteur, berufserfahrung, unternehmen, qualifikation, ddr, techniker, berufungsschrift, energie, abschlag

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Nachinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 3 RJ 37/03
06.12.2004
Landessozialgericht NRW
3. Senat
Urteil
L 3 RJ 37/03
Sozialgericht Detmold, S 2 RJ 151/01
Bundessozialgericht, B 5 RJ 54/05 B
Rentenversicherung
nicht rechtskräftig
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Detmold vom 25.02.2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu
erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt eine rentenrechtlich günstigere Bewertung seiner Berufstätigkeit in
Polen. Der am 00.00.1943 in Polen geborene Kläger ist Inhaber eines
Vertriebenenausweises "B" und lebt seit Juli 1989 in der Bundesrepublik Deutschland. In
Polen durchlief er, nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule, von September 1959
bis Juni 1962 bei gleichzeitigem Besuch einer Berufsschule eine Ausbildung als
Elektroinstallateur und Abschluss im Juni 1962. Von 1962 bis Juni 1967 besuchte er
berufsbegleitend ein Abendtechnikum. Hierzu liegt ein Zeugnis der höheren Berufsschule L
vom 24.06.1967 vor über das Bestehen der staatlichen Technikerprüfung in der
Fachrichtung Elektrotechnik. Seit Juli 1974 ist der Kläger zudem Meister im Bereich
Elektroinstallation und seit März 1975 Meister im Bereich Elektromechanik.
Nach seinem polnischen Versicherungsverlauf war der Kläger ab 19.02.1963
versicherungspflichtig beschäftigt, und zwar bis Ende des Jahres 1963 als Elektromonteur,
vom 01.01.1964 bis zum 31.08.1967 als Elektromechaniker, vom 01.09.1967 bis
03.02.1974 in Meisterstellungen, vom 04.02.1974 bis zum 03.01.1975 als Spezialist-
Energetiker, vom 04.01.1975 bis zum 30.09.1975 als stellvertretender Abteilungsleiter für
technische Angelegenheiten. Ab dem 13.10.1975 war der Kläger für einen polnisches
Unternehmen in der DDR als Elektriker-Vorarbeiter bis zum 30.11.1977 tätig, vom
01.12.1977 an bis zum 31.03.1978 als Elektrikermeister im Rahmen eines
Auslandseinsatzes für ein polnisches Unternehmen. Vom 01.04.1978 bis zum 31.05.1978
schließt sich eine Auslandsbeschäftigung für ein polnisches Unternehmen in der DDR als
Elektromonteur an, vom 01.06.1978 bis zum 17.09.1979 als Vorarbeiter-Elektromonteur. Ab
dem 01.12.1979 bis zum 02.06.1980 war der Kläger wiederum als Elektromonteur in Polen
tätig, vom 03.06.1980 bis zum 17.01.1981 als Elektromonteur für ein polnisches
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Unternehmen in der ehemaligen UdSSR. Zugleich ist für die Zeit vom 01.02.1971 bis zum
09.11.1975 neben den ansonsten ausgeübten Vollzeittätigkeiten eine Tätigkeit im Rahmen
einer halben Planstelle als Konservator eingetragen. Vom 01.09.1981 bis zum 30.06.1989
war der Kläger selbständig tätig und in der polnischen Handwerkerversicherung versichert
bis zur Ausreise. In der Bundesrepublik hat der Kläger nach einer kurzen Zeit der
Arbeitslosigkeit versicherungspflichtig als Kundendiensttechniker gearbeitet.
Bereits mit Feststellungsbescheid vom 10.10.1995 hatte die Beklagte polnische
Beschäftigungszeiten des Klägers festgestellt. Deren Überprüfung beantragte der Kläger
am 29.12.1999. Die Beklagte ermittelte durch Anhörung des Klägers in einem Gespräch am
22.01.2001 sowie durch Nachfrage beim polnischen Versicherungsträger - ZUS. Auf dieser
Grundlage stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 16.02.2001 und 22.02.2001 unter
Aufhebung entgegenstehender vorheriger Feststellungen Zeiten fest in der
Qualifikationsgruppe 4, Bereich 6 der Anlage 14 zum SGB VI vom 04.07.1962 bis
07.02.1963, für die Folgezeit vom 19.02.1963 bis 31.08.1967 Qualifikationsgruppe 4,
Bereich 03, für die Zeit vom 01.09.1967 bis 31.01.1971 Qualifikationsgruppe 2, Bereich 03.
Für die Zeit ab dem 01.02.1971 bis 30.11.1975 sind jeweils Vollzeittätigkeiten in der
Qualifikationsgruppe 2, Bereich 03 bzw. 02 der Anlage 14 und Tätigkeiten auf der Basis
einer halben Planstelle in der Qualifikationsgruppe 4, Bereich 11 der Anlage 14
eingetragen sowie der Vermerk "Pflichtbeiträge auf die Beitragsbemessungsgrenze
gekürzt". Für die Zeit ab dem 01.12.1975 bis 31.03.1978 stellte die Beklagte eine
Vollzeittätigkeit in der Qualifikationsgruppe 2, Bereich 03, für die Zeit vom 01.04.1978 bis
16.02.1980 eine Vollzeittätigkeit in der Qualifikationsgruppe 3, Bereich 03 fest. Für die Zeit
vom 09.04.1980 bis zum 17.01.1981 enthält der Bescheid vom 22.02.2001 eine Eintragung
von Pflichtbeiträgen für Beitragszeiten in der Qualifikationsgruppe 2, Bereich 04, für die Zeit
vom 01.09.1981 bis zum 30.06.1989 sind Beitragszeiten in der Qualifikationsgruppe 2,
Bereich 07 vermerkt. Gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein und
forderte eine Feststellung der Qualifikationsgruppe 2 für die Zeit vom 16.11.1966 bis
30.08.1967, der Gruppe 1 für die Zeit vom 01.09.1967 bis 30.06.1989, der Gruppe 2 -
Mehrfachbeschäftigung - für die Zeit vom 01.02.1971 bis zum 09.11.1975. Zudem verlangte
er eine Zuordnung des Zeitraumes vom 09.04.1980 bis zum 17.01.1971 zum
Wirtschaftsbereich 01 anstelle des Wirtschaftsbereiches 04 sowie eine Behandlung des
Zeitraumes vom 01.09.1981 bis zum 30.06.1989 nach dem deutsch-polnischen
Rentenabkommen von 1975 (DPSVA) statt nach dem Fremdrentengesetz.
Mit Bescheid vom 23.07.2001 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und ordnete
die Zeit vom 09.04.1980 bis zum 17.01.1981 dem Wirtschaftsbereich 02 zu. Mit
Widerspruchsbescheid vom 16.08.2001 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen
zurück. Mit der Klage zum Sozialgericht hat der Kläger seine bereits im Rahmen der
Widergabe des Widerspruchs aufgelisteten Begehren weiterverfolgt. Die Beklagte hat an
der Richtigkeit ihrer Bescheide festgehalten. Nach Anhörung der Beteiligten in einem
Erörterungstermin am 19.09.2002 hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom
25.02.2003 die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt des Gerichtsbescheides wird Bezug
genommen.
Gegen den am 27.02.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.03.2003
Berufung eingelegt und verlangt, die Zeit vom 16.11.1966 bis 30.08.1967 in die
Qualifikationsgruppe 2, die Zeit vom 01.09.1967 bis zum 30.06.1989 in die
Qualifikationsgruppe 1 sowie die Zeit vom 09.04.1980 bis zum 17.01.1981 in den
Wirtschaftsbereich 01 einzuordnen. Er wendet sich weiter gegen einen Abschlag von 40 %
auf die Versicherungswerte für die Zeit vom 01.09.1981 bis zum 31.07.1989 und gegen die
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Anwendung der Beitragsbemessungsgrenzen für die Zeit der Mehrfachbeschäftigung vom
01.02.1971 bis 09.11.1975. Der Abschluss des Technikums sei als Abschluss eines
Fachhochschulstudiums anzusehen; auf Basis seiner langjährigen Berufserfahrung und
aufgrund des Umstandes, dass ihm die hochqualifizierten Beschäftigten vorbehaltenen
Tätigkeiten bereits vor Erlangung der Formalqualifikation zuerkannt worden seien, sei er
entsprechend einzustufen. In der Zeit seiner selbständigen Tätigkeit habe er ein
Mehrfaches des Durchschnittsverdienstes erzielt und auch ein Mehrfaches der
Durchschnittsversicherungsbeiträge gezahlt. Dem sei durch eine Höherstufung von der
Qualifikationsgruppe 2 in die Qualifikationsgruppe 1 Rechnung zu tragen. Weiter sei die
Zeit vom 09.04.1980 bis 17.01.1981 dem Wirtschaftsbereich 01 zuzuordnen, weil das
Unternehmen, für das der Kläger gearbeitet habe, dem Ministerium für Energie und
Bergbau untergeordnet gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
1. Unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Detmold vom 25.02.2003
und unter Aufhebung der Bescheide der Berufungsbeklagten vom 16.01.2002 und vom
22.01.2002 einschließlich des Teilabhilfebescheides vom 27.07.2001 und des
Widerspruchsbescheides vom 16.08.2001 die Berufungsbeklagte zu verurteilen,
a) die Zeit vom 16.11.1966 bis 30.08.1967 in die Qualifikationsgruppe 2
b) die Zeit vom 01.09.1967 bis 30.06.1989 in die Qualifikationsgruppe 1 einzuordnen.
2. Die Zeit vom 09.04.1980 bis zum 17.01.1981 in den Wirtschaftsbereich 01 einzuordnen.
3. Für die Zeit 01.09.1981 bis zum 31.07.1989 keinen generellen Abschlag in Höhe von 40
% vorzunehmen.
4. Für die Zeit vom 01.12.1971 bis zum 09.11.1975 keine Abschläge bei der
Vollzeitbeschäftigung und bei der Teilzeitbeschäftigung (Halbzeitbeschädigung)
vorzunehmen.
5. Die Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für richtig.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten einschließlich der
beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten
sowie der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold sind rechtmäßig.
Denn dem Kläger steht eine günstigere Bewertung der in Polen zurückgelegten
Versicherungszeiten nach geltendem Recht nicht zu. Zur Begründung nimmt der Senat
zunächst auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug (§ 153 Abs. 2
SGG). Bezüglich der Einzelanträge aus der Berufungsschrift vom 26.05.2003 vertritt der
Senat die im Folgenden dargelegte Auffassung:
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Der Antrag zu 1. a), die Zeit vom 16.11.1966 bis 30.08.1967 in die Qualifikationsgruppe 2
einzustufen, bleibt erfolglos, weil der Kläger nach seinerzeitigem Ausbildungsstand und
ausgeübter Tätigkeit die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllte. Ein nach dem Abkommen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten und
Unfallversicherung ("DPSVA 1975", Zustimmungsgesetz vom 12.03.1976, BGBl. II S. 393)
und §§ 149 Abs. 5, 256 b SGB VI in Verbindung mit der Anlage 13 zu diesem Gesetz zu
prüfender Anspruch auf Festlegung der Qualifikationsgruppe 2 bestünde nur, wenn der
Kläger im genannten Zeitraum der Gruppe der Fachschulabsolventen im Sinne der Anlage
13 zuzurechnen gewesen wäre oder aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten
erworben hätte, die üblicherweise denen von Versicherten der zur Qualifikationsgruppe
entsprochen hätten. Der Senat folgt in der Anwendung dieses Rechts der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichtes (u.a. Urteile vom 14.05.2003, - B 4 RA 26/02 R, vom
24.07.2003, - B 4 RA 61/02 R -, vom 23.09.2003, - B 4 RA 48/02 R).
Danach spiegeln die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI in direkter
Anwendung die Berufswelt der DDR wieder, wobei für die Vertreibungsgebiete im Sinne
des FRG eine sinngemäße Anwendung in Betracht kommt (§§ 22 Abs. 1 Satz 1 FRG, 256 b
Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI) in dem Sinne, dass anstelle der ehemaligen DDR das
jeweils betroffene Vertreibungsgebiet eingesetzt wird (B 4 RA 26/02 R, B 4 RA 61/02 R).
Der Anspruch auf Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 2 bestünde nach dem
Grundtatbestand der Anlage 13, wenn der Kläger die formellen Qualifikationsmerkmale
dieser Gruppe seinerzeit erfüllt und eine diesen Merkmalen entsprechende Tätigkeit
tatsächlich ausgeübt hätte, sowie nach dem "Ergänzungstatbestand" im Sinne der zitierten
Rechtsprechung, wenn er "aufgrund langjähriger Berufserfahrung" eine dem höheren
Qualifikationsniveau entsprechende Tätigkeit ausgeübt hätte. Die Formalqualifikation der
Gruppe 2 erfüllt, wer Fachschulabsolvent ist oder einen gleichgestellten Berufsabschluss
der Nrn. 1 bis 4 innerhalb der Qualifikationsgruppe 2 erworben hat. Dies war beim Kläger in
der Zeit von November 1966 bis 30.08.1967 jedoch nicht der Fall. Denn er verfügte
seinerzeit über den im Juni 1962 erworbenen Abschluss als Elektroinstallateur und war
daher allein unter Berücksichtigung der Formalqualifikation der Qualifikationsgruppe 4
(Facharbeiter) zuzuordnen. Auch nach dem "Ergänzungstatbestand" des Satzes 2 waren
die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppe 2 bis einschließlich August 1967 nicht
erfüllt, da der Kläger überhaupt erst ab November 1966 seinem eigenen Vortrag nach
stellvertretend Funktionen als Meister wahrgenommen hat und daher jedenfalls bis zum
Abschluss des hier zu behandelnden Zeitraumes nicht langjährige Berufserfahrungen auf
dem Niveau der Qualifikationsgruppe 2 erworben haben konnte. Dies gilt um so mehr, als
auch die - nach eigenem Vortrag vorliegende - Meistertätigkeit nur in die
Qualifikationsgruppe 3 (Meister) einzuordnen gewesen wäre. Für deren Erfüllung fehlte es
dem Kläger im hier zu behandelnden Zeitraum jedenfalls an der notwendigen "langjährigen
Berufserfahrung", da er erst vier Jahre zuvor den Facharbeiterabschluss erworben und in
der Folgezeit als Facharbeiter gearbeitet hatte. Die Übernahme dem Meisterniveau
entsprechender Verantwortungen setzte daher im hier zu behandelnden Zeitraum gerade
erst ein. Eine ersetzende "langjährige Berufserfahrung" fehlte auch vor dem Hintergrund
der Verhältnisse in der ehemaligen DDR, die, wie ausgeführt, stets sinngemäß zu
berücksichtigen sind. Dort nämlich waren Meister stets verantwortliche Leiter von
Produktionsbereichen und Arbeitskollektiven und konnten diese Position nicht durch eine
berufliche Erstausbildung, sondern nur im Rahmen der Weiterbildung für bewährte
Facharbeiter erreichem. Dementsprechend war für die Einstufung in die
Qualifikationsgruppe 3 (dem Grundtatbestand nach) wichtig, dass tatsächlich die
Qualifikation eines Meisters bereits erworben worden war. Der Einsatz auf einer
Meisterstelle oder die bloße Bezeichnung als "Meister" reichten nicht aus. Daher war auch
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eine Entlohnung nach den Tarifsätzen für Meister allein noch kein Beleg für eine
tatsächlich vorhandene Meisterqualifikation, denn nach der Richtlinie für die Ausarbeitung
von Qualifikationsmerkmalen / Eingruppierung von Meistern konnten auch Personen ohne
Meisterqualifikation in verschiedene dieser Tarifgehälter eingruppiert werden (hierzu:
Müller, Qualifikation statt Leistung, DAngVers, 1995, Seiten 305 ff. m.w.N.).
Der mit dem Antrag zu 1 b) verfolgte Anspruch, die Zeit vom 01.09.1967 bis zum
30.06.1989 in die Qualifikationsgruppe 1 einzuordnen, besteht nicht, weil der Kläger
seinerzeit weder Hochschulabsolvent war und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat
(Grundtatbestand) noch aufgrund langjähriger Berufserfahrung über entsprechende
Kenntnisse verfügte und der erworbenen Qualifikation nach eingesetzt wurde
(Ergänzungstatbestand). Die Qualifikationsgruppe 1 ist nach der Anlage 13 zum SGB VI
vorgesehen für Hochschulabsolventen mit Abschluss eines Universitätsstudiums bzw.
Inhaber einer in den Nrn. 1-3 als gleichwertig anerkannten Qualifikation. Im nun zu
behandelnden Zeitraum verfügte der Kläger über eine Formalqualifikation als Absolvent
eines von 1962 bis Juni 1967 berufsbegleitend besuchten Abendtechnikums und hatte die
Prüfung zum "Techniker" bestanden (Zeugnis vom 24.06.1967). Diesem Abschluss nach
stünde ihm für die Zeit vom 01.09.1967 an (höchstens, da für die Folgezeit nicht
ausschließlich Meisterpositionen nachgewiesen sind) die Qualifikationsgruppe 3 (Meister)
zu, nicht dagegen die von der Beklagten schon jetzt anerkannte Qualifikationsgruppe 2 und
erst recht nicht die erstrebte Qualifikationsgruppe 1. Denn in Polen wurden sowohl die
Ausbildung zum Meister sowie auch die Ausbildung zum Techniker als "mittlere
Berufsausbildung" im Sinne der Qualifikationsgruppe 3 bewertet. Der Ausdruck "Techniker"
kennzeichnet in diesem Zusammenhang ein Ausbildungsniveau auf der Stufe der
Meisterqualifikation, die nicht nur in technischen, sondern auch in nicht-technischen
Fachrichtungen erfolgte (BSG, B 4 RA 61/02 R); um Techniker im Sinne des Satzes 1 Nr. 4
der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulausbildung) handelte es sich nicht (BSG, B 4 RA
48/02 R). Berufstechnika in Polen setzten zunächst eine 7-jährige (allgemeine)
Grundbildung voraus; weitere Zugangsvoraussetzungen bildete das Bestehen einer
Aufnahmeprüfung sowie die Vorlage eines Gesundheitszeugnisses. Die Ausbildung selbst
dauerte 4-5, später allgemein 5 Jahre und führte zur Hochschulreife. Der Auftrag dieses
Bildungsweges bestand in der Heranbildung "mittlerer Kader" für viele
Gesellschaftsbereiche (Göring, Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen, berufliche
Bildung und berufliche Qualifikation in der Volksrepublik Polen, herausgegeben vom
Bundesinstitut für Berufsbildung, Seite 35). Mit Übernahme der Meisterposition im
September 1967 und einer Formalqualifikation als Techniker im Sinne des polnischen
Berufsbildungssystemes erfüllte der Kläger daher für die Folgezeit alle Voraussetzungen
des Grundtatbestandes der Qualifikationsgruppe 3. Soweit die Berufstätigkeiten des
Klägers im Anschluss an die Übernahme der ersten Meisterstellung Ansätze für eine
Höherqualifikation im Sinne der "besonderen Berufserfahrung" des
Ergänzungstatbestandes in Anlage 13 Platz 2 böten, wäre dem jedenfalls schon dadurch
entsprochen, dass die Beklagte auch für Zeiten, in denen der Kläger eine Meisterposition
bekleidete, die Qualifikationsgruppe 2 zuerkannt hat. Erst recht gilt dies für die Zeiträume
ab Oktober 1975, in denen der Kläger nach den polnischen Versicherungsnachweisen
Aufgaben als Elektriker-Vorarbeiter, Elektrikmeister, Elektromonteur und Vorarbeiter-
Elektromonteur verrichtet hat, die also eher der Qualifikationsgruppe 4 bzw. 3 zuzuordnen
sind und für die die Beklagte dennoch Qualifikationsgruppe 2 zugestanden hat.
Der Antrag des Klägers zu 2 der Berufungsschrift, die Zeit vom 09.04.1980 bis zum
17.01.1981 in den Wirtschaftsbereich 01 einzuordnen, bleibt erfolglos, weil der Kläger in
diesem Zeitraum nicht für ein Unternehmen tätig war, das diesem Wirtschaftsbereich
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zuzuordnen ist. Der Wirtschaftsbereich der Anlage 14 zum SGB VI richtet sich nach der
Befassung des Betriebes, mit dem ein Arbeitsverhältnis bestand; gehörte der Betrieb zu
einer größeren Unternehmenseinheit, nach deren Befassung (§ 256 B Abs. 1, Sätze 3,4,
Kassler Kommentar - Polster, Band 3, Stand März 2004, RdNrn. 62 ff. m.w.N.). Bestehen
Zweifel bei der Zuordnung, weil mehrere Bereiche in Betracht kommen, ist nach Absatz 1
Satz 5 der Bereich mit dem niedrigsten Durchschnittsverdienst maßgeblich.
Das Unternehmen "H", für das der Kläger seinerzeit Auslandsmontagen verrichtete, firmiert
heute als "BUG H" und gehört der polnischen Erdölförderung und Gaswirtschaft AG
(PGNiG S.A.). Es beschäftigt sich (weiterhin) mit Tief- und Rohrleitungsbau in dem Bereich
Gas, Öl, Wasser, Fernwärme, Edelstahlrohrbau, Stahlbau, Erdbau und Korosionsschutz
(http://www.H.pl). Danach kommt eine Einordnung in den Bereich 11 (Bauwirtschaft) in
Betracht. Die Einordnung in den von der Beklagten im Anschluss an die ausführliche
Vorsprache des Klägers dort zugrundegelegten Bereich 02 (chemische Industrie) ist daher
ebensowenig möglich wie die Zuordnung zu dem vom Kläger gewünschten Bereichen 01
(Energie- und Brennstoffindustrie). Denn beim Schwerpunkt der Tätigkeit im Industriebau,
d.h. der Herstellung der in den beiden anderen Bereichen benötigten Produktionsmittel, fällt
diese Tätigkeit nicht in die vorgenannten Bereiche. Sowohl der Bereich Energie und
Brennstoffindustrie als auch der Bereich chemische Industrie werden durch die
Zugehörigkeit zu einem Produktionsbetrieb definiert (Kassler Kommentar, a.a.O., Rdnrn. 32
ff.). Da die nach der Zuordnung der Beklagten in dem Wirtschaftsbereich 02 zu
berücksichtigenden Entgelte bereits deutlich über den Entgelten in den Wirtschaftsbereich
von 11 und 12 liegen, führt die Einstufung der Beklagten jedenfalls nicht zu einer
Verkürzung von Rechten des Klägers.
Der Antrag des Klägers zu 3. der Berufungsschrift, für die Zeit vom 01.09.1981 bis zum
31.07.1989 keinen generellen Abschlag in Höhe von 40% vorzunehmen, bleibt ohne
Erfolg, weil die Bewertung dieses Zeitraumes der selbständigen Tätigkeit des Klägers nicht
dem DPSVA 1975 sondern alleine dem FRG - Fremdrentengesetz - folgt, innerhalb dessen
die aus fiktiven Beiträgen errechneten Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt
werden (§ 22 Abs. 4 FRG). Eine Bewertung des Zeitraumes von September 1981 bis
31.07.1989 folgt deswegen nicht dem DPSVA 1975, weil diese Zeit keine sogenannte
"Abkommenszeit" ist, d.h. sich nicht auf in Polen zurückgelegte Zeiten in der
Altersversorgung der Arbeitnehmer einschließlich des Versorgungssystems für Bergleute
und Eisenbahner bezieht: Nur aus diesen Systemen stammende Zeiten werden durch das
DPSVA unmittelbar erfasst (BSG, Urteil vom 28. Februar 1991, - 4 RA 20/90 - m.w.N.).
Allerdings können auch die vom Kläger in der Versicherung für selbständige Handwerker
zurückgelegten Zeiten nach polnischem Rentenversicherungsrecht "anrechenbare" bzw.
"hinzurechenbare" Zeiten sein. Denn nach Artikel 10 Abs. 1 Nr. 15 des (polnischen)
Gesetzes vom 23. Januar 1968 über die allgemeine Pensionsversorgung der Arbeitnehmer
und ihrer Familien bzw. nach Artikel 13 Abs. 3 Nr. 5 des Gesetzes über die
Rentenversorgung der Arbeitnehmer und ihrer Familien vom 14. Dezember 1982 werden
Zeiten in bestimmten Sondersystemen wie dem der Handwerkerversicherung bei den
Beschäftigungszeiten angerechnet bzw. ihnen hinzugerechnet. Voraussetzung für die
Hinzurechenbarkeit dieser in dem Sondersystem der Handwerkerversicherung
zurückgelegten Zeiten im Rahmen der gesetzlichen Arbeitnehmer-Altersversorgung in
Polen ist aber stets, dass der Berechtigte zuletzt vor der Auswanderung einem
Arbeitnehmersystem angehört hat (BSG, a.a.O., m.w.N.). Dies ist beim Kläger nicht der Fall,
da er bis zuletzt vor der Ausreise selbständig tätig war. Der wegen der möglichen
Verkürzungen von Bundesgebietsbeitragszeiten des Klägers durch die Anwendung des
Faktors aus § 22 Abs. 4 FRG entstehenden Problematik (Vorlagebeschlüsse des 4. BSG-
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Senates an das Bundesverfassungsgericht, Az. dort: 1 Bvl 9/00, 11/00, 12/00, 5/01, 10/04;
parallel: 1 BvR 718/97, 743/00, 932/00) haben die Beteiligten durch Abschluss eines
Teilvergleiches in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Rechnung getragen.
Der Antrag des Klägers zu 4. der Berufungsschrift, für die Zeit vom 01.02.1971 bis zum
09.11.1975 keine Abschläge bei der Vollzeitbeschäftigung neben der Teilzeitbeschäftigung
(Halbzeitbeschäftigung) vorzunehmen, bleibt ohne Erfolg. Wie im binnenstaatlichen
Rentenrecht werden auch im Fremdrentenrecht über der Bemessungsgrenze liegende
Beiträge nicht berücksichtigt (hier: § 256b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der
Hauptsache. Ein Anlass zur Zulassung der Revision durch den Senat nach § 160 Abs. 2
SGG besteht nicht.