Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.09.2007

LSG NRW: ernährung, sozialhilfe, alkohol, fürsorge, zivilprozessordnung, erstellung, mehrbelastung, rechtskraft, diät, datum

Landessozialgericht NRW, L 20 B 96/07 SO ER
Datum:
12.09.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 20 B 96/07 SO ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 19 SO 105/07 ER
Sachgebiet:
Sozialhilfe
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Detmold vom 09.08.2007 werden zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
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Die Beschwerden des Antragstellers vom 16.08.2007, denen das Sozialgericht mit
Beschluss vom 16.08.2007 nicht abgeholfen hat, sind unbegründet.
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I. Das Sozialgericht hat es mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht abgelehnt, die
Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen (Regelungs-) Anordnung gemäß § 86b Abs.
2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger
Ernährung zu gewähren. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen
Beschluss wird Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Die
Beschwerdebegründung rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht. Ein
Anordnungsanspruch ist zumindest fraglich. Im Hauptsacheverfahren S 19 SO 73/06 ist
ein Befundbericht des behandelnden Allgemeinmediziners O aus I angefordert worden.
Im Befundbericht vom 29.01.2007 ist u.a. ausgeführt:
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" Da keine absolute Eiweißdiät eingehalten werden muss, kann man nur von einer
geringen Mehrbelastung des häuslichen Budget ausgehen. Kohlenhydrate sind
durchaus weiterhin indiziert, die über preiswerte Grundnahrungsmittel Nudel etc.
zugeführt werden können".
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Die im Hauptsacheverfahren durch den Antragsteller vorgelegten ärztlichen Unterlagen
- auch des Arztes O - datieren sämtlich aus einer Zeit vor Erstellung des Befundberichts
und belegen einen tatsächlichen Mehrbedarf nicht.
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Die zwischen den "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der
Sozialhilfe", Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge (2. Aufl. 1997) (Empfehlungen), die für eine Leberinsuffizienz wegen
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eiweißdefinierter Kost einen Mehrbedarf vorsehen, und dem "Begutachtungsleitfaden für
den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung"" einer
Arbeitsgruppe von Ärztinnen und Ärzten aus dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe
(auf die sich die durch die Antragsgegnerin veranlasste Stellungnahme der
amtsärztlichen Begutachtungsstelle vom 27.12.2005 bezieht), die für
Lebererkrankungen eine besondere Krankenkost nicht für erforderlich halten, da durch
das Weglassen von Alkohol und die Vermeidung eines erhöhten Eiweißkonsums oder
aber eiweißdefinierte Kost mit Verringerung des Verzehrs von Fleisch und
Milchprodukten Mehrkosten nicht enstehen, bestehende Differenz ist im vorliegenden
Eilverfahren nicht zu klären.
Angesichts der Ausführungen des Arztes O kann und muss die abschließende Klärung
dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, in dem auch darüber zu befinden sein
wird, ob mit Blick auf die Gesetzesbegründung (BT-Drs 15/1516, S. 57) den
Empfehlungen des Deutschen Vereins typisierender Charakter ggf. sogar im Sinne
eines antizipierten Sachverständengutachtens beizumessen ist (Behrend in: jurisPK-
SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr. 46).
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II. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass das Sozialgericht auch den
Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht
im Sinne des § 73a SGG, 114 Abs. 1 ZPO zu Recht abgelehnt hat.
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III. Auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren scheidet
damit aus.
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1
SGG bzw. § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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