Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.06.2007

LSG NRW: abrechnung, einwilligung des patienten, versorgung, konkretes rechtsverhältnis, behandlung, feststellungsklage, erstellung, leistungserbringer, beeinflussung, datenverarbeitung

Landessozialgericht NRW, L 11 KA 110/06
Datum:
13.06.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 11 KA 110/06
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 14 KA 78/05
Sachgebiet:
Vertragsarztangelegenheiten
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 30.08.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt
auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird
zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin die Abrechnung von ambulanten
Notfallbehandlungen gesetzlich Versicherter in ihrem Krankenhaus mit Hilfe der zu 1)
beigeladenen GmbH vornehmen darf.
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Die Klägerin ist Trägerin des Klinikums X. Zur Abrechnung ambulanter
Notfallbehandlungen gesetzlich Versicherter in den Kliniken bedient sich die Klägerin
bzw. ihre Rechtsvorgängerin seit Januar 1997 der beigeladenen PriA Dienstleistungen
im Gesundheitswesen GmbH (im Folgenden: PriA). Mit Schreiben vom 14.03.1997 hatte
das Klinikum der Beklagten mitgeteilt, es sei beabsichtigt, die Notfallscheine ab sofort
über die PriA einreichen zu lassen. Die zuständige Bezirksstelle der Beklagten bat
zunächst um nähere Angaben zur Einhaltung des Datenschutzes und teilte dann mit
Schreiben vom 14.07.1997 mit, es sei dem Klinikum unbenommen, die Abrechnung der
Notfallscheine unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen durch die PriA
vornehmen zu lassen. Die Verantwortung für die Richtigkeit und die Wirtschaftlichkeit
der abgerechneten Leistungen liege aber allein bei der Klägerin. Es müsse daher darauf
bestanden werden, dass sie auf dem Abrechnungsformular die Gesamtaufstellung
selbst unterzeichne.
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Die Klägerin nimmt die Abrechnung über die Beigeladene zu 1) nur dann vor, wenn der
Patient seine Einwilligung zur Weiterleitung der Daten an die Beigeladene zu 1) erteilt
hat. In dem dazu eingesetzten Formular werden die Patienten auf den Zweck der
Erklärung hingewiesen und ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass die
Einwilligung widerruflich ist: Wegen der Einzelheiten der Einwilligungserklärung wird
auf Bl. 38 GA Bezug genommen. Patienten, die zu ambulanten Notfallbehandlungen
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das Klinikum aufsuchen, werden in das Patientenmanagementsystem aufgenommen.
Dabei wird der Notfallschein ausgedruckt und vom Patienten, soweit er dazu in der Lage
ist, unterschrieben. Gleichzeitig wird dem Patienten die Einverständniserklärung zur
Weiterleitung der Daten zwecks Abrechnung zur Unterschrift vorgelegt. Die
Notfallscheine werden regelmäßig wöchentlich durch einen Fahrdienst von der
Beigeladenen zu 1) in einer verschließbaren Hülle abgeholt. Soweit die Notfallscheine
keine Gebührenziffern enthalten, werden den Leistungsbeschreibungen von - nicht
ärztlichen - Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) die einschlägigen Gebührenziffern des
EBM zugeordnet. Die Mitarbeiter werden dabei durch den ärztlichen Dienst der
Beigeladenen zu 1) geschult und unterstützt. Die Klägerin hat via Internet über einen
geschützten Kundenbereich Zugriff auf die aktuelle laufende Abrechnung. Auf diesem
Weg werden Unstimmigkeiten der Abrechnung zwischen der Klägerin und der
Beigeladenen zu 1) geklärt. Zum Quartalsende wird von der Beigeladenen zu 1) die
vom zuständigen Mitarbeiter der Klägerin online eingesehene und gebilligte
Abrechnung erstellt und per Diskette der Klägerin zugeleitet. Diese übersendet die
Diskette zusammen mit der vom zuständigen Mitarbeiter der Klägerin unterzeichneten
Erklärung über die ordnungsgemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen
("Sammelerklärung") an die Beklagte.
Die Beklagte teilte etwa seit der 2. Hälfte des Jahres 2004 allen Krankenhausträgern
und ermächtigten Krankenhausärzten, die die Dienste der Beigeladenen zu 1) in
Anspruch nehmen, mit, die Abrechnung durch ein privates Dienstleistungsunternehmen
sei nicht möglich. § 295 Abs. 1 Nr. 2 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei
dahingehend auszulegen, dass die Abrechnungslegung unmittelbar zwischen Arzt und
Kassenärztlicher Vereinigung (KV) zu erfolgen habe. Auch Genehmigungen zur
Abrechnung mittels Datenträger können ausschließlich Mitgliedern der KV erteilt und
von diesen genutzt werden. Auch die Erklärung in der sogenannten Sammelerklärung
weise aus, dass die Abrechnung vom Leistungserbringer selbst durchzuführen sei. Da
der Arzt bestätigen müsse, dass die von ihm zur Abrechnung gestellten Leistungen
durchgeführt worden seien, könne die Erklärung bei einer Abrechnung über eine
Drittfirma nicht mehr mit der Gewähr auf vollständige inhaltliche Richtigkeit abgegeben
werden. Eine entsprechende Mitteilung erfolgte gegenüber der Klägerin mit Schreiben
vom 10.12.2004, wobei sie zunächst schon zur Beachtung bei der Abrechnung für das
Quartal IV/2004 aufgefordert wurde. Nach weiterer Korrespondenz teilte dann die
Beklagte mit Schreiben vom 02.02.2005 mit, sie werde die Abrechnungslegung für das
Quartal IV/2004 "in der gewohnten Weise" durchführen, jedoch eine durch die PriA
erstellte Abrechnung für das Quartal I/2005 zurückweisen.
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Die Klägerin hat daraufhin im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung
der Beklagten erwirkt, bis zur endgültigen Klärung durch ein Hauptsacheverfahren die
mit Hilfe der Beigeladenen zu 1) erstellten Abrechnungsunterlagen für ambulante
Notfallbehandlungen entgegenzunehmen und durch Honorarbescheide abzurechnen
(Beschluss des SG Düsseldorf vom 22.04.2005; Senatsbeschluss vom 13.09.2005 - L
11 B 16/05 KA ER). In seinem Beschluss hat der Senat ausgeführt, weder dem SGB V
noch dem Honorarverteilungsvertrag (HVV) der Beklagten könne entnommen werden,
dass die Erstellung der Abrechnung nicht Dritten übertragen werden könne, so lange
der Leistungserbringer die Sammelerklärung unterzeichne und damit die Verantwortung
für die Leistungserbringung und -abrechnung übernehme.
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Mit Wirkung vom 01.01.2006 ist § 4 HVV der Beklagten, der die Abrechnungslegung
regelt, in Nr. 1 um einen Abs. 2 ergänzt worden. Dieser lautet: "Die Rechnungslegung ist
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persönlich - ohne die Einschaltung von Dritten, insbesondere sogenannten
Verrechnungsstellen - vorzunehmen. Die Einschaltung Dritter ist soweit und so lange
unzulässig, wie eine gesetzliche Grundlage fehlt, von den Versicherten der gesetzlichen
Krankenversicherung die erforderliche Einwilligung zur Datenweitergabe verlangen zu
dürfen und die in § 73 Abs. 1 b) SGB V zum Ausdruck gelangte informationelle
Selbstbestimmung zu beachten ist. Letzteres schließt es aus, eine entsprechende
Erklärung bei der Behandlung zu erlangen oder - wegen der Gefahr einer Beeinflussung
- auf freiwilliger Basis anzuregen und entgegenzunehmen. Die auf Grund unzulässiger
Datenverarbeitung erstellte Abrechnung darf nicht verwendet werden und wird
zurückgewiesen."
Mit der am 04.05.2005 erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass
die Beklagte verpflichtet ist, die von der PriA in ihrem Auftrag eingereichten
vertragsärztlichen Abrechnungen entgegenzunehmen und mit Abrechnungsbescheiden
abzurechnen. Die Feststellungsklage sei zulässig, da Zweifel daran bestünden, dass es
sich bei dem Schreiben vom 02.02.2005 um einen Verwaltungsakt handele. Die
Einschaltung der PriA sei zulässig, denn § 13 10. Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)
räume die Möglichkeit ein, sich eines Vertreters oder Beistandes zu bedienen. § 120
Abs. 1 Satz 3 SGB V zeige, dass die Abrechnung nicht unmittelbar durch den an der
vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt erfolgen müsse. Aus § 295 Abs. 1
SGB V ergebe sich entgegen der Auffassung der Beklagten kein Ausschluss der
Möglichkeit einer Bevollmächtigung.
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Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, es gebe im SGB V keine
Rechtsgrundlage dafür, vom Patienten eine Einverständniserklärung zur Weitergabe der
Daten an die PriA zu verlangen. Der Versicherte habe einen Behandlungsanspruch
gegen den an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Leistungserbringer, der
nicht von seiner Unterschrift oder die Erklärung abhängig gemacht werden dürfe. Ferner
sei nach § 294 SGB V eine Datenweiterleitung nur an die gesetzlich vorgeschriebenen
Stellen zulässig. Dazu zählten private Abrechnungsstellen nicht. Die §§ 284 ff. SGB V
sähen auch nicht vor, dass Privatorganisationen berechtigt seien, Sozialdaten zu
speichern oder zu verwenden. Aus § 295 Abs. 1 SGB V ergebe sich, dass der
Austausch der Abrechnungsunterlagen unmittelbar zwischen Arzt und KV zu erfolgen
habe. Unabhängig davon habe das LSG NRW im Urteil vom 27.11.1991 (L 11 KA
100/90) entschieden, dass die KV und die Landesverbände der Krankenkassen
gesamtvertraglich vereinbaren könnten, dass private Abrechnungsgesellschaften von
der Abrechnungserstellung ausgeschlossen seien. Dieses Recht ergebe sich aus dem
Sicherstellungs- und Gewährleistungsauftrag nach § 75 SGB V. In § 4 Nr. 1 HVV habe
sie von dieser Befugnis Gebraucht gemacht.
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Mit Urteil vom 30.08.2006 hat das Sozialgericht antragsgemäß die Verpflichtung der
Beklagten festgestellt, Abrechnungen durch die PriA entgegenzunehmen. Die
Feststellungsklage sei zulässig, da wegen der Ankündigung der Beklagten, künftig die
Rechnungslegung durch die PriA zurückweisen zu wollen, sich die Rechtsbeziehung
zwischen der Klägerin und der Beklagten zu einem streitigen Rechtsverhältnis
"verdichtet" habe. Die Beklagte sei nicht berechtigt, Abrechnungsunterlagen der
Klägerin, die diese von der PriA bearbeiten lasse, zurückzuweisen. Für die zum
01.01.2006 eingeführte Regelung in § 4 Nr. 1 HVV gibt es keine gesetzliche Grundlage.
§ 73 Abs. 1 b) SGB V könne nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, dass
die Einholung einer Einverständniserklärung des Versicherten zur Weitergabe der
Daten einer gesetzlichen Grundlage bedürfe. Nichts anderes gelte für die §§ 294, 295
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SGB V. Die Vorschriften konkretisierten lediglich den Inhalt der für die Abrechnung
erforderlichen Leistungsaufzeichnungen. Sie bewirkten lediglich eine gesetzliche
Einschränkung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Versicherten und
stellten die gesetzliche Legitimation der Krankenkassen und der KV dar, die für die
Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Angaben von den Leistungserbringern
herausverlangen zu können. § 67 b SGB X zeige, dass für die Datenweitergabe neben
einer gesetzlichen Ermächtigung auch eine persönliche Einwilligung des Betroffenen
möglich sei. Die streitige Regelung werde auch von § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht
gedeckt. Der Entscheidung des LSG NRW vom 27.11.1998 habe ein anderer
Sachverhalt zu Grunde gelegen, da in dem dort entschiedenen Fall der betroffene
Zahnarzt seine Honorarforderung an eine private Abrechnungsgesellschaft verkauft
habe, während es hier allein um die Erstellung der Quartalsabrechnung durch einen
beauftragten Abrechnungsservice gehe. Unabhängig davon könne sich die Kammer
auch der Auffassung des LSG NRW nicht anschließen. Die Regelung des § 120 Abs. 1
Satz 3 SGB V zeige, dass die Erstellung der Abrechnung durch Dritte dem SGB V nicht
fremd sei. Es bestünden daher keine durchgreifenden Bedenken gegen die
Einschaltung privater Verrechnungsstellen in die Abrechnungslegung. Für die Annahme
der in § 4 Nr. 1 HVV geäußerten Gefahr einer Beeinflussung der Versicherten seien
keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die verwendete Einverständniserklärung sei
zurückhaltend formuliert und entspreche in Aufbau und Inhalt vergleichbaren
Erklärungen zur privatärztlichen Abrechnung. Sie weise ausdrücklich auf die
Möglichkeit eines Widerrufs des Einverständnisses hin und gebe in keiner Weise zu
erkennen, dass die Durchführung der Behandlung von einem Einverständnis in die
Datenweitergabe abhängig gemacht werde. Zudem sei gewährleistet, dass der
Sinngehalt der sogenannten Sammelerklärung nicht ausgehöhlt werde. Es sei
gewährleistet, dass die Klägerin die Sammelerklärung erst nach Überprüfung der
Abrechnung unterschreibe und somit die Gewähr für eine peinlich genaue sowie
ordnungsgemäße Abrechnung übernehme.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, dass
eine Abrechnungserstellung unter Mitwirkung der Beigeladenen zu 1) unzulässig sei. In
der Entscheidung vom 27.11.1991 habe das LSG NRW anerkannt, dass die
gesetzlichen Krankenkassen und die KVen das Recht hätten, private
Verrechnungsstellen von der Abrechnungserstellung auszuschließen. Von diesem sich
aus § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergebenden Recht habe sie in § 4 Nr. 1 HVV Gebrauch
gemacht. Nach dieser Bestimmung sei die Rechnungslegung durch den Arzt persönlich
ohne Einschaltung Dritter vorzunehmen. Für die vom Patienten geforderte
Einverständniserklärung zur Weitergabe der Behandlungsdaten sei eine gesetzliche
Grundlage notwendig. Das ergebe sich bereits aus dem Sachleistungsprinzip, denn die
Inanspruchnahme der vertragsärztlichen Leistungen müsse für die Versicherten ohne
weitere Bedingungen möglich sein. Dies zeige auch die Vorschrift des § 73 Abs. 1 b)
SGB V. Offenbar sehe die Klägerin selbst die Einholung der Einverständniserklärung
als Voraussetzung für die Durchführung der ärztlichen Behandlung an, da diese
ansonsten von ihr nicht eingefordert würde. Es sei jedoch unzulässig, ohne gesetzliche
Ermächtigung die Einverständniserklärung zur Bedingung für das Zustandekommen des
Behandlungsvertrages zu machen. Soweit das Sozialgericht auf § 120 Abs. 1 Satz 3
SGB V verweise, handele es sich um eine nicht verallgemeinerungsfähige
Ausnahmeregelung. Wenn die Klägerin nicht in der Lage sei, Abrechnungen selbst zu
erstellen, wie sie in dem einstweiligen Anordnungsverfahren vorgetragen habe, stelle
sich die Frage, ob sie die Erklärungen über die Versicherung der vollständigen
korrekten Abrechnung überhaupt abgeben könne.
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Die Beklagte beantragt,
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Beweis zu erheben durch eine sachverständige Beurteilung der hier streitigen
datenschutzrechtlichen Problematik durch die Landesdatenschutzbeauftragte Frau T,
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im Übrigen, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.08.2006 abzuändern und
die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie meint, § 4 Nr. 1 HVV komme kein Regelungsgehalt zu, da die Beklagte damit ein
ohnehin mangels entgegenstehender Rechtsnorm rechtmäßiges Verhalten nur von
einer weiteren zusätzlichen Billigung durch das Gesetz abhängig mache. Unabhängig
davon treffe § 4 Nr. 1 HVV keine Regelung zur Vergütung und Abrechnung im Sinne
von § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V, so dass sich die Beklagte nicht auf diese Norm berufen
könne. Eine Abrechnung unter Mitwirkung der PriA widerspreche auch nicht dem
Grundprinzip der ärztlichen Abrechnung. Grundsätzlich dürfe sich jeder Vertragsarzt zur
Erstellung seiner Abrechnung Mitarbeiter bedienen, so dass es letztlich keinen
wesentlichen Unterschied mache, ob die Bearbeitung der Abrechnung durch angestellte
Mitarbeiter oder durch die PriA erfolge. Die Argumentation der Beklagten zum
Sachleistungsprinzip gehe fehl, da selbstverständlich die Behandlung nicht davon
abhängig gemacht werde, dass zuvor das Einverständnis mit der Weitergabe der Daten
an die PriA erklärt werde. Auch die Bedenken der Beklagten bezüglich der Erklärung
über die Versicherung der vollständigen und korrekten Abrechnungslegung gingen ins
Leere, da sie - die Klägerin - über die notwendigen Kenntnisse zur Kontrolle der
Abrechnungen verfüge,und lediglich kein Personal zur Erstellung der Abrechnungen
vorhanden sei.
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Die Beigeladene zu 1) schließt sich dem Antrag der Klägerin an.
18
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des
Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen Streitakte verwiesen, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
20
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat zu Recht
festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, Abrechnungen der Klägerin von
ambulanten Notfallbehandlungen gesetzlich Versicherter, die mit Hilfe und unter
Mitwirkung der Beigeladenen zu 1) erstellt worden sind, entgegenzunehmen und
abzurechnen.
21
I.
22
Die Klage ist als Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
zulässig. Mit der Feststellungsklage kann die Feststellung des Bestehens oder
Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein
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berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein Rechtsverhältnis in diesem
Sinne sind Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen,
die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer (öffentlich-rechtlichen) Norm
für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache
ergeben (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 55 Randnr. 4).
Zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehen Rechtsbeziehungen, die sich aus
der Teilnahme der Klägerin an der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der
Notfallbehandlungen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) ergeben. Die Klage betrifft auch ein
konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 55 SGG, nämlich die Frage, wie die sich
Quartal für Quartal wiederholenden Abrechnungen zu bewerkstelligen sind. Auf Grund
der Schreiben der Beklagten vom 10.12.2004 und 02.02.2005 ist streitig, ob diese
Abrechnungen wie in der Vergangenheit mit Hilfe der Beigeladenen zu 1) erstellt und
eingereicht werden können. Damit haben sich die Rechtsbeziehungen zwischen der
Klägerin und der Beklagten zu einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis "verdichtet".
Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage ist unerheblich, ob der Erfolg der Klage von
der Gültigkeit der zum 01.01.2006 eingeführten Regelung in § 4 Ziffer 1 Abs. 2 HVV
abhängt. Diese Ergänzung des HVV ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, da der
maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer
Feststellungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist (Keller, a. a. O.
Randnr. 20 a). Insoweit geht es aber nicht um die abstrakte Klärung der Gültigkeit dieser
Vorschrift, sondern um die Frage der Anwendung der Bestimmung auf einen konkreten,
sich vierteljährig wiederholenden Sachverhalt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 32).
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Das erforderliche Feststellungsinteresse ist zu bejahen. Weder das Schreiben vom
10.12.2004 noch das Schreiben vom 02.02.2005 sind Verwaltungsakte im Sinne des §
31 10. Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), denn die Beklagte trifft keine verbindliche
Regelung, sondern teilt nur ihre Rechtsauffassung mit und kündigt ein künftiges
Verhalten an. Eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) wäre somit nicht zulässig.
Durch die erhobene Feststellungsklage kann auch losgelöst von konkreten
Abrechnungen Klarheit über die Rechtslage geschaffen werden, so dass die Klägerin
nicht darauf zu verweisen ist, Abrechnungen unter Mitwirkung der Beigeladenen zu 1)
einzureichen und dann gegen eine evtl. Zurückweisung vorzugehen. Zudem kann
wegen des Status der Beklagten als öffentlich-rechtliche Körperschaft davon
ausgegangen werden, dass sie auch eine nicht vollstreckungsfähige Entscheidung
beachten wird, so dass auch durch die Feststellungsklage eine endgültige Klärung der
Rechtslage erfolgen kann.
25
II.
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Die Beklagte darf nicht Abrechnungen ambulanter Notfallbehandlungen von gesetzlich
versicherten Patienten, die die Klägerin durch die Beigeladene zu 1) erstellen lässt,
zurückweisen. Eine solche Berechtigung ergibt sich weder aus Bestimmungen des SGB
V (1) noch kann sich die Beklagte insoweit auf § 4 Nr. 1 Abs. 2 HVV stützen (2).
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1. Aus den §§ 284 ff. SGB V lässt sich nicht herleiten, dass eine mit Einwilligung des
Patienten vorgenommene Weitergabe von Behandlungsdaten unzulässig ist. §§ 284,
285 SGB V bestimmen nur, welche Daten die Krankenkassen bzw. KVen erheben und
speichern dürfen. Nichts Anderes gilt für § 294 SGB V bzw. § 295 SGB V: § 294 SGB V
regelt die Pflicht aller am Versorgungssystem beteiligter Leistungserbringer zur
Mitteilung der für die Aufgabenerfüllung der Krankenkassen bzw. KVen erforderlichen
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Angaben. Zu dieser Offenbarung personenbezogener Daten sind die Leistungserbringer
unabhägig von einer Einwilligung der betroffenen Patienten gesetzlich verpflichtet (vgl.
Kranig in Hauck/Noftz, SGB V, § 294 Randnr. 2; Krauskopf/Waschull, Soziale
Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 294 SGB V Randnr. 3). § 295 SGB V
betrifft die die Ärzte unmittelbar betreffenden Aufzeichnungs-, Vorlage- und
Übermittlungspflichten und konkretisiert die insoweit die die Ärzte treffenden
Verpflichtungen. Aus dem Umstand, dass das SGB V spezielle gesetzliche Regelungen
für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung (s. die Begriffsbestimmung in § 67 Abs. 6
SGB X) und Nutzung (§ 67 Abs. 7 SGB X) unabhägig von einer Einwilligung der
Versicherten getroffen hat, lässt sich nicht herleiten, dass daneben eine
Datenweitergabe mit Einwilligung des Betroffenen nicht zulässig wäre. Mit Recht hat
das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass sich die datenschutzrechtliche Zulässigkeit
der Datenverarbeitung sowohl aus einer gesetzlichen Erlaubnis (also den genannten
Bestimmungen) als auch einer Einwilligung des Betroffenen ergeben kann (vgl. § 67 b
Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz). Vorschriften des SGB V
stehen somit einer Erstellung der Abrechnung durch Dritte nicht entgegen, wenn die
Datenweitergabe mit Einwilligung der Versicherten erfolgt.
2. § 4 Nr. 1 Abs. 2 HVV in der seit dem 01.01.2006 geltenden Fassung schließt
allerdings ausdrücklich eine Rechnungslegung durch Dritte, insbesondere durch
Verrechnungsstellen ausdrücklich aus, sofern eine gesetzliche Grundlage für eine
Einwilligung in die Datenweitergabe nicht besteht. Da auch die Versorgung der
Versicherten bei Notfällen im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V durch nicht an der
vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte und Krankenhäuser der
kassenärztlichen Versorgung zuzurechnen ist (s. auch § 2 Abs. 2 Nr. 4
Bundesmantelvertrag-Ärzte) unterliegen jedenfalls Krankenhäuser wie das der Klägerin,
die regelmäßig und in erheblichem Umfang Notfallbehandlungen erbringen, den das
Abrechnungsverfahren einer KV betreffenden Bestimmungen (vgl. BSG SozR 2200 §
368 d Nr. 5). Somit könnte grundsätzlich auch der Klägerin eine wirksame, die
Einschaltung Dritter bei der Abrechnung ausschließende Regelung entgegengehalten
werden.
29
§ 4 Nr. 1 Abs. 2 HVV ist aber unwirksam, für die getroffene Regelung fehlt es an einer
Ermächtigungsgrundlage.
30
a) § 85 Abs. 4 Satz 1, 2 SGB V erlaubt zwar auch die Regelung von Sachverhalten im
HVV, die mit der Honorarverteilung in Zusammenhang stehen. Hierzu zählen alle
Regelungen, die Form und Zeitpunkt der Vorlage der Abrechnung betreffen (BSG SozR
4-2500 § 85 Nr. 19; Engelhardt in Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Randnr. 161 f.). Die in
Frage stehende Bestimmung steht aber nicht in diesem Zusammenhang, denn für die
ordnungsgemäße Verteilung der Gesamtvergütung ist es nicht von Bedeutung, ob die
Abrechnung mit Hilfe eines Dritten erstellt worden ist.
31
b) Auch aus der in § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V normierten Sicherstellungs- und
Gewährleistungspflicht ergibt sich nicht die Befugnis für die getroffene Regelung. Die
Beklagte hat zu gewährleisten, dass die vertragsärztliche Versorgung nach Maßgabe
der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen frei von Mängeln durchgeführt wird.
Dies betrifft sowohl die ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen als auch deren
Abrechnung (Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, § 75
Randnr. 20; KassKomm/Hess § 75 SGB V Randnr. 9). Zu den wesentlichen
Erfordernissen der vertragsärztlichen Versorgung gehört insbesondere die sorgfältige
32
und wahrheitsgemäße Abrechnung der Leistungen, die deshalb von der KV zu
gewährleisten ist (vgl. BSG SozR 2200 § 368 f. Nr. 11). Es gibt jedoch keine
gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen, die der Einschaltung Dritter bei der
Abrechnung entgegenstehen und ebenso wenig ist ersichtlich, dass die
Ordnungsgemäßheit der Abrechnung dadurch gefährdet wäre.
aa) Wie bereits dargelegt, lässt sich den §§ 284 f. SGB V, insbesondere § 295 SGB V,
nichts dafür entnehmen, dass eine mit Einwilligung des Patienten vorgenommene
Datenweitergabe unzulässig wäre. Weshalb sich aus § 73 Abs. 1 b SGB V ergeben soll,
dass eine Datenverarbeitung mit Einwilligung des Patienten einer gesetzlichen
Grundlage bedarf, erschließt sich dem Senat nicht. Die Vorschrift regelt die Erhebung
und den Austausch von Daten im System der hausärztlichen und fachärztlichen
Versorgung. Sie ermöglicht zum Einen mit der Einräumung einer Erhebungsbefugnis
des Hausarztes und der Übermittlungspflichten der Leistungserbringer die hausärztliche
Dokumentation und erlaubt zum Anderen den Datenaustausch zwischen den mit- und
weiterbehandelnden Ärzten und sonstigen Leistungserbringern (vgl. GKV-
Kommentar/Orlowski, § 73 Randnr. 10). Schon in der durch das
Gesundheitsstrukturgesetz (Gesetz vom 21.12.1992, BGBl I, 2266) zum 01.01.1993
eingeführten Fassung war die Norm auf den Datenschutz zu Gunsten der Versicherten
ausgerichtet und erlaubte die Datenerhebung und -übermittlung nur mit Einverständnis
des Versicherten. Mit der Neufassung der Vorschrift durch Art. 1 Nr. 29 GKV-
Gesundheitsreformgesetz 2000 (Gesetz vom 22.12.1999, BGBl I, 2626) ist lediglich den
Bedenken des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, der eine jederzeit widerrufliche
schriftliche Einigung für erforderlich gehalten hätte (vgl. BT-Drucksache 14/1977, 163),
Rechnung getragen worden. Aus der vorgenommenen Neufassung lässt sich allenfalls
entnehmen, dass die Einwilligungserklärung des Patienten schriftlich erteilt werden und
widerruflich sein muss. Dem trägt aber die hier verwendete Einwilligungserklärung
Rechnung. Weitergehende Schlüsse lassen sich aus § 73 Abs. 1 b SGB V nicht ziehen,
insbesondere gibt die Vorschrift nichts für die Annahme her, alle Fälle einer
Datenverarbeitung mit Einwilligung des Versicherten müssten ausdrücklich gesetzlich
geregelt werden.
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bb) Ebenso wenig lässt sich dem Sachleistungsprinzip entnehmen, dass ohne
gesetzliche Ermächtigung eine Einverständniserklärung für die Weitergabe von Daten
nicht eingeholt werden kann. Das Sachleistungsprinzip besagt nur, dass die
Krankenkassen den Versicherten die als Sach- und Dienstleistungen geschuldeten
Sozialleistungen der GKV (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zur Verfügung zu stellen hat (§ 2
Abs. 1 Satz 1 SGB V). Dies bedeutet, dass die Versicherten für sie kostenfrei (von
Zuzahlungen abgesehen) die Leistungen "in Natur" erhalten.
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Insoweit ist es zwar richtig, dass die Inanspruchnahme aller Leistungen, also auch der
ärztlichen Leistungen, ohne weitere Bedingungen erfolgen können muss und es ist auch
weiter zutreffend, dass die Klägerin, wenn sie im Rahmen des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V
an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, die Behandlung nicht von der
vorherigen Unterzeichnung der Einwilligungserklärung abhängig machen darf. So
verfährt aber die Klägerin auch nicht, sie hat vielmehr eindeutig bekundet, dass
Behandlungen unabhägig von der Bereitschaft zur Unterzeichnung der Erklärung
durchgeführt werden, macht also entgegen den - eher spekulativen - Ausführungen der
Beklagten die Unterzeichnung der Erklärung nicht zur Bedingung für das
Zustandekommen des Behandlungsvertrages. Ohnehin wird es in vielen Fällen einer
dringenden Behandlung, insbesondere bei Notfallhandlungen nach Unfällen, vor
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Durchführung der Behandlung gar nicht möglich sein, die Einverständniserklärung des
Versicherten einzuholen. Die Bedenken der Beklagten wegen einer angeblichen
Verletzung des Sachleistungsprinzips gehen also ins Leere.
Bei einer nachträglichen Unterzeichnung der Einverständniserklärung kann es jedoch
nicht zu der in der fraglichen Regelung des HVV angesprochenen "Gefahr einer
Beeinflussung" kommen. Ohnehin sind diese Ausführungen im HVV nicht schlüssig: Ob
eine gesetzliche Regelung für eine freiwillige Einverständniserklärung - wie etwa in § 73
Abs. 1 b SGB V - besteht oder nicht, ist für die Frage der "Beeinflussung" irrelevant.
Auch ein Hausarzt darf seine Behandlung nicht von der Erteilung der Einwilligung in die
Datenerhebung abhängig machen. Wenn er den Versicherten um die Einwilligung zur
Erhebung der Daten bei den anderen Leistungserbringern bittet, ist der Versicherte in
der gleichen Situation, wie wenn ihn die Klägerin um die Einwilligung zur Weitergabe
der Daten an die PriA bittet. Zutreffend hat das Sozialgericht in diesem Zusammenhang
darauf hingewiesen, dass auch die Formulierung der Erklärung keine Bedenken wegen
einer "Beeinflussung" der Versicherten rechtfertigt.
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cc) Die ordnungsgemäße Abrechnung der erbrachten Leistungen durch die Klägerin ist
durch die Einschaltung der Beigeladenen zu 1) nicht in Frage gestellt.
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Allerdings ist ein Vertragsarzt zur peinlich genauen Abrechnung verpflichtet und
insoweit der KV persönlich verantwortlich. Aus diesem Grund wird von ihm mit der
sogenannten Sammelerklärung die Versicherung verlangt, dass die Abrechnung
ordnungemäß und vollständig unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes erfolgt ist.
Diese Verantwortung des Arztes besteht jedoch auch dann, wenn ein Dritter nur die
"technische" Aufbereitung der Abrechnungsunterlagen vornimmt und der Arzt für dessen
Handeln die Verantwortung übernimmt. Die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1)
"übersetzen" lediglich die Leistungsbeschreibungen auf den
Notfallbehandlungsscheinen in die EBM-Ziffern. Dabei kann die Klägerin jederzeit über
den Online-Zugriff Korrekturen anbringen. Vor allem muss sie vor Quartalsende die so
durch die Beigeladene zu 1) erstellte Abrechnung billigen. Erst danach wird die
Quartalsabrechnung von der Beigeladenen zu 1) abgeschlossen und der Klägerin per
Diskette zugeleitet. Wenn die Klägerin dann diese Diskette zusammen mit der von dem
zuständigen Mitarbeiter unterzeichneten Sammelerklärung an die Beklagte sendet,
übernimmt sie in vollem Umfang die Gewähr für eine peinlich genaue und
ordnungsgemäße Abrechnung, so dass die Bedeutung der Sammelerklärung nicht in
Frage gestellt ist. Ob dabei die Erklärung von dem zuständigen kaufmännischen
Mitarbeiter der Klägerin unterschrieben wird oder ob die Unterschrift eines
verantwortlichen Arztes zu fordern ist (eine Unterzeichnung durch alle Chefärzte bzw.
Leitenden Ärzte der Abteilungen, in denen Notfallbehandlungen stattgefunden haben,
dürfte kaum möglich sein), ist zweitrangig. Sollte die Beklagte der Auffassung sein, es
sei die Unterschrift eines Arztes erforderlich, mag sie dies in Zukunft - von allen
Krankenhäusern - fordern; die grundsätzliche Frage einer Abrechnung unter Mitwirkung
der Beigeladenen zu 1) betrifft dies nicht.
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dd) Soweit der Senat in seinem Urteil vom 27.11.1991 a. a. O. in § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB
V eine Rechtsgrundlage für eine gesamtvertragliche Regelung gesehen hat, die die
Einbeziehung Dritter in die Rechnungserteilung ausschloss, betraf dies die Abrechnung
des Zahnersatzes nach § 30 SGB V in der bis zum 31.12.1992 geltenden Fassung. Die
Abrechnung erfolgte unmittelbar zwischen Zahnarzt und Versichertem; dieser hatte
seinerseits einen Anspruch auf - teilweise - Kostenerstattung gegen die Krankenkasse.
39
In diesem Zusammenhang hatten die Krankenkassen mit der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung vereinbart, dass diese die vom Arzt gestellte Abrechnung inhaltlich
überprüfen sollte. In dem damals entschiedenen Fall lag auch ein anderer Sachverhalt
vor, weil die Abrechnung vollständig von dem eingeschalteten Rechenzentrum
vorgenommen wurde, das den Patienten unmittelbar die Rechnung übersandte und
auch die Behandlungen gegenüber dem Arzt "vorfinanzierte". Im vorliegenden Fall
übernimmt die Beigeladene zu 1) aber nur die "technische" Aufbereitung der
Abrechnungsunterlagen, so dass ein anderer Sachverhalt gegeben ist. Der Senat kann
daher offen lassen, ob er an seiner damaligen Auffassung festhalten würde. Bei der hier
gegebenen Gestaltung bestehen, wie dargelegt, keine Bedenken, dass die
Ordnungsgemäßheit der Abrechnung gefährdet wäre.
3. Der Senat hat keinen Anlass gesehen, entsprechend dem Antrag der Beklagten
Beweis zu erheben durch Einholung einer Beurteilung der Datenschutzbeauftragten des
Landes Nordrhein-Westfalen zu der "datenschutzrechtlichen Problematik". Fragen des
Datenschutzes sind Rechtsfragen, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich sind. Ob
die Einschaltung der Beigeladenen zu 1) datenschutzrechtlich zulässig ist, hat allein der
Senat unabhägig von einer - ihn nicht bindenden - Beurteilung der
Datenschutzbeauftragten zu entscheiden (vgl. auch BSG SozR 4-2700 § 63 Nr. 2).
Unabhängig davon besteht auch kein Anlass, an der Angabe der Beigeladenen zu 1) zu
zweifeln, dass der Zugriff der Kunden auf die Abrechnungsdaten über das Internet mit
der Datenschutzbeauftragten abgesprochen ist, so dass sich die Frage stellt, zu welcher
"datenschutzrechtlichen Problematik" sich die Datenschutzbeauftragte nach Ansicht der
Beklagten äußern sollte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung.
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Der Senat hat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zugemessen und daher die
Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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