Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.06.2003

LSG NRW: vergütung, katarakt, ärztliche verordnung, echte rückwirkung, kündigung, linse, informationspflicht, implantation, beendigung, zustand

Landessozialgericht NRW, L 11 KA 99/01
Datum:
25.06.2003
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 11 KA 99/01
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 17 KA 205/99
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 6 KA 113/03 B
Sachgebiet:
Vertragsarztrecht
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 18.04.2001 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden
Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist die Kostenerstattung für Intraokularlinsen und Verbrauchsmaterialien bei
Katarakt-Operationen im Quartal I/1998.
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Die Kläger sind als Augenärzte in K ... niedergelassen und nehmen an der
vertragsärztlichen Versorgung Teil. Der "Vertrag zur Abgabe von Verbrauchsmaterialien
bei der ambulanten Katarakt-Operation" zwischen der Beklagten und den
Krankenkassen bzw. ihren Verbänden vom 13.11.1996/17.03.1997 (im Folgenden:
Vertrag 1997) bestimmte u.a.:
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§ 3 Vergütung
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1) Die Krankenkassen vergüten für die vom Arzt implantierten 1. Hinterkammerlinsen je
Linse DM 330,- 2. Hinterkammerlinsen Silikon und faltbare Silikonlinsen je Linse DM
500,- 2) Mit den o.g. Preisen sind alle Kosten des Implantats abgegolten. Eine darüber
hinausgehende Forderung gegenüber dem Versicherten ist nicht zulässig. 3) ... 4) Zur
Deckung der Sachkosten des Verbrauchsmaterials für Mittel außerhalb des
Sprechstundenbedarfs und des viskochirurgischen Materials wird zusätzlich ein Betrag
von DM 520,- erstattet. 5) Benötigte Arzneimittel, Verband- und Nahtmaterial sind
entsprechend der Vereinbarung über die ärztliche Verordnung von
Sprechstundenbedarf zu beziehen.
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Nach § 4 Vertrag 1997 erfolgte die Abrechnung über die Beklagte. Der Vertrag konnte
mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende, frühestens zum 31.12.1997, von den
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Vertragspartnern schriftlich gekündigt werden (§ 6 Vertrag 1997). Während der Vertrag
im Rheinischen Ärzteblatt 6/1997 veröffentlicht wurde, war er in der Ausgabe 7/1997 des
von der Beklagten herausgegebenen Magazins "KVNo aktuell" innerhalb einer
Übersicht der ab dem Quartal III/1997 geltenden Sonderverträge mit den
nordrheinischen Krankenkassen nicht aufgeführt.
Die beteiligten Krankenkassen kündigten den Vertrag 1997 zum 31.12.1997. Hierüber
wurden die Kläger ebenso wie andere Augenärzte, die Katarakt-Operationen
durchführten, nicht unterrichtet. Die Kläger führten im Quartal I/1998 191 Katarakt-
Operationen durch, davon in 187 Fällen unter Verwendung von Hinterkammerlinsen
Silikon bzw. faltbaren Silikonlinsen. Wegen der darüber hinaus benötigten
Verbrauchsmaterialien wird auf die mit Schriftsatz vom 13.03.2003 überreichten
Aufstellungen und Belege Bezug genommen. Am 23.06.1998/28.07.1998 schlossen die
Parteien des Vertrages 1997 einen neuen Vertrag, der rückwirkend zum 01.01.1998 in
Kraft trat (im Folgenden: Vertrag 1998) und in § 3 Abs. 1 vorsah, dass die beteiligten
Kassen zur "pauschalen Abgeltung der Kosten für die vom Arzt implantierte
Intraokularinse sowie zur Deckung der Sachkosten des Verbrauchsmaterials für Mittel
außerhalb des Sprechstundenbedarfs und des viskochirurgischen Materials" bei
Implantation einer Hinterkammerlinse 600, 00 DM und bei Implantation einer
Hinterkammerlinse Silikon oder einer faltbaren Silikonlinse 770,00 DM erstatteten.
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Mit Abrechnungsbescheid vom 23.07.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
30.08.1999 vergütete die Beklagte den Klägern auf dieser Grundlage für die im Quartal
I/1998 durchgeführten Operationen 146.390,00 DM.
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Mit der Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) haben die Kläger die Zahlung der nach
dem Vertrag 1997 maßgeblichen Erstattungsbeträge verlangt. Im Quartal I/1998 habe
ein vertragsloser Zustand bestanden, sodass der alte Vertrag nach § 89 Abs. 1 Satz 4
Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) fortgegolten habe. Die rückwirkende
Inkraftsetzung des neuen Vertrages verletze ihr berechtigtes Vertrauen in den
Fortbestand der ursprünglichen Regelung, deren Beendigung die Beklagte ihnen
pflichtwidrig nicht mitgeteilt habe. Dementsprechend hätten sie ihr Einkaufsverhalten auf
die im Vertrag 1997 genannten Beträge eingestellt. Erst nach Kenntnis über den
Abschluss des Vertrages 1998 hätten sie mit den Lieferanten neue Preise aushandeln
können.
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Die Kläger haben beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 30.08.1999 und des
Abrechnungsbescheides für das Quartal I/1998 zu verpflichten, die Kostenerstattung für
Intraokularlinsen und Verbrauchsmaterialien bei Katarakt-Operationen unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts nach den 1997 ausgehandelten und den damals
verbindlich vereinbarten Sachkostenpauschalen zu erstatten.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Ihrer Ansicht nach scheidet § 89 Abs. 1 Satz 4 SGB V als Rechtsgrundlage aus, weil der
vorliegende Vertrag nicht schiedsfähig sei. Der Gedanke des Vertrauensschutzes
bewirke keine Fortgeltung des zum 31.12.1997 gekündigten Vertrages 1997. Im Übrigen
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hätten die Kläger nicht dargelegt, dass sie im Vertrauen auf den Fortbestand dieses
Vertrages Vermögensdispositionen getroffen bzw. unterlassen hätten.
Mit Urteil vom 18.04.2001 hat das SG der Klage aus dem Gesichtspunkt verletzten
Vertrauens der Kläger in den Bestand des Vertrages 1997 stattgegeben.
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Mit der Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren bisherigen Vortrag. Der
Vertrag 1997 sei von den Krankenkassen gekündigt worden, weil sich entgegen
ursprünglichen Schätzungen gezeigt habe, dass die Pauschalgebühren für die
Sachkosten deutlich zu hoch angesetzt gewesen seien. Die im Vertrag 1998
ausgehandelten Pauschalen seien auch im Streitquartal kostendeckend gewesen. Es
sei daher davon auszugehen, dass die Kläger einerseits auch unter den Bedingungen
des Vertrages 1997 bereits auf eine kostengünstige Beschaffung hingewirkt und
andererseits auch bei Kenntnis von der neuen Vereinbarung weiter Katarakt-
Operationen durchgeführt hätten. Ob ihnen ein Schadenersatzanspruch zustehe, könne
allenfalls in einem Amtshaftungsprozess geklärt werden.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.04.2001 abzuändern und die Klage
abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie wiederholen und vertiefen ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag. Zum
Berufungsvorbringen der Beklagten meinen sie, sie müssten sich nicht auf den
Amtshaftungsanspruch verweisen lassen. Dass die Pauschalgebühren für die
Sachkosten beim Vertrag 1997 zu hoch angesetzt seien, bestreiten sie mit Nichtwissen.
Im Übrigen liege es gerade in der Natur von Pauschalgebühren, dass ein günstiges
Einkaufsverhalten gegebenenfalls zu Überschüssen, ein ungünstiges hingegen zu
Defiziten führen könne. Unter Vorlage von Rechnungen und Kostenaufstellungen für die
Quartale I und IV/1998 tragen sie vor, dass sie im Quartal I/1998 insgesamt einen Betrag
von 203.077.08 DM für Linsen und Sachkosten aufgewandt und damit die ihnen
zustehenden Pauschalen auch nach § 3 Vertrag 1997 in vollem Umfang an ihre
Lieferanten weitergegeben hätten (Schriftsatz vom 13.03.2003, auf den wegen der
Einzelheiten Bezug genommen wird).
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift des
Erörterungstermins vom 04.12.2002 sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten
Schriftsätze und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, der
beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch
auf Vergütung bzw. Ersatz ihrer Sachkosten für Katarakt-Operationen im Quartal I/1998
über den von der Beklagten gezahlten Betrag hinaus.
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1.
25
Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 3 Abs. 1 und 4 Vertrag 1997.
26
Der Vertrag 1997 ist von den beteiligten Krankenkassen wirksam zum 31.12.1997
gekündigt worden und hat daher im Quartal I/1998 keine Geltung mehr beansprucht.
Hieran ändert es nichts, dass die Kündigungen bzw. die Beendigung des Vertrages
nicht veröffentlicht worden sind. Denn die Kündigung eines Normenvertrages ist auch
ohne einen derartigen Publizitätsakt wirksam. Das ergibt sich schon daraus, dass die
kündigenden Krankenkassen auf die Bekanntmachung des Vertragsendes durch die
Beklagte keinen Einfluss nehmen und eine entsprechende Veröffentlichung selbst nicht
bewirken können.
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§ 3 Vertrag 1997 hat nicht nach § 89 Abs. 1 Satz 4 SGB V vorläufig weitergegolten.
Diese Regelung gilt nur für solche Verträge, die nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V
schiedsfähig sind. Dazu gehören zwar die nach § 83 Abs. 1 SGB V zwischen den
Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen bzw.
Verbänden der Ersatzkassen zu schließenden Gesamtverträge. Schiedsfähig sind
solche Verträge jedoch nur, wenn ihr Abschluss gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist
(allg.M.: Hencke in Peters, KV (SGB V), § 89 Rdnr. 3; Hermann in GK-SGB V § 89 Rdnr.
7; Hess in KassKomm, § 89 SGB V Rdnr. 9; Schnapp in Schulin, Handbuch des
Sozialversicherungsrechts Bd. 1, Rdnr. 217; Vahldieck in Hauck/Haines, SGB V, § 89
Rdnr. 2; Wiegand in GKV-Komm., § 89 SGB V Rdnr. 5). Das folgt schon aus dem
Wortlaut des § 89 Abs. 1a SGB V, der den Anwendungsbereich der Vorschrift
ausdrücklich auf gesetzlich vorgeschriebene Verträge beschränkt. Darin liegt nicht etwa
eine Abgrenzung gegenüber § 89 Abs. 1 SGB V, sondern nur eine auf die gesamte
Bestimmung bezogene Klarstellung. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien
beinhaltet § 89 Abs. 1a SGB V lediglich eine Ausdehnung des Antragsrechts auf die
Aufsichtsbehörde (vgl. BT-Drucks. 12/3608 S. 90 zu Nr. 44). Dem entspricht es, dass der
Gesetzgeber das Schiedsverfahren auch im Übrigen auf solche elementaren
Leistungsbereiche beschränkt hat, in denen die mit einem vertragslosen Zustand
verbundene Rechtsunsicherheit nicht hinnehmbar ist (vgl. §§ 85 Abs. 6 Satz 3 Elftes
Buch Sozialgesetzbuch für die Fortgeltung von Pflegesätzen für Pflegeleistungen von
Pflegeeinrichtungen, 21 Abs. 1 Satz 3 Bundespflegesatzverordnung für die Höhe
tagesgleicher Pflegesätze von Krankenhäusern). In allen anderen Fällen muss
angenommen werden, dass er bewusst auf den mit der Zwangsschlichtung und der
Anordnung der Fortdauer des früheren Vertrages verbundenen schwerwiegenden
Eingriffs in die Vertragsfreiheit verzichtet hat. Gilt dies selbst dort, wo der
Vertragsschluss zwingend vorgeschrieben ist, ohne dass Regelungen über ein
Schiedsverfahren bestehen (vgl. zu § 125 SGB V eingehend BSG, SozR 3-2500 § 125
Nr. 7), so gilt es erst recht hier, wo lediglich eine freiwillige Vereinbarung betroffen ist.
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Die Fortgeltung von § 3 Abs. 1 und 4 Vertrag 1997 folgt auch nicht aus den Grundsätzen
über die unzulässige echte Rückwirkung von Normen, die das Bundessozialgericht
(BSG) auch im Vertragsarztrecht für anwendbar erklärt hat (BSG, SozR 3-2500 § 87 Nr.
18). Es geht hier nämlich nicht um die rückwirkende Verschlechterung eines
vertraglichen Anspruchs, sondern vielmehr um die Beseitigung eines vertragslosen
Zustands, in dem die Kläger ohne Inkrafttreten des Vertrages 1998 überhaupt keine
vertraglichen Ansprüche gegen die Krankenkassen und damit auch nicht im Verhältnis
zur Beklagten gehabt hätten.
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Schließlich können die Kläger Ansprüche aus § 3 Abs. 1 oder 4 Vertrag 1997 auch nicht
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deshalb geltend machen, weil die Beklagte sie nicht über die Kündigung des Vertrages
durch die Krankenkassen unterrichtet hat. Das gilt unabhängig davon, ob sie damit eine
gegenüber den Klägern bestehende Informationspflicht verletzt hat. Denn die Ansprüche
auf Vergütung der Sachkosten bei Katarakt-Operationen richten sich, wie schon der
Wortlaut der Vertragsbestimmung zeigt, gegen die Krankenkassen. Die Beklagte nimmt
dabei lediglich die Rolle einer Abrechnungsstelle ein (§ 4 Vertrag 1997).
Dementsprechend kann ein Fehlverhalten der Beklagten unter keinen Umständen dazu
führen, dass sich die Krankenkassen an Ansprüchen aus einem von ihnen gekündigten
Vertrag festhalten lassen müssen.
2.
31
Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte folgen nicht aus einer Verpflichtung der
Beklagten, an ihrer bisherigen Abrechnungspraxis aus Vertrauensschutzgründen
festzuhalten. Ein derartiger Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn die
Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) über einen längeren Zeitraum eine im Widerspruch
zur Rechtsordnung stehende, insbesondere fachfremde, vertragsärztliche Tätigkeit
wissentlich geduldet und der Vertragsarzt im Vertrauen solche Leistungen weiterhin im
Vertrauen auf ihre Vergütung erbracht hat (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9; BSGE 84, 260,
296 f.; BSG, SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Dagegen hat die Beklagte im vorliegenden Fall
die Vergütungsansprüche der Kläger nach dem jeweils geltenden Vertragsrecht
beanstandungsfrei abgerechnet. Dementsprechend konnten die Kläger mit Blick auf die
Abrechnungspraxis der Beklagten lediglich darauf vertrauen, dass sie sich auch weiter
an die vertragliche Vereinbarung mit den Krankenkassen in der jeweils geltenden
Fassung halten werde. Genau dies hat sie mit den angefochtenen Bescheiden jedoch
auch getan.
32
3.
33
Die Kläger können eine höhere als die ihnen von der Beklagten gewährte Vergütung
schließlich auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes wegen
unterlassener Rücksicht der Beklagten auf ihre berechtigten Interessen (§§ 282, 241
Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog) herleiten.
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Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über Ansprüche von
Vertragsärzten gegen die KÄV auf Schadenersatz wegen Verletzung von Pflichten aus
dem zwischen ihnen und der KÄV kraft Mitgliedschaft gemäß § 95 Abs. 3 SGB V
bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses. Die Sonderzuständigkeit der
ordentlichen Gerichte für Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art 34
Grundgesetz) steht dem nicht entgegen, weil sie konkurrierende Ansprüche aus nicht-
deliktischen Anspruchsgrundlagen nicht einschließt.
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Der Anspruch der Kläger scheitert jedenfalls daran, dass ihnen aufgrund der
unterlassenen Information über die Kündigung des Vertrags 1997 kein ersatzfähiger
Schaden entstanden ist.
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Dabei scheidet ein Ersatz des entgangenen Gewinns (§ 252 BGB analog) bereits aus
Rechtsgründen aus, weil dieser vom Schutzzweck der Informationspflicht der Beklagten
über die Kündigung des Vertrags 1997 nicht umfasst wird. Nach dem Wortlaut des
Vertrages dient die in § 3 enthaltene "Vergütung" dazu, die "Kosten" des Implantats
abzugelten (§ 3 Abs. 2 Vertrag 1997) bzw. die weiteren "Sachkosten" zu decken (§ 3
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Abs. 4 Vertrag 1997). Diese Formulierungen machen deutlich, dass § 3 Vertrag 1997
dem Ersatz des mit der Operation anfallenden Aufwandes gedient hat. Dass den
teilnehmenden Augenärzten über diesen Aufwendungsersatz hinaus aus den
Sachkostenpauschalen ein Gewinn in bestimmter Höhe zufließen sollte, lässt sich dem
Vertrag hingegen nicht entnehmen. Selbst wenn einzelne oder mehrere Krankenkassen
mit der Vereinbarung der vergleichsweise großzügig bemessenen Pauschalen
weitergehende Zwecke, z.B. im Sinne einer Förderung des ambulanten Operierens,
zum Ziel gehabt haben sollten, würde dies am Ergebnis nichts ändern. Denn jedenfalls
hat eine derartige Motivation im Vertrag keinen Niederschlag gefunden.
Dementsprechend beschränkt sich der Schutzzweck der Informationspflicht der
Beklagten über die Kündigung einer solchen Vereinbarung darauf zu verhindern, dass
die teilnehmenden Ärzte im Vertrauen auf die Fortgeltung des alten Vertrages in
unveränderter Höhe Sachkosten aufwenden, die ihnen nach der alten Vereinbarung
ersetzt worden wären, für die sie infolge der Kündigung jedoch keine oder keine
ausreichende Erstattung mehr erhalten. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob
die Kläger bei früherer Kenntnis der niedrigeren Vergütungssätze nach § 3 Vertrag 1998
schon vor dem Quartal IV/1998 mit ihren Lieferanten günstigere Preise und als Folge
hiervon auch im Streitquartal bereits einen höheren Gewinn erzielt hätten. Das gilt
unabhängig von der Frage, ob die Kläger die von ihnen für das Quartal IV/1998
dargelegten Preise auch schon vor Bekanntwerden der neuen Vergütungssätze im
Juni/Juli 1998 hätten aushandeln können.
Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger in Kenntnis der Kündigung bis zum Abschluss der
neuen Vereinbarung keine Katarakt-Operationen mehr durchgeführt und infolgedessen
im Streitquartal keinerlei Aufwendungen gehabt hätten, ergeben sich weder aus den
Gesamtumständen noch aus ihrem Vortrag.
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Mithin läge ein erstattungsfähiger Schaden nur dann vor, wenn den Klägern aufgrund
der Durchführung der Katarakt-Operationen im Quartal I/1998 Kosten entstanden wären,
die einerseits von der Vergütung gemäß § 3 Abs. 1 Vertrag 1998 nicht gedeckt waren,
andererseits aber nach § 3 Abs. 1 und 4 Vertrag 1997 noch erstattungsfähig gewesen
wären. Das ist aber nicht der Fall.
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Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass die Kläger für die von ihnen im
Streitquartal vorgenommenen 191 Operationen von der Beklagten einen Gesamtbetrag
von 146.390,00 DM erhalten haben. Ob dieser Betrag die den Klägern entstandenen,
nach § 3 Abs. 1 Vertrag 1998 erstattungsfähigen Kosten für Implantatkosten,
Verbrauchsmaterial und viskochirurgisches Material gedeckt hat, kann dahingestellt
bleiben. Denn jedenfalls hätten die Kläger für diese Kosten nach Maßgabe des § 3 Abs.
1 und 4 Vertrag 1997 keine höhere Erstattung, sondern lediglich eine Vergütung von
insgesamt 146.296,50 DM verlangen können.
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Für die vier zum Gesamtpreis von 1.754,80 DM beschafften Hinterkammerlinsen hätte
den Klägern nur eine Vergütung von 1.320,- DM zugestanden. Denn nach § 3 Abs. 2
Vertrag 1997 waren mit der Zahlung von 330,- DM je Linse (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Vertrag
1997) alle Kosten des Implantats abgegolten. Anders als nach der insoweit für die
Augenärzte günstigeren Regelung in § 3 Abs. 1 Vertrag 1998 war es nicht möglich, im
Rahmen einer einheitlichen Gesamtpauschale höhere Kosten für Linsen durch
niedrigere Kosten für Verbrauchsmaterial oder viskochirurgisches Material
auszugleichen.
41
Von dem geltend gemachten Gesamtbetrag von 96.242,90 DM für faltbare Silikonlinsen
hätten die Kläger lediglich 88.143,- DM nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Vertrag 1997 ersetzt
erhalten.
42
Das Rechenwerk der Kläger enthält insoweit mehrere Fehler. Sie haben insgesamt
nicht, wie behauptet, 190, sondern 194 Rechnungen über derartige Linsen vorgelegt.
Hiervon sind allerdings zwei, nämlich betreffend die Patientin mit der ID-Nr. 12258 vom
11.02.1998, identisch, sodass nur eine berücksichtigt werden kann.
43
Die verbleibenden 193 Rechnungen können nicht in voller Höhe anerkannt werden, da
§ 3 Abs. 1 Vertrag 1997 den Erstattungsbetrag auf maximal 500,00 DM je Linse
begrenzt. Es ist daher jeweils der konkrete Rechnungsbetrag zu berücksichtigen, jedoch
höchstens in Höhe von 500,00 DM. Hieraus ergeben sich insgesamt 90.971,10 DM.
44
Darüber hinaus können von den 193 Rechnungen nur 187 die Beschaffung faltbarer
Linsen für gesetzlich Krankenversicherte betreffen, weil nur 187 Operationen gegenüber
der Beklagten im Quartal I/1998 abgerechnet worden sind. Da eine Zuordnung nach den
Unterlagen der Kläger nicht möglich sind, schätzt der Senat nach freier Überzeugung
den auf die Beschaffung von 187 Linsen entfallenden Betrag, indem der
anzuerkennende Gesamtbetrag durch 193 geteilt und sodann mit 187 vervielfältigt wird
(§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung
(ZPO)).
45
Für die weiter geltend gemachten Sachkosten für viskochirurgisches Material hätten die
Kläger eine Vergütung von 41.959,- DM erhalten. Es ist nämlich, wiederum gemäß §
287 Abs. 1 Satz 1 ZPO, davon auszugehen, dass lediglich 287 der aufgeführten 538
Einheiten für Viskoelastika auf Katarakt-Operationen zugunsten gesetzlich
Krankenversicherter im Quartal I/1998 entfallen sind. Aus der von den Klägern zum
Vergleich für das Quartal IV/1998 überreichten Aufstellung geht hervor, dass pro Fall 1,5
Einheiten verbraucht werden. Da die Kläger im Quartal I/1998 191 Fälle abgerechnet
haben, ergibt sich ein geschätzter Verbrauch von 287 Einheiten. Der Preis hierfür
errechnet sich, indem der geltend gemachte Gesamtbetrag von 78.6540,60 DM durch
538 geteilt und mit 287 vervielfältigt wird.
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Darüber hinaus hätten die Kläger eine Vergütung für 191 OP-Sets verlangen können.
Da sie für 250 OP-Sets 19.406,- DM bezahlt haben, ergibt sich für 191 OP-Sets ein
Betrag von 14.826,18 DM. Gleichermaßen sind 191 Ablaufbeutel
berücksichtigungsfähig. Bei einem Stückpreis von 0,2530 DM errechnen sich Kosten
von 48,32 DM.
47
Die übrigen von den Klägern geltend gemachten Kosten konnten nicht im Rahmen der
Vergütung nach § 3 Vertrag 1997 angesetzt werden:
48
Dies gilt zunächst für die Diamantmesser, die Luftkanülen und die Infusionsaufsätze. Sie
sind kein Verbrauchsmaterial im Sinne von § 3 Abs. 4 Vertrag 1997, sondern
Instrumente, die mehrfach verwandt werden können. Damit sind die Kosten für ihre
Beschaffung und Instandhaltung nicht nach § 3 Abs. 4 Vertrag 1997 vergütungsfähig.
Eine anderweitige Erstattung scheidet aus, weil die Kosten für Instrumente nach
Abschn. A I. Teil A Ziff. 2 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) bereits in den
berechnungsfähigen Leistungen (hier: Nrn. 1351, 1352, 1353, 1355 EBM-Ä) enthalten
sind.
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Ebenso wenig hätten die Kläger die Kosten für die Kapselspannringe gesondert in
Ansatz bringen können. Diese sind nämlich mit der Linse implantiert worden. Es handelt
sich folglich nicht um Verbrauchsmaterialien, sondern um Kosten des Implantats im
Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 Vertrag 1997, für die es keine gesonderte Vergütung gibt.
50
Schließlich kann der Senat dahinstehen lassen, ob es sich bei den darüber hinaus in
den Aufstellungen der Kläger aufgeführten "Hydrodissektions- kanülen" der Firma
Geuder ebenfalls um Instrumente handelt und schon aus diesem Grund eine
Erstattungsfähigkeit ausscheidet. Denn die Kläger haben die betreffenden Kosten nicht
belegt.
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4.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden
Fassung. Es hat kein Anlass bestanden, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Soweit Bundesrecht betroffen ist, sind die betreffenden Rechtsfragen durch
höchstrichterliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Die durch den
vorliegenden Fall aufgeworfenen bislang noch nicht beantworteten Rechtsfragen
betreffen ausschließlich die Auslegung des Vertrages 1997 und damit vom
Geltungsbereich her auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkte Rechtsnormen.
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