Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.07.2008

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Landessozialgericht NRW, L 7 B 149/08 AS ER
Datum:
02.07.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 7 B 149/08 AS ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Gelsenkirchen, S 22 AS 59/08 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.03.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu
erstatten.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet.
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1. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen
auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen
Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen
Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines
Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen
Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht
abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht
mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur
summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung
der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der
Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu
entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 =
NVwZ 2005, Seite 927).
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2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Denn er hat
nicht vorgetragen, dass ihm derzeit aufgrund der Differenz zwischen seinen
tatsächlichen und den von der Antragsgegnerin für angemessen erachteten Kosten für
Unterkunft gemäß § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) der Verlust seines
Wohnraumes droht. Der Antragsteller hat bereits nicht vorgetragen, dass gegenüber
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seinem Vermieter oder seinem Energieversorgungsunternehmen derzeit
Zahlungsrückstände bestehen.
3. Die streitige Rechtsfrage, ob die Antragsgegnerin berechtigt war, die bisher
gewährten tatsächlichen Kosten der Unterkunft des Antragstellers herabzusetzen, ist
deshalb im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren zu klären.
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a) Die Antragsgegnerin wird dort darzulegen haben, wieso der von ihr zugrunde gelegte
Quadratmeterpreis von 5,05 Euro angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II
ist. Die Antragsgegnerin wird hierbei zu berücksichtigen haben, dass hierbei zwischen
der (Kalt-)Miete einerseits und den Nebenkosten (Betriebskosten) andererseits zu
differenzieren ist. Hinsichtlich der Nebenkosten dürfte es nicht zulässig sein, diese in
pauschalierter Form zu gewähren. Denn die Leistungen für Unterkunft und Heizung
werden "nicht in pauschalierter Form unter Zugrundelegung eines typisierten normalen
Bedarfs gewährt, solange keine Verordnung nach § 27 SGB II ergangen ist" (BSG, Urteil
vom 0.11.2006, B 7b AS 8/06 R, Juris, (RdNr. 33) = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; ebenso
Lang/Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008 § 22 RdNr. 39). Dies schliesst es
nicht aus, einen angemessenen Quadratmeterpreis - als einen der maßgeblichen
Faktoren im Rahmen der "Produkttherorie" - mit Hilfe von Mietspiegeln oder dergleichen
zu bestimmen.
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b) Im sozialgerichtlichen Verfahren wird ferner aufzuklären sein, ob dem Antragsteller
ein Wohnungswechsel "nicht möglich oder nicht zuzumuten ist" gemäß § 22 Abs. 1 Satz
3 SGB II. Der Antragsteller hat insoweit ein Attest seines behandelnden Orthopäden Dr.
T vom 08.06.2007 vorgelegt. Hinsichtlich eines eventuellen Umzugs sind des Weiteren
die Ausführungen des Arztes N in seinem Bericht aus Oktober 2007 zu berücksichtigen,
wonach der Antragsteller noch leichte körperliche Arbeiten verrichten kann.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193
SGG.
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5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
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