Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.10.2009

LSG NRW (antragsteller, behandlung, psychotherapeutische behandlung, beschwerde, sgg, psychotherapie, dienstleistung, psychiatrie, leistungserbringer, vertrauensverhältnis)

Landessozialgericht NRW, L 16 B 50/09 KR ER
Datum:
12.10.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 16 B 50/09 KR ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 34 KR 24/09 ER
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Köln vom 24. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten
sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
1
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein bereits erstinstanzlich
geltend gemachtes Begehren weiter verfolgt, eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur
vorläufigen Übernahme der Kosten für eine ambulante psychologische Behandlung bei
der Diplom-Psychologin Dr. C herbeizuführen, ist nicht begründet.
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Die Voraussetzungen für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes liegen nicht vor.
Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts ist deshalb nicht zu beanstanden.
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Gemäß § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - sind einstweilige Anordnungen
zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint. Voraussetzung für eine sogenannte Regelungsanordnung ist, dass sowohl
ein Anordnungsanspruch, im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die
geltend gemachte Leistung, wie auch ein Anordnungsgrund, gegeben sind. Letzerer
liegt vor, wenn ohne eine vorläufige Regelung schwere und unzumutbare Nachteile
entstünden, die auch durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr
beseitigt werden können. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu
machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
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Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, einen Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
In Übereinstimmung mit seinem Vorbringen und den Bescheinigungen der
behandelnden Ärzte geht der Senat zwar davon aus, dass der Antragsteller einer
ambulanten Psychotherapie bedarf. Im Ergebnis dahingestellt bleiben kann aber bereits,
ob die angestrebte therapeutische Behandlung derart dringend ist, dass eine
Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar abgewartet werden kann, weil dem
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Antragsteller bis dahin schwere und unzumutbare sowie nachträglich nicht wieder gut
zu machende Nachteile entstünden. Nach derzeitiger Aktenlage und bei summarischer
Prüfung liegen allerdings keine Anhaltspunkte für eine dringende
Behandlungsbedürftigkeit (Notfall) vor. In einem Notfall wäre der Antragsteller zudem
auf stationäre Behandlungsmöglichkeiten zu verweisen, die von ihm bereits mit Erfolg
genutzt worden sind und die ihm von der Antragsgegnerin als Sach- und Dienstleistung
zur Verfügung gestellt wurden.
An einem Anordnungsgrund fehlt es jedenfalls deshalb, weil nicht überwiegend
wahrscheinlich und damit glaubhaft ist, dass die beantragte Therapie nur erfolgreich bei
der nicht zur vertragstherapeutischen Versorgung zugelassenen Dr. C durchgeführt
werden kann; der Antragsteller ist, ohne unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt zu sein,
auf bestehende Therapiemöglichkeiten bei zugelassenen Leistungserbringern zu
verweisen. Schon vom MDK war in der für die Antragsgegnerin erstellten
sozialmedizinischen Stellungnahme vom 06. November 2008 dargelegt worden, dass
keine zwingenden Gründe für eine Behandlung ausschließlich bei Dr. C vorliegen. Die
Ermittlungen des Sozialgerichts - im Hauptsacheverfahren - haben dies bestätigt, denn
auch vom ehemals behandelnden Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapie Schmidt
sowie vom Diplom-Psychologen Dr. O ist in ihren Stellungnahmen vom 12. und 18.
August 2009 dargelegt worden, dass das Behandlungsziel bei jedem qualifizierten
Psychotherapeuten erreicht werden kann.
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Die dagegen vorgebrachten Einwendungen des Antragstellers überzeugen nicht.
Soweit er geltend macht, er sei krankheitsbedingt nicht in der Lage, ein
Vertrauensverhältnis zu Vertragstherapeuten aufzubauen, ist ihm entgegen zu halten,
dass ihm dies bei Dr. C offensichtlich schnell (innerhalb der wenigen im September und
Oktober 2006 stattgefundenen Sitzungen) und unproblematisch gelungen ist. Auch aus
dem stationären Aufenthalt vom 06. bis 15. Januar 2009 in der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie in Köln war der Antragsteller ausweislich des dort erstellten Arztbriefs in
stabilisiertem Zustand entlassen worden. Dies belegt, dass seine Erkrankungen - wofür
bereits der Beweis des ersten Anscheins spricht - durch therapeutische und sonstige
Maßnahmen, die durch andere Leistungserbringer als Frau Dr. C erfolgen, behandelbar
ist.
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Leistungsbereite Vertragstherapeuten sind dem Antragsteller von der Antragsgegnerin
zudem wiederholt benannt worden. Wenn diese vom Antragsteller zum Teil allein
aufgrund einer einmaligen telefonischen Kontaktaufnahme als ungeeignet angesehen
werden, legt dies hingegen nahe, dass er von vornherein nicht wirklich an einer
Behandlungsaufnahme bei diesen interessiert war. Glaubhaft ist bei dieser Sachlage
jedenfalls nicht, das es in zumutbarer räumlicher Entfernung (der Antragsteller wohnt in
einer Großstadt mit entsprechendem großem Angebot mit Vertragstherapeuten) nicht
ausreichend geeignete Behandler mit freien Kapazitäten gibt. Dem Antragsteller ist
zuzumuten, das für eine erfolgreiche Behandlung bei diesen Stellen erforderliche
Vertrauenverhältnis aufzubauen. Ein Abstellen auf das bereits vorhandene
Vertrauensverhältnis zu Dr. C ist nicht gerechtfertigt, weil diese Behandlung unter
Mißachtung kassenrechtlicher Vorschriften begonnen worden ist. Vom
Bundesverfassungsgericht ist in seinem Beschluss vom 10.05.1988 (Aktenzeichen u.a.
1 BvL 8/82 - zitiert nach juris) ausgeführt worden, es gehe nicht an, zunächst privat eine
derartige Krankenhilfe in Anspruch zu nehmen, um dann aus dem Zwang, die
angefangene Behandlung zu Ende zu führen, den Schluss zu ziehen, von Anfang an sei
nur diese Behandlung in Frage gekommen. Diesen Ausführungen ist jeder Hinsicht
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zuzustimmen.
Auch wenn die Beschwerde schon wegen des Fehlens eines Anordnungsgrundes
keinen Erfolg haben konnte, weist der Senat darauf hin, dass ein Anordnungsanspruch
ebenfalls nicht ersichtlich ist. Nach der von der Antragsgegnerin in dem
Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2008 zutreffend dargestellten Rechtslage hat
der Antragsteller nur Anspruch auf notwendige, ausreichende, zweckmäßige und
wirtschaftliche psychotherapeutische Behandlung, als kostenfreie Sach- und
Dienstleistung durch zugelassene Leistungserbringer. Dieser Anspruch ist bereits dann
erfüllt, wenn Vertragstherapeuten verfügbar und leistungsbereit sind (vgl. BSG, Urteil
vom 18.07.2006 - B 1 KR 9/05 R - ebenfalls zitiert nach juris). Dies ist hier der Fall.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgerichts
anfechtbar (§ 177 SGG).
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