Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.08.2002

LSG NRW: arbeitsentgelt, nachbesserung, gerichtsakte, auflage, nachzahlung, rechtskraft, datum, arbeitslosenversicherung

Landessozialgericht NRW, L 12 AL 22/02
Datum:
21.08.2002
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 12 AL 22/02
Vorinstanz:
Sozialgericht Duisburg, S 17 AL 94/00
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg
vom 22.10.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind
auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes
und dabei um die Berücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt aufgrund
eines Überprüfungsantrages nach § 44 des 10. Sozialgesetzbuches (SGB X).
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Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.08.1994
Arbeitslosengeld ab dem 02.09.1994 nach einem gerundeten wöchentlichen
Arbeitsentgelt von 1.290,00 DM der Leistungsgruppe C/1 in Höhe eines wöchentlichen
Leistungssatzes von 563,40 DM. Der Kläger bezog Arbeitslosengeld bis zum
08.02.1997, zuletzt nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.370,00
DM (Bescheid vom 13.01.1997).
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Mit Schreiben vom 22.04.1997 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Berücksichtigung von
Einmalzahlungen die Nachzahlung von Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung den
bisher nicht berücksichtigten Weihnachts- und Urlaubsgeldes. Dies lehnte die Beklagte
mit Bescheid vom 30.04.1997 ab. Sie wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid
vom 09.06.1997 als unbegründet zurück. Die hiergegegen unter dem Aktenzeichen S 16
Ar 130/97 vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhobene Klage nahm der Kläger im
Termin vom 17.10.1997 zurück.
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Mit Schreiben vom 14.08.2000 beantragte er unter Bezugnahme auf den Beschluss des
BVerfG vom 24.05.2000 - 1 BvL 1/98 - die Überprüfung des bestandskräftigen
Bescheides vom 30.04.1997. Mit Bescheid vom 30.08.2000 und Widerspruchsbescheid
vom 31.10.2000 lehnte die Beklagte die nachträgliche Berücksichtigung von
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Einmalzahlungen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes ab.
Dagegen hat der Kläger am 28.11.2000 Klage vor dem SG Duisburg erhoben und
beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.08.2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 und unter Abänderung des Bescheides vom
06.07.1994 sowie der nachfolgend ergangenen Leistungsbewilligungsbescheide zu
verpflichten, ihm Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt unter
Berücksichtigung von Einmalzahlungen zu bewilligen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat darauf hingewiesen, das BVerfG habe mit dem Beschluss vom 24.05.2000
festgestellt, dass Vorschriften des Sozialgesetzbuches, hier § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
SGB III, mit dem Grundgesetz unvereinbar seien, soweit eine einmalige Zahlung des
Arbeitsentgelts zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen werde, ohne dass es
bei der Berechnung beitragsfinanzierter Leistungen berücksichtigt werde. Eine Korrektur
durch den Gesetzgeber habe das BVerfG jedoch ausdrücklich nur für solche
Lohnersatzleistungen verlangt, über deren Gewährung für die Zeit ab dem 01.01.1997
noch nicht bestandskräftig entschieden worden sei. Eine Änderung der
Leistungsbewilligung an den Kläger im Überprüfungsverfahren gem. § 44 SGB X sei
deshalb nur für die Zeit nah der Entscheidung des BVerG, also ab dem 21.06.2000,
vorzunehmen. Der Kläger habe jedoch nur bis zum 08.02.1997 Leistungen bezogen.
Eine Korrektur komme insofern nicht infrage.
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Mit Urteil vom 22.10.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es u.a.
ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht die Aufhebung der rechtskräftig gewordenen
Bescheide nach 44 SGB X abgelehnt. Dem Kläger stehe auch unter weiterer
Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 24.05.2000 kein höheres
Arbeitslosengeld zu. Nach der hier anzuwendenden, zum 01.01.2001 in Kraft getretenen
Vorschrift des § 434 c Abs. 1 SGB III seien § 112 AFG in der bis zum 31.12.1997
geltenden Fassung oder § 134 Abs. 1 SGB III in der vor dem 01.01.2001 geltenden
Fassung anzuwenden mit der Maßgabe, dass sich das Bemessungsentgelt ab dem
01.01.1197 um 10 %, höchstens bis zur jeweiligen Leistungsbemessungsgrenze,
erhöhe. Da das BVerfG nur für nicht bestandskräftige Entscheidungen eine
Nachbesserung verlangt habe, bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die
Neuregelung des § 434 c Abs. 1 Satz 2 SGB III nicht.
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Gegen dieses ihm 13.12.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.01.2002 (einen
Montag), Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 22.10.2001 zu ändern und nach seinem
erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im übrigen auf den
Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten
vom 30.08.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 ist
rechtmäßig, da die Beklagte zu Recht eine nachträgliche Berücksichtigung von
Einmalzahlungen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers im
Wege der Überprüfung gem. § 44 SGB X abgelehnt hat.
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Der Senat hat dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts nichts hinzuzufügen. Er hält
es in der Begründung und im Ergebnis nach eigener Überzeugung und Überprüfung in
vollem Umfang für zutreffend. Es wird deshalb gem. § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz
(SGG) auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt dem Senat keinen Anlaß, den
Sachverhalt anders zu beurteilen. Vielmehr ist der Kläger darauf hinzuweisen, dass das
BVerfG in seiner Entscheidung vom 24.05.2000 ausdrücklich festgeschrieben hat,
einmalig gezahlte Arbeitsentgelte seien bei Lohnersatzleistungen zuberücksichtigen,
soweit über deren Gewährung für die Zeit nach dem 01.01.1997 noch nicht
bestandskräftig entschieden worden ist (s. BVerfG vom 24.05.2000). Der Gesetzgeber
hat diese Auflage des BVerfG befolgt und durch Artikel 1 Nr. 21 des Einmalzahlungs-
Neuregelungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1971 ff.) mit Wirkung zum
01.01.2001 den § 434 c Abs. 1 in das SGB III eingefügt. Nach dieser hier vom SG
zutreffend angewendeten Vorschrift ist, soweit sich die Höhe eines Anspruchs auf
Arbeitslosengeld, der vor dem 01.01.2001 entstanden ist, nach § 134 Abs. 1 SGB III vor
dem 01.01.2001 geltenden Fassung richtet, diese Vorschrift mit der Maßgabe
anzuwenden, dass sich das Bemessungsentgelt, das sich vor der Rundung ergibt, ab
dem 01.01.1997 um 10 %, höchstens bis zur jeweiligen Leistungsbemessungsgrenze,
erhöht. Die Erhöhung gilt für Ansprüche, über die am 21.06.2000 bereits unanfechtbar
entschieden war, vom 22.06.2000 an. Der Gesetzgeber hat damit die Entscheidung des
BVerfG aufgegrifffen und nur für nicht bestandskräftige Entscheidungen eine Erhöhung
ab 01.01.1997 vorgesehen. Da das BVerfG selbst nur für nicht bestandskräftige
Entscheidungen eine Nachbesserung verlangt hat, bestehen keine
verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung des § 434 c Abs. 1 Satz 2
SGB III.
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Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
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Anlaß, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2 Ziff. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
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Insbesondere weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung des BVerfG oder des
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BSG ab.