Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.11.2005

LSG NRW: materielles recht, wohnkosten, unterdeckung, verwaltungsverfahren, aufzählung, handschriftlich, vergütung, kündigungsfrist, sicherstellung, kopie

Landessozialgericht NRW, L 19 B 80/05 AS ER
Datum:
30.11.2005
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 19 B 80/05 AS ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Aachen, S 10 AS 98/05 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Aachen vom 21.09.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
1
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom
15.11.2005), ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers, ab
Juni 2005 monatlich weitere EUR 64,00 Wohnkosten vorläufig zu zahlen, zu Recht
abgelehnt.
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Auch zur Überzeugung des Senats sind die gesetzlichen Voraussetzungen für den
Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes
gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erfüllt. Denn teilweise
kann der Antragsteller seinen Anspruch nicht auf materielles Recht stützen (sog.
Anordungsanspruch). Soweit der Anspruch nicht offensichtlich unbegründet ist, ist nicht
erkennbar, dass dem Antragsteller ohne die begehrte Regelung im Eilverfahren
schwerwiegende irreparable Nachteile entstehen (sogenanner Anordnungsgrund).
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Die Antragsgegnerin hat sich mit Schriftsatz vom 29.09.2005 bereit erklärt, entweder die
Gebühren für Kabelfernsehen oder die Gemeinschaftsantennenanlage zu
berücksichtigen, wenn und soweit der Kläger nachweist, dass er sich einer Nutzung
nicht entziehen kann und die verlangten Gebühren angemessen sind. Insofern bedarf es
keiner einstweiligen Regelung hinsichtlich der Kabelfernsehgebühren, die ausweislich
des vorgelegten Mietvertrages in Höhe von EUR 16,15 im Mietzins enthalten sind.
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Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Bescheid vom 10.06. bzw. 02.08.2005 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2005 Leistungen nach dem
Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - SGB II bewilligt
und dabei für die Zeit ab 01.06.2005 Wohnkosten nur in Höhe eines als angemessen
angesehenen Betrages in Höhe von monatlich 327,25 EUR (Kaltmiete 236,25 EUR +
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Nebenkosten 55,00 EUR + Heizung 36,00 EUR) berücksichtigt.
Der Antragsteller hat zumindest bislang nicht glaubhaft gemacht, dass er bereits ab Juni
2005 der D GbR einen Mietziens von monatlich EUR 420,00 schuldet. Denn der auf
Anforderung des Senats vorgelegte Mietvertrag über das "möblierte" Appartement Nr.
00, Q-straße 00 in B datiert vom 01.09.2005. Gemäß der Regelung der Mietdauer in § 2
beginnt das Mietverhältnis am 01.09.2005 (bei der dort geschriebenen Jahreszahl 2009
dürfte es sich insofern um einen Schreibfehler handeln) und endet am 01.09.2007. Zu
den Mieträumen gehört gemäß § 1 u.a. ein Zimmer mit Einrichtung und eine
"Partyküche" mit Einrichtung. Demgegenüber findet sich in der Verwaltungsakte der
Antragsgegnerin die Kopie eines weitgehend handschriftlich ausgefüllten Mietvertrages
vom 01.06.2005. Danach beginnt das Mietverhältnis am 01.06.2005 und wird
abgeschlossen bis zum 30.11.2005. In der Aufzählung der Mieträume in § 1 des
Vertrages ist das Wort "möblierte" Appartement gestrichen ebenso wie der Zusatz "mit
Einrichtung" vor Zimmer. Ferner gehört zu den Mieträumen eine Pantryküche. In der
gleichfalls im Verwaltungsverfahren vorgelegten Mietbescheinigung zur Vorlage bei der
Wohngeldstelle des Vermieters vom 02.06.2005 wird eine in der Gesamtmiete
enthaltene Vergütung für Voll- oder Teilmöblierung ausdrücklich verneint. Ausweislich
eines Vermerks vom 30.06.2005 in der Verwaltungsakte erklärte der Antragsteller im
Rahmen der Antragstellung, dass ein Auszug aus seiner bisherigen Wohnung in G (C-
straße 00, G) erst zum 01.09.2005 geplant gewesen sei (Ablauf der Kündigungsfrist).
Die Aufklärung dieser Widersprüche bzw. die Beantwortung der sich daraus
ergebenden Fragen kann jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
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Denn ausgehend von einem Gesamtmietpreis von EUR 420,00 verbleibt unter Abzug
von EUR 16,15 für Kabelfernsehen und des von der Antragsgegnerin berücksichtigten
Betrages von EUR 327,25 eine Unterdeckung von EUR 76,60.
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Nicht unberücksichtigt bleiben darf jedoch, dass mit der Regelleistung nach § 20 SGB II
der Bedarf an Möbeln und Haushaltsgeräten mit ca. 8 % und Strom mit ca. 8 %
abgegolten ist. Ausgehend von einem Betrag von EUR 345,00 errechnen sich 8 % mit
EUR 27,60. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden
summarischen Prüfung ist demnach festzustellen, dass hinsichtlich eines Betrages von
ca. 55,00 EUR die betreffenden Aufwendungen durch die Regelleistung bereits
abgegolten sind und ein Anspruch dementsprechend zu verneinen ist. Insofern fehlt es
bereits an einem Anordnungsanspruch. Es verbleibt damit bei einer
berücksichtigungsfähigen Unterdeckung von nur ca. EUR 20,00.
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Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm die Aufbringung dieses
Mehraufwands bei Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses in der Sicherstellung seines
Lebensunterhaltes maßgeblich beschneidet.
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Die Kostenentscheidung ergeht in analoger Anwendung des § 193 SGG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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