Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 04.08.2004

LSG NRW (kläger, höhe, tarifvertrag, zahlung, arbeitsentgelt, arbeitnehmer, arbeitgeber, fälligkeit, begründung, ausscheiden)

Landessozialgericht NRW, L 12 AL 254/03
Datum:
04.08.2004
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 12 AL 254/03
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 27 AL 236/02
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 11a/11 AL 53/04 R
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund
vom 09.10.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind
auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird
zugelassen.
Tatbestand:
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Umstritten ist die Höhe des dem Kläger zu gewährenden Insolvenzgeldes. Fraglich ist
insbesondere, ob die Weihnachtsgratifikation für 2001 berücksichtigungsfähig ist oder
nicht.
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Der am 00.00.1944 geborene Kläger war als Arbeitnehmer bei der Firma I X GmbH in C
tätig, über deren Vermögen am 28.03.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
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An diesem Tag stellte der Kläger auch den Antrag auf Zahlung von Insolvenzgeld.
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Nachdem der Insolvenzverwalter für die Zeit vom 01.01.2002 bis 27.03.2002
ausstehendes Nettoentgelt in Höhe von 4.396,19 Euro bescheinigt hatte, bewilligte die
Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15.04.2002 Insolvenzgeld für die Zeit vom
01.01.2002 bis 27.03.2002 in Höhe des bescheinigten Rückstandes von 4.396,19 Euro.
Hiergegen legte der Kläger am 22.04.2002 Widerspruch ein und begehrte die
zusätzliche Berücksichtigung der Weihnachtsgratifikation 2001. Er verwies auf eine
Betriebsvereinbarung vom 06.12.2001, wonach das Weihnachtsgeld in 4 Raten gezahlt
werden sollte, und zwar die erste Rate im Dezember in Höhe von 800,00 DM brutto und
weitere Zahlungen im Januar, Februar und März 2002. Wegen des genauen Wortlauts
der Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 46 der Gerichtsakte Bezug genommen.
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Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2002
unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 02.11.2000 - B 11 AL
87/99 R - zurück. Nach dem für den Kläger gültigen Tarifvertrag müsse von einer sog.
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Stichtagsregelung ausgegangen werden. Bei einer solchen sei nach der Entscheidung
des BSG eine Verschiebung des Auszahlungsbetrages durch Betriebsvereinbarung in
das nachfolgende Kalenderjahr rechtlich nicht zulässig.
Hiergegen hat der Kläger am 04.11.2002 Klage vor dem Sozialgericht in Dortmund
erhoben und zur Begründung vorgetragen, das sog. Weihnachtsgeld sei zu Unrecht
beim Insolvenzgeld nicht berücksichtigt worden. Die Firma X GmbH sei seit drei Jahren
nicht mehr tarifgebunden gewesen. Daraufhin habe der Betriebsrat seit 1999 jeweils
eine Betriebsvereinbarung zum Weihnachtsgeld abgeschlossen, wonach die
Auszahlung dieses Weihnachtsgeldes geregelt sei. Entgegen der von der Beklagten
zitierten Rechtsprechung des BSG sei im vorliegenden Fall diese Sonderzahlung zu
berücksichtigen, weil jahrelang der Auszahlungszeitpunkt dieser Jahressonderzahlung
so festgelegt worden sei.
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Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.04.2002 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 09.10.2002 zu verurteilen, höheres Weihnachtsgeld unter
Berücksichtigung der anteiligen Weihnachtsgratifikation zu gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat vorgebracht, ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Insolvenzgeld
bestehe unter anderem dann, wenn sie bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die
vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Anspruch auf
Arbeitsentgelt hätten. Hierbei könne eine nicht einzelnen Monaten zuzuordnende
Jahressonderzahlung bei der Berechnung des Insolvenzgeldes nicht berücksichtigt
werde, wenn unter anderem der für die Jahressonderzahlung aufgrund betrieblicher
Übungen maßgebliche Auszahlungstag nicht in die letzten dem Insolvenzereignis
vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses falle. Eine Verschiebung des
Auszahlungsbetrages durch Betriebsvereinbarung in das nachfolgende Kalenderjahr
sei nach der Rechtsprechung des BSG rechtlich nicht zulässig.
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Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 09.10.2003 abgewiesen und zur
Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf höheres Insolvenzgeld
nach § 183 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGBIII). Der Insolvenzzeitraum umfasse die Zeit
vom 28.12.2001 bis 27.03.2002. Nach der Auffassung des Sozialgerichts sollte durch
die Betriebsvereinbarung vom 06.12.2001 eine Stundung im Sinne eines
Hinausschiebens der Fälligkeit für die nach betrieblicher Übung eigentlich für Ende
November vorgesehene Zahlung der Weihnachtsgratifikation erfolgen. Dies werde
schon durch die Wortwohl "aufgrund der andauernd schlechten Wirtschaftlage" und
"folgende Zahlungsweise" deutlich gemacht. Ein derartiges Verschieben bei
unverändertem Rechtsgrund des Anspruchs rechtfertige jedoch nach der
Rechtsprechung des BSG keine Einbeziehung in den Insolvenzgeldzeitraum. Hätte
nämlich eine Vereinbarung, die Fälligkeit der für ein bestimmtes Kalenderjahr zu
gewährenden Sonderleistung in das nächste Kalenderjahr zu legen, Auswirkungen auf
die Zuordnung zum Insolvenzgeldzeitraum, würde dies dem Grundsatz widersprechen,
dass das Arbeitsentgelt regelmäßig dem Zeitraum zuzurechnen sei, in dem es erarbeitet
worden sei.
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Gegen dieses ihm am 27.10.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.11.2003
eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor: Der Auffassung des
Sozialgerichts könne auch unter Berücksichtigung des zitierten BSG-Urteils vom
02.11.2000 nicht gefolgt werden, weil unterschiedliche Sachverhalte vorlägen. Der
Versicherte aus der Entscheidung des BSG habe Anspruch auf eine betriebliche
Sonderleistung auf der Grundlage des zwischen dem Fachverband Sanitär und
Heizungstechnik Hessen und der Industriegewerkschaft Metall abgeschlossenen
Tarifvertrages gehabt. Hier liege ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Die
Betriebsvereinbarung vom 06.12.2001 sehe einfach eine Zahlung der Sondervergütung
in verschiedenen Monaten vor, nicht mehr und nicht weniger. Soweit die
entsprechenden Zahlungen - wie hier - in den Insolvenzgeldzeitraum fielen, bestehe
auch ein entsprechender klägerseitiger Anspruch. Die Auffassung, es liege eine nicht
zulässige Verlegung vor, greife nicht durch. Es liege überhaupt keine Verlegung vor.
Eine Abweichung von Fälligkeitszeitpunkt einer tarifvertraglichen Regelung wie in der
Entscheidung des BSG bestehe hier nicht. Die Betriebsvereinbarung aus Dezember
2001 könne insoweit von nichts abweichen, weil es keine andere Rechtsgrundlage als
sie selbst gebe. Damit könne die Betriebsvereinbarung aber auch selbst den
Auszahlungszeitraum frei festlegen.
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Auf Anfrage des Senats vom 30.06.2004 hat der Vertreter des Klägers im Termin der
mündlichen Verhandlung die Höhe des Streitgegenstandes mit 1.080,85 DM brutto
angegeben. Die diesbezügliche Berechnung des Berichterstatters vom 30.06.2004
könne nachvollzogen werden.
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Der Kläger beantragt,
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das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.10.2003 zu ändern und
nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Maßgeblich sei nicht, wann die
Gratifikation beansprucht werden könne, sondern wann der Anspruch auf sie
arbeitsrechtlich entstanden sei. Es gehe nicht darum, ob die Gratifikation im
Insolvenzgeldzeitraum beansprucht werden könne, sondern ob sie für diesen Zeitraum
zustehe. Dies ergebe sich daraus, dass beim Insolvenzgeld der Grundsatz gelte, das
Arbeitsentgelt regelmäßig dem Zeitraum zuzuordnen sei, in dem es erarbeitet worden
sei.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Inhalt der
Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug
genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung ist unabhängig davon zulässig, ob die Rechnung des Berichterstatters zur
Streithöhe in der Verfügung vom 30.06.2004 zutreffend ist. Das Sozialgericht hat die
Berufung im Urteil vom 09.10.2003 offenbar vorsorglich zugelassen, weil es der
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Streitsache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat. Hieran ist der Senat
gebunden, § 144 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden,
dass dem Kläger kein höheres Insolvenzgeld zugewähren ist.
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Anspruch auf Insolvenzgeld haben nach § 183 Satz 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Arbeitnehmer,
wenn sie bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers
(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch
Ansprüche aus Arbeitsentgelt haben. Nach § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB III gehören zu den
Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.
Nicht zweifelhaft ist, dass es sich bei der Jahressonderzahlung um Arbeitsentgelt im
Sinne von § 183 Abs. 1 SGB III handelt. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, die
Jahressonderzahlung in die Insolvenzgeldberechnung einzubeziehen, denn die
Zahlung ist weder dem Insolvenzzeitraum zeitanteilig zuzurechnen noch ist sie als nicht
einzelnen Monaten zuzurechnende Zahlung den letzten drei Monaten des
Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Insolvenzereignisses zuzuordnen. Der Senat hat
zunächst geprüft, ob dem Kläger überhaupt eine Jahressonderzahlung
(Weihnachtsgeld) zustand. Nach Angaben des Kläger verfügte er über keinen
schriftlichen Arbeitsvertrag. Nach Feststellungen der Beklagten war der Arbeitgeber ab
01.01.2000 als Unternehmer ohne Tarifsbindung beim Arbeitgeberverband geführt. Der
Umstand, dass der Arbeitgeber seit dem 01.01.2000 nicht mehr tarifgebunden war,
besagt jedoch noch nichts über den Anspruch des Klägers. Nach § 3 Abs. 3
Tarifvertragsgesetz bleibt die Tarifgebundenheit bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2004 mitgeteilt, dass er
seit 1992 in dem Unternehmen gearbeitet habe und ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht
geschlossen worden sei. Mündlich sei aber die Höhe des Lohns und der
Jahressonderzahlung an den jeweils gültigen Tarifvertrag gekoppelt gewesen. So sei es
auch jahrelang betriebliche Praxis gewesen. Die tarifvertraglichen Änderungen in der
Höhe des Lohns und der Jahressonderzahlung seien immer entsprechend dem
Tarifvertrag an die Arbeitnehmer weitergegeben worden. Von einem Austritt des
Arbeitgebers aus der Tarifgebundenheit sei er selbst erst kurz vor der Insolvenz in
Kenntnis gesetzt worden. Eine Änderung des Arbeitsvertrages sei weder mündlich noch
schriftlich erfolgt. Damit steht für den Senat fest, dass der Kläger arbeitsvertragsrechtlich
Anspruch auf Zahlung einer Jahressonderzahlung in der Höhe hatte, wie sie sich aus
dem Tarifvertrag ergibt. Maßgeblicher Tarifvertrag war hier der Tarifvertrag über die
tarifliche Absicherung eines Teils des 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996 in der
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens. Da der
Arbeitgeber den Arbeitsvertrag mit dem Kläger nach seinem Ausscheiden aus der
Tarifgebundenheit nicht wirksam geändert hat (z. B. durch eine Änderungskündigung
oder den mündlichen Abschluss einer neuen Vereinbarung), bleibt festzustellen, dass
der Kläger im Jahr 2001 Anspruch auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 55 %
einer Monatsvergütung hatte (§ 2 Ziffer 2.2 des oben genannten Tarifvertrages).
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Die zeitliche Zuordnung der Jahressonderzahlung bestimmt sich nach § 3 des oben
genannten Tarifvertrages. Dieser hat folgenden Wortlaut:
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1. Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarung gere- gelt.
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2. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als
Auszahlungstag im Sinne des § 3 Nr. 1 der 1. Dezember.
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In diesem Fall ist es dem Arbeitgeber unbenommen, die Erfüllung der Zahlung vorher
durchzuführen.
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3. Über Abschlagszahlungen können Regelungen in die Betriebsvereinbarung
aufgenommen werden.
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Betriebsvereinbarungen hat es bis zum Jahr 1998 nicht gegeben, so dass als
Fälligkeitszeitpunkt bis dahin grundsätzlich der 01.12. eines Jahres anzusehen ist. Es
war nun darüber zu entscheiden, ob dieser Fälligkeitszeitpunkt durch
Betriebsvereinbarung ab 1999, hier derjenigen vom 06.12.2001, in die Monate Januar
bis März 2002 verschoben werden konnte. Dies hat der Senat im Anschluss an die
Rechtsprechung des BSG verneint (Anschluss an das Urteil des BSG vom 02.11.2000 -
B 11 AL 87/99 R -). Nach Auffassung des BSG verbieten Sinn und Zweck der tariflichen
Regelung den Auszahlungstag auf einen Tag außerhalb des Kalenderjahres, für den
die Sonderzahlung gedacht ist, zu legen. Die tarifliche Regelung begründe einen
Anspruch auf Sonderzahlung je Kalenderjahr für alle Arbeitnehmer, die am
Auszahlungstag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Nach der tariflichen
Sonderregelung sollen die Sonderzahlungen neben der Betriebstreue auch die
Gegenleistung für die im jeweiligen Kalenderjahr geleistete Arbeit sein. Hätte eine
Vereinbarung, die Fälligkeit der für ein bestimmtes Kalenderjahr zu gewährenden
Sonderzahlung in das nächste Kalenderjahr zu legen, Auswirkungen auf die Zuordnung
zum Insolvenzgeldzeitraum, würde dies dem Grundsatz widersprechen, dass das
Arbeitsentgelt regelmäßig dem Zeitraum zuzuordnen ist, in dem es "erarbeitet" worden
ist. Dieser Rechtsprechung des BSG schließt sich der Senat an, zumal das BSG diese
Rechtsprechung in einem Urteil, allerdings zu einem anderen Sachverhalt vom
18.03.2004 - B 11 AL 57/03 R - bestätigt hat. Daraus folgt, dass die
Betriebsvereinbarung vom 06.12.2001 jedenfalls insoweit unwirksam ist, als die
Fälligkeit in das Jahr 2002 hinein verschoben worden ist. Ein Anspruch auf höheres
Insolvenzgeld steht dem Kläger aber auch nicht hinsichtlich der Zeit vom 28.12. -
31.12.2001 zu, da er von seinem Arbeitgeber bereits einen Teil des Weihnachtsgeldes
in Höhe von 800,00 DM brutto erhielt, womit diese 4 Tage im Jahr 2001 jedenfalls
abgedeckt sind.
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Wenn aber die Jahressonderzahlung für 2001 nicht zu einem höheren Anspruch des
Klägers auf Insolvenzgeld führt, war zu prüfen, ob die Sonderzahlung für 2002 jedenfalls
zu 3/12 hätte berücksichtigt werden müssen. Auch dies war zu verneinen. Die
Jahressonderzahlung als Leistung, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen
Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt wird, begründet einen Insolvenzgeldanspruch in
Höhe des auf den Insolvenzgeldzeitraum entfallenen Anteils, wenn arbeitsrechtliche
Vereinbarungen oder tarifvertragliche Regelungen für den Arbeitnehmer auch bei
vorherigem Ausscheiden einen zeitanteiligen Anspruch vorsehen (vgl. BSG vom
18.03.2004 - B 11 AL 57/03 R -). Eine aufgrund tariflicher Regelung oder betrieblicher
Übung allen an einem Stichtag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehenden
Arbeitnehmern grundsätzlich ungekürzt zustehende Jahressonderzahlung ist dem
gegenüber nicht einzelnen Monaten zuzuordnen (vgl. BSG vom 02.11.2002 - B 11 AL
87/99 R - mit weiterem Rechtsprechungsnachweisen).
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Hier liegt eine sogenannte Stichtagsregelung vor, die allen am Stichtag ungekündigten
Arbeitnehmern eine volle Jahressonderzahlung zubilligte. Der hier anwendbare
Tarifvertrag ist vergleichbar mit dem, der der Entscheidung des BSG vom 18.03.2004 zu
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Grunde gelegen hat. Ein anteiliger Anspruch stand bei vorzeitigem Ausscheiden nicht
zu. Dann aber kommt eine 3 /12 Berücksichtigung für die Monate Januar bis März 2002
nicht in Betracht. Klage und Berufung konnten somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
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Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er mit dem SG der Sache grundsätzliche
Bedeutung zumisst, § 160 Abs. 2 Ziffer 2 SGG. Es handelt sich insbesondere nicht um
einen Einzelfall, denn dem Senat ist bekannt, dass allein beim LSG Nordrhein-
Westfalen weitere vier Streitverfahren anhängig sind. Nach Angaben des
Klägerbevollmächtigen sind im Hinblick auf diesen Rechtsstreit noch 29 Verfahren bei
den Sozialgerichten zum Ruhen gebracht worden.
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