Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.01.2006

LSG NRW: witwenrente, unterbrechung der verjährung, ddr, höhere gewalt, versicherungsträger, republik, regierung, rentenanspruch, wiedervereinigung, arbeiter

Landessozialgericht NRW, L 18 KN 17/04
Datum:
31.01.2006
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 18 KN 17/04
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 24 KN 100/02
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund
vom 17.10.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist die Gewährung einer großen Witwenrente an den Kläger als
Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter E K für die Zeit vom 27.02.1963 bis
zum 30.06.1998.
2
Der 1909 in Jugoslawien geborene Versicherte T K war mit Unterbrechungen vom
09.02.1939 bis 03.09.1941 und vom 23.08.1945 bis 27.02.1963 in seinem Heimatland
und während des Zweiten Weltkrieges vom 09.10.1941 bis 09.05.1945 bei der
Deutschen H AG in C versicherungspflichtig beschäftigt. Er verstarb am 00.02.1963.
3
Seine 1907 ebenfalls in Jugoslawien geborene Ehefrau, E K, mit der der Versicherte
seit 1927 verheiratet war, bezog vom jugoslawischen Versicherungsträger aufgrund
ihres dortigen Antrags vom 27.03.1963 ab 28.02.1963 eine Witwenrente.
4
Die Witwe des Versicherten beantragte sodann am 01.07.1999 beim jugoslawischen
Versicherungsträger die Gewährung einer Witwenrente unter Berücksichtigung der
Reichsgebietsbeitragszeit ihres verstorbenen Ehemannes zur Weiterleitung an den
zuständigen deutschen Versicherungsträger. Der Antrag wurde zunächst an die
Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern-Oberpfalz weitergegeben, welche mit
Bescheid vom 05.11.1999 die Gewährung einer Witwenrente ablehnte und zur
Begründung ausführte, die Wartezeit sei nicht erfüllt. Die Beklagte stellte den Bescheid
der Antragstellerin über den von ihr bevollmächtigten - in Deutschland lebenden - Sohn
W K zu.
5
Die Witwe des Versicherten erhob daraufhin am 07.12.1999 Widerspruch gegen die
Entscheidung der LVA und machte geltend, die deutschen Versicherungszeiten seien in
6
Jugoslawien bei der Regelung ihrer Hinterbliebenenrente nicht anerkannt worden. Ihr
verstorbener Ehemann, der Versicherte, habe sein Arbeitsverhältnis in der
Bundesrepublik Deutschland 1945 nicht freiwillig beendet, vielmehr habe er nicht
bleiben können, weil die russischen Besatzungsmächte alle Ausländer in ihre Heimat
abgeschoben hätten und die jugoslawische Regierung eine Rückkehr nach
Deutschland nicht erlaubt hätte. Durch diese Umstände seien sie und ihr verstorbener
Ehemann geschädigt worden. Da die deutsche Regierung einen "Beschluss" erlassen
habe, dass diejenigen, die im Krieg 1941 geschädigt worden seien, entschädigt würden,
sei sie der Meinung, dass ein positiver Bescheid rechtmäßig sei.
Die LVA teilte der Witwe des Versicherten am 24.11.2000 mit, dass die Beklagte für die
Feststellung der Rente zuständig sei, hob ihren Bescheid vom 05.11.1999 auf und gab
den Vorgang zuständigkeitshalber an die Beklagte ab.
7
Die Beklagte lehnte sodann mit Bescheid vom 29.05.2001 den Rentenantrag zunächst
ebenfalls ab und vertrat die Auffassung, die bis 14.05.1945 erworbenen Anwartschaften
fielen in Anwendung des Artikel 31 des Abkommens zwischen der Deutschen
Demokratischen Republik (DDR) und der Sozialistischen Föderativen Republik
Jugoslawien vom 31.10.1974 in die Versicherungslast des jugoslawischen
Versicherungsträgers, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens
ihren ständigen Wohnsitz in Jugoslawien gehabt habe. Eine Änderung der Rechtslage
sei durch die Wiedervereinigung Deutschlands nicht eingetreten. Da somit zu
entschädigende deutsche Versicherungszeiten nicht mehr vorhanden seien, sei ein
Anspruch auf eine Leistung aus der deutschen Rentenversicherung nicht gegeben.
8
Der 1936 geborene Kläger teilte der Beklagten unter Vorlage eines Auszugs aus dem
"Todesregister" vom 17.05.2001 mit, dass seine Mutter am 12.05.2001 verstorben sei. Er
wandte sich unter der Anschrift der Verstorbenen am 24.08.2001 gegen die Ablehnung
der Rente. Auf Nachfrage der Beklagten teilte er mit, seine Mutter habe bis zu ihrem Tod
bei ihm gelebt.
9
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit
Widerspruchsbescheid vom 15.01.2002 zurück und vertrat ebenfalls die Auffassung,
dass eine Entscheidung über die übergegangenen Versicherungszeiten vom
09.10.1941 bis 09.05.1945 bereits mit der Zuerkennung der jugoslawischen
Witwenrente am 27.021963 erfolgt sei.
10
Hiergegen hat der Kläger am 02.04.2002 Klage erhoben, mit der er sich zunächst gegen
die Ablehnung der Witwenrente in Gänze gewandt hat.
11
Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 23.12.2002 den vom Kläger geltend
gemachten Anspruch auf Gewährung der großen Witwenrente für die Zeit vom
01.07.1998 bis 31.05.2001 anerkannt hat, hat der Kläger sich nunmehr gegen den von
der Beklagten festgestellten Rentenbeginn gewendet und eine weitergehende
Nachzahlung für den Zeitraum ab dem Todestag seines Vaters am 27.02.1963 geltend
gemacht.
12
Der Kläger, für den trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand zum Termin erschienen ist,
hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
13
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.05.2001 in der Fassung des
14
Widerspruchsbescheides vom 15.01.2002 und des Bescheides vom 23.12.2002 zu
verurteilen, ihm als Sonderrechtsnachfolger der Frau E K aus der Versicherung des T K
große Witwenrente für die Zeit vom 27.02.1963 bis zum 30.06.1998 nach Maßgabe der
gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
15
die Klage abzuweisen.
16
Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich der Rentenbeginn nach § 99 Abs. 2 Satz 3
des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) richte, wonach eine
Hinterbliebenenrente nicht für mehr als 12 Kalendermonate vor dem Monat, in dem die
Rente beantragt wird, zu leisten sei. Da die verstorbene Witwe des Versicherten die
große Witwenrente am 08.07.1999 beim jugoslawischen Versicherungsträger beantragt
habe, beginne die vom Kläger als Sonderrechtsnachfolger begehrte Rente am
01.07.1998. Im Übrigen entfalte der 1963 in Jugoslawien gestellte Rentenantrag keine
Wirkung mehr, da der jugoslawische Versicherungsträger über diesen Antrag bereits
1963 entschieden habe. Unabhängig davon hat die Beklagte im Rahmen der
mündlichen Verhandlung am 17.10.2003 die Einrede der Verjährung erhoben.
17
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.10.2003 abgewiesen. Es hat zur
Begründung im wesentlichen ausgeführt, ausgehend von einer Antragstellung der
Witwe des Versicherten am 01.07.1999 habe die Beklagte den Rentenbeginn in ihrem
Bescheid vom 23.12.2002 zutreffend nach Maßgabe des § 99 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auf
den 01.07.1998 festgelegt. Der von der Witwe am 27.02.1963 beim jugoslawischen
Versicherungsträger gestellte Rentenantrag habe damals keine Rechtswirkungen
gegenüber der Beklagten entfaltet, da bis zur Bescheidung des Antrages das deutsch-
jugoslawische Sozialversicherungsabkommen vom 12.10.1968 noch nicht in Kraft
getreten sei.
18
Der Kläger hat Berufung eingelegt und zur Begründung unter Vorlage eines Auszuges
aus dem "Eheregister" sowie zwei Auszügen aus dem "Todesregister" alle vom
20.08.2001, und einer Kopie des Arbeitsbuchs des Versicherten weiterhin im Wege der
Sonderrechtsnachfolge einen (weitergehenden) Anspruch auf Gewährung der
Witwenrente für den Zeitraum vom 27.02.1963 bis 30.06.1998 geltend gemacht. Sein
Vater sei - ausweislich des Arbeitsbuches - als ausländischer Arbeiter bezüglich aller
seiner Rechte den deutschen Arbeitern gleichgestellt gewesen. Dieses Recht sei
seitens der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), dessen Nachfolger der jetzige
deutsche Staat sei, garantiert. Aufgrund dessen würden nicht die nachträglich
abgeschlossenen zwischenstaatlichen Verträge und Konventionen, die keine
Rückwirkung hätten, gelten, sondern dieselben Gesetze, die für deutsche Arbeiter
gelten würden. Seine Mutter, die verstorbene Witwe des Versicherten, hätte, wie im
Verwaltungsverfahren ausgeführt, wegen der politischen Lage im ehemaligen
Jugoslawien und der ehemaligen DDR und damit wegen "hoher Gewalt" keinen
früheren Antrag stellen können.
19
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
20
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.10.2003 abzuändern und nach dem
Klageantrag zu entscheiden.
21
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
22
die Berufung zurückzuweisen.
23
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
24
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakte
Bezug genommen.
25
Entscheidungsgründe:
26
Das Gericht durfte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu
ihr ausdrückliches Einverständnis erteilt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
27
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
28
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den
angefochtenen Bescheid vom 29.05.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 15.01.2002 und des Bescheides vom 23.12.2002, der gemäß § 96 SGG
Gegenstand des Verfahrens geworden ist, nicht im Sinn des § 54 Abs. 2 SGG
beschwert, da die Bescheide nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat mit ihrem letzten
Bescheid vom 23.12.2002 den 01.07.1998 rechtsfehlerfrei als Beginn der Witwenrente
festgelegt.
29
Der Kläger, der mit seiner Mutter, der Witwe des Versicherten, im Zeitpunkt ihres Todes
am 12.05.2001 in einem Haushalt gelebt hat und daher gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) als ihr Sonderrechtsnachfolger
anzusehen ist, hat für den streitigen Zeitraum vor dem 01.07.1998 keinen Anspruch auf
die Gewährung der großen Witwenrente aus der Versicherung seines Vaters, T K.
30
Es kann dahingestellt bleiben, ob der am 27. März 1963 in Jugoslawien gestellte
Witwenrentenantrag auch als ein Rentenantrag nach zwischenstaatlichem Recht,
zwischen der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien und sowohl der Bundesrepublik
Deutschland als auch der ehemaligen DDR anzusehen ist.
31
Selbst wenn dies so nach dem Abkommen zwischen der Regierung der ehemaligen
DDR und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sozialversicherung vom 12. Oktober 1968 so
gewesen wäre, könnten Rechte daraus nicht (mehr) hergeleitet werden. In Folge der
Wiedervereinigung Deutschlands findet das Abkommen keine Anwendung mehr, da die
Bundesrepublik Deutschland nicht Rechtsnachfolgerin der mit dem Wirksamwerden der
Beitrittserklärung gemäß Artikel 23 Grundgesetz (GG) a. F. als Staats- und
Völkerrechtssubjekt vollständig und ersatzlos untergegangenen DDR geworden ist
(Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - in SozR 3 - 8100 Artikel 12 Nr. 4 m. w. N.),
womit grundsätzlich auch die von ihr geschlossenen völkerrechtlichen Verträge beendet
wurden (Urteil des BSG in SozR 3 - 8100 Artikel 12 Nr. 3 m. w. N.).
32
Es kann ferner dahin gestehen, ob nach den zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien (Ex-Jugoslawien) geschlossenen
Verträge und Sozialversicherungsabkommen der am 27. März 1963 gestellte
33
Rentenantrag auch in der Bundesrepublik Deutschland als gestellt anzusehen ist, und
ob deshalb daraus ab einem der In-Kraft-tretens-Zeitpunkte oder zu einem anderen
Zeitpunkt ein Rentenanspruch entstanden ist und daraus Rentenleistungen haben
fließen können. Selbst wenn dies so wäre, wären die Ansprüche auf diese Leistungen
bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Beklagte Rentenleistungen gewährt hat, verjährt. Auf
diese Verjährung beruft sich die Beklagte.
Die von dem Versicherten in C, somit nach Versicherungsgesetzen des Deutschen
Reiches zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten vom 09. Oktober 1941 bis 09. Mai 1945
führen zwar zusammen mit den im ehemaligen Jugoslawien zurückgelegten Zeiten zu
einem Rentenanspruch aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung
(Stammrecht und Früchte). Dieser Rechtssituation hat die Beklagte mit dem Bescheid
vom 23. Dezember 2002 für den Zeitraum vom 01. Juli 1998 bis 31. Mai 2001 Rechnung
getragen.
34
Die davor fällig gewordenen Rentenzahlansprüche sind samt und sonders verjährt. Die
insofern von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift durch. Der Kläger
hat darauf keinen Anspruch mehr.
35
Nach § 45 Abs. 1 SGB I verjähren Ansprüche auf Sozialleistungen grundsätzlich in vier
Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Dabei verjährt
allerdings nicht das Stammrecht, sondern nur der einzelne auf eine zurückliegende Zeit
entfallende Leistungsanspruch. Neben der Entstehung des von einer Antragstellung
unabhängigen und unverjährbaren Rentenanspruchs entstehen sukzessive
nacheinander fällige und jeweils verjährbare Ansprüche auf den Berechtigten
zustehende Einzelleistungen (vgl. Urteil des BSG vom 22.10.1996, Az.: B 13 RJ 17/96
in SozR 3-1200 § 45 SGB V Nr. 6). Bezogen auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger
der Witwe des Versicherten folgt daraus, dass der Anspruch auf die Rentenzahlungen
für 1963 bis 1991 am 01.01.1968 bis 01.01.1996 verjährt war. Für die Zeit nach
Inkrafttreten des SGB VI am 01.01.1992 hat die Beklagte den Rentenbeginn zutreffend
nach Maßgabe des § 99 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auf den 01.07.1998 festgesetzt.
36
Die Verjährung ist auch nicht unterbrochen worden. Selbst unterstellt, die Klägerin hätte
wirksam vor dem 01.07.1999 einen Rentenantrag gestellt, hätte dieser jedenfalls nicht
die Verjährung unterbrochen. Zwar bestimmt § 45 Abs. 2 SGB I, dass die Verjährung
durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung bis zur Bekanntgabe der Entscheidung
über den Antrag unterbrochen wird, wobei es nach der Rechtsprechung unschädlich
wäre, wenn das die Verjährung unterbrechende Ereignis vor Beginn der Verjährung
liegt (vgl. Urteil des BSG vom 24.09.1991 in SozR 3-1200 § 45 SGB I Nr. 1). Es ist in
diesem Fall nämlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte in dem Zeitraum vom
Entstehen des Stammrechts mit der Wiedervereinigung Deutschlands am 03.10.1990
bis 01.07.1999 keine Kenntnis vom Rentenbegehren der Witwe des Versicherten hatte
und ein Verwaltungsverfahren weder aufnehmen, noch betreiben oder gar abschließen
konnte. Nach dem hier entsprechend anwendbaren § 204 Abs. 2 Satz 2 und 3
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - (vgl. Urteile des BSG vom 24.09.1992, Az.: 9a RV
22/91 in SozR 3-1200 § 45 SGB I Nr. 1 und vom 15.06.2000, Az.: B 7 AL 64/99 R, beide
noch zu der im wesentlichen inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 211 Abs. 2 BGB)
wird die Verjährung zwar grundsätzlich durch eine Antragstellung gehemmt. Gerät das
Verfahren aber dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht beitreiben, so tritt an die
Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des
Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt
37
erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt, § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB.
Bezogen auf den vorliegenden Fall folgt hieraus: die vorläufig (für über sechunddreißig
Jahre) erste und zugleich letzte Verfahrenshandlung vor dem 01.07.1999 war der am
27.03.1963 in Jugoslawien gestellte Rentenantrag. Dieser war zwar grundsätzlich in der
Lage, die Verjährung der Leistungsansprüche zu unterbrechen, doch diese
Unterbrechung endete schon wieder im Moment ihrer Entstehung, so dass im Ergebnis
keine Unterbrechung der Verjährung vorliegt (so im Ergebnis auch das unveröffentlichte
Urteil des LSG Berlin vom 03.05.2002, Az.: L 5 RA 10/01, dort ausgehend von einem
siebeneinhalb Jahre dauernden Stillstand).
Auch soweit die Witwe des Versicherten und (ihr sich anschließend) der Kläger geltend
gemacht hat, sie habe wegen der politischen Lage im ehemaligen Jugoslawien und der
ehemaligen DDR keinen früheren Antrag stellen können, führt dies nicht zu einer
anderen Beurteilung der Rechtslage. Die Verjährung ist zwar in entsprechender
Anwendung des § 206 BGB gehemmt, solange der Gläubiger innerhalb der letzten 6
Monate Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert war.
Insofern ist jedoch zu berücksichtigen, dass die politischen Verhältnisse der DDR nicht
ausschlaggebend sein können, da bis zum Untergang am 02.10.1990 die Klägerin
keinen Anspruch hätte geltend machen können, sie also auch nicht wegen der
besonderen politischen Lage der DDR, sondern wegen der derzeiten Rechtslage
gehindert war, den später (nach Geltung des RKG auch rückwirkend) entstehenden
Rentenanspruch durchzusetzen. Was die politische Lage Jugoslawiens anbelangt, greift
der Einwand ebenfalls nicht durch, da die militärische Auseinandersetzung einiger
NATO-Staaten und der Bundesrepublik Jugoslawien (sog. Kosovo-Krieg) erst in der Zeit
vom 24.03.1999 bis 10.06.1999 (und damit nach der letzten Frist in entsprechender
Anwendung des § 206 BGB vom 01.07.1994 bis 01.01.1995) stattfand. Die vorherigen
militärischen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Republiken Jugoslawiens
haben den Rechtsverkehr über das Wirtschaft- und Waffenembargo des UNO-
Sicherheitsrates gegen Jugoslawien zwischen Jugoslawien und der Bundesrepublik
nicht beeinträchtigt. Es liegen keine Anhaltspunkte vor und werden auch nicht vom
Kläger vorgetragen, dass die Witwe des Versicherten aus politischen Gründen gehindert
gewesen wäre, einen erneuten Antrag zu stellen.
38
Zu Recht hat die Beklagte danach für den Zeitraum vom 17.02.1963 bis 31.12.1991 (für
die Zeit nach Inkrafttreten des SGB VI am 01.01.1992 hat die Beklagte, wie ausgeführt ,
den Rentenbeginn zutreffend nach Maßgabe des § 99 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auf den
01.07.1998 festgesetzt) die Einrede der Verjährung erhoben. Aufgrund der Untätigkeit
der Witwe des Versicherten und der daraus folgenden fehlenden Beteiligung der
Beklagten bis 01.07.1999 sind insoweit auch Ermessensfehler nicht ersichtlich; im
Gegenteil dürfte angesichts der klaren Sachlage, des Versäumnisses der Witwe des
Versicherten und der fehlenden Beteiligung der Beklagten bis Juli 1999 alles dafür
gesprochen haben, von der Einrede der Verjährung auch Gebrauch zu machen, so dass
das Fehlen einer Begründung für die Ermessensentscheidung unschädlich ist (vgl.
insoweit Urteil des BSG vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 12/92 in SozR 3-1200 § 45 SGB I
Nr. 2).
39
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
40
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2
SGG nicht vorliegen.
41