Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.11.2006

LSG NRW: besondere härte, lebensversicherung, rückkaufswert, übereinstimmende willenserklärungen, verwertung, beratungspflicht, freibetrag, arbeitslosenhilfe, bausparvertrag, amtshandlung

Landessozialgericht NRW, L 20 AS 89/06
Datum:
20.11.2006
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 20 AS 89/06
Vorinstanz:
Sozialgericht Duisburg, S 27 AS 289/05
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 11b AS 63/06 R
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts
Duisburg vom 09.06.2006 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten
sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird
zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist der Anspruch der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGG II) für die Zeit vom 23.05.2005 bis
31.07.2005, insbesondere die Frage der Hilfebedürftigkeit des Klägers und seiner
Ehefrau wegen des Vorhandenseins einer Lebensversicherung.
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Der am 00.00.1949 geborene Kläger zu 1) beantragte am 11.05.2005 für sich und seine
am 00.00.1954 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2), Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Der Kläger zu 1) bezog bis zum 22.05.2005
Arbeitslosengeld nach dem SGB III in Höhe von täglich 36,32 EUR. Über (weitere)
monatliche Einkünfte der Kläger ist nichts bekannt.
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An Vermögen war zum Antragszeitpunkt vorhanden:
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- ein Bausparvertrag mit einem Guthaben von 4.542,52 EUR - ein Girokonto mit einem
Kontostand von 2.160,76 EUR - Bargeld in Höhe von 200,- EUR - eine
Kapitallebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 27.401,- EUR (50.852,42 EUR
Versicherungssumme, Guthabenwert 28.522,- EUR) Diese Kapitallebensversicherung
war ausweislich eines Schreibens der Lebensversicherungs-AG Deutscher Ring vom
27.05.2005 zum Antragszeitpunkt beitragsfrei gestellt.
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Darüber hinaus stand im Eigentum der Kläger ein PKW, Mercedes Modell 200, Baujahr
1993, mit einem geschätzten Restwert von 2.000,- EUR
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Neben den Regelleistungen fallen als Bedarf der Kläger Unterkunfts- und Heizkosten
(laut Mieterbescheinigung vom 20.05.2005) für ihre 66,80 m² große und zusammen mit
ihrem 1984 geborenen Sohn bewohnte Wohnung monatliche Kosten in Höhe von
insgesamt 420,44 EUR an (Miete in Höhe von 260,48 EUR, Nebenkosten von 133,96
EUR und Heizkosten in Höhe von 26,- EUR) an.
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Mit Bescheid vom 31.05.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab. Das zu
berücksichtigende Vermögen von insgesamt 35.431,35 EUR übersteige die
anzuerkennenden Grundfreibeträge von 24.200,- EUR. Hilfebedürftigkeit liege daher
nicht vor.
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Mit Widerspruch vom 06.06.2005 führten die Kläger aus, ursprünglich habe die
Lebensversicherung zum 01.07.2009 fällig werden sollen mit einem Guthaben von
50.852,42 EUR. Dieser Betrag habe der zusätzlichen Altersversorgung dienen sollen.
Bedingt durch die Arbeitslosigkeit sei der Kläger zu 1) nicht mehr in der Lage gewesen,
den monatlichen Beitrag von 293,18 EUR zu zahlen. Die Versicherung sei daher
beitragsfrei gestellt worden. Der Rückkaufswert der Versicherung betrage nur 27.401,-
EUR. Müsste er noch einen Betrag von 11.231,35 EUR verwerten, beliefe sich der
Verlust auf insgesamt 34.682,77 EUR. Die Auflösung des
Lebensversicherungsvertrages wäre daher wirtschaftlich nicht sinnvoll und stelle eine
unzumutbare Härte dar. Sie seien aber mit einem Auszahlungsvorbehalt durch die
Agentur für Arbeit bis zum 01.07.2009 einverstanden. Die Lebensversicherung möge
daher bis zu diesem Auszahlungsdatum nicht mehr in die Vermögensberechnung
einbezogen werden.
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Mit Bescheid vom 13.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet
zurück. Der Kläger zu 1) habe zu Beginn des Bewilligungsabschnitts am 11.05.2005
das 55. Lebensjahr vollendet. Es ergebe sich daher ein Grundfreibetrag in Höhe von
11.000,- EUR (200,- EUR x 55). Seine Ehefrau habe das 51. Lebensjahr vollendet, so
dass ein weiterer Grundfreibetrag in Höhe von 10.200,- EUR zu berücksichtigen sei. Der
gesamte Grundfreibetrag betrage demnach 21.200,- EUR. Unter Berücksichtigung des
Freibetrages für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,- EUR für jeden in der
Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II ergebe
sich ein Freibetrag von 22.700,- EUR. Das verwertbare Vermögen übersteige diesen
Freibetrag, so dass mangels Hilfebedürftigkeit kein Anspruch auf Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts bestehe. Die Verwertung des Vermögens sei weder
unwirtschaftlich noch stelle sie eine besondere Härte dar. Von Unwirtschaftlichkeit sei
nur auszugehen, wenn z.B. der Rückkaufswert mehr als 10 % niedriger wäre als die
Summe der eingezahlten Beiträge. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Summe der
eingezahlten Beiträge belaufe sich auf 27.267,12 EUR. Der Rückkaufswert übersteige
diesen Betrag. Eine unbillige Härte sei nicht zu erkennen. Der Kläger zu 1) sei
langfristig versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Er habe daher einen Anspruch
auf eine durchschnittliche Rente.
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In ihrer hiergegen am 15.07.2005 beim Sozialgericht Duisburg erhobene Klage haben
sich die Kläger zunächst auf das Widerspruchsschreiben vom 06.06.2005 berufen.
Ergänzend haben sie vorgetragen, die Beklagte sei zu Unrecht von einem Wert der
Lebensversicherung von 28.522,- EUR ausgegangen. Der Rückkaufswert betrage, wie
durch Vorlage entsprechender Schreiben der Lebensversicherung dargelegt, lediglich
27.401,- EUR. Die Differenz zwischen den eingezahlten Beiträgen und dem
Rückkaufswert betrage lediglich 134,- EUR. Ausgehend vom Abschluss der
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Versicherung im Jahre 1991 bewege sich die Rendite lediglich im Promillebereich.
Bereits die Beitragsfreistellung der Lebensversicherung wegen Arbeitslosigkeit im Jahre
2003 habe zu erheblichen Verlusten geführt. Die Lebensversicherung bzw. die Reste
davon stellten für die Klägerin zu 2) im Falle des Ablebens des Klägers zu 1) die einzige
Vorsorge dar. Der vorrätige Barbetrag und das Girokontoguthaben unterlägen einem
ständigen Wandel. Dies sei im Widerspruchsbescheid nicht beachtet worden, so dass
die Beklagte nicht die aktuellen Werte zu Grunde gelegt habe. Der von der Beklagten
berücksichtigte Bausparvertrag werde derzeit kapitalisiert. Auf Grund einer Schätzung
der LVA Rheinland vom 14.11.2003 werde die künftige Altersrente des Klägers zu 1)
voraussichtlich 1.148,04 EUR monatlich betragen. Davon seien noch
Krankenkassenbeiträge und die Beiträge zur Lebensversicherung abzuziehen. Die
Lebensversicherung stelle eine sehr bescheidene Aufbesserung des zu erwartenden
Lebensstandards dar.
Mit Schreiben vom 05.08.2005 hat das Sozialgericht auf die Vorschrift des § 12 Abs. 2
Nr. 3 SGB II hingewiesen. Die Klage habe im Übrigen keine Aussicht auf Erfolg.
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Der Kläger zu 1) hat daraufhin am 29.08.2005 einen Verwertungsausschluss gemäß §
165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) mit seinem Lebensversicherer
vereinbart. Seinen Bausparvertrag hat er mit Wirkung vom 13.09.2005 aufgelöst und
eine Gutschrift in Höhe von 4.482,90 EUR erhalten. Sei dem 29.08.2005 erhalten die
Kläger Leistungen nach dem SGB II (vgl. Bewilligungsbescheid vom 08.02.2006).
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Zur Klagebegründung haben die Kläger sodann ergänzend vorgetragen, die Beklagte
hätte bereits bei Antragstellung oder aber spätestens während des
Widerspruchsverfahrens auf § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II hinweisen müssen. Wäre der
Hinweis erfolgt, hätte der Kläger zu 1) sich bereits zum damaligen Zeitpunkt um eine
entsprechende Vereinbarung mit seinem Lebensversicherer bemüht. Ein
entsprechender Hinweis hätte das gesamte Verfahren überflüssig gemacht. Im Übrigen
sei bereits mit Widerspruchsschreiben vom 06.06.2005 vorgeschlagen worden, die
Lebensversicherung mit einem Auszahlungsvorbehalt bis zum 01.07.2009 zu versehen.
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Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31.05.2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13.06.2005 zu verurteilen, den Klägern Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nach
Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften ohne Anrechnung von Vermögen zu bewilligen.
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Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten. In Ergänzung
des Inhalts ihres Widerspruchsbescheides hat sie ausgeführt, es sei alleine
Angelegenheit des Kläger zu 1), seine Vermögensdisposition so zu treffen, dass
Vermögen der Altersvorsorge diene. Es handele sich um eine vertragsspezifische
Angelegenheit, die der Kläger zu 1) mit seiner Versicherung zu klären habe. In der
Beratungspflicht stehe diesbezüglich allein der Lebensversicherer. Die Beklagte treffe
keine Beratungspflicht bzgl. des Hinweises auf § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. Bei
Antragstellung hätten die bekannten Vermögensverhältnisse vorgelegen, die zur
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Ablehnung des Leistungsanspruchs geführt hätten. Ein Hinweis der Beklagten hätte
nicht zu einer Leistungsgewährung geführt, da die Vermögensverhältnisse der Kläger
bei Antragstellung als Faktum vorgelegen hätten. Ein sozialrechtlicher
Herstellungsanspruch sei nicht gegeben. Privatrechtliche Vereinbarungen entzögen
sich der Verfügungsmacht der Beklagten.
Auf Befragung durch das Sozialgericht hat der Kläger zu 1) im Termin der mündlichen
Verhandlung vom 09.06.2006 laut Sitzungsniederschrift erklärt, er meine, als er
arbeitslos geworden sei, im Mai 2005 einen Hinweis von der Lebensversicherung
erhalten zu haben, dass er einen Verwertungsausschluss vereinbaren könne. Warum er
dies nicht gemacht habe, wisse er nicht. Er habe keine Ahnung davon gehabt und nichts
damit anfangen können. Arbeitslosengeld habe er bis zum 22.05.2005 bezogen. In den
ersten drei Wochen im August 2005 habe er befristet gearbeitet.
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Mit Urteil vom 09.06.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 31.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
13.06.2005 verurteilt, dem Kläger zu 1) auf seinen Antrag vom 11.05.2005 Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Anrechnung von
Vermögen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen. Das
Sozialgericht hat im Übrigen die Berufung zugelassen.
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Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, wegen des Hinweises in § 12 Abs. 2
Nr. 3 SGB II auf § 165 Abs. 3 VVG bestehe eine so große Sachnähe zwischen den
zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und den sozialrechtlichen Ansprüchen, dass
sich entsprechende Beratungspflichten des Sozialleistungsträgers auch auf diese
Gestaltungsmöglichkeiten beziehen müssten. Hätte die Beklagte den Kläger zu 1) bei
Antragstellung zutreffend beraten, hätte sie die Leistungsbewilligung etwa unter der
Bedingung aussprechen können, dass innerhalb einer bestimmten Frist ein
Verwertungsausschluss mit seinem Versicherungsträger zu vereinbaren und gegenüber
der Beklagten nachzuweisen sei. Auch durch Abtretung der Versicherung an die
Beklagte hätte ggf. ein Verwertungsausschluss erzielt werden können. Die Beklagte
habe aber zu keinem Zeitpunkt auf die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II
hingewiesen. Ein solcher Hinweis wäre ihr ohne unzumutbaren Verwaltungsaufwand
möglich gewesen, zumal mit dem Widerspruch darauf hingewiesen worden sei, dass die
Versicherung der Altersvorsorge dienen solle. Auf die gerichtliche Anfrage vom
05.08.2005 habe der Kläger zu 1) unmittelbar reagiert und einen
Verwertungsausschluss mit seiner Versicherung vereinbart. Daran ändere auch nichts,
dass der Kläger zu 1) wohl von seiner Versicherung einen entsprechenden Hinweis
erhalten habe. Die Verständigungsschwierigkeiten im Termin zur mündlichen
Verhandlung seien jedoch so gravierend gewesen, dass nicht sicher sei, ob der Kläger
tatsächlich einen entsprechenden Hinweis durch seine Versicherung erhalten habe.
Selbst wenn ein solcher Hinweis erteilt worden sein sollte, bedeute dies nicht, dass die
Beklagte nicht ebenfalls verpflichtet sei, auf klar zu Tage liegende
Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Rechtsfolge des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs sei die Herstellung des Zustandes, der bei ordnungsgemäßer
Beratung bestanden hätte. Dass sich der Kläger zu 1) bei ausreichender Beratung durch
die Beklagte entsprechend verhalten und einen Verwertungsausschluss mit der
Versicherung vereinbart hätte, habe er durch sein Verhalten im gerichtlichen Verfahren
dokumentiert. Zwar liege die Vereinbarung nach § 165 Abs. 3 VVG grundsätzlich
außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses. Faktisch wirke die zum 29.08.2006
geschlossene Vereinbarung zumindest zurück. Der Kläger könne auch im Nachhinein
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für die hier streitige Zeit vom 23.05.2005 bis 31.07.2005 die Versicherung aufgrund der
Vereinbarung nach § 165 Abs. 3 VVG nicht mehr verwerten. Zudem hätte der Kläger zu
1) die Versicherung auch an die Beklagte abtreten können, um die Rechtsfolgen des §
12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II herbeizuführen. Die Berufungszulassung erfolge vorsorglich
wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Gegen das ihr am 28.06.2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten
vom 19.07.2006. Die Beklagte ist der Auffassung, die Voraussetzungen für den
sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lägen nicht vor. Bei Antragstellung hätten
Vermögensverhältnisse vorgelegen, die zur Ablehnung der Leistungen geführt hätten.
Ein nachfolgender Hinweis hätte nicht zur Leistungsgewährung geführt, da sich die
Vermögensverhältnisse bei Antragstellung als Faktum erwiesen hätten. Der Abschluss
der Vereinbarung des Verwertungsausschlusses mit der Versicherung nach § 165 Abs.
3 VVG entziehe sich der Verfügungsmacht der Beklagten. Der private
Versicherungsträger sei seiner Beratungspflicht im Mai 2005 nachgekommen. Der
Sozialleistungsträger könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass ein
Verwertungsausschluss nicht rechtzeitig erfolgt sei. Es handele sich einzig und allein
um einen Fehler des Klägers zu 1), der ausschließlich zu seinen Lasten gehen müsse.
Dieser habe bereits im Antragsmonat von der vertraglichen Möglichkeit gewusst und
diese nicht genutzt.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.06.2006 zu ändern und die Klage
abzuweisen.
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Die Kläger halten das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Beklagte mache zu
Unrecht geltend, der Kläger zu 1) und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende
Klägerin zu 2) müssten aus dem vorhandenen Vermögen den Lebensunterhalt sicher
stellen mit der Folge, dass ihnen kein Anspruch für den Zeitraum 23.05.2005 bis
31.07.2005 zustehe. Die Beklagte habe gegen ihre Hinweispflichten verstoßen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Die statthafte (§ 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) Berufung ist zulässig, sie ist
insbesondere frist- und formgerecht erhoben (§ 151 SGG).
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Die Ehefrau des Klägers war als Klägerin zu 2) in das Rubrum aufzunehmen. Der
Kläger zu 1) war berechtigt, Leistungen nach dem SGB II auch für seine mit ihm in
Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau zu beantragen (§ 38 SGB II). Hinsichtlich der
Prozessführung wird die Bevollmächtigung durch die Klägerin zu 2) unterstellt (§ 73
Abs. 2 Satz 2 SGG).
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Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht
verurteilt, den Klägern auf ihren Antrag vom 11.05.2005 auch für die Zeit vom 23.05. bis
zum 31.07.2005 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Die Kläger sind durch den
angefochtenen Bescheid vom 31.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.06.2005 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG.
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Den Klägern steht ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für den streitigen
Zeitraum nicht zu, da sie nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II waren.
Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und
den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht
oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch die
Aufnahme einer zumutbaren Arbeit 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder
Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht oder nicht ausreichend von
anderen, insbesondere Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die wie die Kläger in einer
Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu
berücksichtigen.
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Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die aus dem Kläger zu 1) und der Klägerin
zu 2) bestehende Bedarfsgemeinschaft ihren Lebensunterhalt aus vorhandenem
Vermögen sichern konnte und musste. Dies ist zur Überzeugung des Senats
abweichend von der Entscheidung des Sozialgerichts zu bejahen.
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Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen grundsätzlich alle verwertbaren
Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Neben dem Bausparvermögen, dem
Guthaben auf dem Girokonto und dem verfügbaren Bargeld stellt auch die
Lebensversicherung des Klägers zu 1) bzw. der diesbezüglich bestehende und
realisierbare Anspruch auf Auszahlung des vorhandenen Guthabens Vermögen im
Sinne dieser Vorschrift dar.
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Vom Vermögen ist gemäß Abs. 2 Nr. 1 dieser Vorschrift - wie vom Sozialgericht und der
Beklagten berücksichtigt - ein Grundfreibetrag in Höhe von 200 EUR je vollendetem
Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber
jeweils 4.100 EUR bis zu einem Höchstbetrag von jeweils 13.000 EUR abzusetzen.
Darüber hinaus ist ein Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II für notwendige
Anschaffungen in Höhe von 750 EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden
Hilfebedürftigen abzusetzen. Die Beklagte ist daher zutreffend von einem
Gesamtfreibetrag für die Kläger in Höhe von insgesamt 22.700 EUR ausgegangen.
Bereits der aus der Kapitallebensversicherung zu realisierende Auszahlungsbetrag
(Rückkaufwert) von unstreitigen 27.401 EUR übersteigt diesen Freibetrag. Es kann
daher dahinstehen, in welcher Höhe darüber hinaus Vermögen vorhanden war.
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Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die
Lebensversicherung des Klägers zu 1) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II unberücksichtigt
bleiben muss. Danach sind zwar geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen,
soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen
Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200 EUR je
vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners,
höchstens jedoch jeweils 13.000 EUR nicht übersteigt, vom Vermögen abzusetzen. In
dem hier streitigen Zeitraum lag eine vertragliche Vereinbarung, die einer Verwertung
des aus den Beiträgen zur Lebensversicherung angesparten Kapitals
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entgegengestanden hätte, nicht vor. Vielmehr wurde der Verwertungsausschluss, was
zwischen den Beteiligten unstreitig und auch den vorliegenden
Versicherungsunterlagen zu entnehmen ist, erst am 29.08.2005 vereinbart, nachdem
das Sozialgericht den Kläger zu 1) auf die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II
hingewiesen hatte. Auch wenn der Verwertungsausschlusses nach dem Inhalt der
vorgelegten Erklärung vom 29.08.2005 rückwirkend zum 01.01.2005 wirksam werden
sollte, ändert dies nichts daran, dass den Klägern im streitigen Zeitraum jederzeit die
Verwertung möglich gewesen wäre. Maßgeblich kann insofern nur eine
Betrachtungsweise sein, die sich auf den Zeitpunkt der geltend gemachten Bedürftigkeit
bezieht. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist ohne Bedeutung, ob den
Klägern im Rückblick aufgrund des vereinbarten Verwertungsausschlusses noch eine
Verwertung möglich wäre. Die Kläger haben im streitigen Zeitraum ihren Bedarf darüber
hinaus aus vorhandenem Vermögen bereits gedeckt.
Der Senat teilt darüber hinaus die Auffassung des Sozialgerichts nicht, dass die Kläger
im Wege des sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu behandeln sind,
als hätten sie bereits vor Antragstellung mit Wirkung für den streitigen Zeitraum eine
vertragliche Vereinbarung im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, die einer Verwertung
entgegen gestanden hätte, getroffen.
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Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt im Einzelnen voraus: (1) Eine sich aus
dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis ergebende Pflicht des Sozialleistungsträgers
oder eines anderen Organs oder Leistungsträgers (sofern dieser mit der Erfüllung der
Pflicht für den Sozialleistungsträger beauftragt gewesen ist), (2) diese Pflicht muss dem
Sozialleistungsträger gerade dem Versicherten gegenüber obliegen und (3) objektiv
rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt worden sein, (4) die Pflichtverletzung hat
zumindest gleichwertig einen dem Sozialleistungsträger zurechenbaren
sozialrechtlichen Nachteil verursacht. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist
grundsätzlich und soweit notwendig sowie rechtlich und tatsächlich möglich der Zustand
wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht eingetreten
wäre und der Sozialleistungsträger sich rechtmäßig verhalten hätte (so etwa BSG, Urteil
vom 24. Juli 2003 , Az: B 4 RA 13/03 R; vgl. zuletzt etwa auch BSG, Urteil vom
31.01.2006, B 11a AL 15/05 R; BSG, Beschluss vom 05.07.2005, B 1 KR 7/04 R).
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Zwar neigt der Senat der Auffassung zu, dass die Beklagte nach Kenntnisnahme des
Widerspruchsschreibens vom 06.06.2005, nicht aber bereits bei Antragstellung, den
Kläger zu 1) darüber hätte aufklären müssen, dass die von ihm, was zur Überzeugung
des Senats auch für die Beklagte zweifelsfrei erkennbar war, ersichtlich beabsichtigte
Sicherung des aus den Beiträgen für seine Lebensversicherung angesparten
Vermögens zwar ggf. nicht die durch den vorgeschlagenen Auszahlungsvorbehalt, wohl
aber durch Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses gemäß § 165 Abs. 3 VVG zu
gewährleisten gewesen wäre. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich deutlich gemacht,
dass eine der privatrechtlichen Dispositionsfreiheit des Leistungsbeziehers
unterworfene vertragliche Vereinbarung zu fordern ist. Dabei hat er ersichtlich nicht
daran gedacht, dass der Leistungsbezieher sich gegenüber dem Leistungsträger nach
dem SGB II verpflichtet, das Vermögen nicht zu verwerten. Die diesbezüglichen
Überlegungen des Sozialgerichts dürften dem Gesetzeswortlaut und -zweck und dem
unübersehbaren Zusammenspiel von § 165 Abs. 3 VVG und § 12 Abs. 2 Nummer 3
SGB II widersprechen (vgl. auch Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr. 21: "Die Vereinbarung
ist mit einem Vertragspartner – z.B. Finanzdienstleister, Lebensversicherer,
Privatpersonen - zu treffen, der sich verpflichtet, im Fall des Ruhestands Leistungen zur
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Versorgung, mit denen der Lebensunterhalt bestritten werden kann, zu erbringen").
Gemäß § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat jeder Anspruch auf Beratung
über seine Rechte durch die zuständigen Leistungsträger. Diese Beratungspflicht kann
auch ohne ein konkretes Beratungsbegehren bestehen, wenn dem Leistungsträger ein
Beratungsbedarf insbesondere hinsichtlich einer Gestaltungsmöglichkeit durch den
Leistungsempfänger aufgrund eines konkreten Anlasses erkennbar ist (ständige
Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 17. März 1986 - Az.: 7 RAr 81/84 = BSGE 60,
79, 85 m.w.N.). Der Inhalt des Widerspruchsschreibens hätte der Beklagten konkret
Veranlassung geben müssen, das Bestreben des Klägers zu 1) nach einer seinen
Interessen entsprechenden Gestaltungsmöglichkeit zu erkennen. Zur Überzeugung des
Senats hat der Kläger zu 1) in diesem Schreiben zugleich auch ein Beratungsbegehren
hinreichend deutlich gemacht.
Dem dürfte nicht entgegenstehen, dass ein Sozialleistungsträger im Rahmen seiner
Beratungstätigkeit ausschließlich auf sozialrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, nicht
aber auf zivil- oder arbeitsrechtliche hinweisen darf (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2001, B
4 RA 38/01 R). Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass diese
privatrechtliche Gestaltungsmöglichkeit nicht losgelöst von der sozialrechtlichen
Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II betrachtet werden kann. Die zum 01.01.2005
durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.
Dezember 2003 (BGBl I 2954) geschaffene Regelung des § 165 Abs. 3 VVG mit der bis
dahin nicht vorgesehenen Möglichkeit zur Vereinbarung eines solchen
Verwertungsausschlusses unter Beachtung der in § 12 Abs. 2 Nummer 3 SGB II
vorgesehenen Freibetragsregelung sollte, wie das Bundessozialgericht (vgl. mit
ausführlicher Darstellung u.a. zur Entstehungsgeschichte der Regelung BSG, Urteil vom
17.3.2005, B 7a/7 AL 68/04 R) ausgeführt hat, ersichtlich einen Gleichklang zwischen §
165 VVG und § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II schaffen wollte, "bei dem die Verwertbarkeit aus
Gründen der Verwaltungsvereinfachung (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12
RdNr. 151) durch eine unwiderrufliche Vereinbarung darüber ausgeschlossen sein
muss, dass das Vermögen vor dem Erreichen des Ruhestands weder ausgezahlt,
übertragen, verpfändet oder sonstwie genutzt werden kann (BT-Drucks 15/1749 S 31 zu
Art 1 § 12 Abs 2)".
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Es handelt sich daher zur Überzeugung des Senats um eine in das Sozialrecht
hineinwirkende Gestaltungsmöglichkeit, keinesfalls aber um eine rein privatrechtliche
Gestaltungsmöglichkeit, die nicht Gegenstand einer Beratungspflicht des Trägers von
Leistungen nach dem SGB II sein könnte. Diese Beratungspflicht hat die Beklagte
objektiv rechtswidrig nicht erfüllt.
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Angesichts der protokollierten Erklärung des Klägers zu 1) im Rahmen der
erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung erscheint aber zweifelhaft, ob die
unterbliebene Beratung ursächlich für die nicht erfolgte Vereinbarung eines
Verwertungsausschlusses und damit für einen Nachteil für die sozialrechtliche Position
der Kläger war. Die Kausalität muss beim Herstellungsanspruch nach der im Sozialrecht
herrschenden Kausaltheorie der wesentlichen Bedingung unter Abwägung der vom
Sozialleistungsträger und vom Versicherten selbst gesetzten Ursachen geprüft werden
(BSG, Urteil vom 05.06.1988 - 12 RK 44/86 und vom 6. März 2003 - B 4 RA 38/02 R -
BSGE 91, 1 = SozR 4-2600 § 115 Nr. 1). Auch die Befragung des Klägers durch den
Senat und die beigezogenen Unterlagen des Lebensversicherers haben eine Klärung
insoweit nicht herbeigeführt. Derzeit spricht aber gerade auch wegen der Angaben des
Klägers in der Berufungsverhandlung viel dafür, dass der Kläger vor Abfassung des
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Widerspruchsschreibens vom 06.06.2005 über die Möglichkeit der Vereinbarung eines
Verwertungsausschlusses durch die seiner Muttersprache mächtige
Versicherungsvertreterin informiert war. Dies kann zur Überzeugung des Senats aber
dahinstehen.
Denn zur Überzeugung des Senats mangelt es an der rechtlichen bzw. tatsächlichen
Möglichkeit, die Kläger so zu stellen, als wären sie ordnungsgemäß beraten worden.
Der Sozialleistungsträger ist nicht in der Lage, durch eine ihm mögliche Amtshandlung
eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen dem Kläger zu 1) und dem
Lebensversicherer bereits für den hier streitigen Zeitraum herbeizuführen. Der
Verwertungsausschluss gemäß § 165 Abs. 3 VVG setzt übereinstimmende
Willenserklärungen von Versicherungsnehmer und Versicherungsgeber und damit ein
aktives Tun insbesondere des Versicherungsnehmers voraus. Es ist auch nicht möglich,
die Kläger im Wege einer Amtshandlung so zu stellen, als hätte der Kläger zu 1) sie
bereits zu einem früheren Zeitpunkt den Verwertungsausschluss vereinbart. Im Wege
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt die Ersetzung von tatsächlichen
Umständen – wie dem Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung - denen gestaltende
Entscheidungen des Antragstellers zu Grunde liegen, nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil
vom 31.01.2006, B 11a AL 15/05 R m.w.N. "in Abgrenzung zum
Amtshaftungsanspruch"). Die hier zu beurteilende Konstellation entspricht auch nicht
derjenigen eines vorherigen Lohnsteuerklassenwechsels und nachgehender falscher
Beratung durch das Arbeitsamt, sondern eher derjenigen, in der das
Bundessozialgericht es mangels vorherigen Lohnsteuerklassenwechsels abgelehnt hat,
im Wege des Herstellungsanspruchs eine in die Lohnsteuerkarte eingetragene
Lohnsteuerklasse durch eine günstigere Steuerklasse zu ersetzen, da es an der
Voraussetzung fehle, dass der Nachteil durch eine vom Gesetz vorgesehene und
zulässige Amtshandlung ausgeglichen werden kann (vgl. hierzu BSG, Urteil vom
16.03.2005, B 11a/11 AL 45/05 R).
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Es liegt auch keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung (§ 12 Abs. 3 Nr. 6
SGB II) bzw. eine besondere Härte in der Verwertung der Lebensversicherung vor. Nach
den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Berechnungen der Beklagten und der
Kläger überstieg der mögliche Auszahlungsbetrag die Summe der eingezahlten
Beiträge. Der Senat hat keine Bedenken, die bisherige Praxis beim Bezug von
Arbeitslosenhilfe, eine Unwirtschaftlichkeit erst dann anzunehmen, wenn der
Rückkaufswert (nach Abzug von Gebühren) die Summe der eingezahlten Beiträge um
mehr als 10% unterschreitet, zu übernehmen, jedenfalls Unwirtschaftlichkeit aber
abzulehnen, wenn der Rückkaufswert die bisherige Einzahlung übersteigt (vgl. auch
Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr. 53). Auch eine "besondere Härte", die eine
Berücksichtigung atypischer Fälle ermöglicht, bei denen aufgrund einer
Gesamtbetrachtung besonderer Umstände des Einzelfalls eine Schonung des
Vermögens gerechtfertigt erscheint, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere
ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 1) als Versicherungsnehmer durchaus eine
durchschnittliche Altersrente beziehen wird. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus die
Eigenvorsorge fürs Alter bereits in § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II berücksichtigt. Darüber
hinaus kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass die Versicherung bereits im Jahre
2003 beitragsfrei gestellt worden war. Die bloße Erwartung, bei weiterem Zeitablauf
einen höheren Zahlbetrag zu erhalten, ist - wie bereits im Rahmen der Anrechnung von
Vermögen bei Arbeitslosenhilfe - nicht geschützt. Danach trägt das mit der Sparform der
Kapitallebensversicherung verbundene Risiko, bei vorzeitiger Lösung des Vertrages
größere Einbußen hinnehmen zu müssen, in Fällen der vorliegenden Art der Kläger zu
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1) bzw. seine Ehefrau, die Klägerin zu 2) (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom
20.08.2006, L 1 AS 5/06 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL
71/04 R -, SozR 4-4300 § 193 Nr. 9).
Auf die Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 5 SGB II können sich die Kläger nicht mit
Erfolg berufen, da diese Regelung nur für Personen, die bis zum 01.01.1948 geboren
sind (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 13.12.2001 [BGBl. I S. 3734])
sicherstellt, dass sie auch weiterhin von der zum 01.01.2003 bewirkten, in § 12 Abs. 1
Nr. 1 SGB II übernommenen deutlichen Absenkung des Grundfreibetrages bei dem zu
berücksichtigenden Vermögen ausgenommen bleiben. Weder der Kläger zu 1) noch die
Klägerin zu 2) sind aber vor der Stichtagsregelung geboren.
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Das Vermögen stellt schließlich auch kein ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes
Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II (Altersvorsorge nach dem Riester-
Modell) dar.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§
160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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