Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 04.08.2008

LSG NRW: aufschiebende wirkung, befreiung von der versicherungspflicht, vollziehung, härte, anfechtungsklage, einkünfte, beitragspflicht, hauptsache, forstwirtschaft, vergleich

Landessozialgericht NRW, L 8 B 1/08 LW ER
Datum:
04.08.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 8 B 1/08 LW ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 11 LW 1/08 ER
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.05.2008 wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass außergerichtliche Kosten im erstinstanzlichen
Verfahren nicht zu erstatten sind. Außergerichtliche Kosten sind auch im
Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
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I.
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Streitig ist die Verpflichtung der Antragstellerin zur Zahlung von Beiträgen zur
Antragsgegnerin für die Jahre 2004 und 2005.
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Die 1953 geborene Antragstellerin ist Ehegattin eines bei der Antragsgegnerin
versicherten Landwirts. Außerdem betreibt sie seit 1998 ein Gewerbe außerhalb der
Land- und Forstwirtschaft. Im Hinblick auf die hieraus erzielten Einkünfte aus
selbstständiger Tätigkeit war sie für die Zeit vom 01.06.1998 bis zum 31.12.2003 von
der Versicherungspflicht bei der Antragsgegnerin befreit (Bescheide vom 20.02.2003 für
1998 und 2001, vom 31.08.2001 für 1999, vom 17.07.2002 für 2000). In den Jahren
2004 und 2005 erzielte die Antragstellerin ausweislich von Auskünften des Finanzamtes
L aus Gewerbebetrieb Einkünfte in Höhe von 605 EUR bzw. 3.045 EUR.
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Mit Bescheid vom 16.11.2007 lehnte die Antragsgegnerin es ab, die Antragstellerin von
der Versicherungspflicht zu befreien. Mit Bescheid vom 20.11.2007 stellte sie die
Versicherungs- und Beitragspflicht der Antragstellerin für die Zeit ab dem 01.01.2004
und eine bis zum 30.11.2007 aufgelaufene Beitragsschuld von 9.432,00 EUR fest.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und beantragte die Aussetzung der
sofortigen Vollziehung der angefochtenen Bescheide. Dies lehnte die Antragsgegnerin
mit der Begründung ab, es bestünden weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Beitragsbescheides noch liege in seiner Vollziehung eine unbillige Härte.
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Die Antragstellerin hat daraufhin die Gewährung einstweiligen gerichtlichen
Rechtsschutzes beantragt.
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Im Rahmen eines am 10.03.2008 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf durchgeführten
Erörterungstermins ist wörtlich protokolliert worden:
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"Die Antragsgegnerin erklärt sich bereit, von weiteren
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bezüglich der derzeit noch offen stehenden Beiträge
für die Jahre 2006 und 2007 bis einschließlich zum 05.04.2008 Abstand zu nehmen. Die
Beteiligten sind sich darüber einig, dass für 2004 und 2005 insgesamt Beiträge in Höhe
von 4.800,00 EUR von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu zahlen sind. Hierin
sind vorläufig keine Säumniszuschläge enthalten. Über die Tragung der
Säumniszuschläge wird zwischen den Beteiligten erst dann eine Einigung erzielt
werden, wenn eine Klärung darüber herbeigeführt worden ist, ob die Antragstellerin ab
2006 wieder von der Versicherungspflicht zur Antragsgegnerin befreit wird."
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Die Antragstellerin hat im Anschluss an diesen Termin die für die Jahre 2004 und 2005
verlangten Beiträge an die Antragsgegnerin gezahlt. Nach Vorlage von
Bescheinigungen des Steuerberaters der Antragstellerin über (voraussichtlich) erzielte
Gewinne von 5.352,43 EUR im Jahr 2006 bzw. mindestens 10.000 EUR im Jahr 2007
hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin für die Zeit ab dem 01.01.2006 vorbehaltlich
des Nachweises der tatsächlichen Überschreitung der Einkünfte aus Arbeitseinkommen
durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides von der Versicherungspflicht befreit.
Für die Jahre 2004 und 2005 seien noch offene Säumniszuschläge und Mahngebühren
in Höhe von 126,00 EUR zu entrichten (Bescheid vom 20.03.2008).
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Die Antragstellerin hat daraufhin ihren Antrag hinsichtlich der Jahre 2004 und 2005
aufrechterhalten. Insoweit habe er sich nicht erledigt. Im Erörterungstermin vor dem SG
habe sie sich zur Zahlung der Beiträge lediglich bereit erklärt, um eine
Zwangsvollstreckung durch die Antragsgegnerin zu vermeiden. Sie gehe jedoch nach
wie vor davon aus, dass sie auch für diese beiden Jahre von der Versicherungspflicht zu
befreien sei. Die Befreiung dürfe sich nicht allein nach den Einkünften aus
selbstständiger Tätigkeit einzelner Jahre bestimmen. Vielmehr seien die
Durchschnittswerte mehrerer Jahre heranzuziehen, um Schwankungen auszugleichen.
Im Durchschnitt der Jahre 1999 bis 2005 habe sie jedoch jährliche Einkünfte von
6.713,97 EUR erzielt. Zusätzlich seien Abschreibungen in Höhe von 2.953,08 EUR im
Jahr 2004 und 4.517,21 EUR im Jahr 2005 sowie eine im Jahr 2005 vorgenommene
Ansparabschreibung in Höhe von 5.000,00 EUR zu berücksichtigen.
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Die Antragstellerin hat - sinngemäß - beantragt,
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die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Bescheide vom 16. und
20.11.2007 bezüglich der Jahre 2004 und 2005 anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin hat beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie hat vorgetragen, dass im Erörterungstermin vom 10.03.2008 ein Vergleich
geschlossen worden sei, in dem die Antragstellerin ihre Beitragspflicht für die Jahre
2004 und 2005 anerkannt habe. Im Übrigen seien für diese Jahre die Voraussetzungen
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des allein in Betracht kommenden Befreiungstatbestandes des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG
nicht erfüllt. Es komme nach dem Wortlaut des Gesetzes auf das jährliche
Arbeitseinkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und
Forstwirtschaft an, das 4.800 EUR übersteigen müsse. Dies sei, wie sich auch aus den
Mitteilungen des Finanzamtes ergebe, in den Jahren 2004 und 2005 bei der
Antragstellerin jedoch nicht der Fall gewesen.
Das SG hat den Antrag abgelehnt (Beschluss vom 06.05.2008). Es hat die Auffassung
vertreten, nach Zahlung der Beiträge für die Jahre 2004 und 2005 habe die
Antragstellerin kein Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag mehr. Im Übrigen habe sie
sich zu dieser Zahlung in einem am 10.03.2008 geschlossenen Vergleich verpflichtet.
Schließlich stelle die Forderung der Antragstellerin im Hinblick auf die erfolgte Zahlung
für die Antragstellerin auch keine unbillige Härte dar. Zudem hat es der Antragstellerin
unter Hinweis auf die Vorschriften der §§ 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m.
§ 174 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) "die außergerichtlichen Kosten des
Verfahrens" auferlegt.
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Gegen den ihr am 23.05.2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am
13.06.2008 Beschwerde erhoben. Sie nimmt im Wesentlichen auf ihr erstinstanzliches
Vorbringen Bezug.
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Die Antragstellerin beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses auf ihre Anträge aus der
Antragsschrift vom 23.01.2008 insoweit zu erkennen, als es die Beitragspflicht für die
Jahre 2004 und 2005 anbelangt.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie ist mit dem SG der Auffassung, dass die Antragstellerin sich im Termin vom
10.03.2008 vergleichsweise zur Zahlung der Beiträge für die Jahre 2004 und 2005
vepflichtet habe und daher zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung kein
Rechtsschutzbedürfnis für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der
Widersprüche bestehe.
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II.
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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Antrag auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung ist hinsichtlich des Bescheides vom 16.11.2007 bereits
unzulässig (1.), hinsichtlich des Bescheides vom 20.11.2007 zwar zulässig (2.), aber
unbegründet (3.). Die erstinstanzliche Entscheidung hat daher in der Hauptsache
Bestand, ist jedoch im Kostenausspruch zu ändern (4.).
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1. Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen den Bescheid der Antragsgegnerin
vom 16.11.2007 richtet. Insoweit ist er nämlich unstatthaft.
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a)Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht in den Fällen, in denen
Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die
aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ein dahingehender Antrag ist
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daher nur bei solchen Verwaltungsakten statthaft, bei denen eine aufschiebende
Wirkung von Widerspruch oder Klage grundsätzlich in Betracht kommt. Das ist nach §
86a Abs. 1 Satz 1 SGG bei Widerspruch und Anfechtungsklage der Fall. Die Anordnung
der aufschiebenden Wirkung ist also nur dann möglich, wenn in der Hauptsache die
Anfechtungsklage statthaft ist. Demgegenüber kommen Verpflichtungswiderspruch und -
klage keine aufschiebende Wirkung zu. Bei dem Rechtsbehelf der Antragstellerin gegen
den Bescheid vom 16.11.2007 handelt es sich um einen Verpflichtungswiderspruch.
Denn die Antragstellerin begehrt ihre Befreiung von der Versicherungspflicht, also den
Erlass eines sie begünstigenden Bescheides. Eine vorläufige Befreiung kann sie im
Wege des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mithin nicht erreichen.
b)Der Antrag kann auch nicht in einen - grundsätzlich statthaften - Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG im Sinne einer
Verpflichtung der Antragsgegnerin umgedeutet werden, die Antragstellerin vorläufig von
der Versicherungspflicht auf für die Jahre 2004 und 2005 zu befreien. Einer solchen
Umdeutung stehen die eindeutige Fassung des Antrags und die anwaltliche Vertretung
der Antragstellerin im Antrags- wie im Beschwerdeverfahren entgegen. Abgesehen
davon hätte der Antrag aus den unter 3. dargelegten Gründen in der Sache auch keinen
Erfolg, weil nicht glaubhaft ist, dass die Antragstellerin für die Jahre 2004 oder 2005
einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht hat.
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2. Soweit die Antragstellerin demgegenüber die Anordnung der aufschiebenden
Wirkung gegen die im Bescheid vom 20.11.2007 in der Fassung des Bescheides vom
20.03.2008 ausgesprochene Versicherungspflicht und die Verpflichtung zur Zahlung
von Beiträgen (nunmehr nur noch) für die Jahre 2004 und 2005 begehrt, ist der Antrag
zulässig. Insbesondere hat die Antragstellerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
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a)Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch
und Anfechtungsklage bei der Entscheidung über die Versicherungs- und Beitragspflicht
sowie der Anforderung von Beiträgen. Dahingehende Regelungen trifft der Bescheid
vom 20.11.2007, indem er die Versicherungspflicht der Klägerin ab dem 01.01.2004
feststellt und ihre Verpflichtung zur Zahlung entsprechender Beiträge ausspricht.
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b)Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht mit der Zahlung für die Jahre 2004 und 2005
entfallen. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG. Danach
kann das Gericht, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon
vollzogen oder befolgt ist, die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Im Umkehrschluss
ergibt sich daraus, dass auch die Befolgung eines Verwaltungsaktes (hier: die Zahlung
auf einen Leistungsbescheid) das Rechtsschutzbedürfnis für die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung nicht beseitigt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG,
8. Aufl. [2005], § 86b Rdnr. 10).
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c)Das Rechtsschutzbedürfnis ist schließlich nicht durch die im Erörterungstermin vom
10.03.2008 abgegebenen Erklärungen der Beteiligten, insbesondere der Antragstellerin,
entfallen.
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aa) Das Rechtsschutzbedürfnis auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen
einen Bescheid fällt weg, wenn dieser durch eine Erklärung des Adressaten - z.B. durch
Rücknahme des gegen ihn gerichteten Rechtsbehelfs - unanfechtbar und damit bindend
iSv § 77 SGG wird. Für eine dahingehende Erklärung ist der Niederschrift des
Erörterungstermins jedoch nichts zu entnehmen.
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bb) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob ein Prozessvergleich ohne eine
ausdrückliche Erledigungserklärung, in dem sich der Adressat eines
Leistungsbescheides zur Zahlung verpflichtet, das Rechtsschutzbedürfnis für einen
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den
betreffenden Bescheid beseitigt. Denn ein solcher Vergleich ist entgegen der
Auffassung des SG im Termin vom 10.03.2008 nicht geschlossen worden. Hierfür fehlt
es bereits an der nach § 122 SGG iVm §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 Abs. 1 Satz 3
Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlichen Vorspielung der entsprechenden Erklärungen
im Termin, ihrer Genehmigung und deren Protokollierung in der Sitzungsniederschrift.
Dieser ist jedenfalls über die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen genannten
Formalien nichts zu entnehmen, und die Beteiligten haben gegen die Richtigkeit und
Vollständigkeit des Protokolls keine Einwände erhoben.
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3. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der
Antragstellerin gegen den Bescheid vom 20.11.2007 ist jedoch unbegründet. Diese in §
86b Abs. 1 Nr. 2 SGG vorgesehene Anordnung kommt nach dem in § 86a Abs. 3 Satz 2
SGG für Bescheide gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG geregelten Prüfungsmaßstab dann
in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des angegriffenen
Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine
unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte zur Folge
hätte.
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a)Es bestehen nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine ernstlichen Zweifel an
der Versicherungspflicht der Antragstellerin in der Alterssicherung der Landwirte für die
Jahre 2004 und 2005. Denn ein Erfolg der Antragstellerin ist insoweit nicht mindestens
ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg.
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aa) Hinsichtlich der grundsätzlichen Versicherungspflicht der Antragstellerin als Ehefrau
eines Landwirts gemäß § 1 Abs. 3 ALG sind durchgreifende Bedenken nicht ersichtlich
und von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen worden.
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bb) Ein Anspruch der Antragstellerin auf Befreiung der Versicherungspflicht für die Jahre
2004 oder 2005 besteht voraussichtlich nicht. Als Befreiungstatbestand kommt lediglich
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG in Betracht. Danach werden Landwirte auf Antrag von der
Versicherungspflicht befreit, wenn sie regelmäßig Arbeitseinkommen beziehen, das
ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich
4.800,00 EUR übersteigt.
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(1)Einschlägig für die Ermittlung des Arbeitseinkommens ist - mangels näherer
Definition insbesondere in § 3 ALG - die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Viertes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen
Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer
selbstständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen anzusehen, wenn es
als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (std. Rspr.; vgl. zuletzt
BSG, Urteil v. 10.05.2007, B 10 LW 7/05 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
Zu den Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts gehören auch die in
§ 7g Einkommensteuergesetz (EStG) vorgesehenen Investitionsabzugsbeträge, weil
diese nach der ausdrücklichen Regelung des § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG den Gewinn
mindern (vgl. BSG aaO). Die mit Sinn und Zweck des § 141 Drittes Buch
Sozialgesetzbuchs begründete Entscheidung des Bundessozialgerichts, bei der
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Anrechnung von Nebeneinkommen auf das Arbeitslosengeld dem Begriff der
selbstständigen Tätigkeit iSv § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das im Steuerrecht unbekannte
Merkmal des persönlichen Einsatzes hinzuzufügen (vgl. BSG, Urteil v. 05.09.2006, B 7a
AL 38/05 R, SozR 4-4300 § 171 Nr. 2), lässt sich jedenfalls nicht ohne weiteres auf
andere Leistungsbereiche des Sozialversicherungsrechts oder gar das Beitragsrecht
übertragen (zweifelnd bereits BSG, Urteil v. 10.05.2007, aaO ausdrücklich gegen eine
Übertragung LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 26.09.2007, L 5 KR 25/07; LSG
Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 30.05.2007, L 2 KN 12/07; jeweils juris). Der mit der
Anbindung an das Steuerrecht in § 15 Abs. 1 SGB IV verfolgte Zweck, den
Sozialversicherungsträgern aus Gründen der Praktikabilität eine Übernahme der
Feststellungen der Finanzbehörden zu ermöglichen, würde jedenfalls verfehlt, wenn
entsprechende gesetzlich nicht vorgesehene Ausnahmen auch im Beitragsrecht
zugelassen würden. Im Hinblick darauf spricht gegenwärtig mehr dagegen als dafür,
dass der Senat bei einer Entscheidung in der Hauptsache die im Jahr 2005 angesetzte
Ansparabschreibung dem Gewinn der Antragstellerin in diesem Kalenderjahr
hinzurechnen würde.
(2)Zutreffend hat die Antragsgegnerin bei der Beurteilung des Befreiungsanspruchs der
Antragstellerin auch auf das jeweilige Kalenderjahr abgestellt. Die von der
Antragstellerin gewünschte Durchschnittsbetrachtung über mehrere Jahre findet im
Gesetz keine Stütze. Gewiss ist das Arbeitseinkommen von Selbstständigen seiner
Natur nach schwankend. Eine Unterschreitung der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG
vorgesehenen Mindesteinkommensgrenze über einen Zeitraum von mehr als einem
Jahr schließt den Anspruch auf Befreiung jedoch in jedem Fall aus (vgl. BSG, Urteil v.
16.10.2002, B 10 LW 5/01 R, SozR 3-5868 § 3 Nr 5; zur Maßgeblichkeit des
Jahreseinkommens bei Hinzuverdienstgrenzen vgl. z.B. BSG, Urteil v. 03.05.2005, B 13
RJ 8/04 R, SozR 4-2600 § 96a Nr 7).
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b)Eine für die Antragstellerin unbillige Härte durch die Vollziehung des angegriffenen
Bescheides ist für den Senat nicht erkennbar, zumal nicht vorgetragen worden ist, dass
die Antragstellerin durch die bereits erfolgte Zahlung eine unzumutbare wirtschaftliche
Belastung eingegangen ist.
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4. Nach allem ist lediglich die erstinstanzliche Kostenentscheidung zu ändern. Insoweit
hat das SG der Antragstellerin zu Unrecht die außergerichtlichen Kosten der
Antragsgegnerin auferlegt. Die Kostenentscheidung im Verfahren auf einstweiligen
Rechtsschutz richtet sich nach § 197a SGG iVm den Vorschriften der VwGO nur dann,
wenn weder der Antragsteller noch der Antragsgegner zu den in § 183 SGG genannten
Personen gehören. Die Antragstellerin zählt als Versicherte jedoch zu diesem
Personenkreis. Die Kostenentscheidung erfolgt infolgedessen in entsprechender
Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG. Danach sind im Hinblick auf den
Verfahrensausgang außergerichtliche Kosten in erster - und zweiter - Instanz nicht zu
erstatten.
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Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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