Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.02.2007

LSG NRW: subjektives recht, öffentliches recht, gesetzgebende gewalt, private vorsorge, meldung, bemessungsgrundlage, unterkunftskosten, willkürverbot, verwaltungsakt, gestaltungsspielraum

Landessozialgericht NRW, L 20 AS 84/06
Datum:
12.02.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 20 AS 84/06
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 20 AS 10/06
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom
02.06.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im
Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten um die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen.
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Der Kläger bezog für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2006 Leistungen nach dem
Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Beklagte meldete für das Jahr 2005
beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 4.800,00 EUR und für die Zeit vom
01.01.2006 bis 31.03.2006 1.200,00 EUR bei der Beigeladenen an. Dies teilte die
Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 07.01.2006 und 02.04.2006 mit.
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Am 06.02.2006 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Köln mit der Begründung Klage
erhoben, dass er im Jahre 2005 Arbeitslosengeld II-Leistungen in Höhe von 8.369,82
EUR bezogen habe. Darauf entfielen 4.140,00 EUR auf die Regelleistungen für den
Lebensunterhalt und der Rest auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Er beziehe
fortlaufend 711,31 EUR monatlich. Ihm sei gesagt worden, dass die Meldung
beitragspflichtiger Einnahmen auf § 166 SGB VI beruhe. Er halte diese Norm für
verfassungswidrig, weil sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Deswegen müsse das
Gericht dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsgemäßheit dieser
Vorschrift vorlegen.
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Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
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die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung der Bescheide vom 07.01. und
02.04.2006 für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.03.2006 über die bereits
abgeführten 1.170,00 EUR weitere 878,23 EUR an Rentenversicherungsbeiträgen (19,5
% von 10.503,75 EUR) an die Beigeladene zur Versicherungsnummer 000 abzuführen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat auf die Vorschrift des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI verwiesen.
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Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02.06.2006 die Klage abgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Die Unzulässigkeit
ergebe sich nicht daraus, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden sei. Denn
entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich bei den Schreiben vom
07.01.2006 und 02.04.2006 nicht um Verwaltungsakte, da sie keine Regelung enthalten
würden. Es sei auch - soweit ersichtlich - kein Verfahren gegen den
Rentenversicherungsträger anhängig, sodass der Kläger sein Rechtsschutzziel nicht auf
einfacherem Weg erreichen könne (vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 29.07.2004, L 11 AL
118/04).
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Die Klage sei aber nicht begründet, weil die Beklagte zu Recht als beitragspflichtige
Einnahmen den Betrag von 400,00 EUR monatlich angesehen und nach § 173 Satz 2
SGB VI abgeführt habe. Dies entspreche der Vorschrift des § 166 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a
SGB VI. Danach sei Einnahmen bei Personen, die Arbeitslosengeld II bezögen, der
Betrag von 400,00 EUR monatlich, jährlich also 4.800,00 EUR, beitragspflichtig.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei diese Vorschrift in der Fassung des Vierten
Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 nicht
verfassungswidrig. Anlass, die Streitsache nach Art. 100 GG dem
Bundesverfassungsgericht vorzulegen, bestehe damit nicht. Die Vorschrift sei sowohl
mit Art. 14 Abs. 1 GG als auch mit Art. 3 GG vereinbar. Bei dem Arbeitslosengeld II
handele es sich um eine aus Steuermitteln finanzierte Leistung. Diese Leistung
unterfalle nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz GG, da ihr keine
einkommensbezogene Eigenleistung des Versicherten zugrunde liege.
Vertrauensschutz sei nicht betroffen, weil der Gesetzgeber in der Vergangenheit
mehrfach die Bestimmungen über die Berücksichtigung und Bewertung von Zeiten des
Bezugs von Arbeitslosenhilfe geändert habe.
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Die Vorschrift sei auch mit Art. 3 GG vereinbar. Unter Beziehern des Arbeitslosengeldes
II gewährleiste § 166 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a SGB VI, dass sich Unterschiede in der
Bemessung der Leistung, insbesondere durch die Höhe der Unterkunftskosten, nicht auf
die Höhe der späteren Rente auswirkten. Andernfalls hätte der mit einem Partner in
einer Bedarfsgemeinschaft lebende Bedürftige einen Anspruch auf eine geringere
Abführung von Beiträgen als der Alleinstehende, dem eine um 34,00 EUR höhere
Regelleistung zustehe. Die Bezieher von Arbeitslosengeld II in München, einer Stadt mit
hohem Preisniveau, würden gegenüber dem Bedürftigen auf dem Land, der für eine
angemessene Unterkunft weniger Geld aufbringen müsse, besser gestellt. Auch eine
unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber Erwerbstätigen oder
Arbeitslosengeldbeziehern bestehe nicht, da diese die Beiträge zur Rentenversicherung
aus ihrem eigenen Einkommen zu erbringen bzw. Leistungsansprüche hätten, die
unmittelbar auf einer Beitragsleistung beruhten. Demgegenüber übernehme der Bund
aus Fürsorgegesichtspunkten die Leistung von Beiträgen für die Bezieher von
Arbeitslosengeld II, um Ansprüche dieser Personengruppe aufrecht zu erhalten. So wie
er zuvor nicht verpflichtet gewesen sei, Beträge für Sozialhilfebezieher zu entrichten, sei
er nun nicht gehalten, frühere Arbeitslosenhilfebezieher insoweit mit Erwerbstätigen
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gleich zu stellen, als vom gesamten Arbeitslosengeld II der allgemeine Beitragssatz von
19,5 % abgeführt werde. Dem Bund stehe ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wie er
die Existenz seiner Bürger sichere. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die
Festlegung auf 400,00 EUR nicht willkürlich. Dabei handele es sich um einen
Mindestbeitrag (vgl. § 167 SGB VI).
Gegen das am 21.06.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.07.2006 Berufung
eingelegt. Dem Gesetzgeber sei es auch unter Berücksichtigugn seines weiten
Ermessensspielraums nicht erlaubt, die Rentenversicherungsbeiträge im Verhältnis zur
Arbeitslosenhilfe um 48,22 % abzusenken. Es sei ermessensmissbräuchlich, weil
gegen das Sozialstaatsprinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen
werde. Die Verfassungsgrundsätze erlaubten keinesfalls ein derartiges massenhaftes
Verarmungsprogramm. Die Argumentation des Sozialgerichtes übersehe, dass
anrechnungsfähige Unterkunftskosten ohnehin durch Höchstbeträge weitgehend
nivelliert seien. Selbst wenn die Beitragsbemessungsgrundlage für freiwillig Versicherte
aus § 167 SGB VI auf Arbeitslose übertragbar sein sollte, stelle sich die Frage nach der
sachlichen Begründung dieser Vorschrift.
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Der Kläger stellt den Antrag aus seinem Schriftsatz vom 27.11.2006 mit den zu Protokoll
genommenen Änderungen ( Bl 68 GA).
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
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Die Beigeladene beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verweist auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen
Gerichts.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Prozessakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges, der in der mündliche
Verhandlung vorgelegen hat, verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die statthafte gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02.06.2006 gerichtete
Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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Der Kläger hat, auch nach der Erörterung der Sach- und Rechtslage, darauf bestanden,
den im Schriftsatz vom 27.11.2006 formulierten Klageantrag zu stellen. Die
Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz-SGG) ist nicht statthaft, weil es an
einem Verwaltungsakt fehlt.
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Hintergrund des Rechtsstreites ist, dass die Beklagte beitragspflichtige Einnahmen des
Klägers als sonstigen Versicherten an die Beigeladene meldet. § 166 Abs. 1 Nr.2a SGB
VI in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung bestimmt: Beitragspflichtige Einnahmen
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sind bei Personen, die Arbeitslosengeld II oder im Anschluss an den Bezug von
Arbeitslosengeld II Übergangsgeld, Krankengeld, Verletztengeld oder
Versorgungskrankengeld beziehen, der Betrag von 400,00 EUR. Bei den
Entgeltbescheinigungen der Beklagten vom 07.01.2006 und 02.04.2006 handelt es sich
nicht um Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X. Die Beklagte hat allein dadurch,
dass sie den Kläger über den Inhalt ihrer Meldung an die Rentenversicherungsanstalt in
Kenntnis gesetzt hat, keine Regelung im Sinne der genannten Vorschrift getroffen. Sie
hat lediglich der ihr auferlegten gesetzlichen Informationspflicht genügt und damit ohne
erkennbaren Rechtsfolgewillen eine bloße Wissenserklärung abgegeben (vgl. dazu:
BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 12 AL 5/03 R).
Der Leistungsnachweis der Beklagten ist auch nicht als sog. formeller Verwaltungsakt
zu behandeln. Die Beklagte hat nicht den äußeren Anschein erweckt, sie wolle eine
Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffen (vgl. auch hierzu: Urteil des
BSG vom 25.03.2004, B 12 AL 5/03 R).
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Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen im Wege der Leistungsklage nach § 54
Abs. 4 SGG durchsetzbaren Anspruch auf Meldung eines höheren Entgeltes. Als
Bezieher von SGB II-Leistungen steht ihm gegen die Beklagte zwar ein subjektiv-
öffentliches Recht zu, dass ihm der Inhalt der Meldung mitgeteilt wird (§ 191 Satz 2 SGB
VI i.V.m. § 28a Abs. 5 SGB IV), nicht jedoch ein solches auf Abgabe einer höheren
Meldung. Die Meldung hat die Beklagte als Leistungsträger unmittelbar dem
zuständigen Rentenversicherungsträger zu erstatten (§ 191 Satz 1 Nr. 2 SGB VI).
Ebenso hat die Beklagte unmittelbar an den Rentenversicherungsträger die
wirtschaftlich vom Bund getragenen (§ 170 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Beiträge zu zahlen (§
173 Satz 2 SGB VI). Indes ist der Beklagten hierdurch nicht etwa eine eigene
Entscheidungskompetenz zuerkannt. Vielmehr trifft gemäß § 212 Satz 1 SGB VI allein
der Rentenversicherungsträger als Gläubiger der in Frage stehenden Forderung die
Pflicht, die rechtzeitige und vollständige Zahlung unmittelbar an ihn zu entrichtender
Pflichtbeiträge zu überwachen. Hat der Leistungsbezieher Zweifel an der Richtigkeit
einer Meldung der Beklagten bzw. an der Entrichtung der Beiträge in zutreffender Höhe,
bleibt ihm nur, sich an den sachlich zuständigen und daher im Prozess allein passiv
legimitierten Rentenversicherungsträger zu wenden. Damit gilt grundsätzlich nichts
anderes als für Arbeitnehmer, die den Streit über die Verpflichtung zur Zahlung von
Rentenversicherungsbeiträgen und deren Höhe ebenfalls nicht mit dem Arbeitgeber,
sondern zulässig allein mit der in diesen Fällen zuständigen Einzugsstelle austragen
(vgl. hierzu: BSG, SozR 3-2400, § 28a Nr. 5).
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Der Senat konnte auch gegenüber der im Berufungsverfahren beigeladenen
Rentenversicherungsanstalt nicht entscheiden, ob Beiträge auf der Grundlage eines
höheren Bemssungsentgeltes zu entrichten sind. In derartigen Einzugstellenverfahren
ist in den Fällen einer gesetzlich abschließend und eindeutig bestimmten Zuständigkeit
eine Verurteilung der beigeladenen Einzugsstelle auf eine im Verfahren gegen den
sachlich unzuständigen Versicherungsträger hilfsweise erhobene Feststellungsklage
ausgeschlossen (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 12 AL 5/03 R). Die allein in
Betracht kommende entsprechende Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG würde
andernfalls zu einer Aushöhlung des Entscheidungsmonopols der Einzugsstelle und
des Erfordernisses einer vor ihr vor Prozessbeginn getroffenen
Verwaltungsentscheidung führen. Für Verfahren, in denen zunächst der Arbeitgeber
oder wie hier ein Leistungsträger verklagt wurde, gilt nicht nichts anderes. Erst recht
kann die Beigeladene im vorliegenden Verfahren nicht dazu verurteilt werden, einen
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höheren Wert des bisher streitigen Rechts auf Altersrente festzustellen.
Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des Klägers nicht, dass die Vorschrift des §
166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI verfassungswidrig ist. Der Senat erkennt keinen Verstoß
gegen Artikel 14 Abs. 1 GG bei der Festlegung der Bemessungsgrundlage für die
Rentenversicherungsbeiträge von SGB II Leistungsbeziehern. Der Senat weist darauf
hin, dass sich insofern Parallelen zur Festsetzung der Bemessungsgrundlage für
Rentenversicherungsbeiträge von Arbeitslosenhilfebeziehern ergeben. Die am
01.01.2005 in Kraft getretene niedrigere Bewertung der nach diesem Zeitpunkt
zurückgelegten Beitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von SGB II-Leistungen
durch die Neufassung des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI beeinträchtigt kein bereits
erworbenes subjektives öffentliches Recht des Klägers. Das BSG hat in seiner
Entscheidung vom 14.03.2006 (B 4 RA 55/04 R) darauf hingewiesen, dass das
subjektiv-öffentliche Recht der Rentenanwartschaft nach Erfüllung der Wartezeit, das
noch keinen vom Gesetz zugewiesenen konkreten Vermögenswert hat, nicht
beeinträchtigt wird. Denn sein Zuweisungsgehalt wird nicht berührt. Dem
parlamentarischen Gesetzgeber ist es vorbehalten, zu bestimmen, was
Vorausleistungen für die gesetzliche Rentenversicherung sind und welchen Wert diese
im Blick auf spätere Versicherungsleistungen haben. Insbesondere steht ihm auch
gegenüber Inhabern von Anwartschaftsrechten und Anwartschaften, die nur durch das
Willkürverbot begrenzte Rechtsmacht zu, Art und Wert erst in der Zukunft zu
erbringender Vorleistungen neu zu regeln. Das durch das Rentenanwartschaft
gleichfalls geschützte Systemversprechen, das nicht darin besteht, bestimmte
Leistungsarten und Leistungshöhen beizubehalten, gewährleistet ihm, dass er für die
Versicherungsfälle des Alters, der Minderung der Erwerbsfähigkeit und des Todes
später nach den Grundsätzen Versicherungsschutz entsprechend seiner Vorleistung
erhalten wird, die in der Vorleistungsphase galten, so dass er insoweit keine private
Vorsorge treffen muss. Es schützt aber nicht vor einer rein zukunftsbezogenen Änderung
des Rechts der Versicherungsvorleistungen.
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Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten (Artikel 2 Abs. 1 GG) sind subjektive
Rechte des Klägers nicht berührt. Dieses Grundrecht schützt nicht nur die hier ohnehin
unberührte natürliche Handlungsfreiheit, sondern auch die einfachgesetzlichen
subjektiven Rechte des Bürgers vor verfassungswidrigen Beeinträchtigungen durch
Parlamentsgesetze. Es gibt aber kein subjektives Recht des Einzelnen gegen die
gesetzgebende Gewalt, auf den Fortbestand einer bloß objektiv-rechtlichen
Gesetzeslage zu vertrauen, die ihm günstig ist und ihm Aussichten auf künftigen Erwerb
von Rechten vermittelt (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 14.03.2006, B 4 RA 55/04 R). Der
rechtsstaatliche Vertrauensschutz gibt dem Kläger auch weder ein subjektives Recht auf
den Fortbestand einer objektiven Gesetzeslage noch ein subjektives Recht darauf, dass
der Gesetzgeber eine bestimmte Regelung unterlässt oder ändert. Etwas anderes gilt
nur dann, wenn der Gesetzgeber unerlaubt in abgeschlossene Tatbestände (sog.
Rückwirkungsverbot) eingreift. Die Reglungen des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI in der für
den Kläger geltenden Fassung greifen jedoch nicht nachträglich ändernd in bereits
zugeordnete Rechte im Sinne einer Rückwirkung von Rechtsfolgen bzw. echten
Rückwirkung ein. Sie enttäuscht lediglich subjektiv-rechtlich nicht geschützte
Erwartungen in den Fortbestand der bisherigen objektiven Rechtslage.
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Der Kläger kann auch aus Artikel 3 Abs. 1 GG kein Recht auf wirksame Zahlung von
Aufstockungsbeiträgen ableiten. In seiner Ausprägung als Verbot der ungerechtfertigten
Gleich- oder Verschiedenbehandlung von Personengruppen ist er dann beeinträchtigt,
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wenn die Rechte verschiedener Personengruppen bezogen auf dem jeweiligen
Regelungstatbestand des Gesetzes und gemessen an den materiellen
Differenzierungskriterium, nämlich der Aufgabe des Gesetzes, ungleich oder
aufgabengerecht gleich behandelt werden. Dieses Willkürverbot ist nicht dadurch
verletzt, dass der Gesetzgeber das Bemessungsentgelt pauschal auf 400,00 EUR
festgesetzt hat. Bei dieser Festsetzung hat der Gesetzgeber einen
Gestaltungsspielraum, der umso höher ist, weil es sich um sog. Transferleistungen und
nicht um eigene einkommensbezogene des nach dem SGB II Berechtigten handelt.
Soweit in dem Vortrag des Klägers gerügt wird, § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI verstoße
dadurch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung
eingeführt habe, weil Bezieher von SGB II Leistung finanziell nicht in der Lage seien, die
für die Aufstockung erforderlichen freiwilligen Gelder aufzubringen, verlangt er, dass der
Gesetzgeber § 166 Abs. 1 Nr.2a SGB VI ändert. Ein Anspruch auf ein bestimmtes
Handeln des Gesetzgebers besteht auch nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Tatsächliche
Ungleichheiten, wie hier durch den Bezug von SGB II-Leistungen, sind jedoch vom
Gesetzgeber nicht verpflichtend, auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips,
auszugleichen (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 14.03.2006, B 4 RA 55/04 R).
Da ein subjektives Recht des Klägers nicht beeinträchtigt ist, hatte der Senat keinen
Anlass, die Entscheidung gemäß 100 Abs. 1 GG, wie vom Kläger beantragt, dem
Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Dem Kläger steht kein subjektives Recht auf
einen Aufstockungsbetrag zu, so dass es auf die Verfassungsgemäßheit des § 166 Abs.
1 Nr. 2 a SGB VI im vorliegenden Verfahren nicht ankommt.
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Der äußerst hilfsweise gestellte Feststellungsantrag, dass die Absenkung der
rentenversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze durch die genannte Norm
gegen Verfassungsprinzipien verstößt, ist Ausdruck einer vom Kläger geäußerten
Rechtsmeinung, auf die der Senat bereits eingegangen ist, und nicht ein eigenständiger
Streitgegenstand.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Voraussetzung für eine Revisionszulassung liegen nicht vor ( § 160 Abs. 2 SGG).
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