Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.05.2008

LSG NRW: aufenthalt, inhaftierung, freiheitsentziehung, vollzug, anhörung, erlass, zukunft, widerspruchsverfahren, auflage, öffentlich

Landessozialgericht NRW, L 7 B 145/08 AS
Datum:
28.05.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 7 B 145/08 AS
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 24 (7) AS 190/07
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichtes
Detmold vom 01.04.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde des Klägers ist unbegründet.
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Gemäß § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 114, 115 der
Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder
nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
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Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das SG zu
Recht die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II für Inhaftierte für nicht
anwendbar gehalten hat. Nach dieser Vorschrift erhält abweichend von Satz 1
Leistungen nach diesem Buch, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und
unter den üblichen Bedingungen des allgemeines Arbeitsmarktes mindestens 15
Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Gegen die Auffassung des SG könnte sprechen,
dass nach § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der
Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung
gleichgestellt ist. Gleichwohl ergibt sich im vorliegenden Fall auch unter
Berücksichtigung des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II keine andere Beurteilung.
Voraussetzung wäre nämlich, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des
allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig gewesen
ist. An dieser Voraussetzung fehlt es. Der Kläger ging zwar im Rahmen seiner
Inhaftierung einer Tätigkeit nach. Unabhängig davon, ob diese Tätigkeit mindestens 15
Stunden wöchentlich ausgeübt worden ist, entsprach diese Erwerbstätigkeit nicht den
üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Dies ergibt sich aus dem
Schreiben der Justizvollzugsanstalt C vom 12.12.2007. Danach übte der Kläger seine
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Tätigkeit als Hausreiniger während der Inhaftierung nur innerhalb der Anstalt aus. Für
diese Tätigkeit werden nach den Angaben der Justizvollzugsanstalt ausschließlich
Inhaftierte eingesetzt.
Die weiteren im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe des Klägers rechtfertigen
ebenfalls keine andere Beurteilung. Zu Recht hat die Beklagte die Aufhebung auf § 48
Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützt. Eine wesentliche Änderung in den
Verhältnissen liegt vor. Dem Kläger sind durch Bescheid vom 02.02.2007 Leistungen für
die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.08.2007 gewährt worden. Durch die Inhaftierung des
Klägers ab dem 02.07.2007 ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen
eingetreten. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II erhält Leistungen nach diesem Buch nicht,
wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder
Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art
bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer
Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt (§ 7
Abs. 4 Satz 2 SGB II). Dass die Beklagte die Bewilligung lediglich für die Zukunft
aufgehoben hat (hier: ab 01.08.2007), ist nicht zu beanstanden.
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Aus der Verwaltungsakte ist nicht zu ersehen, ob die Beklagte dem Kläger vor Erlass
des Bescheides vom 05.07.2007 die Gelegenheit gegeben hat, sich zu den für die
Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 24
Abs. 1 SGB X). Die rechtserheblichen Tatsachen ergeben sich aber aus dem Bescheid
vom 05.07.2007. Durch die Möglichkeit, sich im Widerspruchsverfahren hierzu zu
äußern, ist die offenbar unterbliebene Anhörung wirksam nachgeholt worden (§ 41 Abs.
1 Nr. 3 SGB X; vgl. von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 6. Auflage 2008, § 41 Rn. 15
m.w.N.). Zudem könnte die fehlende Anhörung bis zur letzten Tatsacheninstanz eines
sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens noch nachgeholt werden (§ 41 Abs. 2
SGB X).
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Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht zu
erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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