Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.05.2010

LSG NRW (wiedereinsetzung in den vorigen stand, zulassung, frist, kläger, ablauf der frist, berufliche eignung, bewerber, antrag, veröffentlichung, zeitpunkt)

Landessozialgericht NRW, L 11 KA 64/09
Datum:
12.05.2010
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 11 KA 64/09
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 5 KA 11/07
Sachgebiet:
Vertragsarztangelegenheiten
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold
vom 02.09.2009 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten
des Berufungsverfahrens einschließlich der erstattungsfähigen
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 8). Die Revision wird
nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Zwischen den Beteiligten ist die Besetzung eines Vertragsarztsitzes für Radiologie im
Planungsbereich der kreisfreien Stadt C streitig.
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Mit Beschluss vom 07.07.2006 stellte der Landesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen für Westfalen-Lippe (Landesausschuss) fest, dass in C die
Zulassungsbeschränkungen für Radiologen mit der Maßgabe aufzuheben sind, dass
Zulassungen nur bis zum erneuten Eintreten einer Überversorgung erfolgen dürfen. Der
Beschluss lautet:
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"Der Landesausschuss stellt fest, dass in den nachstehend aufgeführten Bereichen /
Arztgruppen / Psychologische Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen
aufzuheben sind: Regierungsbezirk Detmold kreisfreie Stadt Bielefeld Radiologen
Anträgen auf Zulassung für die Bereiche/Arztgruppen/Psychologische
Psychotherapeuten kann - sofern die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt
sind - entsprochen werden; allerdings dürfen Zulassungen nur bis zum erneuten
Eintreten einer Überversorgung erfolgen. Der Zulassungsausschuss hat unter
denjenigen Antragstellern eine Auswahl zu treffen, deren Zulassungsanträge innerhalb
einer Frist von zwei Monaten nach Veröffentlichung eingegangen sind. Anträge sind zu
richten an den jeweiligen Zulassungsausschuss oder an eine Dienststelle der KVWL."
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Der Beschluss wurde in der Ausgabe 8/2006 des Westfälischen Ärzteblatts vom
04.08.2006 (S. 60 f) bekanntgegeben. Daraufhin beantragten der Kläger und der
Beigeladene zu 8) ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
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Der 1951 geborene Kläger war vom 01.07.2000 bis 30.06.2001 zunächst in C im
Rahmen eines Job-Sharings als Facharzt für Radiologie tätig; seit dem 01.07.2001 ist er
in Melle als Facharzt für Radiologie niedergelassen. Sein auf Zulassung für den Arztsitz
Istraße 00 in C gerichteter Antrag ging am 13.11.2006 beim Zulassungsausschuss der
Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Detmold (ZA) ein.
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Der 1941 geborene Beigeladene zu 8) ist seit dem 01.07.1976 als Facharzt für
Radiologie und ab 01.01.2003 als Facharzt für Nuklearmedizin niedergelassen und zur
vertragsärztlichen Versorgung in C zugelassen. Mit Schreiben vom 10.07.2006
beantragte er zunächst die Genehmigung zum Fachgebietswechsel von Nuklearmedizin
in Radiologie und mit am 11.08.2006 beim ZA eingegangenem Schreiben vom
09.08.2006 seine Zulassung als Facharzt für Radiologie für den Vertragsarztsitz
Gstraße 0 in C. Für den Fall seiner bestandskräftigen Zulassung als Facharzt für
Radiologie verzichtete er auf die Zulassung als Facharzt für Nuklearmedizin. Der auf
den Fachgebietswechsel gerichtete Antrag ist bisher ohne Erfolg geblieben (Beschluss
des ZA vom 22.11.2006, Beschluss des Beklagten vom 26.09.2007, Urteil des
Sozialgerichts (SG) Detmold vom 28.04.2010 - S 5 KA 10/07 -).
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Mit weiterem Beschluss vom 22.11.2006 stellte der ZA fest, dass die Zulassung des
Beigeladenen zu 8) als Facharzt für Nuklearmedizin infolge seines Verzichtes mit
Ablauf des 22.11.2006 unter der Bedingung der bestandskräftigen Zulassung als
Facharzt für Radiologie ende. Gleichzeitig ließ der ZA den Beigeladenen zu 8) als
Facharzt für Radiologie für den Vertragsarztsitz Gstraße, C, zur vertragsärztlichen
Versorgung zu. Den Zulassungsantrag des Klägers lehnte der ZA mit der Begründung
ab, dass der Antrag verspätet gestellt worden sei.
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Mit ihrem Widerspruch machten der Kläger und ihn unterstützend die aus zwei
Fachärzten für Radiologie und einer Fachärztin für Diagnostische Radiologie
bestehende Gemeinschaftspraxis Dr. V u.a. aus C geltend, dass in einem nicht
gesperrten Gebiet alle Zulassungsanträge bis zum Zeitpunkt der Sperrung zuzulassen
seien; eine Ausschlussfrist vom Zeitpunkt der Entsperrung bzw. der
Ausschreibungsbekanntmachung bestehe für die Abgabe von Anträgen nicht. Sein
Zulassungsantrag sei vor einer erneuten Sperrung eingegangen und hätte somit bei der
Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Der Beigeladene zu 8) sei als Facharzt für
Nuklearmedizin zugelassen und bedürfe keiner weiteren Zulassung. Es sei zu
vermuten, dass der nunmehr zu erwerbende Sitz des Beigeladenen zu 8) an einen
Gemeinschaftspraxispartner weitergegeben werden solle. Im Übrigen bezweifele er das
Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entsperrung des Gebietes.
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Der Beklagte wies die Widersprüche mit Beschluss vom 26.09.2007 zurück und ordnete
den Sofortvollzug der Entscheidung an: Der Kläger habe keinen Anspruch auf
Zulassung als Radiologe in C; vielmehr sei der Beigeladene zu 8) zu Recht zugelassen
worden. Der Landesausschuss habe mit Beschluss vom 07.07.2006 die für den
Planungsbereich der kreisfreien Stadt C bestehenden Zulassungsbeschränkungen bei
einem Versorgungsgrad von 109,3 % insoweit aufgehoben, dass Zulassungen nur bis
zum erneuten Eintreten einer Überversorgung erfolgen dürften. Diese auf der Grundlage
der Nr. 23 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BedarfsplanungsRL-Ä) bzw. des §
23 Abs. 1 der am 01.04.2007 in Kraft getretenen BedarfsplanungsRL-Ä erteilte partielle
Entsperrung bedeute, dass Überversorgung und damit Sperrung des Planungsbereichs
wieder eintrete, wenn ein Radiologe zugelassen werde. Wirkung für
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Zulassungsbewerbungen könne der Beschluss des Landesausschusses erst mit seiner
Veröffentlichung in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen
Vereinigung vorgesehenen Blättern, hier also im Westfälischen Ärzteblatt, erlangen.
Deshalb habe die Bewerbungsfrist von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt der
Veröffentlichung zu laufen begonnen. Die Anordnung einer solchen Frist sei zulässig.
Da der Kläger die gesetzte Bewerbungsfrist mit der am 13.11.2006 beantragten
Zulassung um mehr als einen Monat überschritten habe, sei sein Zulassungsantrag
beim Auswahlverfahren nicht mehr zu berücksichtigen. Ob eine Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nach § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) möglich sei,
könne schon deshalb dahinstehen, weil kein Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden
sei. Abgesehen von der zum Ausschluss im Bewerbungsverfahren führenden
Fristversäumnis sei der Beigeladene zu 8) auch unter Berücksichtigung der
Auswahlkriterien der Nr. 23 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 bzw. § 23 Abs. 3 Nr. 3 BedarfsplanungsRL-
Ä zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, da er am 01.07.1976 und der Kläger
erst am 01.07.2000 zugelassen worden sei.
Der Kläger hat sich mit seiner Klage vom 27.11.2007 gegen den ihn am 29.10.2007
zugestellten Beschluss gewandt.
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Im Verlauf dieses Rechtsstreits hat der Beigeladene zu 8) gegenüber dem ZA den
Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes Gstraße 0 in C gestellt (Schreiben
vom 01.08.2008) und am 03.11.2008 mit Ablauf des 31.12.2008 auf seine Zulassung zur
vertragsärztlichen Versorgung mit der Maßgabe der bestandskräftigen Zulassung eines
Praxisnachfolgers für seinen Vertragsarztsitz verzichtet. In der Sitzung vom 19.11.2008
hat der ZA dementsprechend die Beendigung der Zulassung des Beigeladenen zu 8)
festgestellt und den einzigen Bewerber, Dr. N, als Facharzt für Diagnostische Medizin
auf dem ehemaligen Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8) zugelassen. Hiergegen
haben der Kläger und die Gemeinschaftspraxis Dr. V u.a. mit der Begründung
Widerspruch erhoben, der Beigeladene zu 8) habe über den Vertragsarztsitz nicht
verfügen dürfen. Die Anträge des Dr. N und des Beigeladenen zu 8) auf Beseitigung der
aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das SG Detmold mit rechtskräftigem
Beschluss vom 06.05.2009 (S 5 KA 2/09 ER) unter Hinweis darauf abgelehnt, dass vor
der Entscheidung des Beklagten einstweiliger Rechtsschutz nicht gewährt werden
könne. Der Beklagte hat die Widersprüche mit Beschluss vom 24.06.2009 im
Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Widerspruchsführer nicht
anfechtungsberechtigt seien. Diese Entscheidung haben der Kläger (S 5 KA 3/09 SG
Detmold) und die Gemeinschaftspraxis Dr. V u.a. (S 5 KA 4/09 SG Detmold) mit Klage
angegriffen. Beide Verfahren ruhen (Beschlüsse des SG vom 04.03.2010 und
15.03.2010).
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Der Kläger hat vorgetragen: Sein Zulassungsantrag hätte im Rahmen des
Auswahlverfahrens berücksichtigt werden müssen; der Einwand eines Fristablaufs sei
nicht beachtlich. Nr. 23 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 BedarfsplanungsRL-Ä (a.F.) enthalte nämlich
weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck eine gesetzliche Ausschlussfrist i.S.d.
27 Abs. 5 SGB X. Bereits der Wortlaut "in der Regel sechs bis acht Wochen" beinhalte
keinen berechenbaren und fest umrissenen Zeitraum. Mit dieser Zeitvorgabe solle
lediglich sichergestellt und gewährleistet werden, dass Bewerber für die Konkretisierung
ihres Zulassungsbegehrens ausreichend Zeit zur Verfügung hätten. Es sei keine Rede
davon, dass das Zulassungssystem mit der Einhaltung oder Nichteinhaltung der
Zeitvorgabe stehe oder falle. Dementsprechend akzeptiere der Beklagte
Zulassungsbewerbungen bei sämtlichen Dienststellen der Beigeladenen zu 1) und
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nehme Ungewissheiten hin, ob und ggf. wann die Bewerbungen an den zuständigen ZA
weitergeleitet würden. Mithin handele es sich um eine Minimal- und keine
Maximalvorgabe. Selbst wenn es sich um eine behördliche Frist handeln würde,
resultiere auch daraus keine für ihn nachteilige Folge. Eine behördliche Frist könne nur
durch Verwaltungsakt gesetzt werden und sei vorliegend schon wegen Fehlens einer
Rechtsbehelfsbelehrung nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Daher greife die
Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Werde die Frist nur als
vorbereitende Maßnahme angesehen, habe ihre Nichteinhaltung ebenfalls keine
negativen Folgen. Die im Westfälischen Ärzteblatt bekannt gegebene Fristsetzung sei
auch deshalb nicht wirksam in Gang gesetzt worden, weil die gleichen Grundsätze wie
für den Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung i.S.d. § 36 SGB X Anwendung fänden,
diesen aber nicht Rechnung getragen worden sei. Die Angabe, dass Anträge an den
jeweiligen ZA oder an eine Dienststelle der Beigeladenen zu 1) zu richten seien, sei
inhaltlich unbestimmt, weil es mehrere Zulassungsausschüsse gebe und die Anschrift
des zuständigen ZA nicht angegeben sei. Darüber hinaus sei eine falsche Behörde
benannt, denn Zulassungsanträge seien bei den Zulassungsausschüssen und nicht bei
irgendwelchen Dienststellen der Beigeladenen zu 1) einzureichen. Außerdem sei eine
Veröffentlichung des Beschlusses des Landesausschusses in zwei verschiedenen
Medien erforderlich. Ferner komme es nicht darauf an, ob ein Wiedereinsetzungsantrag
gestellt worden sei, denn nach § 27 Abs. 2 S. 4 SGB X könne Wiedereinsetzung auch
ohne Antrag gewährt werden. Schließlich müsse auch § 26 Abs. 7 SGB X Anwendung
finden, denn es sei unbillig, an der Frist festzuhalten. Entscheidend sei, ob der ZA in der
von ihm anberaumten Sitzung eine Entscheidung treffen könne. Eine sachliche
Rechtfertigung dafür, die Zeit vom formalen Ablauf der Frist am 04.10.2006 bis zur
Entscheidung des ZA am 22.11.2006 vollständig auszuklammern, bestehe nicht. Im
Übrigen habe sich der Beklagte selbst über die Bewerbungsfrist hinweggesetzt, indem
er über die Bewerbung auch sachlich entschieden habe. Diese Entscheidung sei aber
ebenfalls rechtswidrig, weil der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen fehlerhaft
ausgeübt habe. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei vorrangig die berufliche
Eignung zu würdigen. Er sei besser positioniert, weil er seit 2000 durchgängig
radiologisch tätig sei, während der Beigeladene zu 8) seit 2003 als Nuklearmediziner
niedergelassen und damit nicht mehr radiologisch tätig sei. Zudem verfüge er - der
Kläger - über die Genehmigung für die Durchführung und Abrechnung von MRT-
Leistungen. Darüber hinaus hätte der Beigeladene zu 8) im Hinblick auf § 25
Zulassungsverordnung für Vertragsätze (Ärzte-ZV) schon wegen Überschreitung der
Altersgrenze nicht zugelassen werden dürfen. Seine Bewerbung sei auch
rechtsmissbräuchlich, da sie allein der Sitzvermehrung diene. Da Nuklearmediziner
keiner Bedarfsprüfung unterlägen, könne der Beigeladene zu 8) ohne rechtliche und
wirtschaftliche Nachteile auf seine Zulassung als Nuklearmediziner verzichten. Hinzu
komme, dass er bereits 2003 auf einen radiologischen Vertragsarztsitz verzichtet habe
und diesen wirtschaftlich habe verwerten können. Eine erneute Zulassung als
Radiologe könne der Beigeladene zu 8) ebenso wieder verwerten, weil er sich dann
erneut als Nuklearmediziner niederlassen könne. Der von dem Beigeladenen zu 8) zum
31.12.2008 erklärte Verzicht auf seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
bewirke nun auch, dass er seine Bewerbung nicht länger aufrecht halte und aus dem
Bewerbungsverfahren ausgeschieden sei, so dass er - der Kläger - als einzig
verbliebener Bewerber zuzulassen sei. Ergänzend stütze er seine Klage auf das
richterrechtliche Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Da er im
Planungsbereich C vom 01.07.2000 bis zum 30.06.2001 im Rahmen eines sog. Job-
Sharings zugelassen gewesen und Grund für die Entsperrung ein seit mehreren Jahren
unerkannt gebliebener Rechenfehler gewesen sei, hätte die Beschränkung seiner
Zulassung nach § 101 Abs. 3 S. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bereits im
Jahre 2001 enden und sich seine Zulassung in eine Vollzulassung umwandeln müssen.
Der Kläger hat beantragt,
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den Widerspruchsbescheid vom 26.09.2007 in der Fassung des Bescheides vom
22.11.2006 aufzuheben und den Beklagten zu einer erneuten Entscheidung über den
Zulassungsantrag des Klägers in Anlehnung an die Grundsätze für die Auswahl unter
mehreren Bewerbern zu verpflichten.
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Der Beklagte und der Beigeladene zu 8) haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat vorgetragen, der Beschluss des Landesausschusses sei kein
Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X. Der Landesausschuss sei zwar eine Behörde, mit
seinem Entsperrungsbeschluss habe er jedoch keinen Einzelfall im Sinne des § 31 S. 1
SGB X geregelt. Sein Beschluss richte sich allein an den ZA und schaffe insoweit die
Rechtsgrundlage für dessen weiteres Tätigwerden. Darüber hinaus sei der Beschluss
zu veröffentlichen; die Veröffentlichung diene der Information interessierter möglicher
Bewerber. Die vom Landesausschuss bestimmte Bewerbungsfrist von zwei Monaten
stelle eine Ausschlussfrist dar; denn bei der Auswahlentscheidung seien nach § 23 Abs.
3 Nr. 2 S. 2 BedarfsplanungsRL-Ä nur die nach Bekanntmachung fristgerecht und
vollständig abgegebenen Zulassungsanträge zu berücksichtigen. Grund dafür sei, dass
zum Einen die Anträge sorgfältig geprüft werden müssten, damit in der Sitzung des ZA
eine sachgerechte Entscheidung getroffen werden könne. Zum Anderen könne die
Zulassungssitzung nicht dazu genutzt werden, wirksam einen weiteren
Zulassungsantrag anzubringen und damit das Zulassungsverfahren zu verzögern. Zum
Zeitpunkt seiner - des Beklagten - Entscheidung habe der Zulassung des Beigeladenen
zu 8) § 25 Ärzte-ZV nicht entgegengestanden; die Altersgrenze der Vollendung des 55.
Lebensjahres habe nur zum 31.12.2006 bestanden.
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Das SG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 02.09.2009 abgewiesen: Der allein
streitgegenständliche Beschluss des Beklagten, der seine Grundlage in § 95 Abs. 2
i.V.m. § 103 Abs. 3 SGB V i.V.m. der Ärzte-ZV und den BedarfsplanungsRL-Ä habe, sei
rechtmäßig. Mit Beschluss vom 07.07.2006 habe der Landesauschuss letztlich eine
Entsperrung nur für eine Zulassung im Fachbereich Radiologie in der kreisfreien Stadt
C vorgenommen. Der Beschluss entspreche allen formalen Anforderungen. Er sei
gemäß § 16b Abs. 4 Ärzte-ZV im Westfälischen Ärzteblatt veröffentlicht worden. Einer
weiteren Veröffentlichung habe es nicht bedurft. In seiner von dem Kläger zitierten
Entscheidung vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 - habe sich das Bundessozialgericht
(BSG) lediglich mit der Zulässigkeit alternativer Bekanntmachungsarten im Rahmen der
Veröffentlichung eines Honorarverteilungsmaßstabes auseinandergesetzt; für die von
dem Kläger daraus gefolgerte Verpflichtung zur Veröffentlichung in zwei verschiedenen
Medien biete die Entscheidung keinen Anhaltspunkt. Der Beschluss entspreche den
rechtsstaatlichen Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot; er stelle eindeutig und
unmissverständlich klar, an welche Stellen Bewerber sich mit Zulassungsanträgen
wenden können. Die Möglichkeit, Anträge auch bei einer Dienststelle der Beigeladenen
zu 1) anzubringen, könne keine Unsicherheiten bei potentiellen Bewerbern auslösen.
Die ausgesprochene Teilentsperrung sei mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar;
denn § 23 Abs. 1 BedarfsplanungsRL-Ä enthalte die ausdrückliche Regelung, dass der
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Aufhebungsbeschluss des Landesausschusses - sofern keine Überversorgung mehr
bestehe - hinsichtlich der Zulassungsbeschränkungen mit der Auflage zu versehen sei,
Zulassungen nur in einem solchen Umfang zu erteilen, bis für die Arztgruppe
Überversorgung eingetreten ist. Die Normsetzungsbefugnis des Gemeinsamen
Bundesausschusses (GBA) habe das BSG bereits bestätigt (BSG, Urteile vom
18.03.1998 - B 6 KA 37/96 R - und vom 23.02.2005 - B 6 KA 81/03 R -). Auch stehe der
vorangegangene Antrag des Beigeladenen zu 8) auf Genehmigung eines
Fachgebietswechsels nicht entgegen; denn er beeinflusse den Versorgungsbedarf in
dem betroffenen Planungsgebiet nicht. Zulassungsbeschränkungen griffen auch bei
einem Wechsel des Fachgebietes, da ansonsten bei Wechselanträgen die
Bedarfsplanung vollständig umgangen werden könne (BSG, Urteil vom 18.03.1998 - B 6
KA 78/96 R -). Der Landesausschuss habe sich auch an die Vorgabe in § 23 Abs. 3 S. 1
Nr. 2 BedarfsplanungsRL-Ä gehalten, nach der auch die Frist bekannt zu machen sei,
innerhalb der potentielle Bewerber ihre Zulassungsanträge abzugeben und die hierfür
erforderlichen Unterlagen gem. § 18 Ärzte-ZV beizubringen haben. Aufgrund dessen sei
der Beklagte verpflichtet gewesen, nur die Anträge zu berücksichtigen, die bis zwei
Monate nach Veröffentlichungsdatum, mithin bis zum 04.10.2006, beim ZA bzw. bei der
Beigeladenen zu 1) eingegangen seien. Der Kläger, der seinen Zulassungsantrag
jedoch erst am 13.11.2006 gestellt habe, verkenne die Rechtsqualität des Beschlusses
des Landesausschusses. Dieser sei Rechtsetzungsakt eines Selbstverwaltungsorgans;
der ZA müsse die angeordneten Zulassungsbeschränkungen beachten (§ 16b Abs. 2
Ärzte-ZV). Bereits deshalb stelle die im Beschluss des Landeausschusses gesetzte
Frist eine gesetzliche Frist dar, die für den ZA verpflichtend sei und dazu führe, dass
verspätet eingegangene Bewerbungen nicht zu berücksichtigen seien. Aufgrund der
eindeutigen Vorgabe des Landesausschusses stehe den Zulassungsgremien auch
keine Möglichkeit zu, einen verspätet eingegangenen Antrag nach
Ermessensgesichtspunkten mit in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Auf welcher
Grundlage der Beschluss des Landesausschusses mit einer Rechtsmittelbelehrung
hätte versehen werden müssen, erschließe sich nicht. Bei dem Beschluss handele es
sich nicht um einen Verwaltungsakt, der unmittelbare Rechtswirkung nach außen
entfalte. Erst die anschließende Entscheidung der Zulassungsgremien enthalte eine
konkret-individuelle Umsetzung in der Form eines Verwaltungsakts i.S.d. § 31 SGB X.
Dahinstehen könne, ob ein Wiedereinsetzungsantrag des Klägers nach § 27 Abs. 2 S. 4
SGB X zu einer nachträglichen Berücksichtigung seines Antrags im
Bewerbungsverfahren hätte führen können; denn der Kläger habe keine Gründe
benannt, die ihn an der Einhaltung der Frist gehindert haben könnten. Im Übrigen könne
ein solcher Antrag nach einem Jahr seit Ende der versäumten Frist nicht mehr gestellt
werden. Unbeachtlich sei, dass § 25 Ärzte-ZV zum Zeitpunkt der Entscheidung des ZA
einer Zulassung des Beigeladenen zu 8) aufgrund seines Lebensalters
entgegengestanden habe, da ausschließlich der Beschluss des Beklagten
Streitgegenstand und das zum Zeitpunkt dieser Entscheidung geltende Recht
anzuwenden sei. Die Ausführungen des Klägers zu den Zulassungsabsichten des
Beigeladenen zu 8) seien nicht zu berücksichtigen, insbesondere führe dessen
zwischenzeitlich erklärter Verzichts auf seine Zulassung zu keiner anderen
Einschätzung der Sach- und Rechtslage. Der Beigeladene zu 8) sei auf der Grundlage
der hier streitigen Zulassung vertragsärztlich tätig gewesen. Zu welchem Zeitpunkt und
unter welchen Voraussetzungen ein Vertragsarzt später auf seine Zulassung verzichte,
unterliege nicht der Prüfung der Zulassungsgremien und sei auch nicht Gegenstand
dieses Rechtsstreits. Im Übrigen sei auch ein Verzicht unter der Bedingung, dass ein
Bewerber die Praxis fortführe, zulässig. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs seien nicht erfüllt. Selbst wenn der Rechenfehler in der
Bedarfsplanung bereits seit mehreren Jahren unentdeckt gewesen sei, könne der
Kläger daraus keinen Anspruch auf Zulassung ableiten. Die Bedarfsplanung richte sich
nach den Kriterien der §§ 99 ff SGB V; eine gewissermaßen fiktive rückwirkende
Änderung der Bedarfsplanung sei den Bestimmungen nicht zu entnehmen. Im Übrigen
seien auch die Hilfserwägungen des Beklagten zur Auswahl unter mehreren Bewerbern
nicht zu beanstanden. Es begegne insbesondere keinen rechtlichen Bedenken,
denjenigen Bewerber vorzuziehen, der ein längeres Approbationsalter aufweise und bei
dem neben dem Fachgebiet, für das die Zulassung erfolgen soll, eine weitere
Qualifikation (Nuklearmedizin) nach dem Recht der Weiterbildung für Ärzte bestehe.
Gegen das am 02.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.10.2009 Berufung
eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt: Sein Zulassungsantrag sei nicht
verspätet. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg habe im Beschluss vom
23.09.2009 (L 5 KA 1375/09) ausgeführt, dass es sich bei der Bewerbungsfrist im Falle
einer partiellen Entsperrung um eine zeitliche Mindestvorgabe handele, um potentiellen
Bewerbern die Möglichkeit zu geben, ihr Niederlassungsvorhaben zu konkretisieren und
einen vollständigen Zulassungsantrag vorzulegen. Bereits dies spreche dagegen, der
Bewerbungsfrist einen Ausschlusscharakter zuzumessen. Das LSG Bayern (Urteil vom
23.04.2008 - L 12 KA 443/07 - ) habe festgestellt, dass Ausschlussfristen wegen ihrer
einschneidenden Folgen nicht nur einer gesetzlichen Grundlage, sondern einer
besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedürften. Der Ausschlusscharakter
einer Frist müsse sich hinreichend eindeutig aus den maßgeblichen Rechtsnormen
ergeben. Das setze das Bestehen eines öffentlichen Interesses daran voraus, dass
selbst bei unverschuldeter Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung stattfinden solle.
Dies könne der Fall sein, wenn ein Gesetz vorsehe, dass zu einem bestimmten
Zeitpunkt über Zulassungsansprüche mehrerer Bewerber bei begrenzter Kapazität
entschieden werden müsse. Bei Beamtenbewerbungsverfahren werde die von der
Behörde gesetzte Bewerbungsfrist als Ordnungsfrist angesehen. Diese besondere
verfassungsrechtliche Rechtfertigung bestehe vorliegend jedoch nicht. Es sei kein
sachlicher Grund ersichtlich, der es unter Berücksichtigung der Grundrechte rechtfertige,
eine Bewerbung nicht zu berücksichtigen, die vielleicht nach Ablauf der Frist, aber
jedenfalls vor der Sitzung des ZA eingegangen sei und die daher nicht zu einer
Verzögerung des Verfahrens führe. Im Übrigen habe der GBA - unabhängig von der
Frage, ob er die Kompetenz habe, eine Ausschlussfrist zu normieren - dies nicht getan.
Denn anderenfalls hätte er in den Richtlinien dem Landesausschuss aufgeben müssen,
das Fristende durch die Angabe eines Datums konkret festzulegen. Die Angabe eines
konkreten Zeitpunktes wäre auch möglich. Der GBA hätte dem Landesausschuss z.B.
aufgeben können, durch eine vorherige Nachfrage beim Verlag des Ärzteblatts das
voraussichtliche Veröffentlichungsdatum in Erfahrung zu bringen und dann in einem
zweiten Schritt ab diesem Zeitpunkt ein konkretes Enddatum für die Bewerbungsfrist
dem Beschluss anzufügen und zu benennen, so dass ein Zeitraum von etwa sechs bis
acht Wochen auf jeden Fall gewahrt werden könne (vgl. LSG Baden-Württemberg,
a.a.O.). Selbst wenn der GBA die Kompetenz habe, eine Ausschlussfrist zu normieren
und wenn es sich um eine Frist mit Ausschlusscharakter handele, wäre diese jedenfalls
mangels hinreichender Belehrung unwirksam bzw. nicht wirksam in Gang gesetzt
worden. Das Zusammenwirken von Ausschlussfrist und Rechtsmittelbelehrung sei zu
beachten. Der GBA hätte nämlich wegen der besonderen Bedeutung einer
Ausschlussfrist und ihrer einschneidenden Folgen dem Landesausschuss aufgeben
müssen, dass dieser die potentiellen Bewerber über die Folgen einer Versäumung
dieser Frist belehrt. Gerade weil der veröffentlichte Beschluss keinen Hinweis auf die
Berechnung des Fristendes enthalte und den Ausschlusscharakter der Frist für
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potentielle Bewerber nicht klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringe, habe der
Lauf der Frist, sofern sie als Ausschlussfrist qualifiziert werde, nicht begonnen. Auch die
Hilfserwägung des Beklagten, dass nämlich der Beigeladene zu 8) aufgrund seiner
längeren ärztlichen Tätigkeit und seines höheren Approbationsalters sowieso der
geeignetere Bewerber sei, halte einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das LSG
Hamburg habe in seiner Entscheidung vom 26.02.2009 (L 2 B 7/09 ER KA) festgestellt,
dass eine längere ärztliche Tätigkeit und ein höheres Approbationsalter nicht
zwangsläufig zugunsten desjenigen Bewerbers durchschlagen müsse, der über die
längere bzw. längste Dauer verfüge. Im Gegenteil habe das LSG Hamburg wörtlich
ausgeführt: "Nimmt man hinzu, dass der Beigeladene zu 2) - gemessen an
herkömmlichen Maßstäben - bereits ein durchschnittliches ärztliches Erwerbsleben
zurückgelegt hat, kann ihm dies im Vergleich zum Antragsteller auch zum Nachteil
gereichen." Deshalb begegne es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, einen
Bewerber vorzuziehen, der über keine MRT-Befähigung verfüge, seinen radiologischen
Vertragsarztsitz bereits einmal verwertet und sein ärztliches Berufsleben im Grunde
beendet habe und dem es ersichtlich nur darum gehe, einen Vertragsarztsitz für eine
aus mehr als 20 Ärzten bestehende Praxis zu rekrutieren.
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 02.09.2009 abzuändern und den Beklagten
unter Abänderung des Bescheides vom 26.09.2007 zu verurteilen, über seinen
Zulassungsantrag vom 13.11.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats
neu zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Er bezieht sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.
25
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
26
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
27
Der Beigeladene zu 8) beantragt,
28
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Er verweist auf die Begründung der angefochtenen Entscheidungen und legt im
Weiteren dar, dass die vom Kläger in Bezug genommenen Urteile dessen Begehren
nicht stützen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten, der Akten des Sozialgerichts Detmold S 5 KA 2/09 ER, S 5 KA 3/09, S 5
KA 4/09 und S 5 KA 5/09 ER = L 11 KA 9/10 B ER LSG Nordrhein-Westfalen - in diesem
Verfahren hat der Senat mit Beschluss vom 12.05.2009 auf Antrag des Dr. N die
sofortige Vollziehung des Beschlusses des Beklagten vom 24.06.2009 angeordnet - und
die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand
der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
33
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Beschluss des Beklagten vom
26.09.2007 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht. Der Kläger hat keinen
Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; der Beklagte hat zu Recht
den Beigeladenen zu 8) zugelassen. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidung des
Beklagten und des SG (§§ 136 Abs. 3, 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus:
34
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten vom 26.09.2007 über die Anträge
des Klägers und des Beigeladenen zu 8) auf Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung in dem bislang überversorgten Planungsbereich C sind § 95 Abs. 2 i.V.m. §
103 Abs. 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Ärzte-ZV und
des § 23 BedarfsplanungsRL-Ä in der am 01.04.2007 in Kraft getretenen Fassung vom
15.02.2007 (BAnz. 2007, S. 3491, zuletzt geändert am 18.09.2008 (BAnz. 2008, S.
4163)).
35
Nach § 23 Abs. 3 BedarfsplanungsRL-Ä entscheidet der ZA über Anträge auf (Neu-
)Zulassung nach Maßgabe der folgenden, bereits seit 07.04.2006 nahezu wortgleich
geltenden (s. Nr. 23 BedarfsplanungsRL-Ä vom 09.03.1993, zuletzt geändert am
21.02.2006, in Kraft getretenen am 07.04.2006 (BAnz. 2006 S. 2541) - Beschluss des
GBA vom 20.12.2005 (BAnz. 2006, S. 2539)) Regelungen:
36
1. Der Beschluss des Landesausschusses nach Absatz 1 ist zum nächstmöglichen
Zeitpunkt in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung
vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen. 2. In der Veröffentlichung sind die
Entscheidungskriterien nach Nummer 3 und die Frist (in der Regel sechs bis acht
Wochen) bekannt zu machen, innerhalb der potentielle Bewerber ihre
Zulassungsanträge abzugeben und die hierfür erforderlichen Unterlagen gemäß § 18
Ärzte-ZV beizubringen haben. Der Zulassungsausschuss berücksichtigt bei dem
Auswahlverfahren nur die nach der Bekanntmachung fristgerecht und vollständig
abgegebenen Zulassungsanträge. 3. Unter mehreren Bewerbern entscheidet der
Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung
folgender Kriterien: - berufliche Eignung, - Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, -
Approbationsalter, - Dauer der Eintragung in die Warteliste gemäß § 103 Abs. 5 Satz 1
SGB V.
37
Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern soll die räumliche Wahl des
Vertragsarztsitzes und ihre Beurteilung in Hinblick auf die bestmögliche Versorgung der
Versicherten berücksichtigt werden.
38
Davon ausgehend hat der Beklagte zu Recht den Zulassungsantrag des Klägers bei
seiner Entscheidung nicht berücksichtigt; denn nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2
BedarfsplanungsRL-Ä hat der Zulassungsausschuss nur die nach der Bekanntmachung
des Beschlusses des Landesausschusses fristgerecht und vollständig abgegebenen
Zulassungsanträge zu berücksichtigen. Der Zulassungsantrag des Klägers war aber
nicht fristgerecht. Auf den am 04.08.2006 im Westfälischen Ärzteblatt veröffentlichten
Beschluss des Landesausschusses, demzufolge der Zulassungsausschuss unter
denjenigen Antragstellern eine Auswahl zu treffen hat, deren Zulassungsanträge
innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Veröffentlichung eingegangen sind, ist der
39
Zulassungsantrag des Klägers erst am 13.11.2006 auf der Geschäftsstelle des ZA
eingegangen.
Die dagegen von dem Kläger erhobenen Einwendungen greifen - wie bereits das SG zu
Recht ausgeführt hat - nicht. Hinsichtlich der im Berufungsverfahren von dem Kläger im
Wesentlichen angeführten Argumente, nämlich · bei der im Westfälischen Ärzteblatt
veröffentlichten Bewerbungsfrist handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist und · die
Auswahlentscheidung des Beklagten sei deswegen fehlerhaft, weil eine längere
ärztliche Tätigkeit und höheres Approbationsalter nicht zu Gunsten des Beigeladenen
zu 8) hätten berücksichtigt werden dürfen, gilt:
40
1. Die "Teilentsperrung" des Planungsbereichs durch Beschluss des
Landeausschusses war rechtmäßig. Dies folgt aus Nr. 23 Abs. 1 BedarfsplanungsRL-Ä
i.d.F. vom 21.02.2006, fortgeschrieben in § 23 Abs. 1 BedarfsplanungsRL-Ä i.d.F. vom
15.02.2007. Diese Regelung bestimmt: Kommt der Landesausschuss nach einer
erstmaligen Feststellung von Überversorgung aufgrund der weiteren Entwicklung und
seiner Prüfung zu der Folgerung, dass Überversorgung nicht mehr besteht, so ist der
Aufhebungsbeschluss hinsichtlich der Zulassungsbeschränkungen mit der Auflage zu
versehen, dass Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die
Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist.
41
Rechtsgrundlage für die BedarfsplanungsRL-Ä ist § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB V.
Rechtsgrundlage für den Beschluss des Landesausschusses ist § 103 Abs. 3 SGB V
i.V.m. § 16b Abs. 3 Ärzte-ZV. Das BSG hat bereits im Urteil vom 23.02.2005 - B 6 KA
81/03 - hinsichtlich der seinerzeit noch in Nr. 23 Satz 1 BedarfsplanungsRL-Ä (a.F.)
enthaltenen Regelung zur partiellen Entsperrung eines nicht mehr überversorgten
Planungsbereichs festgestellt, dass diese Regelung inhaltlich mit der höherrangigen
Vorschrift des § 103 Abs. 3 SGB V, die in § 16b Abs. 3 Satz 2 Ärzte-ZV wiederholt wird,
vereinbar ist.
42
Die Voraussetzungen dieser Regelung waren auch erfüllt, da der allgemeine
bedarfsgerechte Versorgungsgrad um weniger als um 10 v.H. überschritten war (vgl. §
16b Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, Nr. 20 BedarfsplanungsRL-Ä).
43
2. Nach Auffassung des BSG (Urteil vom 23.02.2005 a.a.O.) bedurfte die ehedem
geltende Regelung in Nr. 23 Satz 2 BedarfsplanungsRL-Ä (a.F.) betreffend das
Verfahren bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern um einen nach partieller
Entsperrung eines Planungsbereichs zu besetzenden Vertragsarztsitz einer
Konkretisierung, um verfassungsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen. Die vormalige
Festlegung, dass über die Anträge allein nach Maßgabe der Reihenfolge ihres
Eingangs beim ZA zu entscheiden war, genügte nicht in vollem Umfang den aus Art. 12
Abs. 1 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Anforderungen an eine angemessene
Verfahrensgestaltung. Das alleinige Abstellen auf den in tatsächlicher Hinsicht oftmals
von vielen Zufälligkeiten abhängigen Eingang der vollständigen Zulassungsanträge bei
dem ZA wurde der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Auswahlentscheidung für die
Berufschancen der Bewerber nicht gerecht. Die Interessenten für eine Zulassung als
Vertragsarzt in einem bislang gesperrten Planungsbereich haben bis zur Bekanntgabe
einer partiellen Entsperrung in den Bekanntmachungsblättern der Kassenärztlichen
Vereinigung keine Veranlassung, sich auf bloße Vermutungen hin nähere Informationen
über die künftige Entwicklung bei entsprechend Sachkundigen zu beschaffen, um auf
dieser Grundlage im Wettbewerb mit anderen potentiellen Konkurrenten einen
44
Zulassungsantrag möglichst optimal zu positionieren. Zu einem geordneten
Auswahlverfahren für eine exklusiv zu vergebende Position gehört vielmehr, dass für
alle potentiellen Bewerber dieselbe von vornherein in der Ausschreibung bekannt
gegebene Frist zur Verfügung steht, um sich zu bewerben und die hierfür erforderlichen
Unterlagen beizubringen. Dies konnte das sogenannte "Windhundprinzip" in Nr. 23 Satz
2 BedarfsplanungsRL-Ä (a.F.) nicht gewährleisten (BSG, Urteil vom 23.02.2005 a.a.O.).
Ausgehend hiervon hat der GBA nähere Regelungen dazu getroffen, wie nunmehr in
einem für alle Bewerber fairen Verfahren die Auswahl unter mehreren
Zulassungsanträgen erfolgen soll. Hierfür kommt nach Überzeugung des BSG
einerseits der Rückgriff auf Kriterien in Frage, welche die bestmögliche Versorgung der
Versicherten in dem betreffenden Planungsbereich zum Ziel haben (berufliche Eignung
bzw. Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit), die aber in § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V
bislang nur für die Auswahl im Rahmen einer Praxisnachfolge gesetzlich normiert
waren. Andererseits stellt auch das Prioritätsprinzip, das ebenfalls in § 103 Abs. 4 Satz
4 SGB V - in Gestalt des Approbationsalters - und zudem in § 103 Abs. 5 SGB V - in
Form der Wartelisten für gesperrte Planungsbereiche - geregelt ist, prinzipiell ein
geeignetes Auswahlkriterium dar (BSG, Urteil vom 23.02.2005 a.a.O., m.w.N.). Soweit
es die konkreten Einwände des BSG zum "Windhundprinzip" anlangt, hat der GBA dem
durch die ab 07.04.2006 geltende Nr. 23 BedarfsplanungsRL-Ä (BAnz. 2006 S. 2541
und Beschluss des GBA vom 20.12.2005 (BAnz. 2006, S. 2539)), insoweit
fortgeschrieben mit § 23 der ab 01.04.2007 geltenden BedarfsplanungsRL-Ä, dergestalt
Rechnung getragen, dass neben der Auflistung der entsprechenden Eignungskriterien
nicht mehr auf die Reihenfolge der Anträge abgestellt, sondern allen Bewerbern eine
angemessene Bewerbungsfrist eingeräumt wird.
Zudem gibt Nr. 23 / § 23 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BedarfsplanungsRL-Ä dem
Landesausschuss nunmehr vor, eine Ausschlussfrist zu setzen.
45
a) Für eine absolut wirkende Ausschlussfrist muss entweder der Ausschluss
ausdrücklich bestimmt sein oder die Auslegung der Bestimmung anhand ihres Sinnes
und Zwecks muss klar ergeben, dass die Regelung "mit der Frist steht und fällt"; im
Zweifel ist die Zulässigkeit der Wiedereinsetzung zu bejahen (BSG, Urteil vom
05.02.2003 - B 6 KA 27/02 R - zu § 27 SGB X m.w.N.). Zweck der Ausschlussfrist des §
111 Satz 1 SGB X ist es beispielsweise, möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu
schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht (BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 21/08
R -; zu Ausschlussfristen vgl. auch BSG, Urteile vom 29.08.2007 - B 6 KA 48/06 B - und
22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R -). Im Gegensatz zur Fristbestimmung des § 95 Abs. 10
Satz 1 Nr. 1 SGB V (hierzu BSG, Urteil vom 05.02.2003 - B 6 KA 27/02 R -) "steht und
fällt" das Zulassungssystem des § 23 BedarfsplanungsRL-Ärzte damit, dass die
fragliche Frist als Ausschlussfrist interpretiert wird. Schon der Wortlaut dieser Regelung
ist unmissverständlich. Die apodiktische Formulierung "berücksichtigt bei dem
Auswahlverfahren nur" lässt keinen Raum für die Möglichkeit, nach Fristablauf
eingehende Anträge zu berücksichtigen. Dieses Verständnis entspricht auch dem Sinn
und Zweck des § 23 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BedarfsplanungsRL-Ä. Mittels dieser Regelung
wollte der GBA - wie dargestellt - die Auflage des BSG aus dem Urteil vom 23.02.2005 -
B 6 KA 81/03 R - erfüllen, nämlich das "Windhundprinzip" zu Gunsten eines
rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Procederes im Hinblick auf die
Antragsreihenfolge ersetzen. Das BSG hat in dieser Entscheidung deutlich zum
Ausdruck gebracht, dass eine Frist von sechs bis acht Wochen auch vor dem
Hintergrund von Art. 12 GG angemessen und ausreichend ist, um potentielle Bewerber
in die Lage zu versetzen, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen, einen
46
sachgerechten Antrag stellen zu können. Soweit der Kläger dennoch meint, einen
Antrag noch nach Fristablauf bis zur Entscheidung des ZA stellen zu können, verkennt
er den aufgezeigten Sinn des § 23 Abs. 3 Satz 2 BedarfsplanungsRL-Ä. Seine
Auffassung würde dem mit der Fristbestimmung verbundenen Ziel, unter Einbeziehung
der Interessen potentieller Bewerber innerhalb angemessener Zeit Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit herzustellen, vielmehr diametral entgegenstehen.
b) Soweit der Kläger sich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des LSG
Bayern vom 23.04.2008 a.a.O. bezieht, ergibt sich nicht anderes. Unter Bezugnahme auf
den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.10.1985 - 1 BvL 17/83 - führt
das LSG Bayern zutreffend aus, dass der Ausschlusscharakter einer Frist hinreichend
eindeutig aus den maßgebenden Rechtsnormen folgen müsse; dies könne dann der
Fall sein, wenn ein Gesetz vorsehe, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt über
Zulassungsansprüche mehrerer Bewerber bei begrenzter Kapazität entschieden werden
müsse. So liegt es - wie dargestellt - hier. Auch soweit Bewerbungsfristen im
Beamtenbewerbungsverfahren als Ordnungsfristen angesehen werden (VGH Bayern,
Beschluss vom 17.12.2009 - 3 CE 09.2494 -; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil
vom 04.04.20002 - 1 B 1133/01 -), führt das zu keiner anderen Beurteilung. Die
Festlegung von Fristen, innerhalb derer sich ein Beamter für ein zu besetzendes Amt im
konkret-funktionellen Sinn bewerben kann, dient der Effektivität des
Besetzungsverfahrens. Diese Effektivität liegt im Interesse des Dienstherrn, denn ihm
muss an einer zeitnahen Besetzung eines vakanten Dienstpostens zur möglichst
reibungslosen Erfüllung der Dienstaufgaben gelegen sein, ebenso aber auch daran,
dass sich möglichst alle in Betracht kommenden Beamten innerhalb eines Zeitrahmens
melden, so dass dann die Auswahl des am besten Geeigneten aus einem insofern
kompletten Bewerberfeld in einem zügig angelegten Verfahren erfolgen kann. Diesem
Zweck von Bewerbungsfristen würde es aber nicht entsprechen, wenn der Dienstherr
seinerseits strikt an ihre Einhaltung gebunden wäre. Da sich nicht ausschließen lässt,
dass leistungsstarke Interessenten sich erst nach Fristablauf melden, muss es ihm
grundsätzlich unbenommen bleiben, nach Ablauf solcher Fristen eingehende
Bewerbungen noch in seine Auswahlentscheidung einzubeziehen, wenn dies aus
seiner Sicht mit einem geordneten Stellenbesetzungsverfahren vereinbar ist und
insbesondere nicht zu unangemessenen Verzögerungen führt. Demzufolge handelt es
sich bei der im Rahmen einer Stellenausschreibung gesetzten Bewerbungsfrist nicht um
eine Ausschlussfrist im Sinn einer vom materiellen Recht (hier: dem materiellen
Beamtenrecht) gesetzten Frist, die einer in dieser Rechtsmaterie verankerten
gesetzlichen Grundlage bedarf und deren Nichteinhaltung den Verlust der materiellen
Rechtsposition zur Folge hat, somit auch von der Behörde selbst einzuhalten bzw. strikt
zu berücksichtigen und mit deren Zweck auch etwa die Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand unvereinbar ist (so VGH Bayern a.a.O.).
47
Diese Grundsätze lassen sich auf das Bewerbungsverfahren nach Aufhebung von
Zulassungsbeschränkungen nicht übertragen. Im beamtenrechtlichen
Bewerbungsverfahren soll der "Dienstherr" aus den genannten Gründen nicht an die
strikte Einhaltung von Fristen gebunden sein. Demgegenüber haben die
Zulassungsgremien keine einem öffentlich-rechtlichen "Dienstherrn" vergleichbare
Position. Ihre Rechtsmacht beschränkt sich auf Entscheidungen in Zulassungssachen
(§§ 96, 97 SGB V) und ist damit lediglich punktueller Natur.
48
Angesichts der Besonderheiten des Vertragsarztrechts ist es im Übrigen nachgerade
ausgeschlossen, die Frist des § 23 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 BedarfsplanungsRL-Ä als
49
Ordnungs-vorschrift zu begreifen. Im Gegensatz zum beamtenrechtlichen
Bewerbungsverfahren entscheidet über die vertragsärztliche Zulassung mit dem ZA
bzw. Berufungsausschuss eine bezogen auf Kassenärztliche Vereinigungen und
Krankenkassen rechtlich verselbstständigte öffentlich-rechtliche Institution (§§ 96, 97
SGB V) in einem kraft Gesetzes ausgestalteten förmlichen Verfahren (§ 98 SGB V i.V.m.
§§ 36 ff Ärzte-ZV). Der ZA beschließt in Sitzungen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV). Der
Vorsitzende lädt hierzu unter Angabe der Tagesordnung ein (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-
ZV). Über Zulassungen und über die Entziehung von Zulassungen beschließt der ZA
nach mündlicher Verhandlung (§ 37 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV). Im Gegensatz zum
Beamtenbewerbungsverfahren ist zudem nicht allein auf die Interessen eines
"Dienstherrn" abzustellen. Vielmehr sind die Interessen einer Vielzahl von am
Zulassungsverfahren beteiligter Person und Institutionen mit durchaus heterogenen
Zielsetzungen zu berücksichtigen. Verfahrensbeteiligt sind die Kassenärztliche
Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen, der Verband der Ersatzkassen
sowie die am Verfahren beteiligten Ärzte (§ 37 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV) sowie im Falle
einer Nachfolgezulassung ggf. die Erben (§ 103 Abs. 4 Satz 1 SGB V, § 12 Abs. 2 SGB
X). Die in § 37 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV genannten Verfahrensbeteiligten sind unter
Einhaltung einer Frist von zwei Wochen zur mündlichen Verhandlung zu laden. Die
Ladung ist zuzustellen (§ 37 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz Ärzte-ZV).
Diese justizförmig ausgestalteten Verfahrensvorgaben und die im Verfahren gebündelte
Interessengemengelage der Verfahrensbeteiligten schließen es aus, Anträge noch bis
zur Entscheidung des ZA stellen zu können. Denn solchermaßen spät gestellte Anträge
würden jeweils eine Vertagung notwendig machen, um den anderen Beteiligten
hinreichend rechtliches Gehör zu geben und den Sachverhalt ggf. weiter aufzuklären (§
20 SGB X, § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV). Letztlich könnte eine Beschlussfassung dauerhaft und
nachhaltig unterlaufen werden. Das ist weder mit der aus öffentlichem Interesse
sicherzustellenden vertragsärztlichen Versorgung noch mit dem rechtlichen und
wirtschaftlichen Interesse ernsthafter Zulassungsbewerber zu vereinbaren (Art. 12, Art.
19 Abs. 4 GG). Demzufolge legt § § 23 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 BedarfsplanungsRL-Ä dem
Landeausschuss auf, eine Ausschlussfrist zu setzen.
50
c) Wann die vom Landesausschuss bestimmte Frist beginnt, ist dem Beschluss
datumsgenau nicht zu entnehmen. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers
unschädlich, denn als Fristbeginn ist abstrakt die Veröffentlichung bestimmt worden.
Gemeint ist damit die Veröffentlichung des Beschlusses des Landesausschusses im
Westfälischen Ärzteblatt (hier: Westfälisches Ärzteblatt vom 04.08.2006). Der Lauf der
Frist beginnt sonach mit dem 05.08.2006 (§ 26 Abs. 2 SGB X). Die Frist endet am
04.10.2006 (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch. Der am
13.11.2006 beim ZA eingegangene Antrag war damit verfristet. Fristverlängerungen sind
weder beantragt noch gewährt worden (§ 26 Abs. 7 Satz 1 SGB X). Sie scheiden
ohnehin aus, da die Säumnis eine (absolute) Ausschlussfrist betrifft. Gleichermaßen
kommt eine Wiedereinsetzung - unabhängig davon, dass Wiedereinsetzungsgründe
nicht ersichtlich sind, - nicht in Betracht (§ 27 Abs. 5 SGB X). Losgelöst hiervon ist ein
solcher Antrag auch nicht gestellt worden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X) und kann
nunmehr nicht mehr nachgeholt werden (§ 27 Abs. 3 SGB X). Die Versäumung einer
Ausschlussfrist ist allerdings dann unbeachtlich, wenn dies auf ein grob rechtswidriges,
z.B. vorsätzliches Verhalten dessen zurückzuführen ist, der durch die Ausschlussfrist
begünstigt wird (BSG, Urteil vom 10.05.2007 - B 10 KR 1/05 R -). Hierzu indessen ist
nichts dargetan und auch nichts ersichtlich.
51
Soweit der Kläger sich im hier interessierenden Zusammenhang auf das Urteil des LSG
Baden-Württemberg vom 23.09.2009 a.a.O. bezieht, führt das nicht weiter. Das LSG
Baden-Württemberg hat sich lediglich mit der Frage beschäftigt, ob die Frist bereits mit
der "Bekanntgabe" des Beschlusses des Landeausschusses dem ZA gegenüber
beginnt. Das LSG sieht als maßgebend den Zeitpunkt der Veröffentlichung im Ärzteblatt
an. Dem tritt der Senat bei. Danach ist der Antrag des Klägers - wie ausgeführt -
verfristet.
52
3) Im Übrigen ist aber auch die Auswahlentscheidung des Beklagten rechtmäßig. Der
ZA entscheidet über Anträge auf (Neu-)Zulassung unter mehreren Bewerbern nach
pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der in § 23 Abs. 3 Satz 1
BedarfsplanungsRL-Ä genannten Kriterien. Bei der Entscheidung, ob ein oder mehrere
Bewerber nach § 23 Abs. 3 BedarfsplanungsRL-Ä geeignet sind, ist den
Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, der gerichtlich nur begrenzt
überprüfbar ist. Das Gericht prüft, ob der Beurteilung ein vollständig ermittelter
Sachverhalt zugrunde liegt, kein Verfahrensfehler begangen wurde, die gesetzlichen
Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten sind, kein Verstoß gegen
höherrangiges Recht (insbesondere Grundrechte) vorliegt, die Subsumtionserwägungen
in der Begründung des Verwaltungsakts verdeutlicht sind, sodass eine zutreffende
Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar ist, ob sachfremde Erwägungen
angestellt wurden und ob allgemeine oder besondere Wertmaßstäbe, Denkgesetze oder
allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (zur Sonderbedarfszulassung: Senat, Urteil
vom 11.02.2009 - L 11 KA 98/08 - m.w.N.). Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten
Bewerbern ist dem Beklagten ein Ermessen eingeräumt; hier prüft das Gericht, ob ein
Ermessensfehler, ein Ermessensnichtgebrauch oder eine Ermessensreduzierung "auf
Null" vorliegt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 -:
pflichtgemäßes Ermessen).
53
Zuzustimmen ist dem Kläger, dass das Kriterium "Dauer der bisherigen ärztlichen
Tätigkeit" (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BedarfplanungsRL-Ä) ambivalent ist. Vorgegeben
wird insoweit nur, dass dieser Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist. Ausweislich des
Wortlauts kann dies sowohl zu Gunsten eines Bewerbers als auch zu seinem Nachteil
geschehen. Unbeschadet dessen geht der Senat allerdings davon aus, dass der GBA
mittels dieser Formulierung einer jeweils längeren ärztlichen Tätigkeit Priorität
einräumen wollte. Dies kann indes dahin stehen. Denn wie die Zulassungsgremien die
"Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit" werten, unterliegt letztlich ihrem
Beurteilungsspielraum. Grundsätzlich wird dabei davon ausgegangen werden können,
dass eine längere ärztliche Tätigkeit dem betreffenden Bewerber zum Vorteil gereicht.
Indessen ist dies nicht zwingend. Die Zulassungsgremien können nach sorgsamer
Abwägung (hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 -)
auch zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen.
54
Der Hinweis des Klägers auf den Beschluss des LSG Hamburg vom 26.02.2009 a.a.O.
vermag seinem Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das LSG Hamburg hat
ausgeführt, den Kriterien der bisherigen ärztlichen Tätigkeit und des Approbationsalters
sei nicht zwangsläufig immanent, dass sie stets zu Gunsten desjenigen Bewerbers
durchschlagen müssen, der hinsichtlich ihrer über die längere bzw. längste Zeit verfüge.
Dem ist aus o.g. Gründen zuzustimmen. Hieraus folgt aber auch, dass der vom Kläger
angefochtene Beschluss des Beklagten insoweit nicht zu beanstanden ist, wenn dieser
die "Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit" zu Gunsten des Beigeladenen zu 8)
berücksichtigt hat.
55
Auch ansonsten sind Mängel bei der Auswahlentscheidung des Beklagten nicht
ersichtlich. Das SG hat bereits darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankommt, ob
der Beigeladene zu 8) seinen Vertragsarztsitz in eine Gemeinschaftspraxis
einzubringen beabsichtigt hat und dass insbesondere die Frage, zu welchem Zeitpunkt
und unter welchen Voraussetzungen ein Vertragsarzt später auf seine Zulassung
verzichtet, bei der Entscheidung über die Zulassung keine Rolle spielt.
56
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. einer
entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154
Abs. 2 VwGO) einschließlich der Kosten des Beigeladenen zu 8), der sich am Verfahren
beteiligt und auch Anträge gestellt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
57
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2
SGG).
58