Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.04.2009

LSG NRW: aufschiebende wirkung, unternehmen, ausschreibung, rabatt, taxe, arzneimittel, anspruch auf rechtliches gehör, gebot der fairness, vergabeverfahren, sachliche zuständigkeit

Landessozialgericht NRW, L 21 KR 40/09 SFB
Datum:
28.04.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
21. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 21 KR 40/09 SFB
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung der
sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer
des Bundes vom 20.03.2009 (VK 3-22/09) über den 28.04.2009 hinaus
bis zu einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern,
wird abgelehnt.
Gründe:
1
I.
2
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (AS) wendet sich in der Hauptsache gegen
aus ihrer Sicht bestehende Vergabefehler im Rahmen einer
Arzneimittelrabattausschreibung. Sie bildet zusammen mit ihren Schwesterunternehmen
D pharma GmbH und H GmbH eine unabhängige Gruppe von pharmazeutischen
Unternehmen mit Sitz in I (Nordrhein-Westfalen), die ausschließlich in Deutschland tätig
und u.a. mit dem Vertrieb von Generikaprodukten befasst ist.
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Die Antragsgegnerinnen (AG) haben den Abschluss von Rabattvereinbarungen gemäß
§ 130a Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in einem EU-weit bekannt
gemachten offenen Verfahren (Bekanntmachungsnummer 2008/S 154-20 79 65) für
eine Vertragslaufzeit von zwei Jahren ausgeschrieben. Gegenstand der
wirkstoffbezogenen Ausschreibung sind nicht patentgeschützte Arzneimittel (Generika)
in (zunächst) 64 Fachlosen (Wirkstoffe) und 5 Gebietslosen (Angebotsfrist: 03.11.2008).
Das Gebietslos 1 umfasst die AOK Bayern mit etwa 4,1 Millionen Versicherten, das
Gebietslos 2 die AOK Rheinland-Hamburg und AOK Westfalen-Lippe (ca. 5 Millionen
Versicherte), das Gebietslos 3 die AOK Hessen und AOK Plus (ca. 4,3 Millionen
Versicherte), das Gebietslos 4 die AOK Baden-Württemberg, AOK Rheinland-Pfalz
sowie AOK Saarland (ca. 5 Millionen Versicherte) und das Gebietslos 5 die AOK Berlin,
AOK Brandenburg, AOK Bremen/Bremerhaven, AOK Mecklenburg-Vorpommern, AOK
Niedersachsen, AOK Sachsen-Anhalt und AOK Schleswig-Holstein mit ca. 5,6 Millionen
Versicherten.
4
Gegenstand der Ausschreibung waren zunächst die folgenden 64 Wirkstoffe:
5
Alendronsäure Alfuzosin Allopurinol Amiodaron Amisulprid Amlodipin Azathioprin
Bisoprolol Bisoprolol + Hydrochlorothiazid (HCT) Captopril Captopril + HCT Carvedilol
Cefaclor Cefuroxim Ciprofloxacin Citalopram Clarithromycin Diclofenac Doxazosin
Doxepin Enalapril Enalapril + HCT Felodipin Finasterid Furosemid Gabapentin
Glimepirid HCT Ibuprofen Isosorbiddinitrat Isosorbidmononitrat Itraconazol Levodopa +
Benserazid Levodopa + Carbidopa Lisinopril Lisinopril + HCT Melperon Metformin
Metoclopramid Metoprolol Metoprolol + HCT Mirtazapin Molsidomin Moxonidin Nifedipin
Nitrendipin Olanzapin Omeprazol Paroxetin Ramipril Ramipril + HCT Ranitidin
Risperidon Roxithromycin Sertralin Simvastatin Spironolacton Sumatriptan Tamsulosin
Terazosin Torasemid Tramadol Trimipramin Verapamil
6
Im Hinblick auf den Wirkstoff Olanzapin ist die Ausschreibung zwischenzeitlich
aufgehoben worden, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das für diesen Wirkstoff
bestehende Patent wieder hergestellt hat und jeglicher Vertrieb von generischem
Olanzapin in der Bundesrepublik daraufhin eingestellt werden musste (Urteil vom
16.12.2008 - X ZR 89/07).
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Nach den Verdingungsunterlagen hatte jeder Bieter pro angebotenem Fachlos
(Wirkstoff) und je Gebietslos einen Rabatt-ApU für alle Pharmazentralnummern (PZN)
anzubieten, die er für den angebotenen Wirkstoff nach der "Lauer-Taxe" am 01. August
2008 (im Laufe des Ausschreibungsverfahrens geändert auf den 01.09.2008 durch
Bekanntmachung vom 10.09.2008 - Abl. EG 2008/S 175-232638 - sog. Stichtag) im
Sortiment hat. Die "Lauer-Taxe", auch ABDA-Artikelstamm oder große deutsche
Spezialitätentaxe genannt, wird in einem 14-tägigen Rhythmus aktualisiert und enthält
die Daten aller bei der Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten GmbH (IFA)
gemeldeten, in Deutschland zugelassenen Fertigarzneimittel unter Angabe der
Arzneimittelbezeichnung, des Arzneimittelherstellers, des Wirkstoffs, der
Wirkstoffmenge, der Darreichungsform und der Packungsgröße. Die jedem
Fertigarzneimittel zugeordnete PZN erlaubt die Identifizierung sämtlicher Arzneimittel
nach den dargestellten Kriterien.
8
Je Wirkstoff und Gebietslos soll ein einziger Bieter den Zuschlag erhalten, der das
wirtschaftlichste Angebot unterbreitet. Die Wirtschaftlichkeit des Angebots wird anhand
von zwei Kriterien ermittelt: Zum einen mit dem Kriterium "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-
ApU s", zum anderen anhand des Ausschlusskriteriums "Ausgleich der Mehrkosten der
Überschreitung des zum Zeitpunkt der Bewertung geltenden Festbetrags für jede der
angebotenen PZN durch den absoluten Rabatt". Im Rahmen des ersten Kriteriums soll
die Höhe der möglichen Einsparungen auf der Grundlage von
Gesamtwirtschaftlichkeitsmaßzahlen (GWMZ) ermittelt werden. Hierbei werden die
durchschnittlichen Abgabepreise von vergleichbaren Arzneimitteln der sog.
Preisvergleichsgruppe, Verordnungszahlen aus der Vergangenheit und bestimmte
weitere Vergleichsgrößen (bereinigte Rabatt-ApU s und bereinigte durchschnittliche
ApU s der Preisvergleichsgruppe, jeweils pro Milligramm Wirkstoff) berücksichtigt. In die
Berechnung der GWMZ wird auch die Produktbreite des jeweiligen Bieters einbezogen,
also die Anzahl der vom Bieter je Gebietslos angebotenen Arzneimittel innerhalb einer
Preisvergleichsgruppe. Den Bietern wurde von den AG zum Eintrag der von ihnen
angebotenen Rabatte ein sog. Produkt- und Rabattblatt in elektronischer Form (Excel-
Tabelle) zur Verfügung gestellt. Diese Tabelle enthielt bereits alle von
pharmazeutischen Unternehmen zum Stichtag in der Lauer-Taxe geführten PZN der von
den AG nachgefragten Produkte. Der Bieter seinerseits konnte Eintragungen in der
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Spalte Rabatt-ApU vornehmen (diese Eintragungen wurden automatisch
weiterverarbeitet). Dem Bieter wurde in einer weiteren Spalte das "Ergebnis
Wirtschaftlichkeitsmaßzahl (WMZ) Angebot je PZN" angezeigt. Aus den WMZ wurden
sodann durch Addition der jeweiligen WMZ je PZN die GWMZ errechnet, die sich auf
die einzelnen Gebietslose bezogen und grundsätzlich über die Bieterreihenfolge je
Wirkstoff und je Gebietslos entscheiden sollten (Teil A IV.2 der Verdingungsunterlagen).
Folgende Eignungsnachweise mussten erst auf gesonderte Aufforderung des
Auftraggebers vorgelegt werden:
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- Gewerbezentralregisterauszug, - Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen
Finanzamtes, - Bescheinigung einer Krankenkasse, aus der hervorgeht, dass der Bieter
seine Verpflichtung zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge nach den
einschlägigen Rechtsvorschriften erfüllt.
11
Gemäß § 2 Abs. 2 Rabattvertrag (RV) errechnet sich der Rabatt je PZN nach der Formel
Rabatt = ApU - Rabatt-ApU. Der Rabatt-ApU wird dabei für die Vertragslaufzeit fest
vereinbart. Im Falle einer Erhöhung der Abgabepreise nach Vertragsschluss erhöht sich
der Rabatt entsprechend. Der Rabatt ist von den pharmazeutischen Unternehmern an
den AOK-Bundesverband zu entrichten.
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Die AS gab zu sämtlichen Gebietslosen und den Fachlosen Amisulprid, Ciprofloxacin,
Citalopram, Doxepin, Finasterid, Gabapentin, Glimepirid, Metformin, Mirtazapin,
Olanzapin, Omeprazol, Sertralin, Tamsulosin und Trimipramin Angebote ab. Sie
beanstandete ferner gegenüber den AG unter dem 29.08., 15.09., 15.10., 24.10., 29.10.,
30.10. und 19.12.2008 mehrere - aus ihrer Sicht gegebene - Vergaberechtsverstöße,
denen die AG im Wesentlichen nicht abhalfen. Mit Schreiben vom
28.11.2008/04.12.2008 setzten die AG die AS gemäß § 13 Vergabeverordnung (VgV)
darüber in Kenntnis, dass sie in den streitgegenständlichen Losen bei der
Zuschlagerteilung nicht berücksichtigt werde.
13
Unter dem 18.11.2008 hat die AS einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer
(VK) bei der Bezirksregierung Düsseldorf im Hinblick auf die Fachlose Nr. 16
(Citalopram), Nr. 26 (Gabapentin), Nr. 42 (Mirtazapin), Nr. 47 (Olanzapin), Nr. 48
(Omeprazol) und Nr. 55 (Sertralin) gestellt. Diese hat das Verfahren nach Anhörung der
Beteiligten und weiterem Schriftwechsel an die VK des Bundes (Beschluss vom
27.01.2008) verwiesen. In der Sache hat die AS die Aufhebung des Vergabeverfahrens
im Hinblick auf die streitigen Fach- und Gebietslose verfolgt. Die AS hat im
Wesentlichen geltend gemacht, dass die AG ihre marktbeherrschende Stellung
missbrauchten und daher ein Verstoß gegen § 69 Abs. 2 Satz 1 1. Hs. SGB V i.Vm. §§
19, 20 GWB und Art. 81, 82 EG-Vertrag (EGV) gegeben sei, dass eine Laufzeit der
Rabattverträge von weniger als zwei Jahren geboten sei, dass sich die Aufteilung in 64
Fach- und 5 Gebietslose als zu großteilig und unverhältnismäßig darstelle, dass i.S.d.
Mittelstandsschutzes eine Loslimitierung geboten gewesen wäre, dass die
Nachforderungsmöglichkeit von Eignungsnachweisen gegen den Transparenz- und
Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, dass das Eignungskriterium
"Produktionskapazität" vergaberechtswidrig sei, dass die Leistungsbeschreibung nicht
eindeutig gewesen sei, dass die AG die Zuschlagskriterien fehlerhaft erstellt hätten,
dass zahlreiche weitere Verstöße gegen die VOL/A und VOL/B zu verzeichnen seien,
dass die AG Bietergemeinschaften gegenüber Einzelanbietern benachteiligten und
dass Rabattverträge i.V.m. der Ersetzungsbefugnis nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V
14
gegen grundrechtlich geschützte Positionen der Versicherten, Ärzte, Apotheker,
pharmazeutischen Großhändler und Unternehmen verstießen.
Mit Beschluss vom 20.03.2009, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat die VK
den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
15
Gegen den ihr am 20.03.2009 zugestellten Beschluss hat die AS am 30.03.2009
sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die aufschiebende Wirkung der
sofortigen Beschwerde zu verlängern (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB). Sie hält im
Beschwerdeverfahren ausdrücklich an ihren bereits im Vergabe- und
Nachprüfungsverfahren erhobenen Rügen fest und macht ferner geltend, dass der VK
des Bundes aufgrund des fehlerhaften Verweisungsbeschlusses vom 27.01.2009 die
sachliche Zuständigkeit gefehlt habe, dass ihr die Bildung einer Bietergemeinschaft mit
ausländischen Pharmaunternehmen erschwert worden sei und dass ihr die von der VK
zur Verfügung gestellten - unvollständigen - Auszüge aus den Vergabeakten eine
sorgfältige Prüfung dahingehend unmöglich gemacht habe, ob die Angebote der
Beigeladenen zu 1), 3), 4) 5), 6), 7), 8) und 9) bereits aus formalen Gründen hätten
ausgeschlossen werden müssen. Die VK habe sich in dem angefochtenen Beschluss
zudem auf geschwärzte Aktenbestandteile bezogen, so dass sie - die AS - nicht habe
überprüfen können, ob die Beigeladenen Eignungsnachweise fristgerecht nachgereicht
hätten. Insofern sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Die AG hätten
überdies die materielle Eignungsprüfung nicht in den Vergabeakten dokumentiert.
16
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
17
gemäß § 142a Abs. 1 SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB die aufschiebende Wirkung
der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern.
18
Die Antragsgegnerinnen beantragen schriftsätzlich,
19
den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde bis zur
Entscheidung über die Beschwerde zurückzuweisen.
20
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss der VK.
21
II.
22
Der Antrag der AS, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu
verlängern, hat keinen Erfolg. Bei der Entscheidung über einen dahingehenden
Eilantrag hat das Beschwerdegericht die Erfolgsaussichten der Beschwerde zu
berücksichtigen (§ 118 Abs. 2 Satz 1 GWB). Verspricht die Beschwerde auf der
Grundlage des der Entscheidung zugrunde zu legenden Sach- und Streitstandes keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg, ist der Antrag abzulehnen, ohne dass es einer
Interessenabwägung nach § 118 Abs. 2 Satz 2 GWB bedarf (vgl. nur OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 09.03.2007 - VII-Verg 5/07, VergabeR 2007, 662). Die sofortige
Beschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
23
Die Anwendbarkeit der §§ 97 - 115, 128 GWB für die Zeit ab 18.12.2008 ergibt sich aus
§ 69 Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur
Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I S. 2426); für die Zeit vor
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dem 18.12.2008 folgt dies aus einer EU-Richtlinien-konformen Auslegung der bis zu
diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 69 SGB V (§ 69 in der Fassung des
Gesetzes vom 23.04.2002, BGBl. I S. 1412). Demgegenüber sind auf das vorliegende
Vergabeverfahren nicht die Regelungen des GWB in der Fassung des Gesetzes zur
Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 (BGBl. I S. 790) anwendbar, weil
dieses vor dem 24.04.2009 begonnen hat (vgl. § 131 Abs. 8 GWB n.F.).
Die AG sind öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB. Dies folgt jedenfalls daraus,
dass sie als eine staatlich kontrollierte Einrichtung betrachtet werden können. Sie
unterliegen sowohl einer nachträglichen Rechtsaufsicht (§§ 87 ff. Viertes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB IV)) als auch einer präventiven Aufsicht (z.B. § 34 SGB IV). Die
staatliche Regelungsdichte ist auch unter Berücksichtigung des praktizierten
Grundsatzes der "maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht" derart hoch, dass den
gesetzlichen Krankenkassen im Ergebnis eine eigenverantwortliche Gestaltung des
Satzungs-, Organisations-, Beitrags- und Leistungsrechts weitgehend verwehrt ist (LSG
Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2009 - L 11 WB 5971/08 m.w.N.). Ob
darüber hinaus die Eigenschaft der gesetzlichen Krankenkassen als öffentliche
Auftraggeber aus einer - wenn auch mittelbaren - staatlichen Finanzierung abzuleiten ist
(vgl. hierzu Schlussanträge des Generalanwalts Mazak vom 16.12.2008 in der
Rechtssache C-300/07; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2007 - VII-Verg 51/07,
NZBau 2008, 194 ff.; siehe auch Engelmann in: jurisPK-SGB V, § 69, Rdn. 195 ff.) kann
der Senat auch vor dem Hintergrund offen lassen, dass die AS diese Fragestellung in
einen Zusammenhang mit der von ihr geltend gemachten Rechtswidrigkeit des
Verweisungsbeschlusses vom 27.01.2009 stellt.
25
Bei den hier streitigen Rabattvereinbarungen handelt es sich um öffentliche
Lieferaufträge nach § 99 Abs. 1 und 2 GWB. Ob Arzneimittelrabattverträge ausnahmslos
als öffentliche Lieferaufträge i.S.d. vorgenannten Regelungen qualifiziert werden
können, erscheint vor dem Hintergrund, dass nicht von einer typischen
Beschaffungssituation ausgegangen werden kann, Krankenkassen keinen Einfluss auf
das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte haben und als weitere
Entscheidungsebene Apotheken in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden,
fraglich (vgl. Engelmann in: jurisPK-SGB V, § 69, Rdn. 226 ff. m.w.N.). Angesichts des
Umstandes, dass dem Rabattvertragspartner nach § 7 Abs. 1 RV Exklusivität
zugesichert wird, unterliegt die Annahme eines öffentlichen Auftrages in Form eines
Rahmenvertrages (§ 3a Nr. 4 Abs. 1 VOL/A) jedenfalls im Ergebnis keinen
durchgreifenden Bedenken. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass in einem solchen Fall
der RV i.V.m. der Ersetzungsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3
SGB V zu einem echten Wettbewerbsvorteil führt, den der Auftraggeber dem
Rabattvertragspartner einräumt, um seinerseits einen möglichst hohen Rabatt zu
erzielen (LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 23.01.2009, a.a.O. und vom
28.10.2008 - L 11 KR 4810/08 ER-B).
26
Nachprüfungsantrag und sofortige Beschwerde haben keine Aussicht auf Erfolg.
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Die von der AS erhobene Rüge der fehlenden sachlichen Zuständigkeit der VK des
Bundes greift zur Überzeugung des Senats nicht durch.
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Die Frage einer zuständigkeitsbedingten Verweisung zwischen den VK des Bundes
und der Länder ist gesetzlich nicht geregelt. Der Senat hält mit Blick auf das
verwaltungsrechtliche Nachprüfungsverfahren eine entsprechende Anwendung der §§
29
83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. 17a Abs. 2 Satz 3
Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) für geboten, wonach der Beschluss für das Gericht,
an das der Rechtsstreit verwiesen wird, bindend ist. Gleiches ergibt sich, wenn man - mit
Blick auf die zumindest inzident begründete sachliche und örtliche Zuständigkeit des
erkennenden Senats als späteres Beschwerdegericht (§§ 116 ff. GWB) - § 98
Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog anwendet. Den genannten Vorschriften liegt
übereinstimmend die Erwägung zugrunde, dass aus verfahrensökonomischen
Gesichtspunkten heraus die Verzögerung eines Rechtsstreits durch ein aufwändiges
Zwischenverfahren hinsichtlich der anfänglichen örtlichen Zuständigkeit vermieden
werden soll (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 16.07.2007 - 9 Verg 7/07 m.w.N.).
Diese Regel muss im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens, das
entscheidend von der Beschleunigungsmaxime bestimmt ist (§ 113 GWB), erst recht
gelten. Es wäre mit diesem Verfahrensgrundsatz schlechthin unvereinbar, wenn anstelle
einer möglichst zeitnah zu treffenden Sachentscheidung zunächst in einem
zeitaufwändigen Zwischenverfahren - womöglich erst im Rahmen eines
Beschwerdeverfahrens - die Frage der örtlichen bzw. sachlichen Zuständigkeit der VK
geklärt werden müsste. Für Ausnahmefälle ist zwar eine Beschwerdemöglichkeit
angenommen worden, wenn einem Verweisungsbeschluss jede Rechtsgrundlage
gefehlt oder ein solcher Beschluss auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht hat
(vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 16.07.2007, a.a.O.; Eschner in: Jansen, SGG, 3.
Auflage 2008, § 98, Rdn. 5; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.
Auflage 2008, § 98, Rdn 7a, m.w.N.). Der angefochtene Beschluss beruht jedoch weder
auf evidenter Willkür noch finden sich sonstige Anhaltspunkte auf eine "greifbare"
Rechtswidrigkeit.
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ist bereits deshalb nicht gegeben, weil die VK bei
der Bezirksregierung Düsseldorf den Beteiligten ihren Standpunkt bereits mit Schreiben
vom 02.01.2009 mitgeteilt und diese zur Stellungnahme aufgefordert hat. Die VK hat mit
dem Verweisungsbeschluss ebenso wenig gegen die Gewährleistung des gesetzlichen
Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen. Denn bei den VK handelt es sich nach
allgemeiner Ansicht nicht um Gerichte, sondern um Verwaltungsbehörden, die in einem
gerichtsähnlichen Verfahren entscheiden. Auch im Hinblick auf das nunmehr anhängige
Beschwerdeverfahren kann es durch die Verweisung nicht zu einer Verletzung des Art.
101 Abs. 1 Satz 2 GG kommen. Unabhängig davon, ob die Sachentscheidung im
Nachprüfungsverfahren durch die VK bei der Bezirksregierung Düsseldorf oder durch
die 3. VK des Bundes getroffen wurde, besteht eine Zuständigkeit des erkennenden
Senats als Vergabesenat des LSG NRW für die Entscheidung über die von der AS
erhobene sofortige Beschwerde. Schließlich ist nicht erkennbar, dass die VK bei der
Bezirksregierung Düsseldorf mit dem Verweisungsbeschluss gegen Art. 19 Abs. 4 GG
verstoßen haben sollte.
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Das Eignungskriterium "Produktionskapazität" stellt entgegen der Auffassung der AS
kein ungewöhnliches Wagnis i.S.d. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A dar, sondern entspricht den
Vorgaben des § 7a Nr. 3 Abs. 2 lit. b) VOL/A. Der Nachweis der Produktionskapazität
wurde sowohl in der Vergabebekanntmachung (III.2.3) als auch in den
Verdingungsunterlagen (B.I.1., S. 23 f.) ausführlich beschrieben. Abgesehen davon
besteht an dem Nachweis hinreichender Produktionskapazitäten für gesetzliche
Krankenkassen (aber auch für Arzneimittelhersteller) jedenfalls bei der Rabattierung von
Arzneimitteln allein schon angesichts der Verpflichtungen aus §§ 2 Abs. 4, 12, 70 Abs. 1
SGB V ein erhebliches Interesse, so dass dieses Eignungskriterium unter dem
Gesichtspunkt der Gewährleistung von Versorgungssicherheit keinen durchgreifenden
31
Bedenken unterliegt.
Der Senat lässt dahinstehen, ob die AS im Hinblick auf das Fachlos Citalopram bereits
aufgrund nicht hinreichend nachgewiesener Produktionskapazitäten zwingend
auszuschließen war (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A). Denn eine Rechtsverletzung scheidet
aus, da die AS - wie die VK zu Recht betont hat - mit ihrem Gebot keine Chance auf den
Zuschlag hat und das Vergabeverfahren fehlerfrei durchgeführt worden ist.
32
Es ist nicht zu beanstanden, dass einige Eignungsnachweise
(Gewerbezentralregisterauszug, Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen
Finanzamtes, Bescheinigung einer Krankenkasse, dass der
Gesamtsozialversicherungsbeitrag gezahlt wurde) erst im Laufe der Angebotswertung
auf besondere Anforderung vorgelegt werden mussten. Die Nachforderung von
Eignungsnachweisen, die grundsätzlich in der Vergabebekanntmachung anzugeben
sind (§ 7a Nr. 3 Abs. 3 VOL/A), in den Verdingungsunterlagen ist nur dann zulässig,
wenn sich der Auftraggeber die Nachforderung in der Vergabebekanntmachung
vorbehalten hat (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 04.06.2008 - VII-Verg 21/08
und 12.12.2007 - VII-Verg 34/07, jeweils m.w.N.; vgl. auch § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/A). Die
von der AS zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 14.01.2009 (VII-Verg 59/08)
führt nicht zu einer Abweichung von diesen Grundsätzen, sondern bestätigt diese
vielmehr.
33
Die AG haben in der Vergabebekanntmachung (III.2.1.d) ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass die o.g. Nachweise auf gesonderte Anforderung von den Bietern
nachzureichen sind. Eine vergaberechtlich unzulässige Vermengung von
verschiedenen Wertungsstufen, insbesondere von Eignungs- und Zuschlagskriterien
(vgl. hierzu BGH, Urteil vom 16.10.2001 - X ZR 100/99, VergabeR 2002, 42 f. sowie
Urteil vom 15.04.2008 - X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641 ff) vermag der Senat in
diesem Vorgehen nicht zu erkennen. Denn das Gebot der Trennung der Wertungsstufen
ist - wie die VK in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt hat - inhaltlicher
Natur.
34
Die von der AS geltend gemachten Ausschlussgründe im Hinblick auf die Beigeladenen
zu 1), 3), 4), 5), 6) 7), 8) und 9) sind nicht gegeben und ihre Rügen daher unbegründet.
Akteneinsicht wurde der AS auf Veranlassung des Senats in gemäß § 111 Abs. 2 GWB
zulässigem und hinreichendem Umfang gewährt.
35
Hinsichtlich der Beigeladenen zu 1), die für Zuschläge auf den Wirkstoff Citalopram
vorgesehen ist, ergibt sich dies daraus, dass die geforderten Umsätze in ausreichender
Höhe dargelegt worden sind und ein entsprechender Eignungsnachweis mithin vorlag.
Die geforderten Nachunternehmererklärungen für den Wirkstoff Citalopram sind
überdies bereits mit der Übermittlung des Angebots im Original an die AG übersandt
worden. Soweit auf dem Prüfbogen (Bl. 95 der Vergabeakte) vermerkt wurde, dass
Originale nicht vorhanden seien, ist dieser Vermerk dahingehend zu verstehen, dass
nicht sämtliche Originale der Nachunternehmererklärungen (bezogen auf alle Angebote)
im Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorlagen. Die mit Schreiben der Beigeladenen zu 1)
vom 05.11.2008 an die AG (nachträglich) übermittelten Originale von
Nachunternehmererklärungen bezogen sich jedoch nicht auf streitgegenständliche
Wirkstoffe, sondern auf andere Lose. Zutreffend weist die AS zwar im Übrigen darauf
hin, dass die die Beigeladene zu 1) betreffende Unbedenklichkeitsbescheinigung des
Finanzamtes an die I AG adressiert war. Der von der AS vorsorglich gerügte Verstoß
36
gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs ist allerdings schon deshalb nicht
gegeben, weil sich die I AG an der hier streitigen Ausschreibung nicht beteiligt hat.
Im Hinblick auf die Beigeladene zu 3) bezog sich die fehlende Erklärung zu den
erzielten Umsätzen auf den Wirkstoff Olanzapin, der jedoch nicht mehr Gegenstand der
vorliegenden Ausschreibung ist. Diesbezüglich wurde der AS im Beschwerdeverfahren
ein entsprechender ungeschwärzter Auszug aus den Vergabeakten zur Kenntnis
gegeben. Entgegen den Vermutungen der AS trägt der Senat keine Zweifel daran, dass
die insoweit "vertretungsberechtigte" Beigeladene zu 1) für die als Bietergemeinschaft
am Vergabeverfahren teilnehmende Beigeladene zu 3) mit Schreiben vom 21.11.2008
(Eingang bei den AG am 24.11.2008) auch jeweils einen Auszug aus dem
Gewerbezentralregister, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes N
sowie eine Bestätigung über die Entrichtung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages
übersandt hat.
37
Soweit die AS nunmehr behauptet, die Beigeladene zu 4) habe es versäumt, eine
lückenlose Kette ihrer Unterauftragnehmer nachzuweisen, lässt sich dies nach Einsicht
in die Vergabeakte nicht bestätigen. Vielmehr wurden entsprechende Erklärungen mit
dem Angebot eingereicht (Eingang bei den AG am 13.11.2008). Eine entsprechende
Akteneinsicht wurde der AS im Beschwerdeverfahren von den AG über den Senat
gewährt.
38
Auch wenn die Beigeladene zu 5) die Eigenerklärung zu den Produktionskapazitäten im
Hinblick auf den Wirkstoff Omeprazol nicht ausdrucken konnte, hatte dies seine Ursache
in der den AG zurechenbaren Softwareproblemen. Allein deshalb durften - dies haben
die AG zu Recht dargelegt - Angebote jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Abgesehen davon wurden sämtliche geforderten Zahlen auf CD-ROM mit dem Angebot
eingereicht. Die Beigeladene zu 5) hat überdies bereits mit dem Angebot ihre Umsätze
mitgeteilt (Erklärung vom 23.10.2008 - 62 - 73 der Vergabeakte) wie auch eine
Eigenerklärung zu den Produktionskapazitäten übermittelt und entsprechende
Verpflichtungserklärungen der Unterauftragnehmer im Original eingereicht (62 - 74 ff.
der Vergabeakte).
39
Entgegen den Vermutungen der AS hat die Beigeladene zu 6) keine handschriftlichen
Änderungen des RV vorgenommen. In der Verpflichtungserklärung eines
Unterauftragnehmers wurde vielmehr das erste Wort des Firmennamens, das zuvor
doppelt geschrieben war, gestrichen. Ein entsprechender Auszug aus den
Vergabeakten wurde der AS in Ablichtung von den AG über den Senat zur Verfügung
gestellt.
40
Die von der AS geltend gemachten Auffälligkeiten in dem Schriftwechsel zwischen der
Beigeladenen zu 7) und den AG haben ihren Hintergrund nicht in unzulässigen
Nachverhandlungen (vgl. § 24 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 2 VOL/A). Vielmehr bezog sich die
Korrespondenz u.a. auf Fragen im Zusammenhang mit § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A, deren
Einzelheiten der AS jedoch schon deshalb nicht bekannt gegeben werden durften, weil
es sich hierbei um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse i.S.d. § 111 Abs. 2 GWB
handelt. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass entgegen der in dem Schriftsatz der AS
vom 21.04.2009 geäußerten Mutmaßung durchaus Einsicht in die Anlage C 15 des
Vergabevermerks gewährt worden ist. Denn der vorbeschriebene und der AS in
geschwärzter Form bekannt gegebene Schriftwechsel einschließlich der Übersendung
weiterer Eignungsnachweise ist Bestandteil der Anlage C 15.
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Im Hinblick auf die Beigeladene zu 8) ist ebenfalls kein Auswertungsmangel gegeben.
Die Originale der Nachunternehmererklärungen wurden lediglich zu den nicht
streitgegenständlichen Wirkstoffen Amlodipin sowie Felodipin nicht fristgerecht
nachgereicht; die AG haben vor diesem Hintergrund die Angebote der Beigeladenen zu
8) insoweit ausgeschlossen. Eine aussagekräftige Ablichtung aus den Vergabeakten
wurde der AS von den AG über den Senat zur Kenntnis gegeben. Für die von der AS
aufgestellte Behauptung, die Beigeladene zu 8) habe gegen die Grundsätze des
Geheimwettbewerbs verstoßen, ergeben sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte.
Zwar findet sich auf einem Fax die Absenderzeile "T AG". Zutreffend ist ferner, dass die
B Pharma GmbH - ein zum T-Konzern gehörendes Unternehmen - ebenfalls an der
Ausschreibung teilgenommen hat. Allein aus diesen Aspekten lässt sich jedoch
ersichtlich kein Verstoß gegen die Grundsätze des Geheimwettbewerbs herleiten, zumal
die Eignungsnachweise von der Geschäftsführung der Beigeladenen zu 8) selber und
nicht durch den Vorstand der T AG übersandt worden sind.
42
Schließlich sind keine Gründe dafür vorhanden, von einem Verstoß gegen die
Grundsätze des Geheimwettbewerbs durch die Beigeladene zu 9) auszugehen. Allein
der Umstand, dass eine E-Mail durch die U Europe B.V. an die AG übersandt wurde,
lässt zunächst gar keine Schlussfolgerung zu. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass -
wie sich aus dem der AS bekannten Schriftverkehr ergibt - die Eignungsnachweise
durch die Beigeladene zu 9), nicht jedoch durch eine andere juristische Person
übersandt wurden. Außerdem haben sich weder die U Europe B.V. noch die U
Deutschland GmbH an der Ausschreibung beteiligt. Im Übrigen gelten im Hinblick auf
den Nachweis von Produktionskapazitäten für die Beigeladene zu 9) vergleichbare
Erwägungen wie für die Beigeladene zu 1): Die Nachweise im Original wurden für die
hier streitgegenständlichen Lose bereits mit dem Angebot übermittelt.
43
Entgegen der Ansicht der AS haben die AG eine materielle Eignungsprüfung
durchgeführt und dies ausreichend und nachvollziehbar in den Vergabeakten
dokumentiert. Die Eignungsprüfung ist nach der von der AS zitierten Rechtsprechung
des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 26.11.2008 - VII-Verg 54/08) in zwei Stufen
durchzuführen, und zwar zum einen dahingehend, ob das Angebot sämtliche
geforderten Eignungsnachweise enthält und zum anderen dahin, ob der Bieter geeignet
ist (materielle Eignungsprüfung). Gemäß § 30 Nr. 1 VOL/A ist u.a. die Eignungsprüfung
im Vergabevermerk zu dokumentieren.
44
Diesen Vorgaben haben die AG entsprochen. Wie sich dem Vergabevermerk
entnehmen lässt, wurde die Eignungsprüfung in zwei Schritten vollzogen. Die AG haben
die eingegangenen Angebote zunächst formal auf Vollständigkeit geprüft und das
Prüfungsergebnis jedes Angebotes nachvollziehbar in den im Vergabevermerk C 8
hinterlegten angebotsspezifischen Prüfbögen zur formalen Vollständigkeit der
Angebotsunterlagen (1a) dokumentiert. In einem weiteren Prüfungsschritt wurden die
Wirkstoffidentität, die Unternehmensidentität der Nachunternehmer und der Nachweis
ausreichender Produktionskapazität zu den jeweiligen Angeboten im Hinblick auf die
einzelnen PZN geprüft und auf den Prüfbögen 1b dokumentiert. Darüber hinaus haben
die AG die WMZ und die Produktionskapazitäten unter Verwendung von Arbeitshilfen
geprüft, was sich ebenfalls schlüssig aus dem Vergabevermerk C ableiten lässt. Aus
dem Vergabevermerk C lässt sich ebenfalls der Ablauf und das Ergebnis der
Eignungsprüfung i.e.S. nachvollziehen. Die AG haben zunächst die von den Bietern
übermittelten Eignungsnachweise (Produktionskapazitäten, Jahresumsätze,
45
Zulassungsunterlagen, etc.) bewertet und das Ergebnis der Bewertung sodann im
Hinblick auf sämtliche relevanten Ergebnisse und Fehler in einer Komplettübersicht
dargestellt (Vergabevermerk C 12). Bereits diesem im Vergabevermerk dargestellten
Ablauf lässt sich entnehmen, dass die AG nicht nur eine materielle Angebotswertung
durchgeführt, sondern diese auch hinreichend nachvollziehbar im Vergabevermerk
dokumentiert haben. Aus dem Vergabevermerk lässt sich ebenfalls das Ergebnis der
Eignungsprüfung im Hinblick auf die nachgereichten Unterauftragnehmererklärungen,
Eignungsnachweise (Gewerbezentralregisterauszug, Unbedenklichkeitsbescheinigung
und Erklärung zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag) sowie die Erklärungen einiger
Bestbieter zur Auskömmlichkeit (§ 25 Nr. 2 Abs. 2 und Abs. 3 VOL/) zwanglos
entnehmen und nachvollziehen. Der Senat dehnt dabei die Dokumentationspflichten
nicht so weit aus, dass Umstände - z.B. in einem weiteren Vermerk - schriftlich
niedergelegt werden müssen, deren Existenz sich bereits ohne weiteres aus der Lektüre
der eingereichten Eignungsnachweise ergibt.
Unbegründet ist der Nachprüfungsantrag im Hinblick auf die kartellrechtlichen Rügen
der AS (Verstoß gegen § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 2
GWB). Der Senat hält im Anschluss an die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf
(Beschluss vom 10.04.2002 - Verg 6/02) daran fest, dass im Hinblick auf eine geltend
gemachte Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften der Rechtsweg in das
Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren nicht eröffnet ist (vgl. bereits Senat,
Beschluss vom 30.01.2009 - L 21 KR 1/08 SFB). Das ergibt sich bereits aus §§ 107 Abs.
2 Satz 1, 97 Abs. 7 GWB. Danach ist im Vergabenachprüfungsverfahren allein zu
prüfen, ob der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält.
Hierzu gehören die §§ 19 und 20 GWB jedoch nicht, weil sich diese Normen auf
Verstöße außerhalb des Vergabeverfahrens beziehen (LSG Baden-Württemberg,
Beschluss vom 23.01.2009, a.a.O.; Summa/Kullack in: jurisPK-VergR, § 97 GWB, Rdn.
120). Bestimmungen über das Vergabeverfahren sind u.a. die Regelungen in den
Verdingungsordnungen, die das Verfahren betreffenden Grundsätze des Wettbewerbs,
der Transparenz und der Gleichbehandlung sowie weitere ungeschriebene
Vergaberegeln, wie z.B. das Gebot der Fairness im Vergabeverfahren (OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 10.04.2002, a.a.O.; Summa/Kullack in: jurisPK-VergR, § 97 GWB, Rdn.
29, m.w.N.).
46
Die VK hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend darauf verwiesen, dass sich an
dieser Bewertung nichts durch die in § 104 Abs. 2 Satz 1 GWB geregelte
Rechtswegkonzentration ändert. Denn die von der AS geltend gemachten
kartellrechtlichen Abwehransprüche beziehen sich nicht auf Handlungen in einem
Vergabeverfahren im vorbeschriebenen Sinne, sondern sind gemäß § 104 Abs. 2 Satz 2
GWB durch die Kartellbehörden und/oder im Sekundärrechtsschutz durch die
ordentlichen Gerichte zu prüfen. Der von der AS gerügte "Zusammenschluss" der AG zu
einer "Einkaufsgemeinschaft" kann schon deshalb nicht in dem hier anhängigen
Verfahren unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs einer marktbeherrschenden
Stellung gerügt werden, weil dieses Verhalten der AG zeitlich und sachlich vor dem
Beginn des Vergabeverfahrens lag. Wie bereits das OLG Düsseldorf (Beschluss vom
10.04.2002, a.a.O.) ausgeführt hat, liegt die Bildung eines "Einkaufskonsortiums" zeitlich
vor dem Beginn des eigentlichen Vergabeverfahrens und stellt sich mithin lediglich als
eine vorbereitende Handlung, jedoch nicht als Verfahrenshandlung im
Vergabeverfahren dar. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass missbräuchlichen
Verhaltensweisen öffentlicher Auftraggeber gerade durch das Vergabeverfahren
vorgebeugt werden soll und sich dieses - wie hier bei fehlerfreier Durchführung - als
47
Ausgleich für die gebündelte öffentliche Nachfragemacht der Krankenkassen darstellt
(vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2009, a.a.O.; Zeiss in: jurisPK-
VergR, Einl. VergR, Rdn. 181).
Ebenso wenig ist ein Verstoß gegen die Artikel 81, 82 des EG gegeben, denn die AG
handeln beim Abschluss von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V nicht als
Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften. Hinsichtlich der Krankenkassen der
gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland hat der EuGH bereits explizit und
unmissverständlich entschieden (Urteil vom 16.03.2004 - Az C-264/01), dass diese von
dem Begriff des Unternehmens im Rahmen des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts
nicht erfasst werden, weil sie ohne die Möglichkeit der Einflussnahme ihren Mitgliedern
im Wesentlichen die gleichen Pflichtleistungen zu gewähren hätten und zudem
untereinander zu einer Art Solidargemeinschaft zusammengeschlossen seien. Dies hat
der EuGH für die Berufgenossenschaften unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung
jüngst noch einmal ausdrücklich bestätigt (Urteil vom 05.03.2009 - Az.: C - 350/07). Die
Erwägungen des EuGH in dem zitierten Beschluss beanspruchen auch im Hinblick auf
die zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen im deutschen
Krankenversicherungsrecht (Einführung von Wahltarifen zum 01.04.2007 - § 53 SGB V -
sowie die Schaffung des Gesundheitsfonds zum 01.01.2009 - § 266 SGB V) weiterhin
Gültigkeit, weil trotz dieser gesetzlichen Änderungen die relevanten Grundstrukturen
erhalten geblieben sind (vgl. insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom
23.01.2009, a.a.O.).
48
Entgegen der Ansicht der AS haben die AG das Instrument der Rahmenvereinbarung
nicht missbräuchlich oder wettbewerbseinschränkend angewendet (§ 3a Nr. 4 Abs. 2
VOL/A). Der Senat folgt der Ansicht der VK und der AG, dass die Rahmenvereinbarung
nach § 3a Nr. 4 Abs. 1 VOL/A vergaberechtlich die adäquate Form der Ausschreibung
von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V ist. Der Abschluss von
Rahmenvereinbarungen mit nur einem Unternehmen führt nicht zur Schaffung einer
marktbeherrschenden Stellung dieses Unternehmens auf den jeweils sachlich und
räumlich relevanten Märkten. Die Angebotsauswertung hat nämlich ergeben, dass
insgesamt 22 verschiedene pharmazeutische Unternehmer (unterschiedlichster Größe)
und Bietergemeinschaften pharmazeutischer Unternehmer für Zuschläge vorgesehen
sind.
49
Abgesehen davon ist Folgendes zu berücksichtigen: Der Abschluss von
Rahmenvereinbarungen stellt für die AG das einzige Instrument dar, die ihnen
gesetzlich eingeräumte Möglichkeit des Abschlusses von Rabattverträgen nach § 130a
Absatz 8 SGB V praktisch umzusetzen. Die Krankenkassen haben keine Möglichkeit,
vor Ort auf Art und Umfang der Versorgung ihrer Versicherten mit bestimmten
Arzneimitteln in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen. Diese "Einzelaufträge" werden
allein durch die Verordnungen der Vertragsärzte bestimmt und sind somit dem Zugriff
der AG in vollem Umfang entzogen. Diese wären aus der Natur der Sache heraus - auch
als Rabattverträge - gar nicht ausschreibungsfähig. Der Rahmenvertrag ist demzufolge
die allein in Betracht kommende Handlungsform. Wettbewerbsrechtlich für bedenklich
wird der Rahmenvertrag aber allenfalls deshalb gehalten, weil er die unter der Geltung
des Rahmenvertrages erfolgenden Einzelaufträge dem Wettbewerb entzieht. Dieser
Gesichtspunkt ist aber hier - wie dargelegt - von vornherein überhaupt nicht einschlägig.
Schon deshalb können sich durchgreifende Bedenken gegen den Abschluss von
Rahmenverträgen hier nicht ergeben.
50
Die AG waren auch nicht gehalten, den Abschluss derartiger Rahmenverträge –
bezogen auf ein Gebiets- und Fachlos - mit mehr als nur einem pharmazeutischen
Unternehmer vorzusehen. Denn hierdurch wäre das Wettbewerbsprinzip eingeschränkt
worden. Notwendigerweise wäre das Angebot des einen wirtschaftlicher als das des
anderen Unternehmers ausgefallen. Es würde den (gewollten) Wettbewerb unter den
pharmazeutischen Unternehmern massiv behindern, könnten (z.B.) drei Bieter mit den
insgesamt wirtschaftlichsten Angeboten in gleichem Umfang die Versicherten der AG
mit Arzneimitteln versorgen. Der Anreiz, das wirtschaftlichste Angebot abzugeben,
würde beeinträchtigt und die Spekulation, mit dem zweit- oder gar drittwirtschaftlichsten
Angebot weiter an der Versorgung der Versicherten teilhaben zu können, befördert. Eine
derartige Folge lässt sich mit § 3a Nr. 4 Abs. 2 VOL/A nicht begründen.
51
Die von den AG vorgenommene Aufteilung in fünf Gebietslose unterliegt entgegen der
Auffassung der AS keinen durchgreifenden Bedenken. Denn die Losaufteilung verstößt
weder gegen § 97 Abs. 3 GWB noch gegen § 5 Nr. 1 VOL/A. Die AG haben den
Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen durch die Aufteilung in fünf Gebietslose
auch vor dem Hintergrund hinreichend Rechnung getragen, dass die AS im
Wesentlichen gerügt hat, dass diese Art der Losaufteilung größere Unternehmen
bevorzuge. Bereits das eigene Verhalten der AS, die Angebote auf eine nicht
unerhebliche Anzahl von Wirkstoffen in sämtlichen Gebietslosen abgegeben hat, zeigt,
dass sie sich durchaus in der Lage gesehen hat, die Versorgung der Versicherten in
dem genannten Umfang mit rabattierten Arzneimitteln sicherzustellen. Die VK hat in
dem angefochtenen Beschluss überdies zutreffend ausgeführt, dass in der
Gesamtschau der Losbildung berücksichtigt werden muss, dass die Ausschreibung
wirkstoff- und nicht sortimentsbezogen durchgeführt worden ist. Damit wurde kleinen
und mittleren Unternehmen, die nicht über ein großes Produktportfolio verfügen, die
Möglichkeit eröffnet, auch nur auf einzelne Wirkstoffe zu bieten.
52
Die AG haben die für die Entscheidung des Loszuschnitts tragenden Gründe ausführlich
im Vergabevermerk dokumentiert und in diesem Zusammenhang in sich schlüssige
Gründe für das gewählte Vorgehen genannt (vgl. Summa/Kullack in: jurisPK-VergR, §
97 GWB, Rdn. 68). Bei dem Zuschnitt der Gebietslose sind die AG zunächst von der
AOK Bayern als versichertenstärkster AOK ausgegangen. Die weiteren AOK sind derart
auf weitere Gebietslose verteilt worden, dass zum einen vergleichbare
Gebietslosgrößen erreicht und zum anderen den Interessen mittelständischer
Unternehmer dadurch Rechnung getragen werden sollte, dass jeweils nur
zusammenhängende bzw. benachbarte AOK en zu Gebietslosen zusammengefasst
worden sind (Vergabevermerk, S. 12). Darüber hinaus haben die AG die Zahl der
Gebietslose aus dem Gesichtspunkt heraus erläutert, dass bei einem disproportionalen
Loszuschnitt die Gefahr bestanden hätte, dass mitgliederschwachen AOKen
möglicherweise wesentlich ungünstigere Rabattkonditionen eingeräumt werden
könnten und darüber hinaus die Gefahr bestehe, dass die Aufteilung der Gebiete
einzelner AOKen zu einer unwirtschaftlichen Zersplitterung der Auftrags führen könne
(Vergabevermerk, S. 11). Die AG haben damit sachliche Gründe für den Zuschnitt der
Gebietslose aufgezeigt. Wie die VK zu Recht dargestellt hat, entspricht es einem
legitimen Interesse, dass die nach dem Regionalprinzip (§ 143 Abs. 1 SGB V) nicht
miteinander im Wettbewerb stehenden AG (im Hinblick auf Mitglieder ergibt sich dies
aus § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V) vergleichbare und optimale Rabattkonditionen
anstreben, zumal die Erzielung von Arzneimittelrabatten der Finanzierbarkeit der GKV -
einem überragenden Gemeinwohlinteresse - dient.
53
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass die AG auf eine Loslimitierung - die grundsätzlich
dem Zweck dient, von vornherein einer größeren Zahl von Bietern Chancen für einen
Auftrag zu geben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.06.2000 - Verg 6/00, NZBau
2000, 440) - verzichtet haben. Auch wenn der erkennende Senat in seiner Entscheidung
vom 30.01.2009 (L 21 KR 1/08 SFB) ausgeführt hat, dass sich eine Pflicht zur
Loslimitierung in bestimmten Konstellationen durchaus als wettbwerbsfördernd
darstellen könne, lässt sich aus diesem obiter dictum nicht die Schlussfolgerung
ableiten, dass stets eine Pflicht zur Loslimitierung besteht. Sofern ein Auftraggeber zu
der Entscheidung gelangt, eine Loslimitierung vorzunehmen, kann dies nur zu einer
entsprechenden Selbstbindung für die Vergabe führen. Eine von vornherein bestehende
Verpflichtung zur Loslimitierung besteht jedoch nicht (LSG Baden-Württemberg,
Beschluss vom 23.01.2009, a.a.O., OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.06.2000, a.a.O.).
54
Ebenso wenig haben die AG durch die Bezugnahme auf die Lauer-Taxe und die
Stichtagsregelung gegen Vorschriften des Vergaberechts verstoßen.
55
Die Stichtagsregelung knüpft willkürfrei an einen für alle interessierten
pharmazeutischen Unternehmer gleichen Stand der Lauer-Taxe und der in ihr
enthaltenen PZN an. Die Voraussetzung, dass das Arzneimittel mit einer PZN in der
Lauer-Taxe aufgeführt ist, verstößt weder gegen das vergaberechtliche
Wettbewerbsgebot noch gegen das Diskriminierungsverbot und das Gebot der
Produktneutralität. Wie die VK in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt
hat, stand es den AG im Rahmen der Regelungen des Vergaberechts frei, ihren
Beschaffungsbedarf zu definieren und gegenüber interessierten pharmazeutischen
Unternehmen abschließend durch Bezugnahme auf die in der Lauer-Taxe an einem
bestimmten Stichtag gelisteten PZN zu konkretisieren. Festzuhalten ist in diesem
Zusammenhang zunächst, dass Gegenstand der Ausschreibung nicht die Beschaffung
der generischen Arzneimittel selbst ist, sondern dass es vielmehr um die Einräumung
von Rabatten "für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel" durch den Abschluss
von Rabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V geht. Allerdings zeitigt die im
RV vorgesehene Exklusivität für den Ausschreibungsgewinner das Ergebnis, dass er
allein für das betreffende Fachlos innerhalb des jeweiligen Gebietsloses die
Versicherten der AG mit Arzneimitteln versorgt. Es handelt sich somit zwar um einen
Liefervertrag (vgl. oben "öffentlicher Auftrag"), der allerdings durch die gesetzliche
Regelung des § 130a Abs. 8 SGB V modifiziert wird. Diese Ausgestaltung legt es nahe,
bei der Ausschreibung der Rabattverträge genau auf diesen "Pool" von Arzneimitteln
abzustellen, aus dem die zu Lasten der AG verordneten Generika stammen: die Lauer-
Taxe. Dass diese Arzneimittel aufgrund der bestehenden vertraglichen Vereinbarungen
zwischen den AG und den Apothekern nahezu ausnahmslos in der Lauer-Taxe mit einer
PZN und den dazu gehörigen weiteren Spezifikationen gelistet sind, ist zwischen den
Beteiligten auch nicht umstritten. Die Bezugnahme auf die Lauer-Taxe rechtfertigt sich
somit aus der Art der Ausschreibung und ihrem Gegenstand - den Rabatten - heraus.
Angesichts dessen durften die AG ihren Beschaffungsbedarf unter Zugrundelegung der
Lauer-Taxe festlegen. Hervorzuheben ist, dass durch das Abstellen auf die Listung in
Lauer-Taxe kein Unternehmen diskriminiert wird, denn der Zugang zur Lauer-Taxe steht
allen - inländischen wie ausländischen - pharmazeutischen Herstellern mit ihren
Produkten offen. Sie repräsentiert damit die auf dem deutschen Markt zu Lasten der
GKV erhältlichen Arzneimittel.
56
Allerdings haben es die AG nicht allein bei der Anknüpfung an die Listung eines
generischen Arzneimittels in der Lauer-Taxe als Voraussetzung für die Teilnahme an
57
der Ausschreibung belassen, sondern weiterhin die Bedingung aufgestellt, dass dies zu
einem bestimmten Stichtag (01.09.2008) der Fall gewesen sein muss. Auch dies ist
vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Die gesetzliche Formulierung in § 130a Abs. 8
Satz 1 SGB V ("zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel") legt es in Verbindung mit
dem Ausschreibungsgegenstand (Rabatt) nahe, im Rahmen der Ausschreibung auf
solche Arzneimittel abzustellen, die bereits in der Vergangenheit zu Lasten der AG an
Versicherte abgegeben worden sind. Der Gesetzgeber knüpft damit selbst - allerdings
auch notwendigerweise - an den bestehenden Markt oder Bestand von Arzneimitteln an,
der aktuell der Versorgung der Versicherten der GKV dient. Hier können die
gesetzlichen Krankenkassen tätig werden und Rabattverträge mit pharmazeutischen
Unternehmern schließen. Jedenfalls ist es bei dieser Gesetzeslage nicht erforderlich,
dass die AG den pharmazeutischen Unternehmern vor Durchführung der Ausschreibung
durch die Wahl eines in der Zukunft liegenden Stichtages Gelegenheit geben, ihre
autonomen unternehmerischen Entscheidungen hinsichtlich der sich aktuell auf jenem
Markt befindlichen Arzneimittel zu korrigieren und ergebnisorientiert zu optimieren. Für
das Abstellen auf den real existierenden, der Versorgung der Versicherten in der
Vergangenheit dienenden Markt gibt es weitere sachliche Gründe: Nur bei solchen
Arzneimitteln besteht nämlich für die AG die Möglichkeit, das Einsparvolumen durch den
Rabattvertrag realistisch zu beurteilen, weil nur in diesem Fall das Verordnungsvolumen
der Vergangenheit bekannt ist. Darüber hinaus erscheint es auch fraglich, ob die
Wirtschaftlichkeit eines Angebots, das (auch) auf einem zu einem späteren Zeitpunkt
(als dem Ausschreibungsbeginn) erstmals gelisteten generischen Arzneimittel beruht,
im Vergleich zu anderen, länger auf dem Markt befindlichen Generika zuverlässig zu
beurteilen wäre. Insoweit ist nämlich auch die Akzeptanz des generischen Arzneimittels
bei Ärzten und Versicherten, die trotz der Regelung des § 129 Abs.1 Satz 3 SGB V eine
nicht unerhebliche Rolle spielen dürfte, zu berücksichtigen. Gerade diese lässt sich aber
wegen fehlender Erfahrungswerte überhaupt nicht beurteilen. Dabei verkennt der Senat
nicht, dass bei den pharmazeutischen Unternehmern im Hinblick auf den Umfang der
Ausschreibung und das Recht, für einen Zeitraum von 2 Jahren die Versicherten der AG
im Rahmen des Zuschlags exklusiv mit Arzneimitteln zu versorgen, der
nachvollziehbare Wunsch entsteht, die in der Vergangenheit getroffenen
unternehmerischen Entscheidungen nunmehr den geänderten Rahmenbedingungen
anzupassen. Das gesetzgeberische Konstrukt des Rabattvertrages mit der Anknüpfung
an die in der Vergangenheit erfolgte Versorgung der Versicherten sowie die diesen
Regelungen zugrunde liegenden sachlichen Erwägungen stehen dem jedoch entgegen.
Darüber hinaus ist die Stichtagsregelung durch die von den AG angestrebte
Transparenz gerechtfertigt. Ohne die Wahl des Stichtags 01.09.2008 wäre es nicht
möglich gewesen, den Interessenten unmittelbar nach der Bekanntmachung der
Ausschreibung ein Produkt- und Rabattblatt zur Verfügung zu stellen, in dem sämtliche
zur Angebotsabgabe und Kalkulation erforderlichen Daten hinterlegt sind. Das Produkt-
und Rabattblatt ermöglicht nicht nur die sichere Kalkulation des eigenen Angebots und
den Vergleich mit möglichen Angeboten anderer Bieter durch die Gegenüberstellung
der aus verschiedenen Rabatthöhen resultierenden WMZ (so auch VK Baden-
Württemberg, Beschluss vom 27.11.2008 - 1 VK 52/08). Durch die in dem Produkt- und
Rabattblatt hinterlegten PZN aller pharmazeutischer Unternehmen wurden sämtliche
Interessenten zudem in die Lage versetzt, geeignete Partner zur Bildung von
Bietergemeinschaften auszuwählen, deren Zulassung wiederum dem Schutz
mittelständischer Interessen dient. Abgesehen davon haben die AG mit dem Produkt-
und Rabattblatt deutlich gemacht, auf welche Arzneimittel sich der gewünschte Rabatt
beziehen soll und dadurch dem Transparenzgebot Rechnung getragen.
58
Es ist auch fernliegend, in der Anknüpfung der AG an diesen "Zustand" diskriminierende
Wirkungen zu sehen, zumal sie den Stichtag jedenfalls nicht willkürlich gewählt,
sondern auf den letzten möglichen Termin ("aktueller Pool") vor der Ausschreibung
abgestellt haben.
59
Schließlich ist nach Ansicht des Senats auch ein Verstoß gegen das Gebot der
Produktneutralität nicht gegeben. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A dürfen bestimmte
Erzeugnisse oder Verfahren sowie bestimmte Ursprungsorte und Bezugsquellen nur
dann ausdrücklich vorgeschrieben werden, wenn dies durch die Art der zu vergebenden
Leistung gerechtfertigt ist. § 8a Nr. 5 Satz 1 VOL/A regelt, dass in den technischen
Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes
Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine
bestimmte Produktion verwiesen werden darf, wenn dadurch bestimmte Unternehmen
oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, soweit dies nicht
durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist.
60
Diese Normen schließen es nicht aus, bei der Bestimmung des Beschaffungsbedarfs
und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Auftragsgegenstandes - hier:
Nachfrage nach Rabattangeboten für ohnehin zu vergütende Arzneimittel in Gestalt sog.
Rabatt-ApU s - an die auf dem Markt anerkannte Lauer-Taxe anzuknüpfen. Die
Bestimmungen zur Produktneutralität (vgl. etwa § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A und § 8 Nr. 5
VOL/A) sind solche, die "Leistungsbeschreibungen" bzw. "technische Spezifikationen"
betreffen. Diese Normen sind von vornherein nicht einschlägig bei der Bestimmung des
Beschaffungsbedarfs. Die Anknüpfung an den Produkt- und PZN-Stand der Lauer-Taxe
gewährleistet die Beachtung des § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A, wonach die Anforderungen an
die Leistung/Lieferung so genau zu fassen sind, dass sie den Bietern ein klares Bild
vom Auftragsgegenstand vermitteln und dem Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags
ermöglichen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass mit den ausgeschriebenen
Rabattverträgen nicht etwa ein neuer Beschaffungsauftrag erteilt wird. Vielmehr werden
die vom Vertragsbeginn an für zu Lasten der AG in Apotheken abgegebenen
Arzneimittelrabatte gewährt. Die "Auftragsvergabe" erfolgt aus dem bereits laufenden
Versorgungsgeschehen heraus. Dass mit der Verwendung des Produkt- und
Rabattblattes dem Transparenzgrundsatz hinreichend Rechnung getragen worden ist,
wurde bereits oben dargestellt.
61
Unerheblich ist, dass möglicherweise auch eine andere Gestaltung der Ausschreibung -
insbesondere mit einem späteren Stichtag - zulässig in Betracht hätte kommen können.
62
Entgegen der Ansicht der AS wurden ausländische pharmazeutische Unternehmen
durch die beanstandete Ausschreibung nicht diskriminiert. Abgesehen davon, dass die
AS als inländisches pharmazeutisches Unternehmen nicht die Rechte ausländischer
Unternehmen im eigenen Namen geltend machen kann (vgl. Senat, Beschluss vom
30.01.2009 - L 21 KR 1/08 SFB), ist zu berücksichtigen, dass die AG auch ausländische
Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert haben. Dies wird bereits dadurch
bestätigt, dass im Produkt- und Rabattblatt PZN ausländische Unternehmen gelistet
sind. Soweit die AS behauptet, ihr sei es erschwert worden, mit ausländischen
Unternehmen Bietergemeinschaften zu bilden, fehlt es hierfür an schlüssigem Vortrag.
Denn die AS hat es verabsäumt, konkret und nachvollziehbar darzulegen, mit welchem
ausländischen Unternehmen sie eine Bietergemeinschaft hat bilden wollen. Sie hat
zudem keine in Deutschland oder EU-weit zugelassenen Arzneimittel (nach Wirkstoff,
63
Darreichungsform, Packungsgröße, etc.) bezeichnet, die ein ausländisches
Unternehmen mit ihr in Bietergemeinschaft hätte anbieten können (oder wollen). Allein
der Verweis darauf, dass einige ausländische Unternehmen den Wirkstoff Omeprazol in
den ausgeschriebenen Darreichungsformen und Packungsgrößen im Ausland anbieten,
jedoch nicht im Produkt- und Rabattblatt gelistet seien, führt ersichtlich nicht weiter,
zumal dieser Gesichtspunkt eher dafür sprechen dürfte, dass diese Unternehmen kein
Interesse an einem Vertrieb von Arzneimitteln in der Bundesrepublik haben.
Ohne Erfolg macht die AS geltend, dass die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der
Angebote in einem intransparenten Verfahren durchgeführt worden sei und sich die
Bewertungsmatrix als ungeeignet zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes
darstelle. Nach § 9a Nr. 1 lit. c) VOL/A sind sämtliche Zuschlagskriterien, einschließlich
deren Gewichtung, spätestens in den Verdingungsunterlagen zu benennen. Dabei
müssen die Kriterien so klar formuliert sein, dass professionelle Bieter keine
Verständnisschwierigkeiten haben (BGH, Urteil vom 03.06.2004 - X ZR 30/03). Bei der
Auswahl der Zuschlagskriterien steht dem Auftraggeber ein lediglich beschränkt
überprüfbarer Ermessensspielraum zu. Beanstandungen können lediglich darauf
gestützt werden, dass die Vergabestelle einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt,
aus willkürlichen bzw. sachfremden Erwägungen heraus gehandelt oder Bieter ungleich
behandelt hat. Sowohl den VK als auch den gerichtlichen Nachprüfungsinstanzen ist es
bei der Überprüfung verwehrt, ihre eigene Beurteilung an die Stelle der Bewertung der
Vergabestelle zu setzen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2005 - Verg 108/04;
Summa/Kullack in: jurisPK-VergR, § 97 GWB, Rdn. 92; Otting in: Bechtold, GWB, 5.
Aufl. 2008, § 97, Rdn 38, m.w.N.). Die Zuschlagskriterien müssen jedoch gemäß § 25a
Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein.
64
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen sind die von den AG benannten
Zuschlagskriterien unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Die
VK hat zutreffend dargelegt, dass die Kriterien zur Ermittlung von WMZ und GWMZ
ausführlich in den Verdingungsunterlagen beschrieben worden sind. Darüber hinaus
wurden den Bietern Ausfüllhinweise für das Produkt- und Rabattblatt (Anlage 2 der
Verdingungsunterlagen) und ein Filmbeitrag zur Verfügung gestellt, der sich sowohl mit
der korrekten Bearbeitung des Produkt- und Rabattblatts als auch mit den maßgeblichen
Kriterien zur Bildung der wertungserheblichen GWMZ befasst hat. Die AG haben zu
Recht darauf abgestellt, dass die für die Gesamtwirtschaftlichkeitsbewertung
erforderlichen Daten einschließlich der verwendeten Formeln jedem Bieter zugänglich
gemacht wurden. Mit diesen Unterstützungsleistungen konnten professionelle Bieter
ohne weiteres erkennen, dass ein Angebot um so wirtschaftlicher ist, je höher die
GWMZ ausfällt. Anders ausgedrückt: Je geringer der Rabatt-APU, desto kleiner die
GWMZ. Abgesehen davon haben sowohl VK als auch AG zu Recht darauf abgestellt,
dass für Bieter kein Anspruch auf Gewährleistung individuell-optimaler Erfolgs- und
Zuschlagschancen durch Vergabestellen besteht, zumal für den Senat im Ergebnis kein
durchgreifender Zweifel daran besteht, dass die von den AG entwickelte
Bewertungsmatrix den bereits oben skizzierten Anforderungen entspricht.
65
Die in § 8 Abs. 1 und 2 RV vorgenommene Risikoverteilung begegnet ebenfalls keinen
durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zu beachten ist hier zunächst, dass den
pharmazeutischen Unternehmen eine Frist von zwei Monaten zur Herstellung der vollen
Lieferfähigkeit eingeräumt worden ist und das erste Quartal der Vertragslaufzeit erst am
01.07.2009 beginnt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass im ersten Quartal zusätzlich eine
Karenzzeit von 20 Tagen eingeräumt wird, so dass eine Ersatzpflicht erst ab dem 21.
66
Tag des Lieferausfalls entstehen kann und der pharmazeutische Unternehmer zudem
eine Exkulpationsmöglichkeit hat (§ 8 Abs. 2 Satz 2 RV i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 2 RV).
Ferner hat die VK in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass die
pharmazeutischen Unternehmen sich nicht zur Lieferung völlig neuer Produkte (mit den
dann nicht ganz unwahrscheinlichen "Anlaufproblemen"), sondern - durch die
Anbindung an die Lauer-Taxe - zur Versorgung der Versicherten mit den in ihrem
Produktportfolio befindlichen Arzneimitteln, mit deren Produktion hinlängliche
Erfahrungen bestehen. Ein ungewöhnliches Wagnis i.S.d. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A liegt
nicht vor.
Das Gleiche gilt, soweit die AS wegen der (angeblich) bevorstehenden Einführung einer
Logistikgebühr sowie eines Zwangsrabatts das Fehlen eines Sonderkündigungsrechts
oder einer Nachverhandlungsklausel im RV rügt. Das Risiko des Eintritts von
Rechtsänderungen tragen - je nach Adressat der jeweiligen Regelung - die
Vertragspartner; im Übrigen gelten die allgemeinen Regeln (z.B. § 313 BGB, Wegfall
der Geschäftsgrundlage).
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Auch im Hinblick auf das in § 3 Abs. 4 RV vorgesehene Teilkündigungsrecht wird den
Bietern nach Auffassung des Senats ein außergewöhnliches Wagnis nicht auferlegt.
Der Umstand der Absenkung des Festbetrags für ein rabattiertes Arzneimittel entzieht
sich der direkten Einflussnahme beider Vertragsparteien. Es erscheint deshalb nur
sachgerecht und angemessen, in Nachverhandlungen eine Lösung zu suchen und - vor
dem Hintergrund der Regelung des § 31 Abs. 2 Satz 3 SGB V - für den Fall, dass eine
Einigung nicht erfolgt, ein Teilkündigungsrecht vorzusehen.
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Das Fehlen einer Preisanpassungsklausel bürdet den Bietern kein außergewöhnliches
Wagnis auf. Die AS hat zu ihrer Erwartung, dass während der Laufzeit des Vertrages
von 2 Jahren wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten
sind, nichts Konkretes vorgetragen. Für die Ausnahme des § 15 Nr. 2 VOL/A ist auch
sonst nicht ersichtlich. Es verbleibt deshalb bei dem Grundsatz des § 15 Nr. 1 VOL/A,
wonach die Leistungen zu festen Preisen vergeben werden sollen.
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Entgegen der Ansicht der AS wird den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis i.S.d. § 8
Nr.1 Abs. 3 VOL/A auch nicht im Hinblick auf die (angeblich) ungeklärte
umsatzsteuerrechtliche Behandlung der einzuräumenden Rabatte auferlegt. Die AG
haben hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei den von den pharmazeutischen
Unternehmern zu gewährenden Rabatten um Nettobeträge handelt (S. 6 der
Verdingungsunterlagen: "Rabatt-APU = Angebotener Wert exkl. MwSt [EUR] gemäß
Produkt- und Rabattblatt"). Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser
Rabattbeträge, insbesondere die Frage, ob etwaig zu viel gezahlte Umsatzsteuer bei
der von der AS zu zahlenden Vorsteuer in Abzug gebracht werden kann, ist Sache des
Pharmaunternehmens. Es hat diese Frage in geeigneter Weise zu klären, und - sofern
dies nicht zweifelsfrei möglich sein sollte - bei der Angebotskalkulation zu
berücksichtigen. Derartige Fragen stellen sich als Teil des unternehmerischen Risikos
dar und sind nicht etwa von dem Auftraggeber zu klären.
70
Ebensowenig bedeutet die Einbindung des AOK-Bundesverbandes in die Abwicklung
des RV für die AS ein ungewöhnliches Wagnis, da dieser ("nur") als Erfüllungsgehilfe
der AG tätig wird, für dessen Handeln die AG rechtlich einzustehen haben.
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Bereits im Ausgangspunkt nicht nachzuvollziehen vermag der Senat, dass die AS
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Grundrechtsverstöße im Hinblick auf Versicherte, Ärzte, Apotheker und
pharmazeutische Großhändler rügt. Es obliegt auch im Bereich der Grundrechtsrelevanz
nicht der AS, fremde Rechte im Vergabenachprüfungs- und Beschwerdeverfahren -
quasi in Prozessstandschaft - geltend zu machen (vgl. auch Senat, Beschluss vom
30.01.2009, a.a.O.). Soweit die AS geltend macht, dass sie durch Rabattvereinbarungen
i.V.m. der Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V in ihren Rechten aus Art.
14 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG verletzt sei, ist dem entgegenzuhalten, dass das BVerfG in
ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 27.02.2008 - 1 BvR 437/08 m.w.N.)
davon ausgeht, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an Mitbewerber
grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des unterlegenen Bieters
berührt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Vergabeverfahren gerade die
Durchsetzung der Grundfreiheiten nach dem EG und der Grundrechte der Bieter - hier:
der pharmazeutischen Unternehmen - sichern soll.
Für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG fehlt es unter Berücksichtigung der obigen
Ausführungen an jedem Anhaltspunkt. Denn die Vergabe ist - wie sich aus den obigen
Ausführungen ergibt - in einem transparenten, diskriminierungsfreien Verfahren erfolgt.
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Im Übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die
zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss und sieht von einer
weiteren Darstellung der Gründe entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 2 SGG ab.
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Die Kostenentscheidung bleibt der Beschwerdeentscheidung vorbehalten.
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Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§§ 177, 142a SGG).
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