Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.04.2004

LSG NRW: aufschiebende wirkung, vollziehung, stundung, rechtswidrigkeit, härte, versicherungspflicht, monatslohn, arbeitsentgelt, interessenabwägung, ermessen

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 16 B 22/04 KR ER
29.04.2004
Landessozialgericht NRW
16. Senat
Beschluss
L 16 B 22/04 KR ER
Sozialgericht Dortmund, S 46 RJ 225/03 ER
Krankenversicherung
rechtskräftig
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des
Sozialgerichts Dortmund vom 29.12.2003 abgeändert und der Antrag des
Antragstellers abgelehnt. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in
beiden Rechtszügen. Der Streitwert wird auf 776,94 Euro festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller (Ast.) begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines gegen
den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin (Ag.) vom 24.05.2003 eingelegten
Widerspruchs.
Der Ast. betreibt als selbständiger Friseurmeister einen Friseursalon. Er beschäftigte im
Zeitraum vom 01.01.1999 bis 31.12.2002 insgesamt neun Arbeitnehmer, davon fünf als
geringfügig Beschäftigte.
Nach einer am 22.05.2003 im Betrieb des Ast. durchgeführten Betriebsprüfung forderte die
Ag. den Ast. mit Bescheid vom 24.05.2003 zu einer Beitragsnachzahlung in Höhe von
3.107, 77 Euro an die Betriebskrankenkasse Vereinigte Deutsche Nickel-Werke AG
(1.507,50 Euro) und die IKK Westfalen-Lippe (1600,27 Euro) auf. Zur Begründung führte
die Ag. aus, der Ast. habe im Prüfzeitraum zwei Arbeitnehmerinnen (V I und C T)
versicherungsfrei belassen, in der Annahme, es handele sich um geringfügig Beschäftigte.
Diese Arbeitnehmerinnen hätten aber seit 1999 Weihnachtsgeld bezogen. Die Zahlung
eines Weihnachtsgeldes sei wegen der bereits zuvor erfolgten Zahlungen spätestens ab
2001 für den Ast. im Rahmen einer jährlich vorzunehmenden vorausschauenden
Betrachtungsweise zu berücksichtigen gewesen. Die Arbeitnehmerinnen hätten jeweils
von Januar bis Oktober und im Dezember 630,- DM Monatslohn erhalten. Auch im
November 2001 sei ein Monatslohn in dieser Höhe ausbezahlt worden, allerdings unter
Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes. Dafür sei in diesem Monat ein geringeres
Arbeitsentgelt ausgewiesen. Für den Ast. sei bereits zu Beginn des Jahres 2001 erkennbar
gewesen, dass hinsichtlich der fraglichen Arbeitnehmerinnen die Geringfügigkeitsgrenze
überschritten werden würde. Es sei nicht glaubwürdig, dass gerade im Monat des
Weihnachtsgeldbezuges weniger gearbeitet worden sei. Soweit der Ast. darauf
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hingewiesen habe, der Betrieb betreue drei Altersheime und die Bewohner würden im
November den Friseur weniger in Anspruch nehmen, sei dies nicht glaubhaft, da im Jahre
2002 eine Minderung der Arbeitszeit bzw. des Arbeitsentgelts nicht erfolgt sei.
Die Anspruch auf Einmalzahlungen sei während des gesamten Beschäftigungsjahres
erworben worden. Die Einmalzahlung sei bei der Ermittlung des regelmäßigen
Arbeitsentgeltes mit 1/12 für jeden Monat zu berücksichtigen.
Gegen den (Nachforderungs-) Bescheid vom 24.05.2003 (abgesandt am 11.07.2003) hat
der Ast. unter dem 28.07.2003 Widerspruch erhoben und zur Begründung ausgeführt, die
betroffenen Arbeitnehmerinnen hätten, gerade um die Geringfügigkeitsgrenze einzuhalten,
im November 2001 weniger gearbeitet. Es sei nicht nachvollziehbar, was daran
unglaubwürdig sei. Anhand der Buchführungsunterlagen sei festzustellen, dass im Oktober
2001 die Erlöse (netto) 15.595,25 Euro und im November 14.600,02 Euro betragen hätten.
Nicht nur er als Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitnehmerinnen hätten Interesse an der
Einhaltung der Geringfügigkeitsgrenzen gehabt. Der Ast. hat Lohnabrechnungen für
November 2001 überreicht, ausweislich derer bei Frau I und Frau T im November 2001
statt 40 Stunden nur 30 Stunden abgerechnet worden sind.
Zugleich beantragte der Ast., die Vollziehung der Bescheide auszusetzen.
Dies lehnte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 13.08.2003 mit der Begründung ab,
dass weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides
bestünden noch die Vollziehung des Verwaltungsaktes eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte darstelle. Die Möglichkeit einer
Stundung der Beitragsforderung werde geprüft.
Daraufhin hat der Ast. am 19.08.2003 beim Sozialgericht (SG) Dortmund die Anordnung
der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt und vorgetragen, die Zahlung
der nachgeforderten Beiträge bedeute für den Friseurbetrieb eine erhebliche Härte, da der
Betrieb aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und des rückgängigen
Konsumverhaltens mit Umsatzrückgängen zu kämpfen habe. Eine etwaige Rückzahlung
könne den entstehenden Schaden nicht wieder ausgleichen. Eine Stundung der Beiträge
sei bisher nicht ermöglicht worden. Es sei zu beachten, dass im November bei beiden
Arbeitnehmerinnen nur ein relativ geringer Stundenrückgang zu verzeichnen sei, der aber
mit dem bereits erläuterten niedrigere Kundenaufkommen erklärt werden könne. Zwar sehe
der Arbeitsvertrag der Frau I eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden vor.
Die Arbeitszeit habe sich aber nach den betrieblichen Erfordernissen richten sollen, wie
sich das Gehalt den betrieblichen Möglichkeiten anpassen habe sollen. Maßgeblich für die
Ermittlung des "regelmäßigen" Einkommens sei, ob das jährlich erzielte
Gesamteinkommen auf den Monat zurückgerechnet ein Monatsentgelt über der
Geringfügigkeitsgrenze ergebe. Der Ast. habe im Rahmen einer vorausschauenden
Betrachtung berücksichtigen dürfen, dass im November 2001 voraussichtlich weniger
gearbeitet werden würde.
Die Antragsgegnerin hat hingegen die Auffassung vertreten, das Weihnachtsgeld sei auf
alle Monate anteilig zu verteilen, woraus sich für alle Monate bis auf den November ein
Verdienst von mehr als 630,- DM und damit ein Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze
ergebe. Damit sei die Geringfügigkeitsgrenze nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig
überschritten worden. Sie hat sich auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)
berufen, wonach eine mit hinreichender Sicherheit zu erwartende Einmalzahlung bei der
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Berechnung des "regelmäßig im Monat" im Sinne des § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes
Buch (SGB IV) erzielten Arbeitsentgelts auf die einzelnen Monate zu verteilen sei (BSG,
Urteil vom 28.02.1984 - 12 RK 21/83).
Mit Beschluss vom 29.12.2003 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs
des Ast. gegen den Bescheid der Ag. vom 24.05.2003 angeordnet. Zur Begründung hat es
ausgeführt, bei summarischer Prüfung spreche mehr für eine Rechtswidrigkeit der
Beitragsnachforderung als dagegen. Die fraglichen Arbeitnehmerinnen hätten die für den
Verdienst maßgebliche Geringfügigkeitsgrenze von 630,- DM in keinem Monat
überschritten. Der von der Ag. ins Feld geführten Rechtsprechung des BSG habe eine
andere Konstellation zu Grunde gelegen. In dem vom BSG entschiedenen Fall hätten die
Beschäftigten auf das Jahr gesehen tatsächlich oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze
verdient, während im zu entscheidenden Fall die Ast. ein Überschreiten der
Geringfügigkeitsgrenze fingiere, ohne dass die Beschäftigten auch nur in einem Monat
durchschnittlich mehr als 630,- DM verdient hätten. Auch der Ag. müsse einleuchten, dass
ein solches Vorgehen nicht Sinn und Zweck der Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV
sein könne.
Gegen den ihr am 09.01.2004 zugestellten Beschluss hat die Ag. am 02.02.2004
Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, die von ihr angeführte Rechtsprechung des
BSG sei auf den zu entscheidenden Fall übertragbar. Insoweit sei auf den Leitsatz der
Entscheidung abzustellen und nicht auf den dahinter stehenden Sachverhalt. Das BSG
habe der Gefahr vorbeugen wollen, durch die Umwandlung laufenden Arbeitsentgelts in
Sonderzuwendungen die Versicherungspflicht umgehen zu können. Das SG Dortmund sei
dem BSG folgerichtig auch in einem gleichgelagerten Fall gefolgt.
Über den Widerspruch des Ast. ist bisher, soweit ersichtlich, nicht entschieden, da die Ag.
einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Entscheidung über die Beschwerde
und der Entscheidung über den Widerspruch sieht.
Auf Veranlassung des Senats hat der Ast. sämtliche für die Beschäftigten I und T erstellten
Quittungen über Aushilfslohn für die Jahre 1999 - 2002 in Ablichtung übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheit des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Ag. Bezug genommen, die Gegenstand der
Beratung gewesen sind.
II.
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in Fällen,
in denen der Widerspruch (1. Alternative) keine aufschiebende Wirkung hat, die
aufschiebende Wirkung durch Beschluss (§ 86b Abs. 4 SGG) ganz oder teilweise
anordnen. Der Antrag kann schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides (vgl. Meyer-
Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 86 b RdNr. 8) bzw. Klageerhebung gestellt werden (§ 86
b Abs. 3 SGG). Der Widerspruch des Ast. gegen den Bescheid der Ag. vom 24.05.2003 hat
gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung, da dem Ast. durch den
Bescheid eine Beitragspflicht auferlegt wird. § 86 b Abs. 1 SGG regelt die Voraussetzungen
nicht, unter denen das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen kann. Maßgeblich ist
in Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG gemäß § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG, ob ernstliche
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. auch
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Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86 b RdNr. 12).
Das Gericht entscheidet nach Ermessen und aufgrund einer Abwägung des
Vollzugsinteresses der Behörde und des Aussetzungsinteresse des Ast., wobei die
Erfolgsaussichten des Widerspruchs oder der Klage von maßgeblicher Bedeutung sind.
Ernstliche Zweifel i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG liegen nur dann vor, wenn der Erfolg des
Rechtsmittels deutlich wahrscheinlicher ist als ein möglicher Misserfolg. Andernfalls wäre
angesichts der vielfältigen Rechtsprobleme wie auch der Schwierigkeiten einer
umfassenden Sachverhaltsklärung in Beitragsangelegenheiten eine Aussetzung der
Vollziehung regelmäßig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung
erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. ausführlich dazu Beschluss des Senats vom
18.12.2002 - L 16 B 70/02 KR ER -). Je größer die Erfolgsaussichten, umso geringer die
Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers (vgl. Meyer- Ladewig,
a.a.O., § 86 b RdNr.12).
Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs hängen entgegen der Auffassung des SG nicht
alleine von der Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in Bezug auf das regelmäßige
Unterschreiten der hier noch maßgeblichen 630,- DM-Grenze ab. Ohne insoweit eine
abschließende Beurteilung treffen zu müssen, hält der Senat Zweifel daran, dass die
Rechtsprechung des BSG vom 28.02.1984 (Az: 12 RK 21/93) auch die vorliegende
Konstellation erfasst, für nachvollziehbar.
Die Zweifel gründen auf nachfolgenden Ausführungen des BSG (a.a.O.):
"Ob das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat ein Fünftel der monatlichen Bezugsgröße
...oder regelmäßig im Monat 390,- DM ... übersteigt, ist danach zu beurteilen, welche
Zahlungen der Beschäftigte bei vorausschauender, den Zeitraum eines Jahres
umfassender Betrachtung zu erwarten hat.
Allerdings folgt diese Auslegung nicht aus seinem Wortlaut. Ihm ist andererseits nicht mit
der notwendigen Zuverlässigkeit zu entnehmen, es solle ein kürzerer Zeitraum als ein Jahr
maßgebend sein. Die im Gesetzestext erwähnte Zeiteinheit des Monats dürfte nur als Mittel
der Grenzziehung dem Betrag nach (390,- DM "im Monat") gemeint sein. Sie außerdem für
die Feststellung der Regelmäßigkeit ausschlaggebend sein zu lassen, ist nicht zwingend
und würde dem Wortlaut des Gesetzes auch ein zu hohes Gewicht beimessen ... Die
Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 1 Nr.1 SGB IV (in der seinerzeit maßgeblichen
Fassung; Anmerkung des Senats) beantwortet die Frage ebenfalls nicht eindeutig. Sie
ergibt aber immerhin, dass während des Gesetzgebungsverfahrens ...das im Gesetzentwurf
der Bundesregierung (BT- Drucksache 7/4122) vorgesehene "durchschnittlich" deswegen
durch "regelmäßig" ersetzt worden ist, weil über die Versicherungspflicht zu Beginn der
Beschäftigung oder Tätigkeit, nicht aber später entschieden werden müsse, das Wort
"durchschnittlich" jedoch eine rückschauende Betrachtung und eine
Durchschnittsberechnung verlange (a.a.O. S. 43 Nr. 1).
Hat der Gesetzgeber hiernach ...nur sicherstellen wollen, dass die künftige Entwicklung des
Arbeitsverdienstes berücksichtigt wird, dann ist der Schluss gerechtfertigt, dass an einer auf
einen längeren Zeitraum bezogenen Berechnung, die sich aus dem Wort "durchschnittlich"
ergab, nichts geändert werden sollte ...".
Das BSG hat die vorstehende Argumentation zwar zur Begründung der Einbeziehung einer
Einmalzahlung in das Gesamteinkommen eines Beschäftigten herangezogen. Es erscheint
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aber nicht fernliegend, eine Durchschnittsbetrachtung unter Berücksichtigung des
Jahresgesamtentgelts auch in Konstellationen wie der vorliegend zu entscheidenden
vorzunehmen und dann, wenn das ermittelte monatliche Durchschnittsentgelt unter der
maßgeblichen Entgeltgrenze (hier von 630,- DM) bleibt und tatsächlich in keinem Monat ein
Entgelt über der - für den Monat - maßgeblichen Grenze bezogen wurde, eine geringfügige
Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV zu bejahen. Die von der Ast. unter
Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) ins Feld geführte
Missbrauchsgefahr, die das BSG besteht in Fällen wie dem hier zu entscheidenden ja
gerade nicht.
Der vorstehenden Auslegung scheint aber der Leitsatz des BSG zum o.a. Urteil
entgegenzustehen. Entgegen der von der Ag. geäußerten Auffassung kann der Leitsatz
einer Entscheidung auch des BSG zwar nicht ohne Ansehung des entschiedenen
Sachverhalts herangezogen werden. Gleichwohl dürfte der Leitsatz auch unter
Berücksichtigung der Ausführungen im Urteil selbst einer Unvertretbarkeit der
Rechtsauffassung der Ag. entgegenstehen und damit auch einer offensichtlichen
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs sind aber schon deswegen nicht abschließend
beurteilbar, weil die von der Ag. geäußerten Zweifel an der tatsächlichen
Minderbeschäftigung regelmäßig im Monat November ggf. einer weiteren Aufklärung
bedürfen. Dass diese Zweifel nicht von vornherein abwegig sind, ergibt sich schon aus den
Ausführungen des Ast., der auf der einen Seite darlegt, dass im Monat November
regelmäßig weniger Kunden zu erwarten sind (was für das Jahr 2002 offenbar nicht mehr
zutraf), andererseits aber angibt, die geringere Arbeitszeit im November habe in seinem
Interesse und dem der Arbeitnehmerinnen gelegen. Für ein sehr bewusstes Abstimmen der
Arbeitszeit mit der 630,- DM-Grenze spricht insoweit auch der Umstand, dass sich für den
Monat November unter Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes jeweils exakt ein Betrag
von 630,- DM ergab, obgleich der tarifvertraglich gewährte Anspruch auf Weihnachtsgeld
der Höhe nach differierte. Dies lässt sich mit einer konjunkturellen Reduzierung der
Arbeitszeit nur schwerlich in Einklang bringen. Zudem hat der Ast. der Berechnung des
Weihnachtsgeldes einen von ihm so bezeichneten "Grundlohn" von 630,- DM zu Grunde
gelegt. Die von ihm überreichten Monatsabrechnungen weisen lediglich im Monat
November eine von den anderen Monaten abweichende Stundenzahl aus. Die Ag. wird
aber, soweit sie ihr mehrfach angeführtes "Misstrauen" zur Begründung eines
nichtabhelfenden Widerspruchsbescheides heranziehen will, auf eine Substantiierung
desselben bedacht sein müssen.
Im Rahmen der somit noch vorzunehmenden Interessenabwägung kommt dem
Aussetzungsinteresse des Ast. kein höheres Gewicht zu als dem öffentlichen Interesse an
der Vollziehung des Bescheides. Der Hinweis auf die schwierige wirtschaftliche Situation
des Betriebes des Ast. (und nicht des Ast. selbst!) reicht nicht aus, konkrete wirtschaftliche
Nachteile - auch angesichts des derzeitigen Zinsniveaus - für den Betrieb des Ast. oder den
Ast. selbst darzutun. Auch die Möglichkeiten einer Stundung gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB
IV sind offenbar bis heute nicht abgeklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung. Der Kläger gehört nicht zu dem kostenrechtlich privilegierten
Personenkreis des § 183 SGG.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz , 20 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. In
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist es in Beitragsstreitigkeiten regelmäßig
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sachgerecht, nur 1/4 der im Hauptsacheverfahren streitigen Beitragsforderungen als
Streitwert festzusetzen (vgl. ausführlich: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 21.01.2004 - L 16 B 102/03 KR -).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).