Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.07.2007

LSG NRW: pflegebedürftigkeit, psychosyndrom, neurologie, befund, auflage, rechtskraft, ratenzahlung, zivilprozessordnung, beteiligter, datum

Landessozialgericht NRW, L 2 B 16/07 KN P
Datum:
12.07.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 2 B 16/07 KN P
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 23 KN 61/06 P
Sachgebiet:
Pflegeversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts
Köln vom 02.04.2007 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren
vor dem Sozialgericht Köln Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter
Beiordnung von Rechtsanwalt N, B Straße 00, L, gewährt.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde ist begründet.
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Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm mit §§ 114ff Zivilprozessordnung (ZPO)
erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe,
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
nicht mutwillig erscheint. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sind
diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben. Die von dem Kläger eingeleitete
Rechtsverfolgung vor dem Sozialgericht Köln erscheint nicht mutwillig und bietet
hinreichende Aussicht auf Erfolg. Eine solche Erfolgsaussicht ist dann anzunehmen,
wenn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine Beweiserhebung von
Amts wegen erforderlich ist und diese Ermittlungen eine reale Möglichkeit eröffnen, dass
sich die rechtserheblichen Tatsachen nachweisen lassen (Keller/Leitherer in Meyer-
Ladewig u.a. SGG, 8. Auflage, § 73a Rn 7f).
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Zur Beantwortung der Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Leistungen der
vollstationären Pflege aus der knappschaftlichen Pflegeversicherung wegen
Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe I hat, sind weitere medizinische Ermittlungen
notwendig. Die Beklagte hat sich zur Vorbereitung der Entscheidung
(Widerspruchsbescheid vom 24.11.2006) auf das Gutachten des Sozialmedizinischen
Dienstes (SMD) vom 24.10.2006 gestützt. Sie ist von einem leichtgradigen
hirnorganischen Psychosyndrom mit Verwahrlosungstendenz und leichtgradiger
Antriebsarmut ausgegangen. Sie hat dabei jedoch unberücksichtigt gelassen, dass
bereits mit Gutachten des SMD vom 28.08.2006 die Alltagskompetenz des Klägers im
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Sinne des § 45a SGB Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) im erheblichen Maße als
eingeschränkt erachtet worden ist. Das Sozialgericht hat zudem außer Acht gelassen,
dass der Kläger unter Vorlage des nervenärztlichen Gutachtens der Fachärztin für
Neurologie Dr. B vom 07.10.2006 (im Betreuungsverfahren vor dem Amtsgericht Köln)
Ermittlungsanhalte dafür vorgetragen, in einem weitergehenden zeitlichen Umfang der
Hilfe zu bedürfen, als dies die Beklagte angenommen hat. Er hat darüber hinaus zur
Begründung seiner Klage darauf hingewiesen, dass der medizinische Befund,
insbesondere ein fortschreitender Morbus Parkinson, von der Beklagten nicht
vollständig berücksichtigt worden ist. Der Sachverhalt ist daher in medizinischer
Hinsicht, durch Einholen von Befundberichten der behandelnden Arztpersonen und
ggfs. durch ein Sachverständigengutachten weiter aufzuklären. Es erscheint nicht völlig
unwahrscheinlich, dass diese Ermittlungen zu einem für den Kläger günstigen Ergebnis
führen. Der Senat hält daher die hinreichende Erfolgsaussicht für gegeben. Diese kann
entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - angesichts des bisherigen
Verfahrensstandes - nicht allein mit dem Hinwies verneint werden, "alle drei Gutachten
im Jahre 2006 ergeben einen Grundpflegebedarf deutlich unter der Pflegestufe I".
Die weiteren Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfegewährung sind erfüllt. Der
Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außer Stande,
die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§§ 73a Abs 1 SGG, 114, 115 ZPO). Auch
die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist geboten.
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Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar,
§§ 73a SGG, 127 Abs 2 ZPO, 177 SGG.
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