Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18.06.2008

LSG NRW: rücknahme, rechtsgrundlage, verwaltungsakt, untätigkeitsklage, akte, anhörung, brand, werkstatt, erlass, prozess

Landessozialgericht NRW, L 12 AL 175/06
Datum:
18.06.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 12 AL 175/06
Vorinstanz:
Sozialgericht Münster, S 15 AL 216/05
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Münster vom 30.11.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu
erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger begehrt die Rücknahme sämtlicher Bescheide der Beklagten, mit denen ihm
seit Zuerkennung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit Arbeitslosenhilfe bewilligt
worden ist.
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Mit beim Sozialgericht (SG) am 15.12.2005 eingegangenen Schreiben vom 13.12.2005
hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte habe
seinen Antrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) bislang nicht beschieden.
Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Bescheide über die Bewilligung von Alhi
seien für die Zeit ab 01.06.2000 rechtswidrig, weil die Beklagte ihn zu Unrecht in die
Arbeitslosigkeit "eingeparkt" und seine Reha-Akte habe verschwinden lassen. Dadurch
sei ihm die Eingliederung in eine beschützende Werkstatt und die Möglichkeit des
Hinzuverdienstes genommen worden. Demgegenüber habe die Bundesagentur für
Arbeit für einen einzigen Arbeitslosen im Jahr 2002 58.000,00 EUR, mithin 4.800,00
EUR im Monat einkassiert.
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Mit Bescheid vom 29.12.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
05.01.2006 hat die Beklagte den Antrag gemäß § 44 SGB X abgelehnt.
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Nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen hat der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2005 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 05.01.2006 zu verurteilen, die seit dem 01.06.2000
ergangenen Arbeitslosenhilfebewilligungsbescheide zurückzunehmen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat sich mit Schriftsatz vom 13.01.2006, auf den konkret Bezug genommen wird,
geäußert.
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Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2006 die
Klage abgewiesen und zur Begründung Folgendes ausgeführt:
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"Nach der Bescheidung des Klägers hat das Gericht die Änderung der Untätigkeitsklage
gemäß § 88 SGG in eine Verpflichtungsklage für zulässig erachtet.
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Die Klage ist unbegründet, da die Voraussetzungen für eine Rücknahme der
Bewilligungsbescheide nicht vorliegen. Für das Begehren des Klägers fehlt es an einer
Rechtsgrundlage.
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Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht
unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als
unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden
sind, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 44 Abs. 1 S. 1
SGB X zurückzunehmen. Ungeachtet dessen, dass die Bescheide, mit denen dem
Kläger Alhi u.a. für die Zeit vom 01.06.2000 gewährt worden sind, sich nicht als
rechtswidrig erweisen, scheitert eine Rücknahme daran, dass mit diesen Bescheiden
dem Kläger gerade Leistungen zuerkannt wurden und nicht zu Unrecht vorenthalten
wurden. Von daher scheidet die Regelung in § 44 Abs. 1 SGB X als Rechtsgrundlage
aus. Die Rücknahmeregelung in § 44 Abs. 2 SGB X setzt einen belastenden
Verwaltungsakt voraus, der zurückgenommen werden soll. Die Bewilligungsbescheide
stellen indes keinen belastenden Verwaltungsakt dar, so dass auch die Regelung in
Abs. 2 als Rechtsgrundlage ausscheidet. Die Beklagte hat daher zu Recht eine
Rücknahme der Bewilligungsbescheide versagt."
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Gegen den ihm am 06.12.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am
13.12.2006 Berufung eingelegt. Er wiederholt den Vorwurf, die Beklagte habe seine
Reha-Akte verschwinden lassen, erhebt Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter der
Beklagten, rügt, dass das SG kurzen Prozess gemacht habe und meint, in Vorprozessen
seien Fehler gemacht worden.
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Ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am
Landessozialgericht Brand ist durch Beschluss des Senats vom 11.06.2008 als
unzulässig verworfen worden.
15
Der Kläger ist vom Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.06.2008 benachrichtigt
worden, aber nicht erschienen.
16
Der Kläger beantragt sinngemäß,
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 30.11.2006 zu ändern und nach
dem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
18
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
20
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat konnte die Streitsache auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und
entscheiden, weil er auf diese Möglichkeit in der Terminsmitteilung hingewiesen worden
ist.
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat folgt den Ausführungen des
angefoch-tenen Gerichtsbescheides und sieht gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz
(SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
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Der Vortrag in dem Schreiben des Klägers vom 12.06.2008 sowie in der E-Mail vom
13.06.2008 gibt zu keiner anderen Beurteilung Anlass.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1
oder 2 SGG nicht vorliegen.
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